Ludwig XVI.

Ludwig XVI. (Louis XVI Auguste) (* 23. August 1754 in Versailles; † 21. Januar 1793 in Paris) war von 1774 bis 1792 bzw. 1793 König von Frankreich und Navarra. Er war der letzte französische Vertreter des Absolutismus und wurde schließlich ein Opfer der Französischen Revolution.
Jugendzeit
Am 23. August 1754 wurde Louis Auguste de Bourbon als dritter Sohn des Dauphins Ludwig Ferdinand (1729-1765), dem einzigen Sohn von König Ludwig XV., und der Kronprinzessin Maria Josepha von Sachsen geboren.
Er wuchs in einer fast bürgerlich anmutenden Familie auf, in der sich das Prinzenpaar persönlich um die Kinder und deren Erziehung kümmerte. Doch litt das Kind, schweigsam, mürrisch, nicht sehr schön und charmant als „ungeliebter Prinz“ unter der Zurücksetzung gegenüber dem Ältesten und den jüngeren Brüdern. Als der Älteste 1761 starb, rückte er – der während der Krankheit seines Bruder zum „Prügelknaben“ gemacht wurde, dem dauernd das leuchtende Vorbild des älteren Bruder vorgehalten und das Gefühl der eigenen Unterlegenheit eingeimpft wurde – mit 6 Jahren zum übernächsten Thronfolger nach seinem Vater auf (nicht zur Freude seiner Eltern).
Als sein Vater am 20. Dezember 1765 starb, wurde Ludwig mit 11 Jahren als Dauphin zweiter Mann Frankreichs. Er bewies sich als fleißiger, verständiger und beharrlicher Schüler mit „einer vielseitigen Intelligenz“.
Am 16. Mai 1770 wurde nach Forderungen des Ministers Étienne-François de Choiseul der 15-jährige Kronprinz - zur Festigung des französisch-österreicherischen Bündnisses - mit der ein Jahr jüngeren österreichischen Prinzessin Marie-Antoinette verheiratet, der jüngsten Tochter des hl. röm. Kaisers Franz I. und dessen Gemahlin Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich.
Marie-Antoinette amüsierte sich auf Festen und in der Hofgesellschaft und umgab sich mit jungen Leuten. Ludwig bereitete sich zwischen 1770 und 1774 auf seine Aufgabe als Herrscher vor und wurde von seinem Großvater, zu dem er vorher ein eher schlechtes Verhältnis hatte, in die Staatsgeschäfte eingeführt.
Familie


Der Ehe entstammten die vier Kinder
- Marie-Therese-Charlotte (* 19. Dezember 1778; † 19. Oktober 1851) - verheiratet mit Louis-Antoine de Bourbon, duc d'Angoulême (1775-1844),
- Louis Joseph (* 22. Oktober 1781; † 4. Juni 1789),
- Charles Louis (* 27. März 1785; † 8. Juni 1795)
- Sophie Helene Beatrice (* 9. Juli 1786; † 18. Juni 1787).
Herrschaft
Am 10. Mai 1774 starb König Ludwig XV. Ludwig XVI. wurde mit zwanzig Jahren König. Seine Herrschaftszeit umspannte achtzehn turbulente, ereignisreiche Jahre, in denen er die bestimmende Persönlichkeit war. Es war eine Epoche, die dem höfischen Prunk des Absolutismus frönte und gleichzeitig das revolutionäre Gedankengut der Aufklärung in sich trug.
Ludwig betrachtete sich als „Vater seiner Untertanen“. Der Theorie nach vereinte er als „absoluter“ Monarch die exekutive, legislative und judikative Gewalt in einer Person, in der Praxis wurde die politische Macht jedoch in weiten Teilen durch seine Regierungen ausgeübt, zu der u.a. die Minister Turgot, Malesherbes, Necker, Vergennes, Calonne und Maurepas gehörten.
Eines der Hauptprobleme Frankreichs war die hohe Verschuldung des Staates (u.a. wegen der ausufernden Hofhaltung und kostspieliger außenpolitischen Operationen der Könige seit Ludwig XIV.). Der Staatshaushalt wurde auch belastet durch die für Frankreich erfolgreiche Unterstützung der amerikanischen Kolonien im Unabhängigkeitskrieg gegen ihr Mutterland England; dabei wurden die französischen Antillen geschützt, es gelang die Revanche für die unter Ludwig XV. im siebenjährigen Krieg erlittene Niederlage und es kam zu neuen Handelspartnern und Handelsbeziehungen.
