Erzgebirge

Das Erzgebirge (tschechisch: Krušné hory) ist ein Mittelgebirge und bildet die natürliche Grenze zwischen Sachsen und Böhmen. Knapp nördlich der Kammlinie verläuft die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien. Die höchsten Erhebungen sind Fichtelberg (1.215 m ü.NN) und Keilberg (tschech. Klínovec) (1.244 m ü. NN). Das Erzgebirge gehört mit seinem oberen Teil dem Naturpark Erzgebirge/Vogtland an. Das östliche Erzgebirge steht als LSG Osterzgebirge unter Landschaftsschutz.

Entstehung des Namens
Im Laufe der Jahrhunderte erhielt das Gebirgsmassiv mehrere Namensgebungen. Im 9. Jahrhundert wird es als Hircanus Saltus, bzw. Fergunna bezeichnet, zwei Jahrhunderte später verwendet der Chroniker und Bischof Thietmar von Merseburg im Jahre 1004 den Begriff Miriquidi. Im 12. Jahrhundert taucht der Begriff Saltus bohemicus auf, in deutscher Sprache wird auch Böhmischer Wald oder Beheimer Wald, Behmerwald, Böhmerwald benutzt, im Tschechischen Český les. Erst nach der Entdeckung von großen Erzvorkommen, kam es im 16. Jahrhundert zu weiteren Umbenennungen. Der Sachse Peter Albin benutzt den Namen erstmals 1589 in seiner Chronik. Zwischendurch verwendet man zu Beginn des 17. Jahrhunderts auch den Namen Meißner Berge, ein viertel Jahrhundert später bürgert sich dann endgültig die Bezeichnung Erzgebirge bzw. tschechisch Rudohoří ein.
Topografische Beschreibung
Das Gebirge ist etwa 150 cm lang und durchschnittlich 400 km breit. Östlich schließt sich das Elbsandsteingebirge, westlich das Elstergebirge und der sächsische Teil des Vogtlandes an. Südlich des Osterzgebirges liegt das Nordböhmische Becken, gegenüber das Böhmische Mittelgebirge. Südlich des Westerzgebirges liegen Ohřegraben (Egergraben) und Duppauer Gebirge. Nach Norden hin ist die Grenze unscharf, weil das Erzgebirge - als eindeutigster Vertreter der Pultschollengebirge - sehr flach abfällt. Geologisch lässt sich diese Grenze zwar feststellen - sie befindet sich wesentlich weiter nördlich auf der Höhe des Collmberges. Topographisch aber ist sie schwer zu definieren, da es keine klare landschaftliche Ausprägung gibt. Man bezeichnet diese landschaftliche Übergangszone, die zwischen Zwickau und Chemnitz liegt, auch als Erzgebirgsvorland. Untergliedert wird das Gebirge in West- und Osterzgebirge, getrennt durch die sog. Flöhalinie. Seltener ist das Westerzgebirge noch einmal zusätzlich in West- und Mittelerzgebirge aufgeteilt.


Der Tradition folgend zählt Zwickau noch zum Erzgebirge, Chemnitz liegt knapp außerhalb dessen und Freiberg wird wiederum dazugerechnet. Die mutmaßliche Grenze des Erzgebirges läuft dann südwestlich Dresdens auf das Elbsandsteingebirge zu. Dabei setzt sich der maßgebliche Charakter, also flache Hochebenen mit Anstieg zum Kamm und einschneidende Kerbtäler, bis an die südliche Kante des Elbtalkessels fort. Nördlich des Erzgebirges geht die Landschaft allmählich in das Sächsische Hügelland und das Sächsische Elbland über.
