Jack Phillips
John George „Jack“ Phillips (* 11. April 1887 in Godalming, Surrey, England; † 15. April 1912 im Nordatlantik) war Funker auf der Titanic.
Frühes Leben
John George Phillips – genannt Jack – wurde als jüngster Sohn von George Alfred Phillips und dessen Frau Ann in der Farncombe Street in Godalming geboren. Sein Vater war Filialleiter einer Vorhänge produzierenden Ladenkette. Jack selbst wurde in der Wohnung über dem Geschäft geboren. Er hatte zwei 13 Jahre ältere Zwillingsschwestern, Elsie und Ethel Phillips.
Phillips wurde römisch-katholisch getauft. In der Kirche des Heiligen Johannes, nur wenige hundert Meter vom Laden entfernt, befindet sich noch heute eine Plakette, die an den berühmten Sohn Godalmings erinnert. Phillips' Erziehung begann in der der Kirche angeschlossenen Volksschule, ehe er, dank der finanziellen Möglichkeiten des Vaters, auf eine private Jungenschule wechselte.
1902 schloss er die Schule ab und begann eine Lehre als Funker beim lokalen Postamt. 1906 zog er nach Seaforth, wo er von März bis August eine 5-monatige Ausbildung in der Marconi Company's Wireless Telegraphy Training School absolvierte. Kurz danach, im August 1906, erhielt er seine erste Anstellung an Bord des White Star-Dampfers Teutonic. Damals wurden die Funkstationen noch direkt von der Gesellschaft von Marconi betrieben, nicht von der Reederei selbst.
Innerhalb der nächsten zwei Jahre diente Phillips auf mehreren Schiffen, darunter auch die RMS Mauretania und RMS Lusitania. 1908 verließ er zunächst die Schiffahrt und nahm einen Posten in der Marconi-Funkstation im irischen Clifden an. Seine Aufgabe war es, Funknachrichten, die von Glace Bay (Neuschottland) eintrafen, entgegen zu nehmen.
Doch bereits im Herbst 1911 erfolgte seine Versetzung auf die Adriatic, mit der er bis Weihnachten fuhr. Danach diente er an Bord der RMS Oceanic, bis es im März 1912 feststand, dass Jack Phillips auf der Titanic auf deren Jungfernfahrt eingesetzt werden würde.
Titanic
Die Jungfernfahrt der Titanic war für Phillips auch privat erinnerungsträchtig, feierte er doch am 2. Tag auf See seinen 25. Geburtstag.
Er, wie auch sein Kollege Harold Bride, taten abwechselnd Dienst. Phillips' Schichtplan ging von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr und von 20:00 Uhr bis 2:00 Uhr, Bride übernahm die restliche Zeit. Die Funker waren überlastet von der Flut an Anfragen der Passagiere, Funknachrichten an ihre Verwandten zu senden, die Hauptaufgabe der Funker der von der Gesellschaft von Marconi betriebenen Funkstation. Daher beachtete man nicht die Eiswarnungen, die ab Vormittag des 14. April die Titanic erreichten. Um 9:00 Uhr traf eine Nachricht von der Carona ein, um 13:42 Uhr von der Baltic, und um 19:30 Uhr von der SS Californian. Bride, vor allem jedoch Phillips, die beide nicht zur Besatzung des Schiffes gehörten, sichteten die Nachrichten und trugen diese nach eigenem Ermessen auf die Hauptbrücke. Nur partiell bekamen diese lebensnotwichtigen Nachrichten Captain Smith und die Führungsoffiziere zu sehen. Ebenso verhielt es sich um 21:40, 2 Stunden vor der Kollision mit dem Eisberg, als die Mesaba folgende Nachricht an die Titanic sandte:
„Von der Mesaba an die Titanic und alle Schiffe mit östlichem Kurs. Auf 42°N bis 41°25'N und 49°W bis 50°30'W wurden starkes Packeis und zahlreiche große Eisberge gesichtet, ebenso Eisfelder. Wetter gut und klar!“
Es wäre die erste von zwei Möglichkeiten gewesen, dem Eisfeld auszuweichen, in das die Titanic hinein steuerte, doch Jack Phillips legte die Nachricht beiseite und kümmerte sich um belanglose Urlaubsgrüße der Passagiere. Die zweite und letzte Gelegenheit ergab sich um ca. 23.05 Uhr, 40 Minuten vor der Kollision, als die Californian, vor allem ihr Funker Cyril Evans, erneut Kontakt mit der Titanic aufzunehmen versuchte. Doch Jack Phillips, von Evans' Bemühungen sichtlich genervt, pöbelte diesen an: „Halten Sie gefälligst das Maul, ich arbeite mit Cape Race!“ Cape Race war eine neufundländische Station, die den Funkverkehr kontrollierte und koordinierte. Evans, völlig perplex, deaktivierte daraufhin das Funkgerät, und ging zu Bett. Die Californian war zu diesem Zeitpunkt bereits von Eis umschlossen.
