Hannes Wader

Hannes Wader (* 23. Juni 1942 in Hoberge-Uerentrup bei (heute in) Bielefeld, Nordrhein-Westfalen als Hans Eckard Wader) ist ein Liedermacher, Sänger und Gitarrist.
Hannes Wader ist neben Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardt, Konstantin Wecker u. a. einer der letzten Liedermacher der „alten Schule”. Anfangs musikalisch stark beeinflusst vom französischen Chansonnier Georges Brassens, ließ er sich in den 1970ern und der Folgezeit inspirieren von den Meistern des traditionellen, speziell anglo-amerikanischen Folk Blues. Wader profitierte damit zu Beginn seiner Karriere von der internationalen Folk-Welle der 1960er und 1970er, auf der er eine Weile „mitschwamm”, um dann – im Gegensatz zu seinen meisten Freunden und Liedermacher-Kollegen – einen Weg des unkommerziellen Nonkonformismus einzuschlagen, den er bis heute geht. Neben Franz Josef Degenhardt gilt Wader heute als profiliertester aktiver linker „Polit-Barde”.
Seine eigenen lyrischen Texte sind zumeist mit eigenen Kompositionen unterlegt und oft autobiographisch geprägt. Einige seiner Vertonungen wurden Volkslieder und finden sich z. B. in der Mundorgel. In den 1990ern und heute singt er neben seinen eigenen Liedern Vertonungen der Werke großer Dichter wie Eichendorff und interpretiert Lieder bekannter Komponisten, u. a. von Schubert. Arbeiterlieder und sozialistische Hymnen, die in den 1970ern und 1980ern einen wichtigen Teil seines Repertoires ausmachten, singt er heute kaum noch. Als sein wohl bekanntestes Lied gilt „Heute hier, morgen dort”.
Biographisches
1942 wurde Hannes Wader in einem kleinen Ort bei Bielefeld, mitten im Teutoburger Wald, geboren. Er wuchs in ärmlichen, aber sauberen Verhältnissen mit zwei 8 und 9 Jahre älteren Schwestern auf. 1948 wurde er eingeschult.
Wie er selbst sagte, hatte er während der 8 Jahre Volksschule nie etwas anderes gekonnt als Singen und Zeichnen. Nach dem Schulabschluss begann Wader eine dreijährige Lehre als Dekorateur in einem Schuhgeschäft und arbeitete anschließend noch drei Jahre in diesem Beruf. Während dieser Zeit lernte er Mandoline und Gitarre, 1957 starb sein Vater im 55. Lebensjahr.
Nach eigenen Angaben hatte Wader nie Freude an seinem Beruf. Er wurde mit der Zeit immer nachlässiger und 1962 enließ ihn sein Chef schließlich wegen Unfähigkeit, Streitsucht und Musizierens während der Arbeitszeit. Wader hatte ihm im Streit „ein paar Schuhe vor den Wanst” geworfen.
Noch während seiner Lehrzeit machte Hannes Wader die ersten Schritte als Musiker. Er begann sich für Jazz zu interessieren, spielte Klarinette und Saxophon. Wader trat in eine Amateurband ein und wurde dort, im kleinen Kreis, als musikalisches Wunderkind gefeiert. Nach seiner Kündigung 1962 spielte Hannes Wader in verschiedenen Jazzkapellen und trat als Klarinettist und Saxophonist in Bars und Lokalen auf. Noch im selben Jahr lernte er eine Modegrafik-Studentin kennen, die ihn dazu animierte, ein Grafik-Studium an der „Werkkunstschule” in Bielefeld zu beginnen. Wader begann wieder zu zeichnen, bewarb sich für ein Studium und wurde angenommen.
Er studierte drei Semester, bekam Ärger mit Dozenten und entschloss sich, Bielefeld zu verlassen. Mit einer Mappe unter dem Arm trampte er nach Berlin, um sich an der „Akademie für Graphik, Druck und Werbung”, der heutigen „Hochschule der Künste” anzumelden, wo er auch angenommen wurde. Während dieser Zeit (1962/63) hörte Wader zum ersten Mal Georges Brassens und war „ungeheuer fasziniert”. An dessen Bandbreite von Zynismus bis Zärtlichkeit - musikalisch nur sparsam unterlegt, aber ausgefeilt bis ins Detail - orientierte sich Hannes Wader vornehmlich in seinen ersten Gehversuchen als Liedermacher. Der Kontakt mit der Musik des französischen Chansonniers kann wohl als „Initialzündung” und erste Inspirationsquelle für Waders Werk bezeichnet werden. Er begann, selbst zu singen, Gitarre zu spielen und eigene Lieder zu schreiben. „Das Loch unterm Dach” war sein erstes Lied.
