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Kenneth Kaunda

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Kenneth Kaunda 1978

Kenneth David Kaunda (* 28. April 1924), verheiratet mit Betty Kaunda, war von 1964 bis 1991 erster Präsident Sambias und eine der wichtigsten Figuren der afrikanischen Befreiungsbewegungen.

Kenneth Kaunda war das jüngste von acht Kindern. Er wurde auf der Lubwa Mission in Chinsali geboren, das heute in der Nordprovinz in Sambia liegt. Sein Vater war David Kaunda, Pfarrer, Missonar und Lehrer der (reformierten) Schottischen Kirche, der im Norden von Malawi geboren und dann nach Chinsali gezogen war, um in der Lubwa Mission zu arbeiten.

Ausbildung und frühe Berufsjahre

Kenneth Kaunda ging in Lubwa Mission zur Schule. Er besuchte von 1941 bis 1943 das Munali College in Lusaka zur Lehrerausbildung. Danach wurde er Lehrer an der Hauptschule und Internatserzieher in Lubwa. Von 1943 bis 1945 stand er der Schule als Rektor vor. Dann zog er nach Lusaka, um Ausbilder in der Armee zu werden, doch er wurde abgelehnt. Er zog nach Simbabwe und arbeitete im Bergbau von Bindura und Salisbury. Anfang 1948 wurde er wieder Lehrer in Mufulira für die United Mission des Copperbelt. Er engagierte sich in den Wohlfahrtsgesellschaften der Bantu, die Gewerkschaftsersatz und Vorläufer ihrer politischen Parteien waren, und wurde Internatsleiter einer Bergbauschule in Mufulira. In dieser Zeit leitete er eine Pfadfindergruppe und einen Chor der zentralafrikanischen Kirche.

Der Kampf gegen die Briten

Im April 1949 kehrt Kaunda nach Lubwa zurück, um als Teilzeitlehrer zu arbeiten. Er kündigte 1991, da er Organisierender Sekretär des Northern Rhodesian African National Congress für die Nordprovinz wurde, die damals die Provinz Luapula mit einschloss. Am 11. November 1953 zog er nach Lusaka, um dort als Generalsekretär des NRANC unter dem Vorsitzenden Harry Nkumbula zu arbeiten. Doch die vereinten Anstrengungen von Kaunda und Nkumbula, die Bantu gegen die Briten und ihre Föderation von Rhodesien und Nyssaland zu mobilisieren, blieben wirkungslos. 1955 wurden beide verhaftet und wegen Verteilens subversiver Schriften für zwei Monate bei harte Arbeit ins Gefängnis geworfen. Diese Art von Gefangenschaft war damals normaler Umgang der Briten mit nationalistischen Führern der Bantu. Kaunda wurde durch diese Erfahrung radikalisiert. Er entfremdete sich Nkumbula, der zunehmend unter den Einfluss britischer Liberaler geriet und Kompromisse zum Thema Herrschaft der schwarzen Mehrheit eingehen wollte. Vielleicht wirkte auch Nkumbulas autokratischer Führungsstil im NRANC mit in diese Richtung. Kaunda verließ den NRANC und gründete im Oktober 1958 den Zambian African National Congress (ZANC). Der wurde schon im März 1959 verboten und im Juni wurde Kaunda zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, die er erst in Lusaka, dann in Salisbury verbüßte.

Während Kaunda in Haft saß, trennte sich im Oktober 1959 ein weiterer Nationalist, Mainza Chona, vom NRANC. Chona wurde Vorsitzender der United National Independence Party (UNIP), der Nachfolgepartei des ZANC. Doch Chona betrachtete sich nie als Gründer der UNIP. Als Kaunda im Januar 1960 frei kam, wurde er zum Vorsitzenden der UNIP gewählt. Im Juli 1961 organisierte Kaunda eine Kampagne des zivilen Ungehorsams in der Nordprovinz, der sogenannten Cha-cha-cha-Kampagne, die Schulen anzündete und Straßen blockierte. 1962 kandidierte Kaunda für die UNIP. Es folgte ein Koalition von UNIP und ZRANC mit Kaunda als Minister für Kommunale und Soziale Angelegenheiten. Im Januar 1964 gewnn die UNIP die allgemeinen Wahlen unter der neuen Verfassung, worauf Kaunda Premierminister wurde und am 24. Oktober 1964 der erste Präsident des unabhängigen Sambias. Simon Kapwepwe wurde erster Vizpräsident.

