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Unterschiede zwischen den serbokroatischen Standardvarietäten

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Vorlage:QS-Antrag2 Es hat in der Diskussionsseite schon zu viele Beanstandungen über die Qualität dieses Artikels gegeben. Der Artikel gehört aufgrund des hohen Interesses einmal grundlegend überarbeitet, und zwar nach modernsten Gesichtspunkten und unter objektiver Einbeziehung aller Gegensätze und Widersprüchlichkeiten. Wäre auch für eine Dokumentierung bzw. Nennung der unterschiedlichen Standpunkte zu den Sprachentwicklungen in diesem Raum. --Capriccio 00:39, 12. Nov. 2006 (CET)


Über viele Jahrzehnte minimierten sich infolge innerjugoslawischer Migrationsbewegungen die ohnehin geringen Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachräumen. Dies wurde durch staatliche Bestrebungen unterstützt, eine gemeinsame Standardsprache, Serbokroatisch, für die Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawien zu etablieren. Serbokroatisch war offizielle Staats- und Amtssprache in Jugoslawien, der Gebrauch der Minderheitensprachen gesetzlich zugesichert.

Seit dem Zerfall Jugoslawiens wird der Begriff „Serbokroatisch“ in den offiziellen Dokumenten der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien vermieden.

Heute existieren die Standardsprachen Bosnisch, Kroatisch und Serbisch. Es gibt Bestrebungen, auch Montenegrinisch als eigenständige Sprache zu definieren, jedoch gilt laut der aktuellen Verfassung aus dem Jahr 1992 die ijekavische (westliche) Variante des Serbischen als Amtssprache Montenegros.

Die genannten Sprachen weisen so große Ähnlichkeiten sowohl in Grammatik als auch im Vokabular auf, dass sich Sprecher der jeweiligen Standardsprachen problemlos verständigen können. Aufgrund dessen ist unter Linguisten umstritten, ob es sich hierbei um verschiedene Sprachen, um nationale Varietäten einer gemeinsamen Sprache oder um ein südslawisches Dialektkontinuum handelt.

Geschichte

In der Zeit des Illyrismus entstand der Wunsch, vor allem im Süden des slawischen Sprachraums, nach dem Erhalt und der Modernisierung der eigenen Sprache gemäß einer geregelten Sprachpolitik. So wurde die Idee verfolgt, dass es eine gemeinsame Sprache für die Südslawen geben soll und eine panslawische Identität.

1954 wurde von der Redaktion des Jahrbuchs der Matica srpska ein Treffen von Linguisten und Schriftstellern aus ganz Jugoslawien einberufen, das im (nicht bindenden) Abkommen von Novi Sad mündete, mit dem Ziel, eine standardisierte serbokroatische Sprache, eine geregelte Grammatik und Schrift als gemeinsame Verwaltungssprache festzulegen.

Eine jahrzehntelange Durchmischung infolge der Wanderbewegungen innerhalb des Staates Jugoslawien führte zu einer Nivellierung der Unterschiede. Viele Menschen benutzten umgangssprachlich den Begriff "naš jezik" (unsere Sprache) oder "Jugoslovenski" (Jugoslawisch), obwohl dieser offiziell niemals als Bezeichnung ihrer Sprache eingeführt wurde.

Auch zu Zeiten des ehemaligen Jugoslawiens erreichte man wegen der nationalen Eigenheiten nur schwer Kompromisse in sprachlichen Angelegenheiten. Deswegen mussten nach einiger Zeit Kompromisse in der Sprachpolitik eingegangen werden. Insbesondere nach dem Kroatischen Frühling 1971 musste der Gebrauch der eigenen Sprache und Schrift der einzelnen Völker gesetzlich garantiert werden, um nicht weitere Eskalationen zu hervorzurufen. Serbokroatisch blieb allerdings offizielle Amtssprache Jugoslawiens. In der Folge wurde unter anderem neben dem Begriff „srpskohrvatski“ auf Druck der kroatischen Nomenclatura auch der Begriff „hrvatskosrpski“ als gleichberechtigtes Synonym eingeführt.

Seit dem Zerfall Jugoslawiens werden die Unterschiede aus politischen Gründen wieder sehr betont. Daher haben viele Ex-Jugoslawen, die im Ausland leben und mit "Serbokroatisch" aufgewachsen sind, Probleme mit den aktuellen Sprachregelungen.

