Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Staatsbürger-Zeitung
Die Staatsbürger-Zeitung war eine deutsche Tages-(?)Zeitung.
Zettelkasten
- Gegründet am 1. Januar 1865[1]
- Die 'Berliner Nachrichten' wurden im Jahr 1864 durch den Liqueurfabrikanten [R. F. ] Daubitz in den [sic! gemeint ist wahrscheinlich: „…und dem…“] bekannten Volkstribunen von 1848, Held, unter dem Namen 'Staatsbürger-Zeitung' gegründet; dieselbe hatte in den Jahren 1866–68 ihre Glanzperiode; ihr Auflage betrug circa 25.000 Exemplare, eine Höhe, die für die damaligen deutschen Pressverhältnisse fast einzig war.[2]
- Franz Mehring gehörte zu den gelegentlichen Mitarbeitern der Staatsbürger-Zeitung[3]
- Differenzen mit Daubitz führten eine Spaltung herbei, in Folge deren eine Zeit lang zwei 'Staatsbürger-Zeitungen' erschienen: die 'Aelteste, gegründet von R. F. Daubitz' und die 'Alte – Heldsche'. Die erstere ging seit Helds Rücktritt (1871) in der Auflage immer mehr zurück, die letztere bestand auch gerade nicht glänzend, nahm aber in neuerer Zeit durch ihre selbständige Haltung gegenüber der Judenfrage einen sehr beträchtlichen Aufschwung [Die Heldsche Staatsbürgerzeitung war deutlich antisemtisch]. Die Daubitzsche Zeitung [von R.F. Daubitz] kam bald nach der Spaltung in den Besitz eines Consortiums von Banquiers, Buchhändlern etc. und nahm den Titel 'Berliner Bürger-Zeitung' an[4]
- Friedrich Wilhelm Held starb am 26. März 1872 in Berlin
- Unter ihrem späteren Verleger und Herausgeber Wilhelm Bruhn entwickelte die »Staatsbürger-Zeitung« antisemitischen Tendenzen[5]
- Verantwortlicher Redakteur: Dr. Paul Bötticher[6] Verdacht: Identisch mit Paul de Lagarde? https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_de_Lagarde
- Die Staatsbürger-Zeitung unter Wilhelm Bruhn heizte die Konitzer Mordaffäre an. Es kam in Konitz zu Progrom-artigen Ausschreitungen. Im Zusammenhang damit wurde bereits im Mai 1900 Strafantrag gegen den Herausgeber der „Staatsbürger-Zeitung“ Wilhelm Bruhn und den verantwortlichen Redakteur Paul Bötticher wegen Beleidigung und Verleumdung gestellt. Das Verfahren gegen beide endete erst im Oktober 1902. Bötticher wurde zu zwölf und Bruhn zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde kein Bezug auf die inkriminierte Berichterstattung der Ritualmordbeschuldigung genommen, sondern sie basierte auf Beamtenbeleidigung.[7]
- Die Staatsbürger-Zeitung verkündete im Zeitungskopf ihre Grundsätze: „Mit Vernunft für Wohlfahrt, Freiheit und Macht. Im Innern: Besserung der Zustände. In der äußeren Politik: Deutschlands Interessen.“[8]
- „1926, 4.Dez.; damit Ersch. eingest.“[9]
Rohstoffe
Oschilewski, „Zeitungen in Berlin“
S. 79
»Staatsbürger-Zeitung«, 1865
Am 1. Januar 1865 etablierte der »Staatssozialist« Friedrich Wilhelm Held, der 1848 die radikale »Locomotive« herausgab, ein neues Blatt: die »Staatsbürger-Zeitung«. Franz Mehring, der zu den gelegentlichen Mitarbeitern gehörte, schrieb, nachdem Held 1872 gestorben war, über das Blatt: »Möglichst querköpfig in sachlichen, möglichst anzüglich in persönlichen Fragen ist ihre Parole; ohne publizistisches Talent redigiert, weiß sie durch pfiffige Spekulationen auf die schlechten Neigungen des gemeinen Mannes sich weitreichenden Einfluss zu sichern.« Unter ihrem späteren Verleger und Herausgeber Wilhelm Bruhn ergab sie die »Staatsbürger-Zeitung« antisemitischen Tendenzen. Sie erschien mehrere Jahrzehnte und verkündete im Zeitungskopf ihre hochtrabenden Grundsätze: »Mit Vernunft für Wohlfahrt, Freiheit und Macht. Im Innern: Besserung der Zustände. in der äußeren Politik: Deutschlands Interessen.«