Kaunda als Präsident

Im Jahr der Unabhängigkeit wurde Kaunda durch die Lumpa-Bewegung herausgefordert, einer christlichen, scharf anti-animistischen Strömung der Alice Lenshina in der Region um seine Heimatstadt Chinsali, die schon die Briten herausgefordert hat, was Tausenden das Leben gekostet hatte. Kaunda war in seiner politischen Haltung und in seiner Ethik zu guten Teilen selbst von ihr geprägt. Viele Bantupolitiker der Unabhängigkeit kamen aus ihr. Alice Lenshina wandte sich entschieden gegen jede Form weltlicher Macht, gegen die der Briten ebenso wie gegen die Kaundas, worauf er paramilitärische Polizei entsandte, was 700 Tote zur Folge hatte. Diese Unruhen ließen Kaunda den Notstand ausrufen, der schließlich zur Kaunda-Diktatur führte, jener ominösen Einparteienpartizipationsdemokratie, die mit wechselnden Begründungen und beständig abnehmendem Erfolg bis 1991 anhielt.

Erziehungspolitik

Zum Zeitpunkt der Unabhängikeit gab es unter den Bantu in Sambia gerade mal 109 mit Universitätsabschluss und weniger als 0,5 Prozent der Bevölkerung hatte die Hauptschule abgeschlossen. Sambia hatte eines der unter britischer Kolonialherrschaft am wenigsten entwickelten Schulsysteme. Das musste nach Erlangung der Unabhängikeit erst einmal aufgebaut werden. Kaunda verfolgte eine Politik, in dem alle Kinder unabhängig von der Zahlungsfähigkeit ihrer Eltern Bücher, Blöcke und Bleistifte erhalten sollten, wenn sie zur Schule gingen. Die Eltern wurden verpflichtet, ihren Kindern Schuluniformen zu kaufen, die Schulgebühren zu bezahlen und ihre Kinder zur Schule zu schicken. Weiter verfolgte dieser Ansatz das Ziel, die begabtesten Schüler bis zur Universität zu fördern. Nicht jedes Kind konnte die Sekundarschule besuchen und die, die dort waren, waren die Besten ihres Jahrganges.

1966 wurde die Universität in Lusaka eröffnet, für deren Bau die alle Sambier aufgefordert worden waren, soviel wie möglich zu spenden. Darunter sollen auch Hühner gewesen sein, die dann verkauft und deren Erlöse in den Spendentopf geworfen wurden. Kaunda wurde Universitätsrektor und führte die erste Zeremonie der Graduierung 1969 durch. Der Hauptcampus lag an der Great East Road, der medizinische Campus am Ridgeway nahe der Universitätsklink und 1979 kam ein weiterrer Campus in Kitwe für die Technische Hochschule Sambias hinzu, die 1988 zur Copperbelt Universität aufgewertet und ausgebaut wurde, die Studien in Wirtschafts-, Fertigungs- und Umweltwissenschaften anbietet. Die Universität in Lusaka bietet Studiengänge in Agrar-, Ingenieurs-, Natur-, Erziehungs-, Rechts- und Sozialwissenschaften, Medizin, Tiermedizin und Bergbau an. Die Studien dauern vier Jahre, in Ingenieurswissenschaften und Medizin fünf und sieben Jahre.