Näheres hierzu siehe Serbokroatische Sprache

Phonologie

Alle drei Sprachen verwenden dieselben Phoneme. Einige Wörter unterscheiden sich jedoch in ihrer lautlichen Form. Da die Orthographie strikt phonologischen Grundsätzen folgt, werden diese Unterschiede auch in der Schrift wiedergegeben, so dass sie recht leicht ins Auge fallen. Im Falle des auffälligsten Unterschiedes, desjenigen zwischen ijekavisch und ekavisch (der unterschiedlichen Wiedergabe des urslawischen Lautes jat), verläuft die Grenze jedoch nicht wie in den anderen Fällen zwischen den drei nationalen Varietäten, sondern innerhalb des Serbischen, da auch in Montenegro und von der Mehrheit der Serben in Kroatien und Bosnien und Herzegowina die ijekavischen Formen verwendet werden.

Kroatisch, Bosnisch und teilweise Serbisch: ijekavisch
Serbisch (in Serbien): ekavisch


ijekavisch ekavisch
jat in langen Silben rijeka reka Fluss
jat in kurzen Silben mjesto mesto Ort
jat vor o htio hteo (er hat) gewollt


Andere Unterschiede:

Kroatisch / Bosnisch Serbisch
h nach u suh suv trocken
Wörter vom Stamm opć- općina opština Gemeinde

Außerdem gibt es zahlreiche Unterschiede in der Akzentuierung sowohl einzelner Wörter als auch ganzer morphologischer Klassen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass in großen Teilen des Sprachgebietes aller drei Sprachen, das in der normativen Grammatik kodifizierte neuštokavische Akzentsystem sowieso nicht vollständig normgemäß realisiert wird, da es für Sprecher, die als Muttersprache einen Dialekt mit anderer Akzentuierung sprechen, schwer zu erlernen ist, zumal die Betonung auch in der Schrift nicht wiedergegeben wird.

Grammatik (Morphosyntax)

Gebrauch des Infinitivs

Im Kroatischen wird nach modalen Hilfsverben mehrheitlich die Infinitivkonstruktion gewählt. Im Serbischen und Bosnischen erscheint an dieser Stelle häufig eine Konstruktion mit da (dass) und finiter Verbform. Diese ist eine Gemeinsamkeit mit den Idiomen des Balkansprachbunds. In den Sprachen dieser Gruppe ist der Infinitiv jedoch vollständig geschwunden, sodass die "da"-Konstruktion etwa im Bulgarischen die einzig mögliche Variante darstellt. Im Bosnischen und Serbischen sind dagegen beide Varianten möglich. Beispiele:

Kroatisch: Moram raditi "Ich muss arbeiten"
Bosnisch / Serbisch: Moram da radim "Ich muss dass ich arbeite"


Kroatisch: Moram vam kazati '"Ich muss Ihnen sagen"
Bosnisch / Serbisch: Moram da vam kažem "Ich muss dass ich Ihnen sage"


Kroatisch: Želim vas informirati "Ich möchte Sie informieren"
Bosnisch / Serbisch: Želim da vas informišem "Ich möchte dass ich Sie informiere"

Bildung des Futurs

"Ich werde es aufschreiben"

  • Kroatisch: Ja ću to napisati.
  • Serbisch und vorwiegend Bosnisch: Ja ću to da napišem.

Bildung des Futurs Die Zukunft wird nicht wie im deutschen mit werden gebildet sondern mit wollen = htjeti

vgl. Schreibung des Futurs

Genusunterschiede

Einige wenige Begriffe unterscheiden sich im Genus und werden entsprechend anders dekliniert. Beispiele:

Minute
Kroatisch: minuta (f)
Serbisch/Bosnisch: minut (m)
Planet
Kroatisch: planet (m)
Serbisch/Bosnisch: planeta (f)
Abend
Kroatisch/Bosnisch: večer (f)
Serbisch: veče (n)

Zahlwörter

Im Bosnischen und Kroatischen werden Zahlwörter etwas anders abgewandelt als in der serbischen Sprache. Dazu zwei Beispiele:

  • Bosnisch/Kroatisch: četverica muškaraca, Serbisch: četvorica muškaraca (vier Männer)
  • Bosnisch/Kroatisch: petero žena, Serbisch: petoro žena (fünf Frauen)

Schrift und Rechtschreibung

Lateinisch und Kyrillisch

Das Kroatische verwendet nur die lateinische Schrift, im Serbischen sind die kyrillische und die lateinische Schrift parallel im Gebrauch, wobei in manchen Gebieten die kyrillische, in anderen die lateinische bevorzugt wird. Offizielle Schrift in Serbien ist die kyrillische. Die bosnische Sprache verwendet heutzutage fast ausschließlich das Lateinische Alphabet, seit dem Zerfall Jugoslawiens nur mehr sehr selten das Kyrillische Alphabet.

