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Heinrich IV. (HRR)

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Heinrich IV. (Detail aus einem Evangeliar aus St. Emmeram, nach 1106)

Heinrich IV. (* 11. November 1050 wahrscheinlich in Goslar; † 7. August 1106 in Lüttich) war als Sohn Kaiser Heinrichs III. und der Kaiserin Agnes seit 1054 Mitkönig, ab 1056 König und von 1084 bis zu seiner durch seinen Sohn Heinrich V. erzwungenen Abdankung am 31. Dezember 1105 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Heinrich IV. war der dritte Kaiser der Salier-Dynastie. Er war einer der umstrittensten Herrscher des Mittelalters, der mit seiner fast 50-jährigen Regentschaft – der längsten des Früh- und Hochmittelalters – nicht nur seine Zeitgenossen, sondern auch spätere Historikergenerationen polarisierte. Seine Auseinandersetzung mit Papst Gregor VII. und sein Gang nach Canossa gelten als Höhepunkt des Investiturstreits.

Kindheit und Jugend

Heinrichs Geburtshaus, die Kaiserpfalz Goslar heute.

Mit Heinrich IV. wurde am 11. November 1050 in der Kaiserpfalz Goslar endlich (so Hermann von Reichenau[1]) der lang ersehnte Thronfolger Kaiser Heinrichs III. und seiner zweiter Frau Agnes von Poitou geboren. Seine Eltern gaben ihm zunächst den Namen des Großvaters, Konrad. Wohl unter dem Einfluss des Abtes Hugo von Cluny wurde der Name bald darauf in Heinrich geändert. Damit der angesehene Abt der cluniazensischen Reformbewegung Taufpate des Thronfolgers werden konnte, wurde die Taufe bis zum nächsten Osterfest verzögert.

Noch vorher, auf dem Weihnachtsfest 1050 in Pöhlde, ließ Heinrich III. die anwesenden Fürsten schwören, dem Thronfolger treu ergeben zu sein. Bald darauf, im November 1053, wählte eine Reichsversammlung in Tribur den dreijährigen Heinrich zum König. Die dort versammelten Reichsfürsten machten dabei allerdings die Einschränkung, dem Sohn nur zu folgen, wenn sich dieser als gerechter Herrscher erweise.

Im folgenden Dezember wurde Heinrich zum Herzog von Bayern ernannt. Am 17. Juli 1054 krönte ihn Erzbischof Hermann von Köln in Aachen zum König. Das Herzogtum Bayern erhielt daraufhin Heinrichs jüngerer Bruder Konrad. Am Weihnachtsfest 1055 wurde der junge Heinrich in Zürich mit Bertha von Turin verlobt, wodurch Heinrich III. ein politisches Gegengewicht im Alpenraum zu seinem Rivalen Gottfried dem Bärtigen und dem Hause Canossa-Tuszien zu schaffen versuchte.

Kurz bevor Heinrich III. am 5. Oktober 1056 unerwartet starb, ließ er die an seinem Sterbebett versammelten Reichsfürsten zum zweiten Mal seinen Sohn zum König wählen und stellte diesen unter den Schutz Papst Viktors II., der seit September in der Umgebung des Kaisers weilte. Viktor erreichte zunächst einen reibungslosen Übergang der Staatsgewalt in die Hände des jungen Thronfolgers und seiner Mutter Agnes. Er vollendete die Aussöhnung mit Gottfried dem Bärtigen, setzte Heinrich in Aachen auf den Thron Karls des Großen und sorgte dafür, dass die südlichen Reichsfürsten ihm huldigten. Im Februar 1057 kehrte Viktor nach Italien zurück, wo er bald darauf starb.

Die Regierungsgeschäfte wurden faktisch von Kaiserin Agnes weitergeführt. Sie konnte jedoch 1060 die ungarischen Thronfolgestreitigkeiten nicht zu ihrer Zufriedenheit regeln und ließ es mit der Wahl des Gegenpapstes Honorius II. zum Schisma kommen. Außerdem brachte sie – obwohl dies zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar war – durch die Belehnung Rudolfs von Rheinfelden mit dem Herzogtum Schwaben, Ottos von Northeim mit dem Herzogtum Bayern und Bertholds von Zähringen mit dem Herzogtum Kärnten die späteren Hauptgegner ihres Sohnes in Position. Man warf Agnes vor, ihren Sohn durch rangniedere Ministeriale erziehen zu lassen und ein Verhältnis mit ihrem wichtigsten Berater, Bischof Heinrich von Augsburg zu haben. Sie konnte dem Verdacht unzüchtiger Liebe nicht entgehen, denn allgemein ging das Gerücht, ein so vertrauliches Verhältnis sei nicht ohne unsittlichen Verkehr erwachsen, so der Chronist Lampert von Hersfeld.[2]

Der Staatsstreich von Kaiserswerth

Hauptartikel: Staatsstreich von Kaiserswerth

Die Unzufriedenheit mit der Regentschaft für den minderjährigen Heinrich führte zu der Verschwörung einiger Reichsfürsten unter der Führung von Anno II., dem Erzbischof von Köln. Dieser brachte den jungen König im April 1062 beim Staatsstreich von Kaiserswerth in seine Gewalt: Heinrich wurde auf einem Rheinschiff gekidnappt. Anno regierte fortan als Reichsverweser, war Heinrich aber vollkommen verhasst und fand keinen Zugang zum König. Ab 1063 musste Anno sein Amt mit Adalbert, dem Erzbischof von Hamburg-Bremen, teilen. Adalbert bekam immer mehr Einfluss über Heinrich und drängte Anno zunehmend aus dem Amt.

Am 29. März 1065 erhielt Heinrich die Schwertleite und war somit volljährig. Seine Mutter Agnes soll ihren Sohn gerade noch davon haben abhalten können, das eben umgürtet bekommene Schwert gegen den verhassten Anno zu erheben. Heinrich nahm nun die Regierungsgewalt selbst in die Hand, doch blieb Adalbert von Bremen zunächst sein wichtigster Berater. Im Januar 1066 wurde Adalbert allerdings auf dem Reichstag in Tribur von den deutschen Fürsten auf Betreiben von Anno und Siegfried I. von Mainz des Hofes verwiesen. Anno gewann aber keinen Einfluss mehr auf den König zurück.