Dem Problem der Verschuldung widmete sich Ludwig mit großem Reformwillen. Er und seine Regierungen versuchten mit Sparmaßnahmen und Verwaltungsreformen das Finanzwesen neu zu regeln.
Ludwigs Finanzminister Turgot liberalisierte ab 1775 die Wirtschaft und reformierte das Steuerwesen, stieß dabei aber auf den Widerstand des Adels. Die von ihm durchgesetzte Liberalisierung des Getreidehandels wurde nach dem „Mehlkrieg“, der zu einer ersten Bewährungsprobe für Ludwig wurde, rückgängig gemacht. Turgot wurde 1776 entlassen, nachdem er gefordert hatte, alle öffentlichen Ämter zu reformieren. Eine solche Reform wurde auch grundsätzlich als richtig erkannt, aber in ihrer Radikalität von den Ministern abgelehnt. Auch Turgots Nachfolger Necker und Calonne scheiterten mit dem Versuch einer Steuerreform am Widerstand der privilegierten Stände. Dieser Widerstand zwang den König zur Einberufung der Generalstände am 5. Mai 1789, die seit 1614 nicht mehr zusammengetreten waren.
Die Revolution
Am 17. Juni erklärten sich die Abgeordneten des Dritten Standes zur Nationalversammlung. Diese Bestrebungen gipfelten am 20. Juni im Ballhausschwur und schließlich am 14. Juli im Sturm auf die Bastille. Als dann am 26. August die Menschen- und Bürgerrechte erklärt wurden, war die Zeit des Absolutismus endgültig zu Ende. In einer Erklärung vom 11. September wurde dem König für die Beschlüsse der Nationalversammlung ein Vetorecht zugebilligt. Der König machte von seinem Recht Gebrauch. Das Volk zeigte sich unzufrieden mit der Situation. Am 5. Oktober zog ein von Pariser Marktfrauen angeführter Zug, organisiert von den Revolutionären, nach Versailles, der den König veranlasste, am 6. Oktober mitsamt seiner Familie nach Paris in die Tuilerien umzuziehen.
Ludwig selbst war sehr beliebt und anfangs den sozialen, politischen und ökonomischen Reformen der Revolution gegenüber aufgeschlossen. In diese Zeit fiel die Krankheit und schließlich der Tod seines ältesten Sohnes Louis Joseph († 4. Juni 1789). Da Ludwig sich nicht mitteilte, wurde seine Sorge und Trauer für Desinteresse und Unfähigkeit für Staatsgeschäfte ausgelegt.
Die in der Revolution geforderte Volkssouveränität war ein deutlicher Bruch mit den damals gültigen Prinzipien der Monarchie. Entsprechend wurde die Revolution von der herrschenden Elite Frankreichs und den übrigen europäischen Herrschern abgelehnt.
Um des Chaos und der Anarchie, die im Lande herrschten, Herr zu werden, nahm Ludwig auch Kontakt zu seinen königlichen Vettern in ganz Europa auf. Als der Druck auf ihn und seine Familie immer größer wurde, willigte er schließlich deren Bitten ein, aus dem radikalen Paris zu fliehen. Er hoffte, aus der Entfernung der Revolution eine gemäßigtere Wendung geben zu können.
Der Fluchtversuch am 20. Juni 1791 schlug fehl, am 21. Juni wurde der König in Varennes (Lothringen) verhaftet und als Gefangener nach Paris zurückgebracht. Als im September die französische Verfassung in Kraft trat, war Frankreich endgültig eine konstitutionelle Monarchie geworden.