Die Grenze zwischen Tschechien und Deutschland (Sachsen) verläuft meist nördlich des Erzgebirgskamms. Das Erzgebirge innerhalb der Mittelgebirgsschwelle zählt einerseits zum Böhmische Masse genannten Gebirgsstock, der außerdem aus Oberpfälzer Wald, Böhmerwald, Bayerischem Wald, Lausitzer Gebirge, Isergebirge, Riesengebirge und den innerböhmischen Gebirgen besteht. Gleichfalls bildet es mit Oberpfälzer Wald, Böhmerwald, Bayerischem Wald, Fichtelgebirge, Frankenwald, Thüringer Schiefergebirge und Thüringer Wald einen ypsilonförmigen Gebirgskomplex, der zwar keinen Eigennamen trägt, klimatisch aber recht einheitlich zu bewerten ist.
Bemerkenswerte Erhebungen
- Klínovec (Keilberg), 1244 m, höchster Berg des Erzgebirges
- Fichtelberg, 1215 m, höchster Berg Sachsens
- Božídarský Špičák (Gottesgaber Spitzberg), 1115 m
- Meluzína (Wirbelstein), 1094 m
- Blatenský vrch (Plattenberg), 1043 m
- Plešivec (Pleßberg), 1028 m
- Auersberg, 1019 m
- Jelení hora (Haßberg), 993 m
- Loučná (Wieselstein), 956 m, höchster Berg des Osterzgebirges
- Mědník (Kupferhübel), 910 m
- Kahleberg, 905 m, höchste Erhebung im sächsischen Osterzgebirge
- Bärenstein, 898 m
- Hirtstein, 888 m
- Pöhlberg, 832 m
- Geisingberg, 824 m
- Komáří hůrka (Mückenberg), 808 m, bekannt als Mückentürmchen
- Scheibenberg, 807 m
- Schwartenberg, 789 m
- Špičák (Sattelberg), 723 m
Siehe auch: Liste der Berge in Sachsen
Wichtige Flüsse
- Zwickauer Mulde
- Freiberger Mulde
- Zschopau
- Schwarzwasser
- Flöha
- Rote Weißeritz und Wilde Weißeritz
- Müglitz
- Gottleuba
Siehe auch: Liste der Gewässer in Sachsen
Klima
Das Klima der Erzgebirgs-Kammlagen ist rau. Das obere Erzgebirge wird oft scherzhaft mit dem weiteren Beinamen „Sächsisches Sibirien“ bezeichnet. Auch in der Vergangenheit berichtet man von eiskalten Wintern, in denen das Vieh in den Ställen erfroren und noch im April soviel Schnee fiel, dass Häuser und Keller zugeschneit wurden. Die Bevölkerung war regelmässig von der Umwelt abgeschnitten. (Athenaum sive Universitas Boemo-Zinnwaldensis von 1717, verfasst von Peter Schenk).
Die Temperaturen liegen das ganze Jahr über erheblich niedriger, als man es vom Tiefland her gewohnt ist. Der Sommer ist merklich kürzer, kühle Tage sind auch in dieser Jahreszeit häufiger. Die von Nordwest nach Südost ansteigende Pultscholle des Gebirges, die ein lang anhaltendes Abregnen als Stauregen bei West- und Nordwestwetterlagen ermöglicht, ruft eine im Vergleich zum Tiefland fast doppelt so hohe Niederschlagsmenge und eine mächtige und in vielen Jahren im Winter bis in den April anhaltende Schneedecke hervor. Die Kammlagen des Erzgebirges gehören zu den schneesichersten Gebieten der Mittelgebirge. Es können Föhnwinde, aber auch der so genannte Böhmische Wind bei besonderen Südwetterlagen auftreten. Aufgrund dieses Klimas und der großen Schneemengen gibt es bei Satzung im Bereich der Grenze zu Böhmen auf knapp 900 m ü. NN ein natürliches Latschen-Kiefern-Gebiet. Zum Vergleich: In den Alpen kommen Latschen erst ab 1600 - 1800 m ü.NN vor.