Jack Phillips glaubte in dieser Ersten Phase - wie viele andere an Bord auch - an die Unsinkbarkeit des Schiffes. Arrogant fertigte er kleinere Frachter und Passagierschiffe ab.
Kurz nach Mitternacht sollte sich diese Lethargie legen, als Captain Smith den Funkraum betrat, und Phillips wie auch Bride aufforderte, CQD (Come Quick, Danger; Deutsch: Kommt schnell, Gefahr!) zu funken. Um 0:15 Uhr wurde die vom 4. Offizier Boxhall ermittelte Position erstmals gefunkt: 41°46'N, 50°14' W. Wie man heute weiß, ist diese Positionsangabe falsch. Nun wurde aus dem eher lässigen Phillips ein pflichtbewusster Mann, der in den kommenden zwei Stunden einen regen Funkverkehr mit anderen Schiffen unterhielt. Es sind 70 Funkein- bzw. ausgänge nachzuweisen. Jedoch kann man von einer höheren Anzahl von versuchten Hilferufen ausgehen, zumal 36 Schiffe in jener Nacht im Nordatlantik unterwegs waren.
Um etwa 00:40 Uhr machte Bride die Bemerkung: He, funk doch mal das neue Notrufsignal, SOS. Vielleicht haben wir nie wieder Gelegenheit dazu. So kam es, dass um 0:45 Uhr, am Morgen des 15. April 1912, SOS durch den Äther gefunkt wurde. Die Baltic war, unbestätigten Protokollen zufolge, das erste Schiff, welches den SOS-Hilferuf erhielt.
In der jüngsten Zeit wurde eine Theorie laut, wonach Phillips das Hilfsangebot eines Schiffes in der unmittelbaren Nähe der Titanic erhalten habe, das vor dem Untergang hätte eintreffen können, und er dieses schroff abwimmelte. Das Schiff sei ein kleiner Frachter gewesen und das Prestige der White Star Line wäre geschädigt worden, wenn die Passagiere des Flaggschiffes auf einem Frachter die Heimreise hätten antreten müssen. Diese Möglichkeit kann jedoch ausgeschlossen werden, da in der Nähe der Titanic kein einziges Schiff unterwegs war.
Um 2:00 Uhr funkte Phillips zum letzten Mal eine Nachricht und verließ kurz darauf mit Bride den Funkraum. Um 2:15 Uhr, 5 Minuten vor dem Untergang, erreichten beide das zusammenklappbare Boot B, das kieloben im Wasser abtrieb. In der Panik versuchten beide, sich am Boot festzuklammern. Während Bride einen trockeneren Platz ergatterte, baumelte Phillips bis zur Brust im eiskalten Wasser.
In der Nacht verstarb Jack Phillips in den Armen eines Heizers, und im Beisein seines Freundes Harold Bride. Um Platz und Auftrieb im Boot zu gewinnen, wurde der Leichnam einfach losgelassen. Als einige Wochen später die Mackay Bennett die Unglücksstelle nach Leichen absuchte, konnte man Phillips' Leiche nicht finden.
Nachwirkungen
In Godalming steht heute das Phillips Memorial, die weltweit größte Gedenkstätte, die für ein Opfer der Titanic errichtet wurde. Es besteht aus einem Kreuzgang, einer Wiese, einer zweiten Wiese mit Wildblumen und einem Spazierweg entlang des River Wey.
Folgende Schauspieler haben Jack Phillips bis dato dargestellt:
- 1953: Untergang der Titanic: Ashley Cowan
- 1958: Die letzte Nacht der Titanic: Kenneth Griffith
- 1996: Titanic: Matt Hill
- 1997: Titanic: Gregory Cooke
Quellen
- Eintrag in der Encyclopedia Titanica
- Stephen Spignesi: Titanic - Das Schiff, das niemals sank; Chronik einer Jahrhundertlegende; Seiten 576, Goldmann Verlag, ISBN 3-442-15068-X
- John P. Eaton & Charles A. Haas: Titanic - Traum und Tragödie; Seiten 176, Carl Habel Verlag, (Sonderausgabe; heute vergriffen)
Personendaten | |
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NAME | Phillips, Jack |
KURZBESCHREIBUNG | Funkoffizier auf der Titanic |
GEBURTSDATUM | 11. April 1887 |
GEBURTSORT | Godalming, Surrey, England |
STERBEDATUM | 15. April 1912 |
STERBEORT | Nordatlantik |