Todesurteil und Hinrichtung

Am 10. August 1792 erstürmten die Sansculotten die Tuilerien und setzten den König gefangen. Robespierre sah in der Anwesenheit des Königs eine Gefahr für die Revolution. Aus Angst vor der Konterrevolution und der Tatsache, dass sich die meisten Franzosen nach wie vor die Liebe zu Ludwig XVI. bewahrten, musste er beseitigt werden. Dies wurde, um den Anschein der Legalität zu wahren, durch einen „Prozess“ vor dem Nationalkonvent erreicht, wobei Robespierre Kläger und Richter war. Außerdem wurden Briefe von Ludwig XVI. gefunden in denen er sagte, dass es ihm recht sei, wenn Frankreich den Krieg gegen Österreich verlieren würde. Das war Hochverrat! Am 17. Januar 1793 wurde mit knapper Mehrheit das Todesurteil gegen den ehemaligen König ausgesprochen. Die Abstimmung fand namentlich statt. Die Abgeordneten waren nicht frei in ihrer Entscheidung. Die Einschüchterungen und das Geheul der von den Jakobinern und Anhängern Robespierres aufgehetzten Menge, die den Konvent belagerte, ließen ihnen keine Freiheit. Das Urteil wurde am 21. Januar 1793 auf dem Pariser Place de la Concorde durch die Guillotine öffentlich vollzogen. Am 16. Oktober wird auch Marie-Antoinette enthauptet.
Ludwig XVI. im Spiegel der Historiker
Herkömmlich wird Ludwig XVI. häufig als ein Opfer der Umstände statt als absoluter Herrscher wie seine Vorgänger Ludwig XIV. und Ludwig XV. gesehen. Er sei schwach, unfähig und vermutlich nicht sonderlich intelligent gewesen, und er habe seine Zeit lieber mit Zerstreuungen, wie z.B. der Jagd verbracht, als sich um Regierungsgeschäfte zu kümmern.
Es gibt auch Historiker, z.B. Bernhard Fay und Vincent Cronin, die ein anderes Bild von Ludwig XVI. zeichnen. Sie führen in Ihren Biograpmhien aus, dass selten eine Gestalt der Weltgeschichte schon zu Lebzeiten so sehr der Bosheit und Verleumdung zum Opfer gefallen und später so verkannt worden sei wie Ludwig XVI. Er habe bei der Masse der Gelehrten und Gleichgültigen nie Freunde gefunden; denn ein König ohne Liebschaften, Intrigen und Skandale reizt die Einbildungskraft nicht. Er errege sogar Abneigung, denn es ist unangenehm, das Bild eines rechtschaffenen Mannes wachzurufen, der ungerecht umgebracht wurde. Diese Historiker vertreten die Auffassung, dass sich Ludwig XVI. mit persönlichem Mut seinen Aufgaben widmete und in einer moralisch korrupten Gesellschaft ein mustergültiges christliches Leben führte, das erfüllt war von Arbeit, tiefer Religiosität und ehrlicher Frömmigkeit. Er liebte es, zur Entspannung zu jagen, handwerklich zu arbeiten, bevorzugt bei der Schlosserei, und sich dabei auszutoben. Ludwig XVI. sei charakterfest, mutig und beim Volk sehr beliebt gewesen im Gegensatz zu seiner Frau Marie Antoinette. Sie stand auf der Seite Choiseuls, einem erklärten Gegner Ludwigs. Es gelang ihr nicht, sich in Angelegenheiten der Krongeschäfte gegen Ludwig durchzusetzen.
Ludwigs Problem war die Unbeliebtheit bei Hof. Der Adel war ihm nicht gefolgt, obwohl er Frankreichs Ansehen in Europa höher gehoben hatte als irgendeiner seiner Vorfahren. Er nahm ihm übel, dass er nicht fade Komplimente an die angesehensten Höflinge verschwendete, dass er nicht das Geld »königlich« ausgab wie seine Brüder und seine Frau, dass ihm der Umgang mit den kleinen und einfachen Leuten gefiel und dass er die Staatsgeheimnisse für sich behielt.