Andere Schriften

Im Bosnischen wurde eine vereinfachte Form der arabischen Schrift bis Anfang des frühen 20. Jahrhunderts verwendet.

In Istrien wurde bis in das frühe 20. Jahrhundert für religiöses Schrifttum teilweise die Glagolitische Schrift eingesetzt.

Vokalschwund

Außerdem gibt es einen Unterschied in der Schreibung des Futurs, wie am folgenden Beispielsatz deutlich wird:

"Ich werde das aufschreiben":

  • "Napisat ću to." (Bosnisch, Kroatisch)
  • "Napisaću to." (Serbisch)

Oder:
"er/sie/es wird":

  • "Bit će" (Bosnisch, Kroatisch)
  • "Biće" (Serbisch)

vgl. Bildung des Futurs

Getrennte Schreibweise

In der neuen kroatischen Rechtschreibung ist vorgesehen, dass für die Verneinung "Ich werde nicht..." zukünftig "ne ću" genauso erlaubt ist wie das bisherige "neću" (das im Serbischen und Bosnischen immer noch vorhanden ist), bzw. dass zweiteres eher vermieden werden soll. Kroatische Sprachwissenschaftler gehen dabei auf die sprachliche Entwicklung ein und betonen, dass dadurch (und durch andere Maßnahmen) gewisse Zweideutigkeiten ausgeräumt werden sollen, die sich in den letzten Jahren angehäuft haben. Ebenso werden Vereinfachungen und logischere Grammatikregeln für zukünftige Generationen angestrebt.

Verwendung des Buchstabens "h"

Die Verwendung des Buchstabens 'h' (aber auch 'f') ist im Bosnischen stärker ausgeprägt, z.B. kahva (Bosnisch) - kava (Kroatisch), lahko (Bosnisch) - lako (Kroatisch/Serbisch), kafez (Bosnisch) - kavez (Kroatisch/Serbisch) usw. Es gibt auch einige Wörter, die sowohl mit als auch ohne zusätzliches 'h' geschrieben werden können (d.h. mit zwei Schreibweisen), was in der kroatischen und serbischen Sprache nicht üblich ist, z.B. malehan und malen bedeuten beide 'klein'. Auch ist zu beobachten, dass im Serbischen häufig der Buchstabe "v" steht, wo im Kroatischen der Buchstabe "h" vorkomt, z.B. duvan (serbisch) - duhan (kroatisch), gluv (serbisch) - gluh (kroatisch)

Wortschatz

Ähnlich wie dies auch in den verschiedenen Dialekten des Deutschen der Fall war, waren die verschiedenen Sprachen unterschiedlichen kulturellen Einflüssen unterworfen, die durch die Vereinigungsbestrebungen des letzten Jahrhunderts nicht vollständig ausgeglichen wurden. Selbstverständlich können nicht alle Unterschiede aufgezählt werden, hier sei auf systematisch erarbeitete Wörterbücher hingewiesen.