Am 13. Juli 1066 heiratete Heinrich Bertha von Turin, gegen die er im Jahr 1069 ein ebenso aufsehenerregendes wie aussichtsloses Scheidungsverfahren anstrengte.

Der Sachsenkrieg

Hauptartikel: Sachsenkrieg (Heinrich IV.)

Wichtigstes politisches Ereignis der ersten Regierungsjahre Heinrichs war die im Sachsenkrieg gipfelnde Auseinandersetzung mit den Sachsen. Noch unter dem Einfluss Adalberts hatte Heinrich kurz nach seinem Regierungsantritt begonnen, rund um den Harz Burgen zu errichten und diese mit landfremden Ministerialen zu belegen, welche die umliegende Bevölkerung hart bedrängten. Dagegen lehnten sich die Sachsen auf und forderten die Schleifung der Burgen. Im Sommer 1073 belagerten sie unter der Führung von Otto von Nordheim und Bischof Burchard II. von Halberstadt Heinrich in der Harzburg. Dieser konnte jedoch fliehen und erreichte am 2. Februar 1074 den Friedensschluss von Gerstungen. Nach der kurz darauf erfolgten Plünderung der Harzburg durch die sächsische Landbevölkerung brach der Konflikt jedoch erneut auf und führte am 9. Juni 1075 zur Entscheidungsschlacht bei Homburg an der Unstrut, die Heinrich für sich entscheiden konnte. Im Oktober kapitulierten die Sachsen bei Spier endgültig und bedingungslos.

Der Investiturstreit bis zum Gang nach Canossa

Hauptartikel: Investiturstreit

Doch Heinrich blieb kaum Zeit, den Triumph über die Sachsen zu genießen, denn sofort zog der sich anbahnende Investiturstreit für Jahre seine ganze Aufmerksamkeit auf sich.

Die vom Papst unterstützte kirchliche Reformbewegung sah in der Simonie das Grundübel der Zeit, wobei der Begriff, mit dem ursprünglich die Vergabe geistlicher Insignien und Kirchenämter gegen Geld gemeint war, ausgedehnt wurde auf jede Investitur eines Klerikers durch einen Laien in ein kirchliches Amt. Von vielen Synoden wurde wiederholt gefordert, dass Kleriker auf keinen Fall von Laien Kirchenstellen annehmen sollten, weder für Geld noch geschenkt.

Die Laieninvestitur wurde von den Reformkräften aus zwei Gründen mit der Simonie verglichen: Zum einen hatte der Ablauf der Investiturzeremonie mit der Zeremonie beim Verleihen von Lehen viel Ähnlichkeit, zum anderen gab es Parallelen zur Amtseinführung der Kleriker in den Niederkirchen, bei denen der Grundherr als Eigenkirchenherr die Einführung in das Amt vornahm. Bei Erzbistümern und Bischöfen nahm sie der König vor, indem er dem gewählten Kandidaten Bischofsring und Krummstab bei der so genannten „Investitur mit Stab und Ring“ übergab.

Im Zeichen der Rückbesinnung auf das Vorbild der Urkirche und auf das Ideal eines Lebens in apostolischer Armut wurde verschärft die Einhaltung des Zölibats eingefordert, mit der jeglicher Vererbungstendenz klerikaler Ämter und Einkünfte vorgebeugt und der Einfluss der Kirchenoberen im Wege regelmäßiger Investituren gesichert werden sollte.

Verkörpert wurden diese neuen Reformideale durch Papst Gregor VII. Gregors Reform-Programm gipfelte im Dictatus Papae, in dem er die Vorrangstellung des Papstes gegenüber aller weltlichen Macht propagierte. Weite Teile des deutschen Episkopats, die durch die bisherige Investiturpraxis an den König gebunden waren, sahen in Gregors Bestrebungen zur Eindämmung der Simonie Nachteile. Sie fühlten sich vom Papst bevormundet und unterstützten deshalb zunächst den König, mit dem zusammen sie ihm schließlich den Gehorsam aufkündigten.

Der Streit mit Gregor

Als Heinrich IV. im Jahr 1071 den erzbischöflichen Stuhl des Bistums Mailand durch einen von Gregors Vorgänger Papst Alexander II. exkommunizierten Erzbischof besetzen wollte, spitzte sich die Situation zu. Mailand war damals Heimat der radikalen Pataria unter dem Ritter Erlembald. Dieser setzte kurzerhand einen eigenen Erzbischof ein. Es begannen Verhandlungen zwischen Papst Gregor VII. und dem König, bei denen einige Reichsbischöfe die Laieninvestitur durch den König unterstützten. Die Verhandlungen schlugen aber fehl, woraufhin Gregor die Ratgeber des Königs bannte. Als Erlembald ermordet wurde, setzte Heinrich IV. im September 1075 den Kleriker Tedald als Erzbischof von Mailand ein und investierte auch für die Diözesen Fermo und Spoleto Bischöfe. Daraufhin schickte Gregor noch im Dezember einen geharnischten Brief an Heinrich, in dem er diesen mit harschen Worten ermahnte und Gehorsam forderte:

Bischof Gregor, Knecht der Knechte Gottes, an König Heinrich Gruß und apostolischen Segen – vorausgesetzt, er gehorcht dem Apostolischen Stuhl, wie es sich für einen christlichen König gehört (...)![3]

Der Reichstag in Worms

Im Januar 1076 versammelte Heinrich daraufhin die Mehrzahl der Bischöfe auf dem Reichstag zu Worms um sich. Dort verfasste man einen Antwortbrief an Gregor VII., in dem der Papst aufgefordert wurde, sein Amt niederzulegen:

Heinrich, nicht durch Anmaßung, sondern durch Gottes gerechte Anordnung König, an Hildebrand, nicht mehr den Papst, sondern den falschen Mönch. [...] So steige du denn, der du durch diesen Fluch und das Urteil aller unserer Bischöfe und unser eigenes verdammt bist, herab, verlasse den apostolischen Stuhl, den du dir angemaßt hast. [...] Ich, Heinrich, durch die Gnade Gottes König, sage dir zusammen mit allen meinen Bischöfen: Steige herab, steige herab![4]

Als Legitimationsgrundlage dieser Amtsenthebung führte man an, dass Gregor gar nicht rechtmäßig zum Papst gewählt worden sei. Heinrich habe als Patricius von Rom das Recht gehabt, den Papst zu ernennen, oder zumindest seine Wahl zu bestätigen. Dies war jedoch nicht geschehen. Als weitere Gründe gab man an, Gregor habe seinen Eid gebrochen, sich niemals zum Papst wählen zu lassen, und er pflege allzu vertrauten Umgang mit Frauen.