Weiter baute Kaunda einen Fortbildungssektor auf, eine Berufsschule, die der Abteilung für Technische Aus- und Fortbildung unterstand. Weiter zählten dazu das Evelyn Hone College of Applied Arts and Commerce sowie das Natural Ressouce Development College in Lusaka, das Northern Technical College in Ndola, das Livingstone Trades Training Institute in Livingstone und die Pädagogischen Hochschulen.

Wirtschaft

Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit übernahm Kaunda eine allein auf den Kupferbergbau ausgerichtete Wirtschaft, der zudem völlig unter Kontrolle von Ausländern stand. Die British South Africa Company hielt Investitionen und Bergbaurechte, von denen sie behauptete, sie durch jene Konzessionen erworben zu haben, die sie vom Litunga von Bulozi 1890 erhielt (Lochner Konzession). Die BSAC zog sich hier auf eine reine privatrechtliche Position zurück, die ihr als Auftragsgesellschaft der britischen Regierung, zudem mit Hoheitsrechten nicht zustanden. Nur durch die Drohung, sie direkt nach der Unabhängigkeit zu enteignen. konnte Kaunda die BSAC dazu bewegen, ihre Rechte der neuen Regierung zu überlassen. Während der Zeit der Föderation Rhodesien und Nyssaland waren die Gewinne aus dem Kupferbergbau ins heutige Simbabwe geflossen, da die weißen Rhodesier die dominante wirtschaftliche und politische Gruppe in Sambia waren. Sie leisteten ihre Arbeit als Manager und in der Verwaltung, während Sambia die Gewinne aus dem Kupferbergbau beisteuerte und Nyassland die schwarzen Arbeitskräfte. Als Sambia unabhängig wurde war Salisbury bei weitem entwickelter als Lusaka. Das nannten die Sambier baba zonke, klau alles, und bezeichneten damit die von ihnen so wahr genommene Grundhaltung der Weissen in Simbabwe.

Von Anfang an übernahm Sambia das sowjetischen Vorgehen, einen Fünf-Jahres-Plan zu erstellen. Unter der Führung der Nationalen Entwicklungs- und Planungskommission (National Commission für Development and Planung) wurde erst der Vorläufige Entwicklungsplan 1964-66, dann der Erste nationale Enticklungsplan 1966-71 ausgearbeitet. Diese beiden Pläne, die größere Investitionen in Infrastuktur und Industrie vorsahen, wurden weitestgehend umgesetzt und erwiesen sich als erfolgreich. Alle dann folgenden Plände verfehlten ihr Ziel.

Eine grundsätzliche Veränderung in Sambias Wirtschaft kam durch die Mulungushi Reformen im April 1968. Die Regierung erklärte ihre Absicht, die Mehrheit etlicher ausländischer Firmen zu erwerben, um sie durch die Industrial Development Corporation (INDECO) verwalten zu lassen. Im Januar 1970 hatte Sambia die Mehrheit in den zwei größten ausländischen Bergbauunternehmen erworben, Anglo Amercan Corporation und der Rhodesia Selection Trust (RST). Aus ihnen wurde Nchanga Consolidated Copper Mines (NCCM) und Roan Consolidated Mines (RCM). Kaunda kündigte eine weitere halbstaatliche Firma an, die Mining Development Corporation (MINDECO). Die Financial and Development Corporation (FINDECO) ermöglichte es der Regierung, die Kontrolle über Baugesellschaften und Versicherungen zu gewinnen. Die ausländischen Banken konnten dem Übernahmedruck erfolgreich widerstehen, darunter Barclays, Standard Chartered und Grindlays. INDECO, MINDECO und FINDECO wurden 1971 unter einer Dachgesellschaft zusammengefasst, der Zambia Industrial and Mining Corporation (ZIMCO), die damit zu einer der größten Firmen in Afrika südlich der Sahara wurde. Kaunda übernahm den Vorstandvorsitz. Die Verträge der Manger von Anglo American und RST wurden 1973 beendet. Und 1982 wurden NCCM und RCM wurden zu der gigantischen Zambia Consolidated Copper Mines Ltd (ZCCM) fusioniert.