Zitate
Ludwig ist wegen seiner Verbrechen entthront worden; Ludwig klagte das französische Volk als rebellisch an; er hat seine Mitbrüder, die Waffen der Tyrannen herbeigerufen, um es zu züchtigen; der Sieg und das Volk haben entschieden, daß allein er rebellisch war; Ludwig kann also nicht mehr gerichtet werden, er ist schon gerichtet. Er ist verurteilt, oder die Republik ist nicht freigesprochen. (Robespierre, Über den Prozess gegen den König )
Hören Sie was die Geschichte zu seinem Ruhm sagt: Ludwig bestieg den Thron mit zwanzig Jahren; mit zwanzig Jahren gab er auf dem Thron ein Beispiel für die Sitten; er brachte auf den Thron keine schuldhafte Schwäche noch verderbliche Leidenschaft mit; er war sparsam, gerecht und streng und bewies sich als beständiger Freund des Volkes….; den Wünschen des Volkes kam er durch zahllose persönliche Opfer entgegen. Und doch, im Namen dieses selben Volkes fordert man heute...! Bürger, ich beende den Satz nicht...! Ich mache vor der Geschichte halt. Denken Sie daran, welches Ihr Urteil und welches das seinige in den Jahrhunderten sein wird! (De Seze, Ludwigs Verteidiger im Prozess gegen den König, 12. März 1792)
Während ich vielleicht zum letzten Male zu Ihnen spreche, erkläre ich Ihnen, dass mein Gewissen mir nichts vorwirft und dass meine Verteidiger Ihnen nur die Wahrheit gesagt haben. Ich habe niemals gefürchtet, dass meine Führung öffentlich untersucht würde, aber es zerreißt mir das Herz, in der Anklageschrift die Beschuldigung zu finden, ich hätte das Blut des Volkes vergießen wollen, und besonders, das Unglück des 10. August sei mir zuzuschreiben. Ich bekenne, dass die vielfachen Beweise, die ich jederzeit für meine Liebe zum Volk gegeben und die Art, in der ich mich immer verhalten habe, mir zu beweisen scheinen, dass ich wenig gefürchtet habe, mich einer Gefahr auszusetzten, um dem Volk Blut zu ersparen, und dass dies für immer eine derartige Beschuldigung von mir fernhalten müsste. (Ludwig XVI. vor Gericht)
Sind Sie jetzt davon überzeugt, dass mein Tod schon, ehe ich überhaupt gehört worden war, eine beschlossene Sache war? (Als Ludwig den Saal verließ)
Gerüchte
In zahlreichen Publikationen, besonders in Biographien zu Marie Antionette, wird behauptet, dass Ludwig XVI. körperliche Probleme (Phimose) gehabt hätte. Entsprechende Gerüchte kamen aufgrund seiner Zurückhaltung zu seiner Frau auf, unterstützt durch Äußerungen Marie Antoinettes. Ludwig XVI. unterzog sich der Untersuchung seiner Leibärzte, worauf diese dann feststellen, das es ihm an nichts körperliches mangelte! Der Historiker Bernard Fay widerlegte diese Gerüchte: „Dennoch war sie noch in einer gewissen Verlegenheit; sie hatte sich immer auf eine Missbildung ihres Gatten berufen, um seinen Zustand zu erklären. Nun konnten alles festestellen, das Ludwig XVI. niemals operiert worden war. Zu keiner Zeit, in der die >>Nouvelles á la main<< dieses Gerücht verbreitet hatte, hatte er aufgehört zur Jagd zu gehen; und hierbei hätte es sich um eine Operation gehandelt, die nicht ausgeführt werden kann ohne anschließende zehn bis vierzehn Tage vollkommende Bewegungslosigkeit, um die Fäden herauszuziehen und die Wunde vernarben zu lassen. Die Verleumdung war also offenkundig.“ (Fay, Bernard, Ludwig XVI. - Der Sturz der französischen Monarchie, Wilhelm Heyne 1989(München) Kapitel 7- Der glückhafte König, II.Teil, Abschnitt 19.)
Literatur
- Cronin, Vincent, Ludwig XVI. und Marie-Antoinette - Eine Biographie, Claassen (Düsseldorf), 1974.
- Fay, Bernard, Ludwig XVI. - Der Sturz der französischen Monarchie, Wilhelm Heyne (München), 1989
- Lever, Evelyne, Ludwig XVI., Klett-Cotta (Stuttgart), 1988
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Personendaten | |
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NAME | Ludwig XVI. |
ALTERNATIVNAMEN | Louis Capet |
KURZBESCHREIBUNG | König von Frankreich von 1774 bis 1792 |
GEBURTSDATUM | 23. August 1754 |
GEBURTSORT | Versailles |
STERBEDATUM | 21. Januar 1793 |
STERBEORT | Paris |