Die Fastensynode 1076 in Rom

Papst Gregor VII.

Die Antwort von Gregor kam umgehend. Auf der Fastensynode von 1076 in Rom predigte er:

„[...] und daß mir um deinetwillen von Gott Gewalt gegeben ist, zu binden und zu lösen, im Himmel und auf Erden. In dieser festen Zuversicht [...] spreche ich König Heinrich, des Kaisers Heinrich Sohn, der sich gegen deine Kirche mit unerhörtem Hochmut erhoben hat, die Herrschaft über Deutschland und Italien ab, und ich löse alle Christen vom Eid, den sie ihm geleistet haben oder noch leisten werden, und untersage, ihm fürderhin als König zu dienen. [...] Und weil er [...] mit Gebannten Gemeinschaft hält, vielerlei Unrecht tut, meine Ermahnungen, die ich um seines Heiles willen an ihn gerichtet habe, verachtet, [...] sich von deiner Kirche trennt und sie zu spalten sucht, darum binde ich als dein Stellvertreter ihn mit der Fessel des Fluchs [...].“[5]

Die Absetzung Heinrichs begründete Gregor VII. also damit, dass Heinrich IV. sich gegen die kirchlichen Hoheitsrechte aufgelehnt habe und somit auch nicht mehr König sein könne. Wer in dieser Weise Gottes Stellvertreter den Gehorsam versage und mit Exkommunizierten Umgang pflege, gehe auch seiner Herrschaftsrechte verlustig. Demzufolge waren alle Untertanen vom Treueid, den sie Heinrich geleistet hatten, entbunden, und über ihn selbst war der Bann verhängt. Der betraf im förmlichen Sinne jedoch nicht den König, sondern den Christen Heinrich, der mit Gebannten Umgang hielt und sich der päpstlichen Autorität widersetzte.

Der Gang nach Canossa

Heinrich bittet Mathilde von Tuszien und Abt Hugo von Cluny um Vermittlung (aus Codex Vat. lat. 4922 von ca. 1115)

Hauptartikel: Gang nach Canossa

Nach dem Kirchenbann durch Gregor fielen viele der deutschen Fürsten, die Heinrich ehemals unterstützt hatten, von ihm ab und zwangen ihn auf einer Reichsversammlung in Trebur im Oktober 1076 zu einer Lösung des Problems. Bis zum 2. Februar des kommenden Jahres sollte sich Heinrich vom Bann lösen und sich auf einem Reichstag in Augsburg dem Urteil des Papstes unterwerfen, dann wollte man von der Wahl eines neuen Königs Abstand nehmen. Um den Papst noch vor diesem geplanten Treffen mit den abtrünnigen Fürsten abzufangen, brach Heinrich im Dezember 1076 nach Italien auf. Gregor VII. wollte einer Begegnung mit Heinrich ausweichen und zog sich auf die Burg Canossa der Markgräfin Mathilde von Tuszien zurück. Heinrich erfuhr dies und verhandelte mit Hilfe der Markgräfin und seines Paten Hugo von Cluny über ein Treffen mit Gregor. Am Festtag der Bekehrung des heiligen Paulus, am 25. Januar 1077, zog Heinrich IV. im Büßergewand vor die Burg Canossa. Am vierten Tag, am 28. Januar, löste der Papst Heinrich vom Kirchenbann.

Die Darstellung von Heinrichs Gang nach Canossa als eines demütigenden Bittgangs beruht vor allem auf der bildhaften Darstellung der wichtigsten Quelle, deren Verfasser Lampert von Hersfeld ein Parteigänger des Papstes und der Adelsopposition war und dessen Darstellung die neuere Forschung als tendenziös und propagandistisch wertet. Die Buße war ein formaler Akt, den Heinrich vollzog und den Papst Gregor VII. nicht ablehnen konnte. Die neuere Forschung sieht im Gang nach Canossa einen geschickten taktischen und diplomatischen Schachzug, der Heinrich wieder neue Handlungsfreiheit gab und die Gregors erheblich einschränkte. Langfristig allerdings schwächte der Gang nach Canossa die Stellung des deutschen Königtums.

Die Zeit der Gegenkönige

Die Exkommunikation Heinrichs IV. wurde zwar aufgehoben, die Absetzung als König allerdings nahm der Papst nicht zurück und so wurde am 15. März 1077 in Forchheim in Anwesenheit zweier päpstlicher Legaten der Schwabenherzog Rudolf von Rheinfelden von einigen deutschen Fürsten unter der Führung des Erzbischofs Siegfried I. von Mainz zum Gegenkönig gewählt und am 26. März in Mainz zum König gesalbt. Rudolf wurde von den Fürsten, die ihn auf den Schild gehoben hatten, verpflichtet, bei der Besetzung von Bischofsstühlen keinerlei simonistische Praktiken anzuwenden und er musste den Fürsten ein Wahlrecht bei der Königserhebung einräumen, hätte also sein Königtum nicht auf eventuelle Söhne vererben können.

Wie schon im Sachsenkrieg zuvor stützte sich Heinrich nun vor allem auf die soziale Aufsteigerschicht der Ministerialen und zunehmend auch auf die schnell an Bedeutung zunehmenden Städte wie Speyer, Worms, Goslar, Halberstadt und Quedlinburg. Die Förderung der ursprünglich unfreien Ministerialen stieß bei den Fürsten auf erheblichen Widerstand, ebenso die Emanzipation der Städte von den Landesherren.