- Walther G. Oschilewski, „Zeitungen in Berlin im Spiegel der Jahrhunderte“, Verlag Haude & Spener, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1975, ISBN: 3-7759-0159-0, S. 79
»Germania«, 28. März 1881
»Die 'Berliner Nachrichten' sind unlängst in die 'Volks-Zeitung' aufgegangen. Fata sua habent libelli kann man auch mit großem Recht auf die Zeitungen und mit größtem Recht auf die eben eingegangene anwenden. Die 'Berliner Nachrichten' wurden im Jahr 1864 durch den Liqueurfabrikanten Daubitz in den bekannten Volkstribunen von 1848, Held, unter dem Namen 'Staatsbürger-Zeitung' gegründet; dieselbe hatte in den Jahren 1866–68 ihre Glanzperiode; ihr Auflage betrug circa 25.000 Exemplare, eine Höhe, die für die damaligen deutschen Pressverhältnisse fast einzig war. Held war bekanntlich ein überaus findiger Journalist, der das Publicum in seinen Bann zu zwingen verstand. Differenzen mit Daubitz führten eine Spaltung herbei, in Folge deren eine Zeit lang zwei 'Staatsbürger-Zeitungen' erschienen: die 'Aelteste, gegründet von R. F. Daubitz' und die 'Alte – Heldsche'. Die erstere ging seit Helds Rücktritt (1871) in der Auflage immer mehr zurück, die letztere bestand auch gerade nicht glänzend, nahm aber in neuerer Zeit durch ihre selbständige Haltung gegenüber der Judenfrage einen sehr beträchtlichen Aufschwung [Die Heldsche Staatsbürgerzeitung war offenbar deutlich antisemtisch]. Die Daubitzsche Zeitung [von R.F. Daubitz] kam bald nach der Spaltung in den Besitz eines Consortiums von Banquiers, Buchhändlern etc. und nahm den Titel 'Berliner Bürger-Zeitung' an, verlor jedoch durch den allzu plötzlichen Uebergang in das schutzzöllnerische Lager bedeutend an Abonnenten. Nachdem die Schutzzollpartei das 'Neue Tageblatt' (das sich später in die 'Berliner Zeitung' umgewandelt hat), zu ihrem Organ gemacht hatte, kam die 'Berliner Bürger-Zeitung' durch Kauf in die Hände des Herrn Dr. Löwenthal, dieser wiederum trat sie an die Herren Dr. Mertelmeyer und Steinitz ab, welche aus der Zeitung ein größeres, zweimal täglich erscheinendes Handelsblatt unter dem Titel 'Berliner Nachrichten' machten, ohne indeß damit zu reüssieren; sie traten das Blatt durch Verkauf an Herrn Gustav Harschkamp ab, welcher aus der Zeitung ein ausschließliches Organ gegen die Antisemiten zu machen beflissen war, dabei aber nicht die nöthige Unterstützung fand und durch bedeutenden Niedergang der Abonnentenzahl gezwungen wurde, die 'Berliner Nachrichten' eingehen zu lassen. Die 'Volks-Zeitung' erscheint für für die betreffenden Abonnenten mit verändertem Kopf, an welchem sogar noch die Namen des verantwortlichen und des Chefredacteurs der 'Berliner Nachrichten' zu lesen sind. Aus dem 'Chefredacteur' ist bescheidenerweise neuerdings ein 'Verleger' geworden.«
»Germania, Zeitung für das deutsche Volk«, Berlin : Germania, 1881, Local-Nachrichten, Berlin, den 28. März 1881, »Die 'Berliner Nachrichten' sind unlängst in die 'Volks-Zeitung' aufgegangen. Fata sua habent libelli ...« München, Bayerische Staatsbibliothek -- 2 Eph.pol. 118 l-11,1-3, https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11459100?q=%22Mertelmeyer%22&page=480,481
