Imhoffhaus (Nürnberg)


Der Name „Imhoffhaus“ oder auch "Imhoff'sches Haus" beschreibt das Gebäude am oberen Ende des Egidienplatzes in Nürnberg.[1] Es erfuhr in seiner Geschichte eine Reihe von Umgestaltungen der Fassade und wurde 1945 zu großen Teilen zerstört. Die Neubebauung des Grundstücks erfolgte in den 1950er Jahren und firmirert heute sowohl unter dem Namen Pellerhaus als auch "Imhoff-Bau".[2][3] Ein zweites Imhoff‘sches Haus befand sich an der westlichen Seite des Egidienplatzes (Haus Nr. 9 – 13), dieses beherbergte auch die berühmte Kunstsammlung des Willibald Imhoff.[4]
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Imhoffhaus 2007
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Peller- und Imhoffhaus 2023
Lage
Das Imhoffhaus befand sich am nordöstlichen Ende des Egidienberges und umfasste zwei Parzellen (Haus Nr. 25 und Nr. 27) mit zwei Innenhöfen und den dazughörigen Hinterhäusern. Im Westen grenzte das Gebäude direkt an das Pellerhaus (Nr. 23), im Osten an die Wolfsgasse (heute Mummenhofstraße) und im Norden an das Gartengrundstück des Hauses Paniersplatz 24 (sog. Stromer-Stadel, heute durch das Scharrer-Gymnasium überbaut), sowie an das Haus Wolfsgasse 3.
Baugeschichte


Der Gebäudekomplex bestand ursprünglich aus zwei Häusern, von denen das östliche im Jahr 1451 einstürzte. 1465 wurde es für Sebald Groland (ca. 1419-1477) mit einer nun einheitlichen spätgotischen Fassade neu errichtet.[5] Nach mehreren Besitzerwechseln wurde das Anwesen schließlich unter Andreas II Imhoff (1529-1597) zum neuen Wohn- und Handelszentrum der Familie.[2] Die Imhoffs veräußerte das Anwesen am Egidienberg schließlich im Jahre 1791. Im Anschluss wurde die Fassade durch eine klassizistische ersetzt. Georg Zacharias Platner erwarb das Grunstück 1827 und beauftragte Carl Alexander Heideloff mit einer Umgestaltung im Stil der Neugotik. Heideloff plante zunächst tiefgreifende Umgestaltungen der Fassade: Dazu hätte er Anzahl und Form der Fenster stark verändert, sowie die Fassade mit einem mittig angeordneten, zweistöckigen Balkon und großen Zwerchhaus sowie zwei seitlichen Eckerkern versehen. Letztlich musste er sich jedoch den Vorgaben seines Auftraggebers fügen und so wurde eine deutlich reduziertere und oberflächlichere Veränderung an der Fassade umgesetzt: Die Fassade erhielt einen angedeuteten Mittelrisalit der, genauso wie das alte, klassizistische Zwerchhaus mit neugotischen Ornamenten verziert wurde, im Erdgeschoss schuf Heideloff einen eisernen einstöckigen Balkonvorbau.[6]] Der Heideloffschen Umbau blieb knapp über 100 Jahre bestehen. Ab 1936 wurde die Fassade unter der Leitung des Heimatschutz- und Denkmalpflegeamtes purifiziert und umgestaltet. [8] Dabei entfernte man alle neugotischen Elemente und ersetzte den klassizistischen Giebel durch drei hölzerne Erker.
Im zweiten Weltkrieg wurde das Haus zu großen Teilen zerstört. Von der Hauptfassade standen noch Teile des Erdgeschosses und auch Seitenflügel der Hintergebäude hatten sich in diesem Umfang erhalten. Beim Wiederaufbau wurde das gesamte Gebäude nach den Plänen der Gebrüder Mayer in zeitgenössischen Formen der 50er Jahre neu bebaut. Dabei wurde der Baukörper zum Egidienplatz in seiner Tiefe gegenüber dem Vorkriegszustand, deutlich reduziert und die ehemals zwei Innenhöfe zu einem Hof (sog. Schmuckhof) zusammengefasst. Darum gruppierte man Lesesaal, Treppenhaus und weitere zu Archiv und Bibliothek gehörigen Büroräume. Der Komplex steht seit 1998 unter Denkmalschutz. Teile der historischen Hintergebäude sind heute von der abknickenden Mummenhofstraße und dem Scharrer-Gymnasium überbaut.
Die spätgotische Fassade

