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Leo Navratil

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Leo Navratil, (* 1921, österreichischer Psychiater. Hat sich vor allem um die Erforschung und Förderung der sog. "zustandsgebundenen Kunst", also der Kunst von Insassen psychiatrischer Anstalten, verdient gemacht.

Seit 1956 war Navratil Primararzt in der Landesnervenheilanstalt Gugging (Niederösterreich), wo er, zunächst zu Diagnose- und Therapiezwecken, Patienten zu zeichnerischem und malerischem Ausdruck anregte. Er knüpfte damit an einen Aufbruch vom Beginn des 20. Jahrhunderts an, als Walter Morgenthaler in der Schweiz (Ein Geisteskranker als Künstler, 1921), Hans Prinzhorn in Deutschland (Bildnerei der Geisteskranken, 1922) und Marcel Réja in Frankreich (L'art chez les fous, 1907) erstmals den Blick auf die bildnerische Produktion von als Geisteskrank Internernierten gelenkt hatten.

Immer mehr kristallisierte sich bei Navratils Arbeit (ausschließlich mit männlichen Patienten) eine kleine Gruppe ausdrucksstarker Insassen heraus, deren Produktion erstmals 1970 in der Wiener Galerie nächst St. Stephan ausgestellt wurde. Ende der 60er und in den 70er Jahren war Gugging eine Art Wallfahrtsort für die Wiener (und andere europäische) Künstler. Nach der Überwindung rechtlicher Hürden (Ärztegeheimnis usw.) gelang es, die Künstler aus der Anonymität bzw. Pseudonymität heraustreten zu lassen, sodass einige von ihnen, darunter die Maler Johann Hauser, Oswald Tschirtner und August Walla sowie der Dichter Ernst Herbeck heute als anerkannte Künstler in der offiziellen Kunstwelt gelten.

Das "Haus der Künstler", von Navratil 1981 auf dem Gelände des Gugginger Krankenhauses unter dem Namen "Zentrum für Kunst- und Psychotherapie" gegründet, wurde unter Navratils Nachfolger, in seinen jetzigen Namen umbenannt, 1997 um eine (Verkaufs-)Galerie erweitert und 2001 schließlich in eine Privatstiftung umgewandelt.

Bücher

  • Schizophrenie und Kunst, München: dtv 1965.
  • Schizophrenie und Sprache, München: dtv 1966.
  • Über Schizophrenie und die Federzeichnungen des Patienten O.T., München: dtv 1974.
  • Johann Hauser. Kunst aus Manie und Depression, München: Rogner & Bernhard 1978.
  • Gespräche mit Schizophrenen. München: dtv 1978.
  • Ernst Herbeck: Alexander. Ausgewählte Texte 1961-1981, (Nachw. v. L. Navratil), Salzburg: Residenz 1982.
  • Die Künstler aus Gugging, Berlin-Wien: Medusa 1983.
  • Schizophrenie und Dichtkunst, München: dtv 1985.
  • August Walla, sein Leben und seine Kunst, Nördlingen: Greno 1988.
  • Schizophrenie und Religion, Berlin: Brinkmann & Bose 1992.
  • Die Überlegenheit des Bären. Theorie der Kreativität, München: Arcis 1995.
  • Art brut und Psychiatrie. Gugging 1946-1986, 2 Bände, Wien: Brandstätter 1999.