Heinrich IV. belegte Rudolf von Rheinfelden im Juni mit der Reichsacht. Dieser musste sich daraufhin vor Heinrich nach Sachsen zurückziehen, beide zogen hier gegeneinander zu Felde. Heinrich verlor zunächst am 7. August 1078 die Schlacht bei Mellrichstadt sowie am 27. Januar 1080 die Schlacht bei Flarchheim unweit Mühlhausen. In der ansonsten günstig verlaufenen Schlacht bei Hohenmölsen unweit Merseburg verlor Rudolf die rechte Hand, wurde zugleich tödlich im Unterleib verwundet und starb am Tag darauf, am 15. Oktober 1080. Den Verlust der rechten Hand – der Schwurhand – nutzten die Parteigänger Heinrichs als Gottesurteil propagandistisch aus, um auf diese Weise die Adelsopposition weiter zu schwächen.

Nach dem Tod Rudolfs tat sich die Opposition denn auch schwer, einen neuen Gegenkönig aufzubauen. Es brauchte ein Jahr, bis man sich auf den eher blassen Hermann von Salm einigte, der 1081, während Heinrich IV. schon in Italien weilte (s.u.), von den in Ochsenfurt versammelten Sachsen und Schwaben zum Gegenkönig gewählt und von Erzbischof Siegfried I. von Mainz am 26. Dezember in Goslar gekrönt wurde. Als Heinrich, inzwischen als Kaiser aus Italien zurückgekehrt, 1085 mit Heeresmacht in Sachsen einrückte, flüchtete Hermann zu den Dänen, kehrte aber zurück, schlug im Verein mit Herzog Welf IV. 1086 den Kaiser bei Bleichfeld am Main und gewann Würzburg. Der kläglichen Rolle eines Schattenkönigs letztlich jedoch müde, zog sich Hermann von Salm, der nur ein Spielball in der Hand ehrgeiziger Großer gewesen war, 1088 auf seine Eigengüter zurück. Bei einer Privatfehde verlor er kurz darauf am 28. September 1088 das Leben.

Heinrichs Italienzüge

Im März 1080 bannte Gregor den König erneut, der daraufhin Erzbischof Wibert von Ravenna unter dem Namen Clemens III. als Gegenpapst aufstellte. Am 25. Juni 1080 wurde Wibert auf der Synode zu Brixen gewählt. In diesem Moment ging der tiefste Riss durch die Gesellschaft. Mit Heinrich und Rudolf von Rheinfelden gab es König und Gegenkönig, mit Clemens nun einen Gegenpapst(kandidaten) zu Gregor. Auch in den Herzogtümern rangelte man um die Macht, in Schwaben zum Beispiel befehdeten sich Rudolfs Sohn Berthold von Rheinfelden und der von Heinrich eingesetzte Staufer Friedrich als Herzöge.

Nachdem Heinrich IV. Rudolf von Rheinfelden besiegt hatte, zog er 1081 nach Rom, um so eine Entscheidung zu erzwingen. Er konnte die Stadt nach zweijähriger Belagerungszeit im März 1084 einnehmen. Zwischendurch musste Heinrich sich allerdings immer wieder in den oberitalienischen Raum zurückziehen, um sich einerseits des Rückhalts der königstreuen Gebiete zu versichern, andererseits gegen die papsttreue Mathilde von Tuszien anzukämpfen, seine erbittertste Gegnerin in Norditalien.

Gegenpapst Clemens III. (mitte) mit Heinrich IV. (links), Abbildung aus Codex Jenesis Bose q.6 (1157)

Nach der Einnahme Roms wurde dann am 24. März 1084 Wibert als Papst Clemens III. inthronisiert. Damit begann erneut ein Schisma, das bis 1111 andauerte, als der letzte Gegenpapst der Wibertisten, Silvester IV., förmlich den Verzicht auf die Papstwürde leistete. Eine Woche nach der Papstinthronisation, am Ostersonntag, dem 31. März 1084, krönte Clemens Heinrich IV. und seine Frau Bertha zu Kaiser und Kaiserin.

Während Heinrich von Clemens III. in St. Peter zum Kaiser gekrönt wurde, verschanzte sich Gregor VII. in der Engelsburg und hoffte auf das Einschreiten der Normannen, die unter Herzog Robert Guiscard mit Unterstützung der Sarazenen nach Rom zogen. Heinrichs Heer war stark geschwächt und stellte sich den Angreifern nicht, die daraufhin die Stadt anzündeten und Gregor befreiten. Wegen der folgenden Unruhen verließ Gregor die Stadt mit kleinem Gefolge und zog sich nach Salerno zurück. Dort starb er am 25. Mai 1085.

Unmittelbar nach der Kaiserkrönung verließ Heinrich Rom und reiste zunächst nach Augsburg. Nach und nach gelang es ihm, seine Position im Reich wieder zu stärken. Durch kluge Bischofsinvestituren schaffte er sich einen neuerlichen Rückhalt in der Reichskirche. Am 14. August 1089 heiratete er in Köln Praxedis, die um 1070 geborene Tochter des Großfürsten Wsewolod I. von Kiew und Witwe des Markgrafen Udo von Stade, möglicherweise auch, um einen zuvor mit den sächsischen Bischöfen und Fürsten ausgehandelten Friedensschluss zu bekräftigen. Als deutsche Königin nannte sich Praxedis Adelheid, trat aber politisch zuerst nicht in Erscheinung.

Die eheliche Verbindung zwischen Welf V., dem Sohn des baierischen Herzogs Welf IV., und Mathilde von Tuszien führte im gleichen Jahr zu einer Machtkonzentration im süddeutsch-oberitalienischen Raum, der Heinrich entgegentreten musste. 1090 zog er daher nach Oberitalien, hatte bis Ostern 1091 Mantua erobert und wandte sich 1092 Canossa zu, dem Hauptsitz der Markgräfin Mathilde. Dort aber wendete sich das Blatt, das Schlachtenglück verließ Heinrich. Welf IV. ließ die Pässe über die Alpen sperren, so dass Heinrich von 1093 bis 1096 in der Gegend um Verona eingekesselt festsaß und nicht ins Reich zurückkehren konnte.