- Friedrich Wilhelm Held
- Liqueurfabrikant R. F. Daubitz, „Staatsbürger-Zeitung“, 1864 mit Friedrich Wilhelm Held gegründet, 1871 schied Friedrich Wilhelm Held aus, bald danach an Consortiums von Banquiers, Buchhändlern etc. verkauft und als „Berliner Bürger-Zeitung“ weitergeführt
Dresdner Nachrichten, 01. Oktober 1902, S. 1/2
S. 1:
Berlin (Priv.-Tel.) Vor der 2. Strafkammer des Landgerichts I begann heute der Prozess gegen den verantwortlichen Redakteur der »Staatsbürger-Zeitung«, Dr. Paul Bötticher, und den Verleger derselben Zeitung, Wilhelm Bruhn, wegen Beleidigung. Angeklagter Dr. Bötticher wird beschuldigt, durch 26 Artikel der »Staatsbürger-Zeitung«, die sich mit den Konitzer Vorgängen beschäftigten, Angeklagter Bruhn durch zwei Artikel, Richter, Staatsanwälte und Verwaltungsbehörden und Beamte sowie Privatpersonen im Sinne der §§ 185 und 186 beleidigt zu haben. Bruhn soll nur Privatpersonen beleidigt haben. Die Angeklagten haben einen umfangreichen Wahrheitsbeweis angetreten, sowohl nach der Richtung der gegen die Beamten erhobenen Vorwürfe, als auch bezüglich der weiteren Behauptung, dass die beiden Lewys bezw. andere Leute jüdischen Glaubens an der Mordtthat beteiligt resp. Mitwisser seien. Es sind nicht weniger als 120 Zeugen kommissarisch vernommen worden. Rechtsanwalt Dr. Heine, der Vertheidiger der Angeklagten, erklärte, sie stünden auf dem Standpunkt, dass zu der Zeit, als die Artikel erschienen, der dringende Verdacht der Thäterschaft auf den Lewys und den Juden ruhte. Sie stünden auch jetzt noch auf dem Standpunkte, dass dieser Verdacht berechtigt sei. Sie wollten sich mit den Aussagen der 120 Zeugen zunächst begnügen. Die Vorwürfe gegen die Beamten hielten sie aufrecht. Der Vorsitzende erklärte darauf, dass unter diesen Umständen die Beweisaufnahme auf den Konitzer Mord näher werde eingehen und die ganze Angelegenheit von den Anfängen an werde verhandeln müssen. Der Vorsitzende ließ sich
S. 2:
dann noch durch Befragen von den Angeklagten bestätigen, dass der von diesen erhobene Vorwurf des Ritualmordes, oder wie es jetzt genannt werde, Blutmordes, nicht gegen die jüdische Religionsgemeinschaft sich richte, sondern dass damit nur die Thatsache behauptet werden solle, dass abergläubische Juden solche Blutthaten verrichteten. Die Sitzung wurde im Wesentlichen mit der Verlesung der betreffenden Artikel der »Staatsbürger-Zeitung« ausgefüllt. Gegenüber neuen Verlesungsanträgen der Vertheidigung erwiderte der Vorsitzende, dass man doch nicht drei Monate beieinander sitzen könne, um die »Staatsbürger-Zeitung« zu lesen.
- Dresdner Nachrichten, Nr. 271, (gegründet 1856), Mittw., 01. Oktober 1902, Frühausgabe, S. 1/2, https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/374287/1
Handbuch des Antisemitismus
Gegen den Herausgeber der „Staatsbürger-Zeitung“ Wilhelm Bruhn und den verantwortlichen Redakteur Paul Bötticher war bereits im Mai 1900 Strafantrag wegen Beleidigung und Verleumdung gestellt worden. Das Verfahren gegen beide endete erst im Oktober 1902. Bötticher wurde zu zwölf und Bruhn zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. In der Urteilsbegründung wurde kein Bezug auf die inkriminierte Berichterstattung der Ritualmordbeschuldigung genommen, sondern sie basierte auf Beamtenbeleidigung.