| Zeit | Fichtelberg | Oberwiesenthal | Annaberg | Chemnitz | Leipzig |
|---|---|---|---|---|---|
| Januar | -5,3 | -4,0 | -2,3 | -1,2 | 0,2 |
| Juni | 11,3 | 13,6 | 15,4 | 16,6 | 18,7 |
| Jahr | 2,8 | 4,7 | 6,4 | 7,9 | 9,3 |
| Zeit | Fichtelberg | Oberwiesenthal | Annaberg | Chemnitz | Leipzig |
|---|---|---|---|---|---|
| Januar | 85 | 83 | 74 | 43 | 37 |
| Juni | 123 | 120 | 112 | 90 | 75 |
| Jahr | 1094 | 1073 | 982 | 701 | 560 |
Geologische Beschreibung

Das Erzgebirge zählt erdgeschichtlich zum Variskischen Gebirge und ist ein Pultschollengebirge, was durch eine ganze Reihe von Flusstälern, deren Flüsse zur Mulde bzw. direkt zur Elbe entwässern, durchschnitten wird. Es entstand durch einseitige Anhebung einer Scholle. Auf deutscher Seite steigt das Gebirge langsam an, auf tschechischer Seite fällt es steil ab. Sehr gut beobachten kann man dies auf dem Mückentürmchen in einer Höhe von 807,5 m NN (tschechisch: Komáří vížka) (östlich von Zinnwald auf tschechischer Seite), welches sich genau auf der Kante des Pultes befindet. Dem Erzgebirge nördlich vorgelagert, westlich von Chemnitz und um Zwickau liegt das, jedoch nur in geologischer Hinsicht bekannte, Erzgebirgische Becken. Hier befinden sich Steinkohlelagerstätten, in denen der Bergbau bereits aufgelassen worden ist. Ein ähnliches, jedoch kleineres Becken mit aufgelassenen Steinkohlelagerstätten, das Döhlener Becken, befindet sich südwestlich von Dresden am Nordrand des Osterzgebirges. Es bildet den Übergang zur Elbtalzone und ist gleichfalls vorwiegend in geologischer Hinsicht bekannt.
Das Erzgebirge ist geologisch als eines der weltweit am besten erforschten Gebirge zu sehen.
Wichtige vorkommende Gesteine: Glimmerschiefer, Phyllite und Granite mit Kontakthöfen im Westen, Basalt als Reste im Pleßberg (Plesivec), Scheibenberg, Bärenstein, Pöhlberg, Geisingberg sowie Gneise und Quarzporphyr (Kahleberg) im Osten. Die Böden, die im westlichen und mittleren Teil des Gebirges aus verwittertem Granit bestehen, bestehen aus Grus und werden schnell ausgelaugt. Phyllite ergeben einen lehmigen Boden. Schnell verwitternde Gneise im Osten des Gebirges ergeben einen leichten Boden. Die Bodennutzung besteht auf den Untergründen aus Granit und Quarzporphyr aus Wald, auf den Gneisböden ist der Anbau von Flachs in früheren Jahrhunderten, später Roggen, Hafer und Kartoffeln bis in hohe Lagen möglich gewesen und betrieben worden. Heute ist die überwiegende Nutzung Weidegrünland. Mehr und mehr trifft man aber naturnahe Bergwiesen an.
Wirtschaftsgeschichte


Die Besiedlung des Erzgebirges verlief vor allem auf der böhmischen Seite langsam. Das rauhe Klima und die kurzen Vegetationszeiten verhinderten einen Anbau landwirtschaftlicher Produkte. Die Ansiedlung, gefördert durch des Adelsgeschlechts der Hrabischitz erfolgte meist vom Fuß der Berge aus und verlief meist entlang der Bergflüsse in die tiefen Wälder.
Mit dem Beginn der Besiedelung des Erzgebirges auf der deutschen Seite im 12. Jahrhundert wurden schließlich 1168 auch die ersten Silbererze in der Umgebung des heutigen Freiberg entdeckt. Berggeschrey erhob sich. Nahezu zeitgleich wurden auch die ersten Zinnerze am Südfuß des Erzgebirges entdeckt.