Sein Sohn Konrad fiel 1093 von ihm ab (s.u.). Die zweite Ehefrau Adelheid von Kiew, die Heinrich angeblich wegen sexueller Verfehlungen in Verona gefangen gesetzt hatte, konnte 1094 zu Mathilde von Tuszien entfliehen. Auf Synoden in Konstanz und in Piacenza 1094/95 trat die Königin auf und klagte Heinrich ihrerseits der schlimmsten sexuellen Verfehlungen an. So wurde kolportiert, dass der Sohn Konrad von seinem Vater zum Beischlaf mit der eigenen Schwiegermutter gezwungen worden sein soll.

Daraufhin exkommunizierte Papst Urban II. Heinrich IV. von Neuem. In dieser Zeit sei Heinrich sogar so verzweifelt gewesen, dass er an Selbstmord gedacht habe, behauptete der Chronist Bernold. Erst das abrupte Ende der Ehe zwischen Welf V. und Mathilde eröffnete Heinrich wieder eine Perspektive. Durch Verhandlungen in Padua erreichte er eine Einigung mit den Welfen, die diesen das Herzogtum Bayern, ihm die Rückkehr ins Reich sicherte: 1097 feierte Heinrich Pfingsten in Regensburg.

Der wiedererstarkte Kaiser

Nach der Rückkehr ins Reich und der Aussöhnung mit den Welfen gelang es Heinrich neuerlich, seine Machtposition zu stärken. In Schwaben erreichte er eine Einigung zwischen den Staufern und den Zähringern, ihm gelangen weiterhin zahlreiche Bischofserhebungen in seinem Sinne. Dies lag wohl vor allem an seiner Hinwendung zum lange geforderten „konsensualen Führungsstil“: Die Reichsfürsten wurden auf zahlreichen, gut besuchten Hoftagen in seine Entscheidungen eingebunden. Auch verzichtete er nach dem Tode Clemens III. im Jahr 1100 auf die neuerliche Benennung eines Gegenpapstes (dies taten dann dennoch die italienischen Gegner der Gregorianer).

Der gregorianische Papst Paschalis II. zeigte sich davon allerdings wenig beeindruckt, bannte er Heinrich 1102 doch erneut, zum insgesamt vierten Mal.

1103 nahm Heinrich den Gottesfriedensgedanken, den sein Vater Heinrich III. bereits stark unterstützt hatte, wieder auf und verkündete einen reichsweiten Landfrieden. Heinrich nahm also die vornehmste Aufgabe eines Königs, die Friedenswahrung, wieder wahr. Zugleich kündigte er eine Wallfahrt nach Jerusalem an, um sich damit vom Bann zu lösen. Die Machtübernahme durch Heinrichs Sohn vereitelte aber diesen Plan.

Heinrichs Auseinandersetzungen mit seinen Söhnen

Die letzten Lebensjahre Heinrichs waren nämlich stark von Streitigkeiten mit seinen beiden Söhnen geprägt. Zunächst Konrad und später auch Heinrich fielen vom Vater ab und suchten die Verständigung mit den gregorianischen Päpsten, beide wohl in der Hoffnung, die eigenen Thronansprüche dem gebannten Vater zum Trotz zu erhalten.

Übergabe der Reichsinsignien von Heinrich IV. (li.) an seinen Sohn Heinrich V. (Darstellung aus der Chronik des Ekkehard von Aura, nach 1106)

Der Erstgeborene, Konrad, den Heinrich am 30. Mai 1087 in Aachen zum Mitkönig hatte krönen lassen, fiel 1093 von seinem Vater ab und wechselte auf die Seite Papst Urbans II.. Konrad ließ sich in Mailand vom dortigen Erzbischof zum König von Italien krönen und traf im April 1095 in Cremona mit Urban zusammen, leistete ihm den Marschalldienst und einen Sicherheitseid und erkannte ihn somit als legitimen Papst an. Im Gegenzug versprach ihm der Papst Unterstützung und die Kaiserkrönung; doch erfüllten sich die Erwartungen nicht. In Deutschland wurde von all dem kaum etwas wahrgenommen, in Italien blieben alle Aktionen Konrads wirkungslos, so dass er bald darauf in der Bedeutungslosigkeit versank und vom Papst fallengelassen wurde. Konrad starb, von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen, am 27. Juli 1101 in Florenz.

Die Machtübernahme durch Heinrich V.

Vom Verhalten des ältesten Sohnes enttäuscht, ließ Heinrich diesen im Mai 1098 auf dem Mainzer Reichstag absetzen und bestimmte den zweitgeborenen Sohn Heinrich zum Thronfolger, der im folgenden Jahr zum Mitkönig gekrönt und gesalbt wurde. Aus Schaden klug geworden, ließ sich Heinrich von seinem Sohn aber eidlich versichern, seine Sicherheit nicht anzutasten und sich nicht in die Regierungsgeschäfte einzumischen. Dies nutzte letztlich aber ebenfalls nichts. Ende 1104 sagte sich auch der spätere Heinrich V. von seinem Vater los und verbündete sich zunächst mit dem deutschen Hochadel gegen seinen Vater, der Unterstützung zuletzt vor allem im Bürgertum und in der Ministerialität fand. Auch Papst Paschalis II. stellte sich auf die Seite des Sohnes, löste diesen vom Bann und von dem dem Vater geleisteten Eid. Am Ende des Jahres 1105 gelang es Heinrich V. durch Verrat, den Vater auf Burg Böckelheim an der Nahe gefangen zu setzen. Am 31. Dezember erzwang er dann in der Ingelheimer Kaiserpfalz dessen Abdankung, erhielt am 6. Januar 1106 in Mainz die Reichsinsignien übergeben und nahm die Huldigung der Reichsfürsten entgegen. Damit wurde er als Heinrich V. der Nachfolger seines Vaters.

Heinrichs Ende

Die Grabkrone von Heinrich IV. Aus der Domschatzkammer des Dom zu Speyer

Nach der erzwungenen Abdankung konnte Heinrich aus Ingelheim fliehen. Das Reich stand erneut am Rande eines Bürgerkriegs, da sich Heinrich nicht in sein Schicksal fügen wollte. Seit Juli 1106 lag er in Lüttich, wo er das Osterfest gefeiert hatte, auf dem Krankenlager und starb dort, erst fünfundfünfzigjährig, am 7. August 1106. Als Zeichen der Vergebung ließ er Schwert und Ring an seinen Sohn senden, die letzten Herrscherinsignien, die ihm noch geblieben waren. Er erteilte ihm den väterlichen Segen für die künftige Herrschaft, bat um Gnade für seine Anhänger und darum, im Dom zu Speyer an der Seite seiner Vorfahren bestattet zu werden.