- Marion Neiss, Ritualmordvorwurf in Konitz (1900), S. 347, in: Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Im Auftrag des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin herausgegeben von Wolfgang Benz in Zusammenarbeit mit Werner Bergmann, Johannes Heil, Juliane Wetzel und Ulrich Wyrwa, Redaktion: Brigitte Mihok, Band 4: Ereignisse, Dekrete, Kontroversen, https://books.google.de/books?id=00Lo_DFQnHEC&pg=PA347&lpg=PA347&dq=%22Paul+B%C3%B6tticher%22+%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&source=bl&ots=Nn_MNpKJyL&sig=ACfU3U0CZ0j-qMFCTdV0tBFLINZLb5s5jw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwi7n8WktaCBAxXLzgIHHQeOB044ChDoAXoECAQQAw#v=onepage&q=%22Paul%20B%C3%B6tticher%22%20%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&f=false
Matthias John, „Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914)“, Bd. 1
S. 347:
Bachler, Otto (?–1903) – Arzt, Redakteur der in Berlin erscheinenden „Staatsbürger-Zeitung“ von 1875–1903, kandidierte erfolgreich für die sogenannte Bürgerpartei bei den Berliner Stadtverordnetenwahlen im Jahre 1890, allerdings wurde dann die Wahl für ungültig erklärt, Mitglied des Ausschusses des antisemitischen Agitationsverbandes für Norddeutschland, erfolglose Kandidaturen bei den Reichstags- und preußischen Landtagswahlen im Jahre 1893, ebenso bei den Stadtverordnetenwahlen im Jahre 1896 u. den Reichstagswahlen von 1898
S. 349/ 350:
Bötticher, Paul (?-?) – verantwortlicher Redakteur der in Berlin erscheinenden „Staatsbürger-Zeitung“ um die Jahrhundertwende, im Jahre 1902 gemeinsam mit dem Verleger der Zeitung wegen Beleidigung u. Verleumdung im Zusammenhang mit dem sogenannten Ritualmordprozess verurteilt
S. 350:
Bruhn, Wilhelm (?–?) – Verleger der in Berlin erscheinenden Staatsbürger-Zeitung um die Jahrhundertwende, im Jahre 1902 gemeinsam mit dem verantwortlichen Redakteur der Zeitung, Paul Bötticher, wegen Beleidigung u. Verleumdung im Zusammenhang mit dem sogenannten Ritualmordprozess verurteilt
Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914) Band I Inhaltsverzeichnis Vorwort Register, Reihe Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914) im Spiegel der Zeitgenössischen Presseberichterstattung Herausgegeben von Matthias John Band I, Matthias John Karl Liebknecht – „ein neuer Stern am juristischen Himmel“ (Wilhelm Dittmann) Seine Anwaltstätigkeit (1900–1904) Band I http://www.trafoberlin.de/pdf-dateien/236-4_John_Liebknecht_%20Band_1_Register.pdf
Matthias John, Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914) im Spiegel der Zeitgenössischen Presseberichterstattung, Band 1, http://www.trafoberlin.de/pdf-dateien/236-4_John_Liebknecht_%20Band_1_Register.pdf
Handbuch des Antisemitismus, Personen
Handbuch des Antisemitismus, Band II, Personen, Wolfgang Benz, Brigitte Mihok Walter de Gruyter, 26.02.2010 - 976 Seite, S. 104/ o5 zu Bruhn, Wilhelm, https://books.google.de/books?id=Q9DXouKcmZAC&pg=PA105&lpg=PA105&dq=%22Paul+B%C3%B6tticher%22+%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&source=bl&ots=WA46WLYT2N&sig=ACfU3U2hbseMp20J9hH5WnLeSa64bx4LHw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwi7n8WktaCBAxXLzgIHHQeOB044ChDoAXoECAgQAw#v=onepage&q=%22Paul%20B%C3%B6tticher%22%20%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&f=false Der zweite Band des Handbuchs enthält mehr als 650 Biographien aus aller Welt von der Spätantike bis zur Gegenwart
Jahr, „Antisemitismus vor Gericht“
Den nächsten großen Konflikt mit der Justiz hatte Pückler aufgrund seiner Rede »Die praktische Lösung der Judenfrage« in der Berliner Tonhalle am 13. Juli 1900, in der er – wie gewohnt – »Durchhauen und Rausschmeißen« als »das einzige Mittel« zur »Lösung der Judenfrage« anpries und vor Mitleid gegenüber »dem jüdischen Ungeziefer« 335 warnte. Sie siebte Strafkammer des Landgerichts Berlin I sprach Pückler am 26. Oktober 1900 dennoch wieder vom Vorwurf der Aufreizung zum Klassenhass frei, da seine Äußerungen zwar objektiv den Tatbestand des Paragraphen 130 StGB erfüllten, subjektiv aber keine Absicht der Anreizung vorgelegen habe, schließlich hätten seine Reden noch nie zu Gewalttätigkeiten geführt.336 Im Gegensatz zum Urteil der neunten Strafkammer des Landgerichts Berlin I vom 3. Juni 1899 wurde in diesem Fall der mitangeklagte Redakteur der Staatsbürger-Zeitung, Paul Bötticher, ebenfalls freigesprochen, weil das Verbreiten einer rechtlich einwandfreien Rede in der Presse nicht strafwürdig sei.