Unterschiede auf der Wortebene

  • Begrüßungsfloskeln:
    • Kroatisch: Bok! (Bog!), Serbisch: Zdravo!, Ćao, Bosnisch: Ćao, Zdravo etc. (Hallo)
  • Trink- und Esssprüche:
    • Kroatisch/Bosnisch: Živjeli!, Serbisch: Živeli! oder Na zdravlje! (Zum Wohl! Prost!)
    • Serbisch/Bosnisch: Prijatno!, Kroatisch: U slast!, Dobar tek! (Guten Appetit! Mahlzeit!)
  • Zeitliche Benennungen:
    • Kroatisch: tjedan, Serbisch: nedelja, sedmica, Bosnisch: sedmica, hevta (Woche)
    • Kroatisch: sat, ura, Serbisch: čas, sat, Bosnisch: sat, sahat (Stunde)
  • Benennungen von Orten:
    • Kroatisch: Španjolska, Serbisch/Bosnisch: Španija (Spanien)
    • Kroatisch/Bosnisch: Škoti, Serbisch: Škotlanđani (Schotten)
    • Kroatisch/Bosnisch: otok, Serbisch: ostrvo (Insel)
    • Kroatisch: vrt, Serbisch: bašta, Bosnisch: bašča (Garten)
    • Serbisch/Bosnisch: geografija, Kroatisch: zemljopis (Geographie)
  • Mathematische Benennungen:
    • Kroatisch: tisuća, Serbisch/Bosnisch: hiljada [aus dem Griechischen] (tausend)
    • Kroatisch: znamenka, Serbisch/Bosnisch: cifra (Ziffer)
    • Kroatisch: stupanj, Serbisch/Bosnisch: stepen (Winkelgrad)
    • Kroatisch: kut, Serbisch/Bosnisch: ugao (Winkel, Ecke)
    • Kroatisch: trokut, Serbisch/Bosnisch: trougao (Dreieck)
    • Kroatisch: ravnalo, Serbisch/Bosnisch: lenjir (Lineal)
  • Naturwissenschaftliche Benennungen:
    • Kroatisch: zrak, Serbisch: vazduh, Bosnisch: zrak, vazduh (Luft)
    • Kroatisch/Bosnisch: grah, Serbisch: pasulj (Bohnen)
    • Kroatisch/Bosnisch: svemir, Serbisch: vasiona, svemir (Weltraum)
    • Kroatisch: povijest, Serbisch/Bosnisch: (h)Istorija (Geschichte)
  • Medizinische Benennungen:
    • Kroatisch/Bosnisch: šaka, Serbisch: pesnica (Faust)
    • Kroatisch/Bosnisch: spol, Serbisch: pol (Geschlecht)
    • Serbisch/Bosnisch: vakcina, Kroatisch: cjepivo (Impfstoff)
    • Serbisch/Bosnisch: kičma, Kroatisch: kralježnica, (Wirbelsäule)
  • Musik:
    • Serbisch/Bosnisch: muzika, Kroatisch: glazba (Musik)
  • Benennungen von Alltagsgegenständen:
    • Serbisch/Bosnisch: pantalone, hlače, Kroatisch: hlače (Hose)
    • Serbisch/Bosnisch: makaze, Kroatisch: nožice, škare (Schere)
    • Kroatisch/Bosnisch: opušak, Serbisch: pikavac, opušak (Zigarettenkippe)
    • Kroatisch/Bosnisch: deka, Serbisch: ćebe, deka (Zudecke)
    • Serbisch/Bosnisch: peškir, Kroatisch: ručnik (Handtuch)
  • Sportliche Bezeichnungen:
    • Kroatisch: nogomet, Serbisch: fudbal, Bosnisch: nogomet, fudbal (Fußball)
  • Fahrzeuge:
    • Serbisch/Bosnisch: voz, Kroatisch: vlak (Zug)
  • Kulinarisches::
    • Kroatisch: kruh, Serbisch: hleb, Bosnisch: hljeb, somun (Brot)
    • Serbisch/Bosnisch: supa, Kroatisch: juha (Suppe)
    • Serbisch/Bosnisch: kašika, Kroatisch: žlica (Löffel)
    • Kroatisch/Bosnisch: ulje, Serbisch: ulje, zejtin (Öl)
  • Politische Terminologie:
    • Kroatisch/Bosnisch: stranka, Serbisch: stranka, partija (Partei)
    • Kroatisch/Bosnisch: općina, Serbisch: opština (Gemeinde)
    • Serbisch/Bosnisch: Evropa, Kroatisch: Europa (Europa)
  • Militärische Terminologie:
    • Kroatisch/Bosnisch: sigurnost, Serbisch: bezbednost, sigurnost (Sicherheit)
    • Serbisch/Bosnisch: oficir, Kroatisch: časnik (Offizier)
    • Kroatisch: zapovjednik, Serbisch/Bosnisch: komandant (Befehlhaber)
    • Kroatisch: strojnica, Serbisch/Bosnisch: mitraljez (Maschinengewehr)
    • Kroatisch: strjeljivo, Serbisch/Bosnisch: municija (Munition)
    • Kroatisch: topništvo, Serbisch/Bosnisch: artiljerija (Artillerie)
  • Soziale Benennungen:
    • Kroatisch/Serbisch: tata, Bosnisch: babo und seltener tata (Papa, Koseform von Vater)
    • Kroatisch: susjed, Serbisch: sused, komšija, Bosnisch: komšija, susjed (Nachbar)
  • Eigenschaften:
    • Kroatisch/Bosnisch: vlastit, Serbisch: sopstven (eigen)
    • Kroatisch/Bosnisch: osobno, Serbisch/Bosnisch: lično (persönlich)
    • Kroatisch: osobna iskaznica, Serbisch/Bosnisch: lična karta (Personalausweis)
  • Handlungen:
    • Kroatisch: priopćiti, Serbisch: saopštiti, Bosnisch: saopćiti (mitteilen)
    • Kroatisch: (upo)rabiti, Serbisch upotrebiti, Bosnisch: upotrijebiti (benutzen)
    • Serbisch/Bosnisch: uhapsiti, Kroatisch: uhititi, (festnehmen)
    • Serbisch/Bosnisch: učestvovati, sud(j)elovati, Kroatisch: sudjelovati, (teilnehmen)
  • Sichtweisen:
    • Serbisch: porodica für engere Familie rodbina für weitere Familie, Kroatisch: obitelj für den engeren Begriff der Familie (nur der engste Kreis), Bosnisch: porodica, familija und obitelj als Synonyme für Familie
    • Kroatisch/Bosnisch: komadić, Serbisch: parče, komadić (Stückchen)
    • Kroatisch: povijest, Serbisch: istorija, Bosnisch: historija, povijest (Geschichte)

