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Paul Levi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Paul Levi (* 11. März 1883 in Hechingen; † 9. Februar 1930 in Berlin) war ein deutscher Rechtsanwalt und sozialdemokratischer/sozialistischer Politiker. Neben Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht u.a. war er einer der Mitbegründer der KPD und von März 1919 bis 1921 deren Vorsitzender, bevor er aufgrund innerparteilicher Differenzen aus der Partei ausgeschlossen wurde, darauf in die USPD und wenig später wieder in die SPD zurück kehrte.

Leben

Paul Levi entstammte einer antimonarchistischen bürgerlichen jüdischen Familie aus dem hohenzollerschen Hechingen. Er schloss 1905 sein Jurastudium (Berlin, Heidelberg, Grenoble) mit einer Promotion zum Thema Das Verhältnis von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsklage ab und ließ sich 1909 als Anwalt in Frankfurt am Main nieder. Im gleichen Jahr trat Levi, der sich seit seiner Gymnasialzeit als Sozialist verstand, der SPD bei. Er gehörte zu deren linken Flügel.

1913 verteidigte Levi Rosa Luxemburg (mit der er 1914 zeitweise liiert war) gegen den Vorwurf der „Aufreizung von Soldaten zum Ungehorsam" vor Gericht. Während des 1. Weltkriegs schloss er sich der Spartakusgruppe (die nach dem 1. Weltkrieg in Spartakusbund umbenannt wurde) an, einer innerparteilichen revolutionären Oppositionsfraktion in der SPD, ab 1917 in der USPD, die die kriegsbilligende Burgfriedenspolitik und den Reformismus der Mutterpartei unter Friedrich Ebert ablehnte und bekämpfte. Später gehörte Levi mit Luxemburg und Karl Liebknecht zu den Gründern der aus dem Spartakusbund und anderen linksrevolutionären Gruppen am Jahreswechsel 1918/19 konstituierten KPD, deren Vorsitz er als Nachfolger des am 10. März 1919 ermordeten Leo Jogiches übernahm.

Auf dem Parteitag im Oktober des Jahres setzte er die Beteiligung der KPD an Wahlen durch. Sein rigider Kurs gegen die Mehrheit der Parteimitglieder führte zur Abspaltung der KAPD und zur Konstituierung des Rätekommunismus, ermöglichte aber 1920 die Vereinigung mit großen Teilen der USPD zur VKPD. Levi lehnte die so genannte „Offensivstrategie", die in der Leitung der VKPD im Februar 1921 eine Mehrheit mit Unterstützung der Vertreter der Komintern fand, ab. Er trat Ende Februar vom Vorsitz der VKPD zurück.

In der Broschüre Unser Weg. Wider den Putschismus kritisierte Levi die putschistische Taktik der KPD beim Märzaufstand 1921 öffentlich. Nachdem er diese Kritik an der deutschen und der internationalen Leitung der Kommunisten aufrecht erhielt, wurde er auf Betreiben der Mehrheit der Komintern-Führung um Sinowjew aus der KPD ausgeschlossen. Lenin und Trotzki stimmten ihm jedoch zugleich inhaltlich zu: Levi hat den Kopf verloren. Er war allerdings der einzige in Deutschland, der einen zu verlieren hatte. Levi und andere aus der VKPD Ausgeschlossene und Ausgetretene wie Ernst Däumig schlossen sich zur Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft (KAG) zusammen.

In diesem Zusammenhang veröffentlichte Levi auch die bislang unbekannte Schrift Rosa Luxemburgs Die Revolution in Russland, die sie im November 1917 kurz nach der Oktoberrevolution im Gefängnis verfasst hatte. Darin stand ihre scharfe Kritik an Lenins Tendenz zur innerparteilichen Diktatur: Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. In Reaktion auf diese Kritik am Kaderkonzept Lenins wurde Rosa Luxemburg von Stalin später des „Spontaneismus" bezichtigt, und der „Luxemburgismus" wurde von der KPdSU wie auch später der SED konstant als Abweichung vom Kommunismus denunziert.

Über die Rest-USPD (welcher die KAG im Frühjahr 1922 beitrat) die sich nicht der KPD angeschlossen hatte, kehrte Levi nach deren teilweisen Vereinigung mit der MSPD 1922 in die SPD zurück und war dort eine der wichtigsten Persönlichkeiten des linken und marxistischen Flügels. Er gab ab 1923 eine eigene Korrespondenz, die Sozialistische Politik und Wirtschaft, heraus. Diese ging 1928 in der Zeitschrift Der Klassenkampf auf, deren Redaktion Levi bis zu seinem Tod angehörte. 1924 rief er gemeinsam mit anderen Marxisten die Sozialwissenschaftliche Vereinigung SWV ins Leben, einen parteiunabhängigen Verein, dessen Ziel die Diskussion und Weitervermittlung marxistischer Ansätze war. Daraus ging u.a. die Organisation Rote Kämpfer hervor.

Viele der politischen Freunde Levis schlossen sich 1931 der SAPD an. Levi blieb Mitglied des Reichstages, widmete sich aber besonders der Aufklärung der Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Als brillanter Redner war er bei seinen Gegnern - im Gerichtssaal wie im Parlament - gefürchtet.

1930 bereitete Levi einen Revisionsprozesses zu einer Beleidigungklage des ermittelnden Staatsanwaltes im Mordfall Luxemburg und Liebknecht gegen den leitenden Redakteur der Zeitschrift Das Tage-Buch vor. Darin hatte Berthold Jacob einen Artikel unter dem Titel „Kollege Jorns" veröffentlicht, in dem der Staatsanwalt Jorns der „Verschleppung der Ermittlungen und der Vertuschung der Morde" bezichtigt wurde. In erster Instanz hatte Levi eine Freispruch des angeklagten Journalisten erwirkt und durch die erhaltene Akteneinsicht neue Informationen über die Vertuschung der Morde an Luxemburg und Liebknecht erhalten.

Im Februar des Jahres erkrankte er an einer fiebrigen Lungenentzündung. Wenige Tage später, am 9. Februar 1930, stürzte er unter ungeklärten Umständen aus dem Fenster seiner Wohnung in Berlin. Er erlag seinen Verletzungen.

Literatur

  • Charlotte Beradt: Paul Levi. Ein demokratischer Sozialist in der Weimarer Republik. Frankfurt/M. 1969.
  • Charlotte Beradt (Hrsg.): Paul Levi: Zwischen Spartakus und Sozialdemokratie, Schriften, Aufsätze, Reden und Briefe. Frankfurt/M. 1969.
  • Sibylle Quack: Geistig frei und niemandes Knecht - Paul Levi/Rosa Luxemburg, Köln 1983.

Siehe auch