Christoph Jahr, „Antisemitismus vor Gericht: Debatten über die juristische Ahndung ...“, S. 194, https://books.google.de/books?id=SnU13Be8ICUC&pg=PA194&lpg=PA194&dq=%22Paul+B%C3%B6tticher%22+%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&source=bl&ots=WyKcZf4rUK&sig=ACfU3U0LmZR7jDsdXNv4dEjFTA3m_UqWAQ&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwi7n8WktaCBAxXLzgIHHQeOB044ChDoAXoECAIQAw#v=onepage&q=%22Paul%20B%C3%B6tticher%22%20%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&f=false
Siehe hierzu auch Beilage zur (Magdeburger) Volksstimme Nr. 253, Di., 30. Oktober 1900, 11. Jahrgang, Gerichts-Zeitung, „Dreschgraf Pückler freigesprochen“, S. 6 von 8 unter: http://library.fes.de/magdeburg/pdf/1900/1900-253.pdf
Auerthal-Zeitung, 09.01.1900, S. 1
Vermischtes Deutschland
§ Berlin, 5. Januar [1900]. Der Graf Pückler auf Klein-Tschirne und der Redakteur der „Staatsbürger Ztg.“ Wilberg sind von der Anklage der Aufreizung zum Klassenhass freigesprochen worden. Der Staatsanwalt hatte 300 Mark Geldbuße beantragt.
Auerthal-Zeitung, Nr. 5, 12. Jahrgang, Di., 09. Januar 1900, S. 1, https://digital.slub-dresden.de/werkansicht?tx_dlf%5Bid%5D=449747&cHash=88fbb4646e1249f51f33cb7641f282f3
Volksstimme, 06.06.1899, S. 3
S. 3:
Nachrichten aus dem Reiche Berlin (Anreizung zu Gewaltthätigkeiten.) Die 9. Strafkammer des Landgerichts I hat am Sonnabend [03.06.1899] die Redakteure Wilberg von der Staatsbürger-Zeitung und Schürkämper vom Berliner antisemitischen Generalanzeiger wegen öffentlicher Anreizung zu Gewaltthätigkeiten, begangen durch die Verbreitung der antisemitischen Reden des Grafen Pückler-Kleintschirne, zu je 200 Mark, den Verleger der Staatsbürger-Zeitung, Wilhelm Bruhn, zu 100 Mark Geldstrafe verurteilt; der Verleger des Generalanzeigers Gedlatzer wurde freigesprochen. Der Staatsanwalt beantragte gegen Wilberg und Bruhn je 500 Mark, gegen Schürkämpfer und Gedlatzer mit Rücksicht auf ihre Vorstrafen je drei Monate Gefängnis. Das gegen die in Magdeburg erscheinende Sachsenschau (die gleichfalls, wenn auch in gemilderter Form, mit den Pücklerschen Reden krebsen ging) anhängig gemachte Strafverfahren wird nun wohl bald seine Erledigung finden.
Volksstimme, Nr. 129, 10. Jahrgang, Magdeburg, Dienstag, den 6. Juni 1899, S. 3, http://library.fes.de/magdeburg/pdf/1899/1899-129.pdf
Volksstimme, 7. Januar 1900, S. 6
Ein Pückler-Prozess.