Monatsbezeichnungen

Die kroatischen Monatsbezeichnungen unterscheiden sich von den internationalen und somit von den serbischen oder bosnischen Bezeichnungen. Im Kroatischen, wie beispielweise auch im Tschechischen, werden nicht die internationalen Monatsbezeichnungen verwendet. Nach Auffassung bosnischer Linguisten sind die kroatischen Formen auch in der bosnischen Sprache zulässig. Daher werden in vielen bosnischsprachigen Zeitschriften, Büchern und anderen Schriften zusätzlich stets die kroatischen Formen angegeben.

Monat Kroatisch Serbisch Bosnisch
Januar siječanj januar
Februar veljača februar
März ožujak mart
April travanj april
Mai svibanj maj
Juni lipanj jun juni
Juli srpanj jul juli
August kolovoz avgust august
September rujan septembar
Oktober listopad oktobar
November studeni novembar
Dezember prosinac decembar


listopad ist zusammengesetzt aus list= Blatt und pad =Fall also die Blätter fallen im Oktober

Akzeptanz von Fremdwörtern

  • Grundsätzlich werden in der kroatischen Standardsprache deutlich weniger Fremdwörter akzeptiert. Es werden kroatische Eigennamen bevorzugt. Beispiele: Flugzeug zrakoplov (kroatisch) - avion (serbisch); Schnitzel odrezak (kroatisch) - šnicla (serbisch), usw. Die kroatische Umgangssprache hat aber deutlich mehr Fremdwörter aufzuweisen als die Schriftsprache (Germanismen und Hungarismen im Norden, venezianische Italienismen an der Küste).
  • Bei Wörtern griechischer Herkunft ergeben sich Unterschiede, da Kroatisch viele dieser Begriffe auf dem Umweg über das Mittellatein übernommen hat, Serbisch dagegen direkt aus dem (byzantinischen) Griechischen. Einige Beispiele: Ozean: ocean (Kroatisch) - okean (Bosnisch/Serbisch), Barbare: barbar (Bosnisch, Kroatisch) - varvar (Serbisch), Chemie: kemija (Kroatisch) - hemija (Bosnisch, Serbisch), Betlehem: Betlehem (Bosnisch, Kroatisch) - Vitlejem (Serbisch), Demokratie: demokracija (Kroatisch) - demokratija (Bosnisch, Serbisch).
  • Im heutigen Kroatischen erhalten Fremdwörter mit lateinischer Wurzel fast immer das Suffx -irati, im Serbischen kommen an dieser Stelle auch die Suffixe -ovati und -isati vor: identificirati - identifikovati, informirati - informisati. Im Bosnischen entspricht die Regel der kroatischen Sprache, allerdings wird umgangssprachlich immer noch häufig die serbische Form der Suffixe verwendet.
  • Zusätzlich ist Bosnisch von sehr vielen Turzismen (Anlehungen an türkische, arabische und persische Sprache) gekennzeichnet. Das sieht man beispielsweise an den Bezeichnungen der Familienmitglieder. Diese unterscheiden sich großteils von den Kroatischen oder Serbischen, z.B. Papa: babo (Bosnisch) - tata (Kroatisch/Serbisch), Oma: nena oder nana (Bosnisch) - baka (Kroatisch/Serbisch), Onkel (Bruder der Mutter): daidža (Bosnisch) - ujak (Kroatisch/Serbisch), Onkel (Bruder des Vaters): amidža (Bosnisch) - stric (Kroatisch/Serbisch), usw.