Doch zunächst fand er in der Lütticher Domkirche seine letzte Ruhe. Nach der Entnahme von Herz und inneren Organen ließ Bischof Otbert von Lüttich den Kaiser mit allen Ehren dort beisetzten. Die deutschen Bischöfe protestierten heftig und verhängten über das Gotteshaus den Kirchenbann. Der Dom wurde für entweiht erklärt, solange sich der Leichnam eines Gebannten darin befände. Am 15. August 1106 wurde der Sarg wieder ausgegraben, denn auch Heinrich V. bestand darauf, seinen Vater nach Speyer zu überführen. Am 3. September 1106 wurde er dann im Speyerer Dom beigesetzt. Doch auch über den Kaiserdom wurde der Bann verhängt. Erneut wurde der Sarg ausgegraben und für fast fünf Jahre in der noch nicht geweihten Afra-Kapelle des Doms abgestellt.

Im Jahre 1111 fuhr Heinrich V. nach Italien und bewirkte bei Papst Paschalis II. die postume Aufhebung des Kirchenbanns über seinen Vater und die Erlaubnis für eine kirchliche Bestattung. Am 7. August 1111, seinem fünften Todestag, wurde der Sarg von Heinrich IV. feierlich aus der Afra-Kapelle geholt und neben seinem Vater Heinrich III. in der Familiengruft der Salier im Dom zu Speyer bestattet.

Ein unbekannter Chronist schrieb darüber als Nachruf: „Das Reich der Unruhe hast Du mit dem Reich der Ruhe, das endliche mir dem unendlichen, das irdische mit dem himmlischen vertauscht. Nun erst herrschst Du in der Tat, jetzt trägst du dein Diadem, das Dir Dein Erbe nicht entreißt und kein Widersacher neidet.“[6]

Ehen und Nachkommen

Heinrich hatte aus seiner ersten Ehe mit Bertha von Turin fünf Kinder:

Heinrich heiratete nach dem Tode Berthas am 27. Dezember 1087 ein zweites Mal, und zwar am 14. August 1089 Adelheid (Praxedis, Eupraxia) von Kiew (* wohl 1071, † 10. Juli oder 11. November 1109), die Tochter des Großfürsten Wsewolod I. von Kiew und Witwe des Grafen Heinrich III. (I.) von Stade, der 1082 zum Markgrafen der Nordmark ernannt worden war; die Ehe blieb kinderlos, wurde 1095 geschieden, woraufhin sich Adelheid als Nonne nach Kiew zurückzog.

Der Historiker Gerd Althoff (s.a. Sekundärliteratur) nimmt an, dass die Ehe von Adelheid mit Heinrich IV. möglicherweise einen Friedensschluss des Kaisers mit den Sachsen bekräftigen sollte. Damit wäre ihre Rolle als Gemahlin analog der Rolle von Geiseln zu sehen, wie sie in dieser Zeit zur Bekräftigung und Absicherung von Bündnissen regelmäßig zu stellen waren. Nach den Quellen soll Heinrich befohlen haben, dass man die Königin vergewaltigte. Althoff schlägt vor, diese Vergewaltigung als Entehrung analog einer Bestrafung oder sogar Tötung einer Geisel nach einem Treuebruch zu interpretieren.


Wirkungsgeschichte

Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte[7]: Dieser eigentlich auf Wallenstein gemünzte Schillerspruch trifft auch für Heinrich IV. zu. Schon für seine Zeitgenossen war er entweder der grausame, brutale und wortbrüchige Wüstling, der vor Gewaltanwendung zur Durchsetzung seiner Ziele nicht zurückschreckte oder aber der gute, mildtätige König, der Beschützer der Armen und Juden. Auch spätere Politiker- und Historikergenerationen taten und tun sich schwer mit einem Urteil: War der Gang nach Canossa so etwas wie Vaterlandsverrat oder ein kluger Schachzug zum Machterhalt?

Heinrich war ohne Zweifel ein pragmatischer Machtmensch. Von klein auf war er sich seiner königlichen Machtansprüche bewusst und deutete diese – den Denkfiguren der Zeit entsprechend – als gottgegeben. So musste er beinahe zwangsläufig mit Gregor VII. aneinandergeraten, der seinerseits den Papst, der „von niemandem gerichtet werden darf“ (Dictatus Papae), an die Spitze der Weltordnung stellte und der so vom Kaiser Gehorsam fordern konnte. Diese kontroversen Positionen, verkörpert durch zwei machtbewusste Menschen, vertrugen sich nicht mit der Einheit von regnum und sacerdotium. Höhepunkt der Auseinandersetzung war dabei sicher die von den Zeitgenossen wie ein „Urknall“ empfundene erste Exkommunikation Heinrichs. Die Auswirkungen dieses Machtkampfes leiteten – ohne dass dies den Beteiligten bewusst war - langfristig die Trennung von Staat und Kirche ein.

Heinrichs Regierungszeit war durchgehend geprägt von dem Versuch, die Macht des Königs gegenüber den Reichsfürsten zu erhalten. Die langwierige Auseinandersetzung mit den Sachsen, aber auch mit den süddeutschen Herzogtümern und letztlich wohl auch die Wahl der Gegenkönige waren bedingt durch Heinrichs Verweigerungshaltung gegenüber der von den Fürsten angestrebten „konsensualen Herrschaft“, also der Herrschaftsbeteiligung der „Großen“. Er ließ sich nicht von den Fürsten beraten, sondern vertraute eher einem engen Zirkel von Beratern ministerialer Herkunft. Deren sozialer Aufstieg aus der Unfreiheit zu politischer und wirtschaftlicher Bedeutung wurde von Heinrich nachhaltig gefördert. Dafür konnte er mit deren unbedingter Loyalität rechnen. Zunehmend stützte sich Heinrich auch auf die schnell an Bedeutung zunehmenden Städte wie Speyer, Worms, Goslar, Halberstadt und Quedlinburg. Die Förderung der ursprünglich unfreien Ministerialen und der prosperierenden Städte stieß bei den Fürsten auf erheblichen Widerstand und war eine der wesentlichen Ursachen für deren Opposition. Insofern war Heinrich ein "moderner" und taktisch nicht ungeschickter Herrscher, der die aus wirtschaftlicher Prosperität und rapidem Bevölkerungszuwachs resultierenden sozialen Umbrüche seiner Zeit für sich zu nutzen wusste. Sein Misstrauen den Fürsten gegenüber war wohl auch durch die Erfahrungen aus der Zeit der Staatsstreichregierung bedingt, als Heinrich hautnah miterlebt hatte, wie Anno von Köln, Adalbert von Bremen und viele andere Reichsfürsten eher auf ihren eigenen Vorteil als auf das Wohl des Reiches bedacht waren und den König dabei auch in gefahrvolle Situationen wie beim Goslarer Rangstreit geraten ließen.