Vor der neunten Strafkammer des Landgerichts in Berlin hatten sich am Donnerstag der verantwortliche Redakteur der Staatsbürger-Zeitung Johannes Wilberg und der Rittergutsbesitzer Walter von Pückler-Kl.-Tschirne unter der Anschuldigung, in einer den öffenttlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung gegeneinander aufgereizt zu haben, zu verantworten. Es handelt sich um eine am 5. August v. J. im Buggenhagenschen Saal stattgefundene Versammlung des Deutschen Antisemitenbundes, in welcher der Angeklagte Graf Pückler eine antisemitische Rede über „die deutschen Banken und die Börse“ hielt. Der Text der Rede war in der Staatsbürger-Zeitung abgedruckt worden. Der Redner führte u.a. aus, dass die Gastfreundschaft, die den Juden in Deutschland in großartiger Weise gewährt worden, von ihnen in schamloser Weise missbraucht worden sei. Aus den Gästen haben sie sich zu Herren gemacht, solche Leute aber müsse man schleunigst hinausschmeißen. Er fürchte, dass bei einem Kriege nach zwei Fronten hin der Fall eintreten könnte, dass die jüdischen Sozialdemokraten plötzlich zu den Waffen greifen, während die deutschen Heere draußen den äußeren Feind bezwingen. Da müsse das deutsche Volk im Innern des Reiches Ordnung schaffen, den deutschen Boden mit eisernen Ruten kehren und gegen die staatsgefährlichen Umsturzparteien zu Felde ziehen. Man müsse Juden und Demokraten mächtig auf das Angesicht schlagen, damit sich das ganze freche, vaterlandslose und revolutionäre Gesindel scheu verkriechen müsse in die entlegensten Winkel, erschreckt und verängstigt vor der rauhen und zornigen Thatkraft der Germanen. „Von den Alpen bis bis zum Meere, vom Rhein bis zur Weichsel erheben sich die Männer, Fürsten und Edle, Bürger und Bauern und ziehen jubelnd in den Kampf, die Schwerter fliegen aus der Scheide, es ballen sich die Fäuste und kühn blitzen die Augen vor Kampfeslust und Streitbegier. Der deutsche Löwe zeigt die gewaltigen Pranken dem niederträchtigen Judenpack. Weh', Israel, es ist um dich geschehen, in Trümmer fällt das ganze Judenreich!“ – Beide Angeklagten bestritten, dass durch diese Rede zu körperlichen Gewaltthätigkeiten aufgereizt worden sei und wiesen wiederholt darauf hin, dass der überwachende Polizeilieutenant keine Veranlassung gehabt habe, die Versammlung aufzulösen. Graf Pückler betonte insbesondere, dass er in Glogau ungleich schärfer gegen die Juden vorgegangen und doch freigesprochen worden sei. Er habe nicht die Absicht gehabt, zu Gealtthätigkeiten aufzureizen, sondern er habe bloß die Nation wecken und auf die Judengefahr aufmerksam machen wollen. – Der als Zeuge vernommene Polizeilieutenant Krüger II erklärte, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, als ob verschiedene Bevölkerungsklassen gegen einander aufgehetzt werden sollten. Die Zuhörer hätten den besseren Ständen angehört und der Redner habe zwar kräftig, aber doch in Bildern gesprochen und es habe keine dringende Gefahr vorgelegen. – Staatsanwalt Steinbrecht hielt die Vorbedingungen der Anwendung des § 130 des Straf-Gesetzbuches für erfüllt und wies darauf hin, dass Wilberg damals kurz vorher gleichfalls auf Grund des § 130 verurteilt worden war. Er beantragte gegen den Angeklagten Wilberg 300 Mark Geldtstrafe event. 30 Tage Gefängnis, gegen Graf Pückler gleichfalls 300 Mark Geldstrafe event. 