Eine Besiedlung im 13. Jahrhundert fand sporadisch nur entlang des "böhmischen Weges" (antiqua Bohemiae semita) statt. Hier entstand Sayda, eine Station auf dem Handelsweg von Freiberg über Einsiedl, Janov und Brüx nach Prag, wobei in Sayda noch der sogenannte Salzweg hinzustieß, der sich von Halle über Oederan nach Prag führte. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hielt auch die Glasfabrikation Einzug, als ältester Glashüttenstandort gilt Ulmbach. Bedingt wurde das Entstehen diese Gewerbezweiges durch den Holzüberschuss, der durch Roderungen und Neubesiedlungen entstand und in den Glashütten verwendet wurde. Die Kenntnisse brachten Mönche aus dem Kloster in Waldsassen mit. Die meisten Glashütten befanden sich in der Gegend von Moldava, Brandov und Frauenbachtal. Dieser holzintensive Wirtschaftszweig verlor jedoch mit der Zunahme des Bergbaus, der dem gegenüber privilegiert war, an Bedeutung.
Mit dem ersten Bergbau begann man auf der böhmischen Seite vermutlich im 14. Jahrhundert. Hinweis darauf ist ein Vertrag zwischen Boresch von Riesenburg und dem Ossegger Abt Gerwig, in dem die Teilung der Erträge aus gewonnenen Erzen vereinbart wurde. Auf der böhmischen Seite erfolgte der sporadische Abbau der Erze erst Mitte des 15. Jahrhunderts. Zinnkörner (Graupen) wurden im Seiffenbergbau gewonnen und gaben der böhmischen Bergstadt Graupen (tschech. Krupka) ihren Namen.
Mit der weiteren Besiedlung des Erzgebirges wurden im 15. Jahrhundert schließlich neue, reiche Erzvorkommen um Schneeberg, Annaberg und St. Joachimsthal (Jáchymov) entdeckt. Das Zweite Berggeschrey erhob sich und löste eine gewaltige Besiedelungswelle aus. In kurzer Folge entstanden im ganzen Erzgebirge neue, planmäßig errichtete Bergstädte in der Nähe weiterer neu entdeckter Erzvorkommen. Typische Beispiele dafür sind die Städte Marienberg, Oberwiesenthal, Gottesgab (Boží Dar), Sebastiansberg (Hora Sv. Šebestiána) und Platten (Horní Blatná). Dabei wurden zu dieser Zeit nur die Silber- und Zinnerze wirtschaftlich genutzt. Der Reichtum Sachsens wurde schließlich zu jener Zeit begründet. Als Münzmetall wurde Silber vor Ort in den Bergstädten zu Geld verarbeitet, berühmt geworden sind die in Joachimsthal geprägten Joachimsthaler. In der Zeit nach der Beendigung der Hussitenkriege setzte sich der wirtschaftliche Aufschwung auch in Böhmen wieder fort.
Im 16. Jahrhundert wurde das Erzgebirge zum Zentrum des Bergbaus in Mitteleuropa. Die neuen Funde zogen immer mehr Menschen an und die Zahl der Einwohner an der sächsischen Seite steig unaufhörlich. Ebenfalls Böhmen konnte neben einer starken Zuwanderung aus dem böhmischen Innenland eine starke Migration, vor allem deutscher Bergbauleute feststellen, die sich in den Siedlungen im Erzgebirge und in den Städten an dessen Fuß niederließen.
Unter Kaiser Ferdinand II. begann 1624-1626 eine beispiellose Rekatholisierung in Böhmen. Viele der böhmischen Protestanten flüchteten daraufhin in das benachbarte Kurfürstentum Sachsen. Viele der böhmischen Dörfer wurden danach verwüstet und verödet, während auf der sächsischen Seite neue Orte, wie zum Beispiel die Bergstadt Johanngeorgenstadt neu begründet wurden.