Syntax

Zusammensetzung von Sätzen und Texten

Durch die festgelegten standardsprachlichen Sprachkonventionen unterscheiden sich inhaltsgleiche Sätze in den drei verschiedenen Sprachen und wirken sich auf das Verständnis des Lesers aus.

Beispiel:

Deutsch: Der Zug fährt vom Bahnhof um genau zehn Uhr ab.
Kroatisch: Vlak sa željezničkog kolodvora krenut će točno u deset sati.
Bosnisch: Voz sa željezničke stanice krenut će tačno u deset sati.
Serbisch: Voz sa železničke stanice krenuće tačno u deset časova.
(Hierbei wird außer Acht gelassen, dass das serbische Beispiel heutzutage in den meisten Fällen in der kyrillischen Schrift geschrieben wäre.)

Erweitert man die Betrachtungsweise auf ganze Textabschnitte oder Texte, so wird eine Differenzierung der Sprachen unabdingbar. Der Ersteller eines Textes muss sich darüber Bewusstsein verschaffen, welcher Standard verwendet werden soll, einen sogenannten „serbo-kroatischen“ Standard gibt es im praktischen Sinne nicht mehr. Man muss sich daher auf die unterschiedlichen Sprachtraditionen und Konventionen einstellen.

Formulierung von Fragen

Es lassen auch Unterschiede in der Satzstellung erkennen (Syntax).

Deutsch: Kannst Du? Ist es möglich?
Alle drei Sprachen: Možeš li? Je li moguće?
Nur Serbisch: Da li možeš? Da li je moguće?

Akzentuierung

Jede Sprache hat eigene Betonungsunterschiede aufzuweisen. Die Betonungen variieren auch sehr stark von Region zu Region.

Idiomatische und phraseologische Unterschiede

Beispiele für Formulierungen, die sich unterscheiden und die in zumindest einer der Sprachen nicht verwendet würden, wären folgende:

  • Ich werde es machen: "Uradit ću to", "Uradicu to" (Bosnischen oder Serbisch) - "učinit ću to" oder "napravit ću to" (Kroatisch)
  • Ein recht banales Beispiel unterschiedlichen Gebrauch wäre die Phrase "moja majka". Der Sprecher aus Serbien/Kroatien versteht dann meist "meine Mutter", ein Sprecher aus Bosnien versteht aber dieselbe Phrase als "meine Großmutter". Andererseits bedeutet "baba" im Serbischen (wie auch im Kroatischen) "Oma" (Großmutter), während das im Bosnischen eine der Koseformen für Vater ist (Koseform für Großmutter ist im Bosnischen nena oder nana). Im Kroatischen, insbesondere in Istrien, wird allerdings auch die italienische Form "nona" verwendet.

Sprachen sind allerdings einem steten Wandel unterworfen. Sie beeinflussen sich auch gegenseitig. Es kann deshalb sein, dass gewisse Phrasen mit der Zeit ihren Weg in die eine oder andere Sprache finden werden. Es ist beispielsweise bereits bemerkbar, dass die bosnische Sprache sehr viele Wendungen und Wörter aus dem Kroatischen schlichtweg übernimmt (z.B. EU-Terminologie, Wirtschaftsausdrücke, etc.), wie auch zu Zeiten Jugoslawiens viele Serbismen den Weg nach Kroatien fanden.