30 Tage Gefängnis. – Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Hahn, Charlottenburg, betonte, dass es sich hier um einen Tendenz- und einen politischen Prozess handele. Wenn Blätter wie die Berliner Zeitung und der Vorwärts fortgesetzt zum Kampf gegen Thron und Altar, gegen Junker und Pfaffen auffordern (!), so müsse man es dem Grafen Pückler zu gute halten, wenn er zu heftigen Worten greife und den Krieg gegen das Judentum und die mit ihm verbündeten Sozialdemokraten proklamiere. Graf Pückler gehöre dem deutschen Adel an und dieser habe noch nie im Verdacht gestanden, einen politischen Kampf in gewalttätiger Weise zu führen!! Weder bei ihm, noch bei dem Angeklagten Wilberg, könne von einem subjektiven Dolus die Rede sein. Auch ein Eventualdolus sei nicht nachweisbar und deshalb beantrage er die Freisprechung der beiden Angeklagten. – Angeklagter Wilberg unterstütze diesen Antrag und versicherte nochmals, dass er den Inhalt der Rede nicht für strafbar gehalten habe. – Graf Pückler wandte sich zum Schluss in einer längeren pathetischen Ansprache an den Gerichtshof. Er führte aus, dass man die Juden mit eiserner Faust fassen und eine sehr deutliche Sprache führen müsse. Die Judenemanzipation sei die ewige Krankheit, an welcher Deutschland zugrundegehen und welche schließlich die Revolution hervorrufen werde. – Der Gerichtshof erkannte auf Freisprechung beider Angeklagten. Er war der Meinung, dass nach dem ganzen Inhalt der Rede eine Aufforderung zu Gewaltthätigkeiten nicht darin erblickt werden könne. Graf Pückler habe nur zum energischen Kampfe gegen die Juden aufgefordert und das sei an sich nicht strafbar. –
Volksstimme Nr. 5/ 11. Jahrgang, So., 7. Januar 1900, 1. Beilage zur Volksstimme, Nr. 5, 11. Jahrgang, Sonntag, den 7. Januar 1900, Gerichtliche Urteile, S. 6, http://library.fes.de/magdeburg/pdf/1900/1900-005.pdf
Deutsch-Soziale Blätter, 22. August 1901
Herr Johannes Wilberg hat sich mit seinem etwas vollthönenden Flugblatte, worin er vor einigen Monaten nach Austritt aus der Redaktion der „Staatsbürger-Zeitung“ seinen Uebertritt zum „Volksbunde“ der Herren von Mosch, Förster und Böckel ankündigte, jetzt das schmerzhafte Lob des „Berliner Tageblattes“ zugezogen. Es wird eine Stelle abgedruckt, worin er ein sehr hartes Urteil über die Berliner antisemitische Bewegung fällt.
Deutsch-Soziale Blätter, Deutsch-Soziale Partei, 22. August 1901, hrsg. von Max Liebermann von Sonnenberg, begründet von Theod. Fritsch, „Leitwort: Die soziale Frage ist heute wesentliche Judenfrage“, 16. Jahrgang, Nr. 679, S. 404, https://archive.org/details/bub_gb_sjsZAAAAYAAJ/page/404/mode/2up?q=%22Johannes+Wilberg%22
- Otto Böckel, https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_B%C3%B6ckel
- Paul Förster, https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_F%C3%B6rster
- Hans von Mosch [kein Wikipedia-Eintrag]
Personen im Zusammenhang mit der Staatsbürger-Zeitung
- Fedor Baerthold, geb. 1838, war Redakteur der Staatsbürger-Zeitung[10]
- Otto Bachler, gest. 1903, Arzt, Redakteur der in Berlin erscheinenden „Staatsbürger-Zeitung“ von 1875–1903[11]
- Paul Bötticher, verantwortlicher Redakteur der in Berlin erscheinenden „Staatsbürger-Zeitung“ um die Jahrhundertwende, im Jahre 1902 gemeinsam mit dem Verleger der Zeitung wegen Beleidigung und Verleumdung im Zusammenhang mit dem sogenannten Ritualmordprozess verurteilt[12]
- Wilhelm Bruhn, Verleger der in Berlin erscheinenden Staatsbürger-Zeitung um die Jahrhundertwende, im Jahre 1902 gemeinsam mit dem verantwortlichen Redakteur der Zeitung, Paul Bötticher, wegen Beleidigung u. Verleumdung im Zusammenhang mit dem sogenannten Ritualmordprozess verurteilt[13]
- Der Liqueurfabrikant Richard Friedrich Ludwig Ferdinand Daubitz hat im Jahr 1864 die „Staatsbürger-Zeitung“ mit Friedrich Wilhelm Held gegründet. 1871 schied Friedrich Wilhelm Held aus, bald danach verkaufte Daubitz die „Staatsbürger-Zeitung“ an ein Consortium von Bankiers, Buchhändlern etc.. Die Zeitung wurde dann als „Berliner Bürger-Zeitung“ weitergeführt.