Heinrich IV. kämpfte so gesehen gegen eine Tendenz zur Territorialisierung und für die Stärkung der Zentralgewalt gegenüber den "zentrifugalen Kräften" (Norbert Elias), die versuchten, ihre Landesherrschaften (Machtbereiche) zu sichern und gleichzeitig die Zentralgewalt zu schwächen. Heinrich konnte zwar mit seiner herrscherlichen Würde, seinem Machtbewusstsein und mit geschickten politischen Schachzügen (Gang nach Canossa) vorerst den Zerfall des Reiches in fürstliche Territorien verhindern und den Erhalt der Reichskirche als Stütze der Zentralgewalt sichern; langfristig jedoch konnte er den Zug zur Territorialisierung nicht aufhalten.

Heinrichs Aussehen

Wie von den meisten mittelalterlichen Herrschern gibt es auch von Heinrich IV. keine zeitgenössischen Portraits, Büsten oder ähnliches. Dennoch erlauben zwei wichtige wissenschaftliche Unternehmungen der Neuzeit eine Annäherung an sein Aussehen:

Die Graböffnung von 1900

Im Jahre 1900 wurde der Sarkophag Heinrichs zum bislang einzigen Mal geöffnet und sein Skelett untersucht. Der bei dieser Gelegenheit angefertigte Untersuchungsbericht beschreibt Heinrich als einen schlanken, aber kräftigen, beinahe athletischen Mann. Er war mit einer Körpergröße von 1,80 Meter etwa 10 cm größer als der erwachsene Durchschnittsmann seiner Zeit. Er habe eine gewölbte Brust, breite Schultern und ein schmales Becken gehabt.

Im Gesicht sei laut Untersuchungsbericht männliche Kraft mit beinahe weiblicher Anmut[8] gepaart gewesen, wofür einerseits der große Hirnschädel, die feine Stirnbildung mit der vortretenden Unterstirn, die lange kräftige Nase und der starke Schnurrbart, von dem noch Reste vorhanden gewesen seien, andererseits die großen offenen Augen, der feine Mund und das eher zarte Kinn verantwortlich zeichnen.

Am Skelett sei keine außergewöhnliche Verwundung und keine größere Krankheit nachweisbar, alles deute auf eine ungestörte kräftige Gesundheit von Geburt an hin.

Die Kopfrekonstruktion von 2006

Auf der zu Heinrichs 900. Todestag konzipierten Ausstellung „Kaiser, Kämpfer, Gebannter“ im Historischen Museum Speyer wurde im Mai 2006 eine vom Kieler Rechtsmediziner Professor Richard Helmer hergestellte Kopfrekonstruktion vorgestellt.

Auf der Grundlage der Vermessungsdaten und der Schädelfotos von der Graböffnung 1900 wurde der Schädel wie bei einer Computertomographie virtuell nachgebildet und dann ein Kunststoffmodell angefertigt, auf das Helmer mit Wachs und Plastilin die Weichteile modelliert. Nach Aussage Helmers erreicht dieses in der Kriminaltechnologie erprobte Modellierverfahren eine 90-prozentige Ähnlichkeit. Schwierig sei die Größe der Nase gewesen. Hätte man sich allein am Nasenbein orientiert, hätte Heinrich eine lange „Lügennase“, Helmer habe sich daher für einen kleinen Nasenhöcker entschieden. Das Kopfhaar sei entsprechend der damaligen Mode modelliert (vgl. Weblinks).

Heinrich als Bauherr

Besonders tat sich Heinrich auch als Bauherr hervor und zwar sowohl auf dem Gebiet des Kirchenbaus als auch beim Burgenbau. Gleich nach seiner Amtsübernahme legte er in den 1060er Jahren ein Burgenbauprogramm auf und ließ in Sachsen und Thüringen rund um den Harz mehrere Burgen errichten, deren größte und bedeutendste die Harzburg war. Bei Lampert von Hersfeld sind noch sechs weitere Burgen genannt, und zwar die Burg Wigantestein (Lage unbekannt), die Moseburg und der Sachsenstein (beide bei Bad Sachsa), die Spatenburg (bei Sondershausen), die Heimburg (bei Blankenburg) und die Hasenburg (bei Großbodungen).

Speyerer Dom

Größte Bedeutung hatte für die Familie der Salier der Speyerer Dom. Heinrichs Großvater Konrad II. hatte ihn ab etwa 1030 erbauen lassen, 1061 wurde er geweiht.

Am Tag vor der entscheidenden Schlacht gegen Rudolf von Rheinfelden an der Weißen Elster, am 14. Oktober 1080, hatte Heinrich dem Dom bereits eine umfangreiche Schenkung zukommen lassen. In der Schenkungsurkunde heißt es „unter ihren (der Jungfrau Maria) Schutz flüchten auch wir uns zur Kirche von Speyer. (...) Dieser Kirche haben wir zum Seelenheil unseres Vaters und Großvaters, der Kaiser Konrad und Heinrich, und der Kaiserin Gisela, die dort ruhen, (...) und auch zu unserem Seelenheil“[9] diese Schenkung vorgenommen. Nach dem erfolgreichen Ausgang der Schlacht begann Heinrich dann Ende 1080, den Dom zu einer noch größeren Erscheinung umbauen zu lassen. Dies geschah offensichtlich auch in der Absicht, einen Kaiserdom zu errichten, der der Welt seinen Anspruch auf den Kaisertitel vor Augen führen sollte.