Dieser Erzbergbau kam im 17. Jahrhundert, vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg, weitgehend zum Erliegen. Durch den jetzt sehr stark zurückgehenden Bergbau, und vergeblicher Suche nach neuen Erzvorkommen, mussten sich die Erzgebirger neue Erwerbszweige suchen. Landwirtschaftlicher Anbau war wenig ertragreich und auch der Holzbedarf ging durch die Schliessung von Hütten zurück. Viele Einwohner waren in dieser Zeit schon in der Textilproduktion tätig. Da diese aber nicht zum Lebensunterhalt reichte, machten sie sich ihre Flexibilität und Handwerklichkeit zu Nutze und siedelten die Holzwaren- und Spielzeugherstellung vor allem im Osterzgebirge an. Dabei waren die Handwerker durch Erlass des Kurfürsten August von 1560 erlassenen Holzordnung gehalten das Holz in Böhmen zu kaufen. Das Qualitätsholz aus dem sächsischen Erzgebirge wurde weiterhin für Bergwerke und Hütten in Freiberg benötig. Dieser Holzexport führte auch zum Bau der Neugrabenflöße am Flüsschen Flöha. Durch den Rückgang der industriellen Produktion in dieser Zeit wanderten Menschen ohne Bindungen entweder in das Landesinnere Deutschlands oder Böhmens.
Nach der Erfindung des Kobaltblaues lebte der Bergbau jedoch erneut auf. Vor allem in Schneeberg wurde nun Kobalt gefördert, der in den staatlichen Blaufarbenwerken zu Kobaltblau verarbeitet wurde. Es gelang das Produktionsgeheimnis für lange Zeit zu wahren, so dass die Blaufarbenwerke für ca. 100 Jahre das Weltmonopol innehatten. Ab ca. 1820 wurde in Johanngeorgenstadt auch Uranerz abgebaut, welches u.a. zum färben von Glas verwendet wurde. Noch reichere Vorkommen an Uranerz befanden sich jedoch in Joachimsthal. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam der Bergbau dann langsam zum Erliegen. Die immer kostenintensivere Wasserhaltung führte bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zum ständigen Rückgang der Ausbeuten trotz des Ausbaus der Gräben- und Röschensysteme für die Zuführung des erforderlichen Aufschlagwassers vom Kamm des Gebirges, wie zum Beispiel der Revierwasserlaufsanstalt des Freiberger Reviers oder dem Reitzenhainer Zeuggraben und dem Vortrieb tieferer Erbstolln. Nur wenige Gruben konnten über einen längeren Zeitraum Gewinne erzielen. Zu ihnen gehörte die Himmelsfürst Fundgrube bei Erbisdorf, die 1818 mit der Herausgabe ihres ersten Ausbeutetalers auf eine 50-jährige kontinuierliche Gewinnphase zurückblickte, die bis 1848 andauerte. Durch reiche Erzanbrüche wurde später die Himmelfahrt Fundgrube zur ertragreichsten Freiberger Grube im 19. Jahrhundert. Auch der Vortrieb des Rothschönberger Stollns als größten und bedeutendsten sächsischen Stollen, der der Entwässerung des gesamten Freiberger Reviers diente, konnte den Niedergang des Bergbaus nicht aufhalten. Noch vor der Fertigstellung dieser technischen Meisterleistung wurde 1871 im Deutschen Reich die Goldwährung eingeführt. Der dadurch einsetzende rapide Verfall des Silberpreises führte zur Unrentabilität des gesamten erzgebirgischen Silberbergbaus. An dieser Situation konnten auch kurzzeitige reiche Funde in einzelnen Gruben oder der staatliche Aufkauf sämtlicher Freiberger Zechen und deren Einbringung in das 1886 gegründete Staatsunternehmen der Oberdirektion der Königlichen Erzbergwerke nichts mehr ändern. 1913 wurden die letzten Silberbergwerke stillgelegt und das Unternehmen aufgelöst.