Wader führte vorerst sein Studium fort, weiterhin in der Absicht, Grafiker zu werden. Er hörte zum ersten Mal vom Folk- und Songfestival auf der Burg Waldeck. Dort, wo auch Reinhard Mey, Katja Ebstein und Ingo Insterburg ihre Karriere begannen, hatte er Pfingsten 1966 selbst seinen ersten Auftritt, welchen man als eine Art Durchbruch bezeichnen kann.
Schnell begann Hannes Wader in der bereits lebendigen Liedermacherszene Berlins Fuß zu fassen. Er stand jeden Abend auf bis zu fünf Bühnen und kassierte eine Spitzengage. Anfang 1967 brach er sein Studium ab. In der Folgezeit tourte Wader mit Reinhard Mey durch Kneipen und Clubs - ihre Auftritte waren gefragt, doch ihr Repertoire an Liedern war noch relativ klein, so dass sie einige ins Französische übersetzten und jeweils zweimal vortrugen, um den Abend füllen zu können.
Als Wader Anfang der 1970er nach Hamburg zog, überließ er seine Wohnung für einige Monate Hella Utesch, einer vermeintlichen NDR-Reporterin. Während dieser Zeit reiste Wader zum letzten Mal per Anhalter durch Europa, um anschließend mit seiner gerade fertiggestellten und sehr erfolgversprechenden LP „7 Lieder” auf Tournee zu gehen. Nach seiner Rückkehr fand er seine Wohnung jedoch völlig verwüstet vor. „Hella Utesch” war der Deckname Gudrun Ensslins, Mitglied der sogenannten „Baader-Meinhof-Bande”, die sich Waders Behausung als Hauptquartier einrichteten und dort Experimente mit Sprengstoff durchführten. Bei einem Konzert wurde Wader quasi von der Bühne herunter verhaftet. Die Staatsanwaltschaft strengte gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung” an. Er und seine Freunde wurden in der Folgezeit observiert und abgehört. Die Medien reagierten - und sie tun das bis heute - mit Boykott, dennoch zeichneten sich seine Sängerkollegen Reinhard Mey & Co. in dieser Zeit durch eine Solidarität aus, ohne die Wader als Liedermacher erledigt gewesen wäre: Bei einem geplanten gemeinsamen Rundfunkauftritt hieß es: „Herr Wader, Sie nicht!” Seine Kollegen drohten damit, den Auftritt platzen zu lassen, und so kam Wader doch zu seiner Performance. Erst nach Jahren wurde das Verfahren eingestellt.
Den Plan, nach Hamburg zu ziehen, betrachtete Wader als gescheitert. Er zog 1973 nach Struckum in Nordfriesland in eine Windmühle, wo auch einige der späteren Alben entstanden und aufgenommen wurden.
In den 1970er Jahren wurde Hannes Wader durch seine provokanten Texte einer der Stars der links-alternativen Szene. 1977 trat er in die Deutsche Kommunistische Partei ein, aus der er 1991 wieder austrat und sich eindeutig davon distanzierte.
Zu Beginn der 1980er tourte Wader im Ensemble mit Lydie Auvray (Akkordeon), Hans Hartmann (Bass) und Reinhard Bärenz (Gitarre).
1998 Umzug auf einen Resthof im Kreis Steinburg.
2002 trat er beim UZ-Pressefest in Dortmund auf.
Hannes Wader ist verheiratet und hat zwei Kinder, Johann und Louise.
Musikerlaufbahn
Das Einstiegsjahr in seine Karriere war eigentlich 1968. Er war 27 Jahre alt und ein Bestandteil der sich in Berlin entwickelnden Folkszene, die u. a. auch aus Reinhard Mey, Schobert und Black und Katja Ebstein bestand. Nach seinem Auftritt 1966 auf der Burg Waldeck im Hunsrück, war Wader bereits ein Geheimtipp. Alle Versuche ein Band mit seinen Liedern zu verkaufen scheiterten. Er blitzte auch bei dem mäßig erfolgreichen Schlagerproduzenten Walter Richter ab, den er durch eine Vermittlung Reinhard Meys kennenlernte.
