Hermann Rauschning
Hermann Rauschning (* 7. August 1887 in Thorn/Toruń; † Februar 1982 Portland, Oregon, USA) war ein deutsch-US-amerikanischer Musikwissenschaftler, NSDAP-Politiker und Faschismus-Theoretiker.
Leben und Wirken
Der Sohn eines Offiziers studierte in Berlin Geschichte, Germanistik und Musikwissenschaft und schloss 1911 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Bis zum Ersten Weltkrieg betätigte er sich als Landwirt und brachte es im Krieg bis zum Leutnant. Nach der Niederlage und der Rückgabe der Teilungsgebiete an Polen blieb Rauschning in Posen, wo er die Kulturarbeit der deutschen Volksgruppe leitete. Nach der Übersiedlung in den Freistaat Danzig im Jahre 1926 trat Rauschning in die NSDAP ein. 1932 wurde er Vorsitzender des Danziger Lehrerbundes, vom 20. Juni 1933 bis 23. November 1934 war Rauschning Präsident des Danziger Senats. Im Streit mit dem Danziger Gauleiter Albert Forster legte er sein Amt nieder und trat gleichzeitig aus der NSDAP aus. 1936 floh er in die Schweiz, siedelte 1938 nach Frankreich und im Jahr darauf nach Großbritannien über, bis er sich 1941 als Farmer in Portland (Oregon) in den USA niederließ.
Aus Rauschnings Werk Gespräche mit Hitler wurde lange Zeit von Historikern umfangreich zitiert. 1984 veröffentlichte der Schweizer Geschichtslehrer Wolfgang Hänel aber das Geständnis des Presseagenten und Verlegers Imre Révész (alias Emery Reeves), der den Exilanten Rauschning im Sommer 1939 in Zürich überredet hatte, seine Begegnungen mit Adolf Hitler mit möglichst vielen wörtlichen Zitaten aufzuschreiben und ihm dafür einen umfangreichen Vorschuß gewährte. Dem kam der damals mittellose Rauschning nach und es entstand ein Bestseller, der ab 1939 in mehreren Sprachen erschien. Rauschning hatte behauptet, bis 1934 mehr als hundertmal privat und ausführlich mit Hitler gesprochen zu haben, jedoch sind höchstens vier Zusammentreffen zwischen Rauschning und Hitler belegt, keines davon privat. Das Buch enthält nachweisbare Falschbehauptungen und viele unglaubwürdige Zitate. Historikern wie Theodor Schieder war zwar schon vorher aufgefallen, dass Rauschning mit Hitler keineswegs eng befreundet war. Die Fälschungs-Hypothese ist allerdings ihrerseits nicht unumstritten, da das Buch als einer der Schlüsselbeweise für frühe Kriegspläne Hitlers gilt. Allerdings ist insbesondere Haenels Beweisfuehrung in ihrer Wissenschaftlichkeit umstritten.
Bedeutender war Rauschnings Versuch einer Faschismustheorie aus konservativ-bürgerlicher Sicht, in der er den Nationalsozialismus als in seinem Wesenskern nihilistisch als Folge der Entchristlichung der Gesellschaft erklärte.
Werke (Auswahl)
- Musikgeschichte Danzigs, Dissertation, Universität Danzig, Danzig 1911
- als Herausgeber: Posener Drucke, erster Druck: Nicolaus Coppernicus aus Thorn. Über die Umdrehungen der Himmelskörper. Aus seinen Schriften und Briefen, Posen 1923
- Die Entdeutschung Westpreußens und Posens. Zehn Jahre polnische Politik, Berlin 1930
- Die Revolution des Nihilismus, 1938 (in Auszügen abgedruckt in: Ernst Nolte (Hrsg.): Theorien über den Faschismus, Athenäum Verlag 1984, ISBN 3-7610-7248-1)
- Gespräche mit Hitler, Zürich und New York 1940
- Make and Break with Hitler, 1941
Literatur
- Jürgen Hensel, Pia Nordblom (Hrsg.): Hermann Rauschning. Materialien und Beiträge zu einer politischen Biographie. Fibre-Verlag Osnabrück 2003, ISBN 3-929759-61-6
- Theodor Schieder: Hermann Rauschning "Gespräche mit Hitler" als Geschichtsquelle. Westdeutscher Verlag, Opladen 1972
- Fritz Tobias: Auch Fälschungen haben lange Beine. Des Senatspräsidenten Rauschning `Gespräche mit Hitler´, in: Karl Corino (Hrsg.): Gefälscht! Betrug in Politik, Literatur, Wissenschaft, Kunst und Musik. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-82181131-5
Weblinks
- Bernd Lemke: Rezension zu: Rauschning, Hermann: Gespräche mit Hitler. Mit einer Einführung von Marcus Pyka. Zürich 2005. Nachdruck der ungek. Erstfassung Europa Verlag AG. In: H-Soz-u-Kult, 02.08.2006, [1].
- Vorlage:PND
Siehe auch
Betrug und Fälschung in der Wissenschaft
Personendaten | |
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NAME | Rauschning, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Musikwissenschaftler und Politiker |
GEBURTSDATUM | 7. August 1887 |
GEBURTSORT | Thorn/Toruń |
STERBEDATUM | Februar 1982 |
STERBEORT | Portland, Oregon, USA |