Zur Rohstoffgewinnung in den Kriegsjahren des 1. und 2. Weltkrieges wurde der Bergbau im Erzgebirge nochmals wiederbelebt. Dabei kam es während des Dritten Reiches auch zur Wiederaufnahme des Silberbergbaus. Danach siedelte sich Holzwaren- und Spielzeugherstellung vor allem im Osterzgebirge an. Die Uhrenindustrie hat in Glashütte einen Schwerpunkt. Im Westerzgebirge waren wirtschaftliche Alternativen Maschinenbau und Textilindustrie. In den Jahren vor 1945 galten die Bergwerke in Joachimsthal als einzige Uranerzgrube der Welt. An Joachimsthaler Uran wird die Radioaktivität durch Marie Curie entdeckt. Ende der 1930er Jahre wird schließlich nach der Entdeckung der Kernspaltung das Uranerz auch für militärische Zwecke interessant. Nach der Angliederung des Sudetenlandes an Deutschland 1938 wird die gesamte Produktion von Uran für die Entwicklung von Kernwaffen beschlagnahmt. Nach dem Einsatz der amerikanischen Atombombe in Japan 1945 beginnt auch die Sowjetunion fieberhaft mit der Entwicklung solcher Waffen. Unmittelbar darauf beginnt unter dem Tarnnamen Wismut A.G. die Förderung von Uranerz für die Sowjetunion im gesamten Erzgebirge. Zum dritten Mal in der Geschichte des Erzgebirges strömten Tausende von Menschen ins Erzgebirge, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Schwerpunkte des Abbaues waren Johanngeorgenstadt, Schlema und Aue. Auch im böhmischen Joachimsthal wurden die Uranerzlagerstätten restlos für die Sowjetunion ausgebeutet. Bis 1991 wurden Uranerze dann noch in Aue-Alberoda und Pöhla abgebaut. Der seit 1168 in Freiberg betriebene Bergbau wurde nach 800 Jahren schließlich 1968 beendet. In Altenberg und Ehrenfriedersdorf betrieb man bis 1991 Erzbergbau auf Zinnerz, Bleierz und Zinkerz. Die Verhüttung dieser Erze fand u.a. in Muldenhütten bis Anfang der 1990er Jahre statt. In Sankt Egidien und Aue befanden sich bedeutende Standorte für die Nickelverhüttung. Im westerzgebirgischen Pöhla wurden bei Erkundungsarbeiten in den 1980er Jahren für die SDAG Wismut neue, reiche Zinnerzlagerstätten gefunden. Die damals entstandenen Versuchsabbaue gelten heute als die größten Zinnkammern in Europa. Ein weiterer bekannter Ort der Zinngewinnung war Seiffen. Das Dorf im Osterzgebirge ist heute Mittelpunkt der Holzwaren- und Spielzeugherstellung. Hier werden Räuchermänner, Nussknacker, Schwibbögen, Weihnachtspyramiden und Spieldosen aus Holz gefertigt. Bei Zwickau, Lugau/Erzgeb., Oelsnitz/Erzgeb. sowie bei Freital wurde bis in das vorletzte Drittel des 20. Jahrhunderts Steinkohle abgebaut.
Das bis vor über 800 Jahren (11. Jahrhundert) noch vollständig mit Wald (Miriquidi) bestandene Gebirge ist durch Bergbau und Besiedlung fast vollständig zur Kulturlandschaft umgestaltet worden. Bis in hohe Lagen des Gebirges ist die Bevölkerungsdichte hoch und mit Oberwiesenthal liegt im Erzgebirge die höchstgelegene Stadt Deutschlands. Nur in den relativ unzugänglichen, klimatisch ungünstigeren Kammlagen, findet man noch größere zusammenhängende Waldgebiete, die allerdings seit dem 18. Jahrhundert forstwirtschaftlich genutzt werden (Monokultur von Fichten). Bedingt durch den hohen Bedarf des Bergbau und Hüttenwesens an Grubenholz und Brennstoffen erfolgten seit dem 12. Jahrhundert großflächige Abholzungen, auch die landesherrlichen Wälder konnten dem wachsenden Holzbedarf nicht mehr decken. Zum Erhalt der Wälder wurde seit dem 18. Jahrhundert die Verwendung von Kohle als Brennstoff gefördert und im 19. Jahrhundert schließlich anbefohlen. In den 1980er Jahren wurden bei Altenberg und bei Reitzenhain erste Anzeichen von Waldsterben festgestellt, doch bereits seit dem 19. Jahrhundert waren örtliche Schäden an den Wäldern durch Hüttenrauch sichtbar geworden.