Problematik für Übersetzer und Dolmetscher

Insbesondere Übersetzer und Dolmetscher, die früher offiziell nur für eine Sprache übersetzen mussten, müssen die Eigenheiten der einzelnen Sprachen genauestens beachten. Es kann beispielsweise sein, dass die Auftraggeber z.T. emotional auf gewisse Fehler reagieren, seien diese auch noch so klein.

In den einzelnen Staaten müssen offizielle Dokumente aus anderen Republiken des ehemaligen Jugoslawiens deshalb stets in die offizielle Standardsprache übersetzt werden (nur in Bosnien ist man demgegenüber etwas nachgiebiger, da es in diesem Staat drei offizielle Standardsprachen gibt). Es werden daher, angesichts der recht großen kulturellen Unterschiede, im Raum des ehemaligen Jugoslawien stets muttersprachliche Übersetzer aus dem jeweiligen Staat gegenüber Übersetzern aus anderen Kulturkreisen des ehemaligen Jugoslawiens bevorzugt. In Deutschland und Österreich z.B. wird hier oft nicht unterschieden bzw. ausreichend darauf geachtet.

Dies führt zu inkorrekten Übersetzungen in die jeweiligen Standardsprachen. Aktuell gewinnt diese Thematik an Bedeutung durch die Arbeit des Internationalen Tribunals für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag.

Hierbei können widersprüchliche und schlichtweg unkorrekte Übersetzungen, die nicht den standardsprachlichen Vorgaben der einzelnen Staaten entsprechen, entstehen.

Siehe auch

Trotz dieses Mangels sind die Texte für Muttersprachler sowohl aus Bosnien, Kroatien und Serbien und Montenegro verständlich.

Literatur

  • Brodnjak, Vladimir: "Razlikovni rječnik srpskog i hrvatskog jezika" (Wörterbuch der Unterschiede zwischen der serbischen und der kroatischen Sprache), Zagreb: Školske novine, 1991, 640 S., ISBN 86-7457-074-7 (30.000 Einträge)
  • "Hrvatski naš (ne)zaboravljeni" (Das Kroatische, unsere (un)vergessene Sprache), Stjepko Težak, 301 S., knjižnica Hrvatski naš svagdašnji (knj. 1), Tipex, Zagreb, 1999, ISBN 953-6022-35-4 (kroatisch)
  • Težak, Stjepko. Babić, Stjepan. "Gramatika hrvatskoga jezika" (Grammatik der kroatischen Sprache). Školska knjiga. Zagreb 1996. 296 S. ISBN 953-0-40008-X
  • Auburger, Leopold. Die kroatische Sprache und der Serbokroatismus. Ulm/Donau 1999. ISBN 3-87336-009-8.
  • Brozović, Dalibor. "Serbo-Croatian as a pluricentric language". In: Pluricentric Languages: Differing Norms in Different Nations. Hg. Michael Clyne. Berlin, New York 1992. S. 347-380. ISBN 3-11-012855-1.
  • Greenberg, Robert D. Language and Identity in the Balkans: Serbo-Croatian and its Disintegration. Oxford u.a. 2004. ISBN 0-19-925815-5.
  • Gröschel, Bernhard. "Postjugoslavische Amtssprachenregelungen – Soziolinguistische Argumente gegen die Einheitlichkeit des Serbokroatischen?" In: Srpski jezik (Beograd), 8.1/2 (2003). S. 135-196.
  • Kačić, Miro. Kroatisch und Serbisch: Irrtümer und Falsifizierungen. In Zusammenarbeit mit Ljiljana Šarić. Übers. Wiebke Wittschen, Ljiljana Šarić. Zagreb 1997. ISBN 953-6602-01-6.
  • Kordić, Snježana. "Pro und Kontra: 'Serbokroatisch' heute". In: Slavistische Linguistik 2002. Hg. Marion Krause und Christian Sappok. München 2002. S. 97-148. ISBN 3-87690-885-X.
  • Okuka, Miloš. Eine Sprache – viele Erben: Sprachpolitik als Nationalisierungsinstrument in Ex-Jugoslawien. Klagenfurt 1998. ISBN 3-85129-249-9.
  • Zum Vergleich vor allem für deutschsprachige Leser zu empfehlen sind die allgemein übertragbaren Theoriekapitel in: Ammon, Ulrich. Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Das Problem der nationalen Varietäten. Berlin u. a. 1995. ISBN 311014753X.