- Franz Mehring gehörte zu den gelegentlichen Mitarbeitern der Staatsbürger-Zeitung[14]
- Johannes Wilberg, Redakteur der „Staatsbürger-Ztg.“. War offenbar im Jahr 1894 Redakteur der antisemitischen Deutschnationalen Zeitung aus Düsseldorf, siehe: https://www.google.de/books/edition/Deutsche_Antisemiten_Chronik_1888_bis_18/cWALAAAAIAAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Johannes+Wilberg+Redakteur&pg=RA3-PA190&printsec=frontcover
Unsortierte Stichworte
- Bücher der Staatsbürger-Zeitung erschienen im Spreeverlag in Frohnau
Verlinken in:
- Liste historischer Zeitungen in Deutschland, https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_historischer_Zeitungen_in_Deutschland
- Wilhelm Bruhn (Politiker) war ein Politiker der DNVP und Verleger und Herausgeber der Staatsbürger-Zeitung
- Im Mai 1876 wandte sich Franz Mehring in einem Artikel in der Staatsbürger-Zeitung gegen seinen Verleger. Er warf ihm vor, Bestechungsgelder angenommen…
Einzelnachweise
- ↑ Walther G. Oschilewski, „Zeitungen in Berlin im Spiegel der Jahrhunderte“, Verlag Haude & Spener, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1975, S. 79, ISBN: 3-7759-0159-0
- ↑ »Germania, Zeitung für das deutsche Volk«, Berlin : Germania, 1881, Local-Nachrichten, Berlin, den 28. März 1881, »Die 'Berliner Nachrichten' sind unlängst in die 'Volks-Zeitung' aufgegangen.«, München, Bayerische Staatsbibliothek -- 2 Eph.pol. 118 l-11,,1-3, https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11459100?q=%22Mertelmeyer%22&page=480,481
- ↑ Walther G. Oschilewski, Zeitungen in Berlin im Spiegel der Jahrhunderte, Verlag Haude & Spener, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1975, S. 79
- ↑ »Germania, Zeitung für das deutsche Volk«, Berlin : Germania, 1881, Local-Nachrichten, Berlin, den 28. März 1881, »Die 'Berliner Nachrichten' sind unlängst in die 'Volks-Zeitung' aufgegangen.«, München, Bayerische Staatsbibliothek, https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11459100?q=%22Mertelmeyer%22&page=480,481
- ↑ Walther G. Oschilewski, Zeitungen in Berlin im Spiegel der Jahrhunderte, Verlag Haude & Spener, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1975, S. 79
- ↑ Dresdner Nachrichten, Nr. 271, (gegründet 1856), Mittw., 01. Oktober 1902, Frühausgabe, S. 1/2, https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/374287/1
- ↑ Marion Neiss, „Ritualmordvorwurf in Konitz (1900)“, S. 347, in: „Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart“, Im Auftrag des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin herausgegeben von Wolfgang Benz in Zusammenarbeit mit Werner Bergmann, Johannes Heil, Juliane Wetzel und Ulrich Wyrwa, Redaktion: Brigitte Mihok, Band 4: Ereignisse, Dekrete, Kontroversen, https://books.google.de/books?id=00Lo_DFQnHEC&pg=PA347&lpg=PA347&dq=%22Paul+B%C3%B6tticher%22+%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&source=bl&ots=Nn_MNpKJyL&sig=ACfU3U0CZ0j-qMFCTdV0tBFLINZLb5s5jw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwi7n8WktaCBAxXLzgIHHQeOB044ChDoAXoECAQQAw#v=onepage&q=%22Paul%20B%C3%B6tticher%22%20%22Staatsb%C3%BCrger-Zeitung%22&f=false
- ↑ Walther G. Oschilewski, „Zeitungen in Berlin im Spiegel der Jahrhunderte“, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1975, S. 79
- ↑ Zeitschroftendatenbank (ZDB), Katalog, »Staatsbürger-Zeitung«, https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=016683528&view=brief
- ↑ DNB, GND,https://d-nb.info/gnd/1234369524
- ↑ Matthias John, „Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914) im Spiegel der Zeitgenössischen Presseberichterstattung“, Band 1, S. 349/ 350, http://www.trafoberlin.de/pdf-dateien/236-4_John_Liebknecht_%20Band_1_Register.pdf
- ↑ Matthias John, „Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914) im Spiegel der Zeitgenössischen Presseberichterstattung“, Band 1, S. 347, http://www.trafoberlin.de/pdf-dateien/236-4_John_Liebknecht_%20Band_1_Register.pdf
- ↑ Matthias John, „Gesammelte Prozesse des Karl Liebknecht (1900–1914) im Spiegel der Zeitgenössischen Presseberichterstattung“, Band 1, 350, http://www.trafoberlin.de/pdf-dateien/236-4_John_Liebknecht_%20Band_1_Register.pdf
- ↑ Walther G. Oschilewski, Zeitungen in Berlin im Spiegel der Jahrhunderte, Verlag Haude & Spener, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1975, S. 79