Die detaillierteste Ansicht der spätgotischen Fassade dokumentierte Johann Andreas Graff auf einem Kupferstich: Er zeigt einen dreigeschossigen Sandsteinquaderbau mit vierzehn Fensterachsen in den oberen beiden Stockwerken. Diese waren von fünf Halbsäulen mit Statuen horizontal unterteilt. Die Dachzone wurde von drei mit Fialen besetzten Zwerchhäusern rhythmisiert. Deren Giebel schmückten abermals in Nischen gestellte Statuen. Eine Attika mit Rundbögen und Porträtbildern verband die Dachaufbauten.
Die älteste Darstellung des Hauses findet sich im auf dem Epitaph des Hans Mayer in St. Lorenz, entstanden um 1473.[7]
Rezeption
Die Fassade fand in den 1530er (also ca. 70 Jahre nach seiner Erbauung) im Neubau des Tucherschlösschens eine Rezeption: Es zeigt sowohl eine Wandgliederung mit Säulen und Figurennischen, als auch einen mit Fialen geschmückten Giebel, beides Elemente die sich auch am Imhoffhaus zeigten.
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Gartenfassade des Tucherschlosses, erbaut um 1530.
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Imhoffhaus, Fassadendetail
Beherbergung berühmter Persönlichkeiten
Besuch König Matthias von Böhmen (später Kaiser Matthias HRR), 1612

Am 5. Mai 1612 erreichte Matthias König von Böhmen, samt seiner Gemahlin Anna die Stadt Nürnberg. Sie trafen gegen vier Uhr Nachmittags am Egidienberg ein, wo sie von Georg Volckamer und Endres Imhoff empfangen wurden. Dort überreichte man ihnen eine Reihe von Geschenken in Naturalien und dazu auch zwei Pokale im Wert von insgesamt 794 Gulden.[10] [11] Den folgenden Tag verbrachten König und Königin zur Erholung im Haus. [12] Für die Einladung zu den Hochzeitsfeierlichkeiten des Sebastian Scheurl mit Susanna Welser ließen sie sich vertreten, nahm jedoch nicht persönlich daran teil. Auf Wunsch der Königin[13] führte man nach der Trauung in St. Sebald den Hochzeitszug über den Egidienberg, sodass die ferngebliebenen Gäste den Feierlichkeiten durch das Fenster beiwohnen konnten.[14] Am Abend empfing Anna zudem zwei der Tischjungfrauen der Hochzeit im Imhoffhaus, um deren Kleidung und Kopfputz/Aufmachung in Augenschein zu nehmen und sogleich eine Zeichnung derselben anfertigen zu lassen.[15] Außerdem brachten Vertreter des Stadtrates auf Wunsch Matthias‘ die Reichskleinodien in das Haus am Egidienberg.[16] Am 07. Mai reisten Matthias und Anna aus Nürnberg ab.[17]
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Erzherzogin Anna von Österreich-Tirol, 1603
Besuch Gustav II Adolfs, 1632