Unglücklicherweise standen diese Nationalisierungsprogramme unter keinem guten Stern, was die gut ausgearbeiteten Fünf-Jahrespläne zur Makulatur machte. Denn 1973 stieg der Ölpreis enorm an und der Kupferpreis auf dem Weltmarkt halbierte sich bis 1975. Da Sambia 95 Prozent seiner Exporterlöse durch Kupfer erzielte, war das für dies Land ein Fiasko. Schon 1976 erlebte Sambia eine Zahlungskrise und geriet gegenüber dem Internationalen Währungsfond schnell immer tiefer in die Schuldenfalle. Der Dritte Nationale Entwicklungsplan 1978-83 musste zugunsten eines Krisenmangements aufgegeben werden.

Mitte der 1980er Jahre war Sambia im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt eines der am höchsten verschuldeten Länder der Erde. Der IWF bestand darauf, dass Sambia seine Wirtschaft stabilisiert und restrukturiert, um seine Abhängigkeit vom Kupfer zu überwinden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen waren: Beendigung der Preiskontrollen, Abwertung des sambischen Kwacha, Senkung der Regierungsausgaben, Streichung der Subventionen für Nahrungsmittel und Kunstdünger, Erhöhung der Preis für Agrarprodukte. Als Kaunda diese Subventionen strich, gerieten die Preise für Grundnahrungsmittel außer Kontrolle. Die städtische Bevölkerung reagierte mit heftigen Unruhen. Verzweifelt brach Kaunda die Abmachungen mit dem IWF im Mai 1987 und beschloss ein neues Konjunkturprogramm (New Economy Recovery Programm) 1988. Es half ihm nichts, führt aber zu einer erneuten Verständigung mit dem IWF 1989. Als 1990 die Sowjetunion zusammenbrach, auf die sich Kaunda und seine Ideologie des sambischen Humanismus stützten, war die Zeit für einen fundamentalen politischen Umbruch gekommen. Kaunda kündigte an, die halbstaatlichen Firmen teilweise zu privatisieren. Doch dieser Wandel kam zu spät, um ihn noch an der Macht halten zu können. Es war der Kupferpreis auf dem Weltmarkt, der sie ihm entzog.

"Einparteienpartizipationsdemokratie" und Afrikanischer Sozialismus

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Sambias und die Korrumpierung seiner eigenen Partei vermochte er jedoch nicht zu meistern. Acht Jahre nach seinem Machtantritt wurden alle Parteien außer seiner eigenen verboten, da sich die Parteien immer mehr an ethnischen Linien orientierten und eine Spaltung des Landes drohte. Unter seiner Herrschaft erhielten sowohl die SWAPO (Namibia), die UNITA (Angola), der African National Congress (Südafrika) als auch die ZAPU (Zimbabwe) vom Land Unterstützung.

Auf internationalem Parkett spielte Kaunda eine große Rolle in der Bewegung Blockfreier Staaten und war zweimal Vorsitzender der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU).Erst 1990 konnte ihn eine breite Oppositionsbewegung absetzen und 1991 wieder ein Mehrparteiensystem im Land etablieren. Im Gegensatz zu vielen seiner afrikanischen Kollegen fügte sich Kaunda der Wahlniederlage und zog sich ins Privatleben zurück, genießt jedoch heute (2005) als Elder Statesman noch bedeutendes Ansehen in Schwarzafrika.

Von 1996 bis 1998 übernahm er wieder die Führung der UNIP. Die Regierung von Frederick Chiluba verhinderte jedoch mittels einer Verfassungsmanipulation eine Kandidatur Kaundas zur Präsidentschaftswahl. Zur Präsidentenwahl 2002 trat sein Sohn Tilyeni Kaunda für die UNIP an.

Literatur

  • Kenneth Kaunda: Briefe an meine Kinder - Der Jugend Sambias gewidmet, 1972 (deutsch 1980 von Uta Pelkmann und Frank Kürschner)