Tourismus

Als im 19. Jahrhundert mehrere Erzgebirgspässe chausseemäßig ausgebaut und auch das obere Erzgebirge durch die Eisenbahn erschlossen wurde, entwickelte sich der Fremdenverkehr. Berggasthäuser wurden auf den höchsten Erhebungen errichtet und Skisportler entdeckten schon damals die schneesicheren Kammlagen. Heute sind die aus dieser Zeit stammenden mit Dampflokomotiven betriebenen Schmalspurbahnen beliebte Touristenattraktionen. Mit der Fichtelbergschwebebahn entstand 1924 die erste Schwebeseilbahn in Deutschland, die bis auf den heutigen Tag Besucher auf den höchsten Berg Sachsens bringt. Mit dem Kammweg wurde schließlich einer der ersten Fernwanderwege geschaffen. Dieser führte einst vom Hainberg bei Asch über das Erzgebirge, die Böhmische Schweiz und das Lausitzer Gebirge bis zur Schneekoppe im Riesengebirge. Heute existiert nicht nur ein dichtes Netz von Wanderwegen, sondern auch ausgedehnte Loipennetze und Abfahrtspisten für den Wintersport. Mit der Skimagistrale Erzgebirge/Krušné hory gibt es dabei eine deutsch/tschechische Skiwanderstrecke über den gesamten Erzgebirgskamm.
In Anlehnung an die historische Silberstraße wurde nach 1990 eine, zwischen Zwickau und Dresden das ganze Erzgebirge durchquerende, Touristenstraße geschaffen, die alle bedeutenden Sehenswürdigkeiten erschließt. Zu diesen gehören neben Besucherbergwerken, Bergbaulehrpfaden und einer Vielzahl von technischen und heimatkundlichen Museen vor allem die mittelalterlichen Stadtzentren der alten Berstädte und ihre bedeutenden Sakralbauten wie der Freiberger Dom, die St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz oder die Schneeberger St. Wolfgangskirche.
In der Advents- und Weihnachtszeit ist das Erzgebirge mit seinen Traditionen, den weitbekannten Weihnachtsmärkten und großen Bergparaden ein beliebtes Reiseziel für Kurzurlauber.
Seit 2004 wird durch den Tourismusverband Erzgebirge die ErzgebirgsCard angeboten. Mit dieser Karte können über 100 Museen und andere Sehenswürdigkeiten kostenlos besichtigt werden.
Bevölkerung
Im Erzgebirge leben je nach dessen genauer Abgrenzung zwischen 800.000 und über 1,2 Millionen Menschen. Zu den größten Städten gehören Freiberg (42.000), Annaberg-Buchholz (23.000) und Aue (19.000) auf deutscher sowie Teplice (55.000), Chomutov (55.000), Most (68.000) und Karlovy Vary (52.000) auf tschechischer Seite. Bereits seit mehreren Jahrhunderten gehört es zu den am dichtesten besiedelten Gebirgsregionen Europas, was primär auf seine Tradition als Erzabbaugebiet zurückzuführen ist. Die größeren Städte befinden sich mehrheitlich am Südhang des Erzgebirges. Auf deutscher Seite nimmt die Bevölkerungsdichte vom Westerzgebirge (Kreis Aue-Schwarzenberg), mit seinen vielen kleineren Städten, hin zum ländlichen Osterzgebirge beständig ab. Die Bevölkerung hat seit der Wiedervereinigung um durchschnittlich 10 % bis 15 % abgenommen, was auf die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage zurückzuführen ist. Im Jahr 2004 betrug die Bevölkerungsdichte etwa 210 Einwohner je km² (etwa Bundesschnitt), welche auf Grund der Abwanderung und eines starken Sterbeüberschusses aber weiter fallen kann.