Der Nürnberger Rat ersuchte am 17/27.03 Endres Imhoff wie auch die Erben von Wilhelm und Hans Imhoff und die Witwe Martin Pellers ihre Häuser für den Besuch Gustav II Adolf und eine mögliche Unterbringung instand zu setzen.[18] Der Schwedenkönig traf am 21./31. März in Nürnberg ein und logierte im Imhoffhaus. Dort wurde er von Christoph Fürer und Georg Christoph Volckamer als Vertreter des Nürnberger Rates empfangen. Sie überreichten ihm als Geschenke neben einer Reihe von Naturalien auch zwei silberne Pokale.[19] Die Pokale sind Arbeiten von Christoph Jamnitzer und Jeremias Ritter und befinden sich heute in den Königlichen Sammlungen Stockholm (Inventarnummern: HGKSS11 und HGKSS10).[20] [21] Noch am selbenTag verließ der König die Stadt in Richtung Schwabach, nachdem er vorher die Nürnberger Befestigungsanlagen in Augenschein genommen hatte.[22]
Bei seinem zweiten Besuch in Nürnberg am 09./19. Juni wünschte Gustav II Adolf zunächst eine Unterbringung in der Kaiserburg, um dort ein Mittagsmahl einzunehmen und die Reichskleinodien zu begutachten. Kurz vor seiner Ankunft in Nürnberg äußerte er den Wunsch im ihm schon bekannten Quartier des Imhoff‘schen Hauses untergebracht zu werden, sodass der Rat die Reichskleinodien samt der einbestellten Musikanten an den Egidienberg schaffen lies.[23] Am 11./21.06 verließ der König die Stadt wieder in Richtung Oberpfalz.[24]
Ende November 1896 wurde an der Fassade des Imhoffhauses eine Erinnerungstafel für den Besuch des Schwedenkönigs angebracht. Die Tafel geht auf den Entwurf Paul Ritters zurück und wurde von dem Nürnberger Bildhauer Georg Leistner[25] umgesetzt. Das Material ist grünlicher Sandstein aus Schwäbisch Hall.[26][27] Heute (Stand: 2023) befindet sich die Tafel in der historischen Eingangshalle des Pellerhauses.
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Gedenktafel auf Gustav II Adolf, 1896
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Einzug Gustav Adolfs 1632 in Nürnberg, Gemälde von 1884.
[2] Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 62, Nürnberg Eigenverlag, 1975, S. 33
[3] Neugotik und Nürnberger Stil, S. 75.
[4] Neugotik und Nürnberger Stil, S. 75.
[5] Neugotik und Nürnberger Stil, S. 75.
[6] Neugotik und Nürnberger Stil, S. 75 f.
[7] Neugotik und Nürnberger Stil, S. 75
[8] Ankündigung der Umbaußnahme für die Zeit nach dem Reichsparteitag, in: Fränkische Tageszeitung, 11. Juli 1936, S. 11.
[9] Virtuelles Museum Nürnberger Kunst
[10] Kircher 1955, S. 147.
[11] Zu den Pokalen und weiteren Geschenken für die Kaiserin s.a.: Ursula Timann: Goldschmiedearbeiten als diplomatische Geschenke, in: Hermann Maué, Thomas Eser, Sven Hauschke, Jana Stolzenberger: Quasi Centrum Europae. Europa kauft in Nürnberg. 1400 – 1800, Ausst. Katalog 2002, (Hrsg.): GNM Nürnberg. Generaldirektor G. Ulrich Großmann, S.217 – 236, hier: S. 224
[12] Kircher 1955, S. 148.
[13] Soden 1860!, S. 261f
[14] Kircher 1955, S. 148.
[15] Kircher 1955, S. 148. + Soden
[16] Kircher 1955, S. 148.
[17] Kircher 1955, S. 148f.
[18] Soden 1865, S. 215 f.
[19] Georg von Kreß: Zwei Pokale im historischen Museum zu Stockholm, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 19, 1911, S. 246.
[20] Goldschmiedearbeiten, Band 1, Teil 1, S. 349.
[21]Ursula Timann, 2002: Goldschmiedearbeiten als Diplomatische Geschenke, in : Quasi Centrum…., S. 225-228.
[22] Soden 1865, S. 223.
[23] Soden 1865, S. 297.
[24] Soden 1865, S. 309.
[25] Manfred H. Grieb (Hrsg.): Nürnberger Künstlerlexikon. Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Sammler, Kulturschaffende und Mäzene vom 12. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, Bd. 2 H-Pe, S. 906. (Georg Leistener, Bildhauer (*23.10.1854-31.03.1943)
[26] StadtAN F 2 Nr. 16, S. 167. (Stadtchronik Band 16 (01.01.1896 – 31.12.1899))
- ↑ Ruth Bach Damaskinos: Imhoffhaus. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. 2., verbesserte Auflage. W. Tümmels, Nürnberg 2000, ISBN 3-921590-69-8, S. 470.
- ↑ Swetje Boludan, Herbert May, Nikolaus Bencker, Harald Pollman: Pellerhaus Nürnberg. Hrsg.: Matthias Böckel. Edition Hertel, Nürnberg 2008, S. 89.
- ↑ Ute Wolf: Peller- und Imhoffhaus: Ort der Begegnung für alle Generationen. In: nordbayern.de. Verlag Nürnberger Presse, 5. April 2019, abgerufen am 20. Oktober 2023.
- ↑ Michael Diefenbacher: Imhoff, Willibald. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. 2., verbesserte Auflage. W. Tümmels Verlag, Nürnberg 2000, ISBN 3-921590-69-8, S. 470.
- ↑ Dr. Pablo de la Riestra, Karl Kohn: Epitaph des Hans Mayer (gest. 31.08.1473) und Ehefrau Kunigunde, geb. Sternecker (gest. 23.03.1450). In: Virtuelles Museum Nürnberger Kunst. Förderverein Kulturhistorisches Museum Nürnberg e.V., abgerufen am 14. Oktober 2023.
- ↑ Norbert Götz: Um Neugotik und Nürnberger Stil. In: Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Hrsg.): Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte. Band 23. Selbstverlag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Nürnberg 1981, S. 75 f.
- ↑ Dr. Pablo de la Riestra, Karl Kohn: Epitaph des Hans Mayer (gest. 31.08.1473) und Ehefrau Kunigunde, geb. Sternecker (gest. 23.03.1450). In: Virtuelles Museum Nürnberger Kunst. Förderverein Kulturhistorisches Museum Nürnberg e.V., abgerufen am 14. Oktober 2023.