Bei einem Auftritt im Südwestfunk in Baden-Baden traf Wader Knut Kiesewetter, der Gefallen an seinen Liedern fand. Nach einigen hin und her kam es 1969 zu der Plattenproduktion "Hannes Wader singt ..." im Studio Windrose in Hamburg. Auf dieser Platte befanden sich ausschließlich eigene Kompositionen. Wader legte bei dieser Aufnahme zeitweise einen Biss und eine Sozialkritik an den Tag, die auf den folgenden Platten, aber auch späteren Texten regelmäßig wiederkehrten und sicherlich einen großen Teil seiner musikalischen Identität definierten und das auch noch heute tun. Zunächst gelang es Kiesewetter nicht eine Veröffentlichung zu erreichen. Schließlich brachte er die Produktion bei Phillips, wo er zuvor eine erfolgreiche Witzplatte produziert hatte,unter. Die Androhung, es würde keine zweite Witzplatte geben, wenn Wader nicht genommen würde, machte schließlich den Verhandelnen weich. Innerhalb weniger Monate gelang es mehrere zehntausend Alben zu verkaufen, was für einen Plattenneuling damals absolut ungewöhnlich war. Wader erhielt dank dieses Erfolges einen langfristigen Vertrag. Jetzt bekam seine Karriere erst richtig Auftrieb.
Hannes Wader hat oft mit anderen Künstlern zusammengearbeitet. Unter anderem entstanden daraus 1978 und 1980 zwei Produktionen Folk Friends mit Interpreten aus England, Irland, Schottland und den USA.
Seine Vielseitigkeit bewies er auch bei der Übersetzung und Interpretation von Liedern des schwedischen Volkssängers Bellman (CD Liebe, Schnaps, Tod - Wader singt Bellmann). Bemerkenswert sind auch heute noch seine immer wieder aktuellen, sozialkritische Themen aufgreifenden Lieder. Seine überragendes, gesangliches Können bewies Hannes Wader vor allem mit dem Album "An dich hab` ich gedacht- Wader singt Schubert" (1997), auf dem er auf das Gitarre spielen verzichtete und durch schönen lyrischen Gesang überzeugte. Er hatte für dieses Album extra Gesangsunterricht genommen, um die Lieder überzeugend interpretieren zu können.
Seine Lieder wurden auf zahlreichen Alben veröffentlicht. Zahlreiche Tourneen führen ihn immer noch kreuz und quer durch Deutschland. Er gehört zu den wenigen Liedermachern der „alten Schule”, die auch heute noch große Hallen zu füllen vermögen. Ebenso tritt er bei Freiluftkonzerten und in Clubs auf.
Bekannte Lieder (Auswahl)
- Begegnung (1969)
- Blumen des Armen (1969)
- Das Loch unterm Dach (1969)
- Viel zu schade für mich (1969)
- Monika (1971)
- Arschkriecher-Ballade (1971)
- Ich hatte mir noch so viel vorgenommen (1971)
- Heute hier, morgen dort (1972)
- Schon so lang (1972)
- Der Tankerkönig (1972)
- Kokain (1972)
- Rohr im Wind (1972)
- Unterwegs nach Süden (1972)
- Der Rattenfänger (1974)
- Manche Stadt (1974, nach "One more City" von Colin Wilkie)
- Talking-Böser-Traum-Blues (1974)
- Hotel zur langen Dämmerung (1976)
- Schon morgen (1976)
Trotz alledem (trad., neue textliche Fassung Waders; 1977)
- Sowas gibt es noch (1979)
- Traum vom Frieden (1979)
- Schlaf, Liebste (1979)
- Es ist an der Zeit (1980)
- Erinnerung (1980)
- Leben einzeln und frei (1982)
- Der Büffel (1983)
- Die bessere Zeit (1983)
- Gut, wieder hier zu sein (1983)
- Pablo (1983)
- Damals (1985)
- Am Fluß (1985)
- Abschied (1985)
- Johnny (1985)
- Lisa (1985)
- Wir werden sehn (1985)
- Jepestinja Stepanowas Garten (1986)
- Nach Hamburg (1989)
- Große Freiheit (1989)
- Anke's Bioladen (1989)
- Rosen im Dezember (1990)