Religion
Etwa 42 % der Bevölkerung des sächsischen Erzgebirges gehören der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche an. Zudem sind aber auch verschiedene christliche Freikirchen, wie die Evangelisch-methodistische Kirche, stark vertreten. Die böhmische Seite des Gebirges ist im Gegensatz zum sächsischen Teil vorrangig katholisch geprägt. In Pockau hat auch die Gemeinschaft in Christo Jesu („Lorenzianer“) ihr Zentralheiligtum, die Eliasburg.
Kultur

Die Kultur des Erzgebirges wurde vor allem durch den, seit dem Mittelalter betriebenen, Bergbau nachhaltig geprägt. Der Besucher erkennt dies bereits bei seiner Ankunft durch die hier alltäglich benutzte Begrüßungsformel „Glück Auf!“. Das Erzgebirge hat seinen eigenen Dialekt, das Erzgebirgische, das an der Schnittstelle von Oberdeutsch zu Mitteldeutsch steht und deshalb nicht einheitlich ist.
Überregional bekannt sind auch die vielfältigen erzgebirgischen Weihnachtsbräuche, insbesondere in Form von traditionellem Weihnachtsschmuck wie Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden, Schwibbogen oder Bergmanns- und Engelfiguren. Vor allem im Oberen Erzgebirge verwandeln sich in der Weihnachtszeit die Städte und Dörfer mit ihren geschmückten Fenstern in ein Lichtermeer. Aber auch die überall zu Weihnachten stattfindenden Christmetten ziehen durch ihren Bekanntheitsgrad verschiedenerorts viele Besucher an.
Musikalische Botschafter des Erzgebirges waren zu Anfang des 20. Jahrhunderts Hans Soph und vor allem Anton Günther, dessen Werke das erzgebirgische Liedgut bis heute nachhaltig prägen. Erzgebirgische Mundartlieder wurden auch später durch viele Heimatgruppen verbreitet. Zu den bekanntesten zählten die Preßnitzer Musikanten, Geschwister Caldarelli, Zschorlauer Nachtigallen sowie Joachim Süß und sein Ensemble. Heute sind es vor allem De Randfichten sowie auch unbekanntere Gruppen wie Wind, Sand und Sterne, De Krippelkiefern und Schluckauf, die erzgebirgisch gesungene Lieder bekannt machen.
Interessant ist auch die erzgebirgische Küche, die reich an Traditionen ist.
Das Erzgebirge strebt seit 2006 als Region den Status des Weltkulturerbes an
Siehe auch: Liste der Landschaften in Sachsen
Literatur
- Harald Häckel, Joachim Kunze: Unser schönes Erzgebirge. 4. Aufl. Häckel 2001. ISBN 3980368009
- NN: Erzgebirge, Vogtland, Chemnitz. HB Bildatlas, Heft Nr. 171. 2., akt. Aufl. 2001. ISBN 3616062713
- Bernd Wurlitzer: Erzgebirge, Vogtland. Marco Polo Reiseführer. 5., akt. Aufl. Mairs Geographischer Verlag 2001. ISBN 3829700059
- NN: Kompass Karten: Erzgebirge West, Mitte, Ost. Wander- und Radwanderkarte. GPS kompatibel. 1:50.000. Kompass Verlag 2002. ISBN 3854919549
Weblinks
- Offizielle Homepage des Tourismusverband Erzgebirge e.V.
- Tourismus und Freizeit im Erzgebirge
- Naturpark Erzgebirge-Vogtland mit Karte und Panoramabildern
- sehr gute Animation zur geologischen Entstehung des Erzgebirges
- Offizielle Seite des Erzgebirgsvereins
- Projekt UNESCO Welterbe "Montanregion Erzgebirge"
- Kulturraum Erzgebirge