Im Westteil wurde die Decke abgetragen und der Bau um fünf Meter erhöht: Statt der flachen Holzdecke wurde ein lichtes Kreuzgratgewölbe nach den Idealen der damaligen romanischen Baukunst errichtet. Im Ostteil wurde der Bau bis auf die Fundamente abgerissen und auf bis zu acht Metern starken Fundamenten neu gegründet. Das Turmgewölbe im Ostteil mit seinen Spitzbögen zeigt Stilmerkmale der burgundischen Romanik. 1106, im Todesjahr Heinrichs, war der neue Dom fertig: Mit einer Länge von 444 römischen Fuß und einer Breite von 111 römischen Fuß war es das größte Bauwerk seiner Zeit.

Wie schon beim sächsischen Burgenbauprogramm war zunächst Benno II. von Osnabrück sein leitender Baumeister, der später von Otto von Bamberg abgelöst wurde, der den Bau wohl beendete.

Kurz vor Vollendung des Speyerer Doms widmete sich Heinrich auch noch dem Mainzer Dom, konnte hier jedoch nur noch den Ostchor vollenden lassen, ehe er 1106 starb (weswegen sich die Apsiden des Speyerer und des Mainzer Domes bis heute gleichen).

Die Wormser und Speyerer Privilegien von 1090

Hauptartikel: Kammerknechtschaft

Im Jahre 1090 stellte Heinrich IV. erstmals für zwei jüdische Gemeinden nahezu zeitgleich einen Schutzbrief aus. In seinem Wormser Privileg stellte er die Rechte der Wormser Juden fest, unter anderem den Schutz von Leben und Eigentum, die Freiheit zur wirtschaftlichen Betätigung und Religionsausübung, das Recht zur Beschäftigung christlichen Hauspersonals, die Autonomie der Gemeinde in innerjüdischen Rechtsangelegenheiten und die Festlegung einer verbindlichen Verfahrensordnung für Streitigkeiten zwischen Juden und Christen. Ein fast gleichlautendes Privileg erhielt auch die jüdische Gemeinde in Speyer. Heinrich stellte dabei die Juden unter seinen persönlichen Schutz (Worms), bzw. unter den des örtlichen Bischofs (Speyer). Damit schuf er ein bahnbrechendes Rechtsstatut, das im Positiven wie im Negativen für Jahrhunderte das Verhältnis zwischen Juden und Christen prägen sollte, auch wenn sich schon bald nach der Ausstellung die mangelnde Durchsetzbarkeit zeigen sollte: Im Zuge des Ersten Kreuzzugs kam es 1096 in beiden Städten zu Judenverfolgungen. Während Heinrich in Italien weilte, konnte er den Wormser Juden keinen Schutz gewähren und es gab hunderte Opfer. Der Speyerer Bischof kam hingegen seiner Schutzpflicht nach, dort gab es „nur“ zwölf Tote. (s.a. Weblinks)

Literatur

Quellen

  • Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV. Wiss. Buchgemeinschaft, Darmstadt 1968 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 12). Enthält u.a.: Bruno von Merseburg: Brunonis Saxonicum bellum. Brunos Sachsenkrieg (übersetzt v. Franz-Josef Schmale, S. 191–405) und Carmen de bello saxonico. Das Lied vom Sachsenkrieg (übersetzt v. Franz-Josef Schmale, S. 142–189).
  • Lampert von Hersfeld: Annalen. Wiss. Buchgemeinschaft, Darmstadt 2000 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 13).
  • Quellen zum Investiturstreit: Schriften über den Streit zwischen Regnum und Sacerdotium. Lateinisch und deutsch. Hrsg. und übers. von Irene Schmale-Ott. Wiss. Buchgemeinschaft, Darmstadt 1984 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe).

Sekundärliteratur

  • Gerd Althoff: Heinrich IV. WBG, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-11273-3.
  • Matthias Becher: Heinrich IV.. In: Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hrsg.), Die deutschen Herrscher des Mittelalters, Historische Porträts von Heinrich I. bis Maximilian I. Beck, München 2003, S. 154–180.
  • Egon Boshof: Die Salier. Kohlhammer Verlag, Köln 2000, ISBN 3-17-016475-9.
  • Egon Boshof: Heinrich IV. – Herrscher an einer Zeitenwende. Musterschmidt-Verlag, Göttingen 1990, ISBN 3-7881-0108-3.
  • Mechthild Black-Veldtrup: Kaiserin Agnes (1043-1077), quellenkritische Studien. Böhlau Verlag, Köln 1995, ISBN 3-412-02695-6.
  • Christoph Stiegemann und Matthias Wemhoff (Hrsg.): Canossa 1077 – Erschütterung der Welt. Hirmer, München 2006. ISBN 3-7774-2865-5, Bd. 1: Essays ; Bd. 2: Katalog (Zweibändiges Begleitwerk zur Canossa-Ausstellung in Paderborn)
  • Hartmut Jericke: Begraben und Vergessen? DRW, Leinfelden-Echterdingen 2005. ISBN 3-87181-020-7.
  • Hans K. Schulze: Hegemoniales Kaisertum: Ottonen und Salier. Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-75520-4.
  • Stefan Weinfurter: Canossa. Die Entzauberung der Welt. Beck, München 2006, ISBN 3-40-653590-9.
  • Wilhelm von Giesebrecht: Das Kaisertum im Kampf mit dem Papsttum. Gregor VII. und Heinrich IV. Hendel, Meersburg 1929, (Geschichte der deutschen Kaiserzeit; Bd. 3)
Commons: Heinrich IV. – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Zitiert nach Boshof, Salier, S. 159.
  2. Lampert, Annalen, S. 73.
  3. Zitiert nach Canossa 1077 – Erschütterung der Welt, Essays, S. 72.
  4. Zitiert nach Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., S. 65.
  5. Zitiert nach Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., S. 289.
  6. Zitiert nach Jericke, S. 61.
  7. Friedrich Schiller, Wallensteins Lager, Prolog, Vers 113f.
  8. Zitiert nach Weinfurter, S. 50.
  9. Zitiert nach Weinfurter, S. 160.

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10531054
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