Rudolph Eberstadt
Rudolph Eberstadt (* 8. Juli 1856 in Worms, † 9. Juni 1922 in Berlin) war ein deutscher Stadtplaner.
Als 16-jähriger besuchte er 1872 die Handelsschule in Frankfurt. Er wurde zum Bankkaufmann ausgebildet und war in England, Frankreich und Belgien tätig (Mainzer Bankhaus "Bischofsheim"), bevor er sich schliesslich als selbständiger Kaufmann mit einem Posamentiergeschäft in Berlin niederliess, wo er bis 1894 blieb. Das befriedigte ihn aber nicht. So holte er das Abitur nach und schlug die wissenschaftliche Laufbahn ein.
1894 bis 1897 studierte er in Berlin und Zürich Nationalökonomie, wobei er schon 1895 in Zürich promovierte. Danach war er Dozent für Ökonomie an der Königlichen Universität in Berlin und ab 1903 im Städtebauseminar der Technischen Hochschule Professor für Architektur. Er lebte in Berlin in der Bendlerstraße und lebte getreu seinem Wahlspruch: "Et in terra pax". 1907 wurde er zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt.
Eberstadt's hauptsächliches Interesse lag in der Entwicklung städtebaulicher Strukturen, bei welchen viele Bewohner in menschenwürdigem Umfeld untergebracht werden konnten. Dazu unternahm er intensive Forschungen in England und Holland und den dort damals neu aufgekommenen Reihenhaussiedlungen.
Rudolph Eberstadt veröffentlichte eine ganze Reihe Werke zu ökonomischen Fragen und zu Problemen des modernen Wohnungsbauwesens. Letzteres führte dazu, daß er bei städtebaulichen Planungen in Berlin und bei der Fassung des preussischen Wohnungsgesetzes zur Mitarbeit herangezogen wurde.
Nach ihm wurde im Frankfurter Nordwesten die Eberstadtstrasse benannt, die heute noch existiert. Auch in Berlin ehrte man ihn: in der Kleinhaussiedlung in Berlin-Britz, die mit auf seine Anregung hin durch die Baugenossenschaft "Ideal" erbaut wurde, nannte man eine der Strassen im ersten Block die "Eberstadt-Allee".
In seinem Nachruf in der Zeitschrift "Stadtbaukunst alter und neuer Zeit", 1. Juli 1922, herausg. von Bruno Möhring, charakterisiert W. Lehweiss ihn:
"Er war ein Mann, der ganz in seiner Wissenschaft und dem Gedankenkreise aufging, dem seine Arbeit galt. Er bekämpfte das, was er für gemeinschädlich hielt, mit zäher Energie, jedoch stets in vornehmer Weise, niemals durch die sonst so beliebte persönliche Verunglimpfung des Gegners. Sein Vortrag war glänzend, ohne jede Rhetorik, wirksam allein durch die scharfe, geistvolle Pointierung der Gedanken... Über sein Privatleben ist mir nicht viel bekannt geworden. So viel ich weiss, lebte er einfach und zurückgezogen in seiner kleinen Junggesellenwohnung in der Bendlerstraße."
Schriften (Auswahl)
- Die Entwicklung des Gewerberechts und der gewerblichen Besteuerung in Frankreich vom 12.bis zum Ende des 15. Jahrhunderts Zürich, Staatswissenschaftliche Fakultät, Inaug. Diss. 1895
- Magisterium und Fraternitas. Eine verwaltungsgeschichtliche Darstellung der Entstehung des Zunftwesens, Leipzig, Duncker & Humblot, 1897
- Das französische Gewerberecht und die Schaffung staatlicher Gesetzgebung und Verwaltung in Frankreich vom 13. Jahrhundert bis 1581, Leipzig, Duncker & Humblot, 1899
- Der deutsche Kapitalmarkt, Leipzig, Duncker & Humblot, 1901
- Handbuch des Wohnungswesens und der Wohnungsfrage, Jena, G. Fischer, 1909
- zusammen mit Bruno Möhring und Richard Petersen: Groß-Berlin. Ein Programm für die Planung der neuzeitlichen Großstadt, Berlin 1910
- Neue Studien über Wohnungsbau und Wohnungswesen, Jena 1912
- zusammen mit Bruno Möhring: Bebauungsplan für den mittleren Ortsteil Treptow, Berlin 1914
- Städtebau und Wohnungswesen in Holland, Jena, G. Fischer, 1914
- Handbuch des Wohnungswesens und der Wohnungsfrage, Jena 1920
- Das Wohnungswesen, Band I, 1922
Quelle
Sauer, Allgemeines Künstlerlexikon, Band 32, München-Leipzig 2002 Christof Eberstadt, private Forschung
Personendaten | |
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NAME | Eberstadt, Rudolph |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Stadtplaner |
GEBURTSDATUM | 8. Juli 1856 |
GEBURTSORT | Worms |
STERBEDATUM | 9. Juni 1922 |
STERBEORT | Berlin |