- Schön ist die Jugend (1991)
- Erste Liebe (1991)
- Schön ist das Alter (1991)
- Traumtänzer (1991)
- Eltern (1995)
- Tagtraum (1995)
- Darfst nun getrost (1996)
- Víctor Jara (2001)
- Kleine Stadt (2001)
- Vaters Land (nicht zu verwechseln mit „Vaterland” von K. Wecker; 2001)
- Wünsche (2001)
- Krieg ist Krieg (2004)
- Milliardäre (2004)
- Stellungnahme (2004)
Diskographie
- 1969 Hannes Wader singt… (Philips)
- 1971 Ich hatte mir noch so viel vorgenommen (mit Werner Lämmerhirt an der 2.Gitarre) (Philips)
- 1972 7 Lieder (mit Werner Lämmerhirt an der 2.Gitarre) (Philips)
- 1973 Der Rattenfänger (Philips)
- 1974 Plattdeutsche Lieder (Philips)
- 1975 Volkssänger (Philips)
- 1976 Kleines Testament (Philips)
- 1977 Hannes Wader singt Arbeiterlieder (Philips)
- 1978 Hannes Wader singt Shantys (Philips)
- 1979 Wieder unterwegs (Pläne - ARIS)
- 1980 Es ist an der Zeit (Pläne - ARIS)
- 1982 Dass nichts bleibt wie es war (live) (Pläne - ARIS)
- 1983 Nicht nur ich allein (Pläne - ARIS)
- 1985 Glut am Horizont (Pläne - ARIS)
- 1986 Liebeslieder (Pläne - ARIS)
- 1987 Bis jetzt (live) (Mercury)
- 1989 Nach Hamburg (Mercury)
- 1990 Hannes Wader singt Volkslieder (Mercury)
- 1991 Nie mehr zurück (Mercury)
- 1992 Schon so lang "'62 – '92" (Compilation) (Mercury)
- 1992 Blick zurück – Das Beste aus den 80er Jahren (Compilation) (Pläne - ARIS)
- 1995 Zehn Lieder (Pläne - ARIS)
- 1996 Liebe, Schnaps, Tod – Wader singt Bellmann (mit R. Mey & K. Hoffmann) (Pläne - ARIS)
- 1997 An dich hab ich gedacht – Wader singt Schubert (Pläne - ARIS)
- 1998 Auftritt (live mit Klaus Weiland & Benjamin Huellenkremer) (Pläne - ARIS)
- 1999 Der Poet (Compilation / 2 CD) (Mercury)
- 1999 Der Rebell (Compilation / 2 CD) (Mercury)
- 1999 Der Volkssänger (Compilation / 2 CD) (Mercury)
- 2001 Was für eine Nacht (live mit K. Wecker, Pläne)
- 2001 Wünsche (Pläne)
- 2003 Mey Wader Wecker - das Konzert (Live 2 CD / Pläne, mit R. Mey & K. Wecker)
- 2004 ... und es wechseln die Zeiten (Pläne)
- 2004 Wein auf Lebenszeit - Hannes Wader liest Kurt Kusenberg (Hörbuch) (Pläne)
- 2005 Jahr für Jahr (Pläne)
- 2006 Mal angenommen (Pläne)
Literatur
- Thomas Rothschild: Liedermacher. 23 Porträts. Fischer, Frankfurt 1980.
- Ulrich Maske: Daß nichts bleibt wie es war – Hannes Wader und seine Lieder. Pläne, Dortmund 1984
- Matthias Henke: Hermes Handlexikon. Die großen Chansonniers und Liedermacher. Düsseldorf 1987.
- Beate Dapper (Hrsg.): Hannes Wader – Liederbuch. Bund-Verlag, Frankfurt 1999.
- Reginald Rudorf: Schach der Show : über Lach- und Liedermacher in Deutschland. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1974.
- Hannes Wader: Lieder. Zweitausendeins, Frankfurt 1977.
- Hannes Wader: Lieder 2000 - 2005. Noten und Texte. Pläne, Dortmund, 2006.
- Hannes Wader: Booklet zu "An dich hab ich gedacht - Wader singt Schubert", 1997
- Hannes Wader: Booklet zu "Hannes Wader singt" , Neuauflage 2000
Auszeichnungen
- 1974 - Deutscher Kleinkunstpreis in der Kategorie Chanson
- 1975 - Deutscher Schallplattenpreis
Weblinks
- http://www.hanneswader.de
- http://www.geocities.com/Athens/Forum/9962/wader2.html
- http://www.liedermacher-forum.de
Personendaten | |
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NAME | Wader, Hannes |
KURZBESCHREIBUNG | Liedermacher, Sänger und Gitarrist |
GEBURTSDATUM | 23. Juni 1942 |
GEBURTSORT | Bethel, Ostwestfalen, Deutschland |