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Hausaufgabe

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Hausaufgaben werden in der Schule (vom Lehrer) als Ergänzung des Unterrichts aufgegeben und sollen in der Regel zu Hause erledigt werden.

Zur Terminologie

In weiten Teilen Deutschlands sagt man neben „Hausaufgaben“ auch Schulaufgabe. Es gibt keinen Unterschied in der Bedeutung, bei sorgfältigem Sprachgebrauch aber in der Perspektive: in der Schule bekommt man Hausaufgaben auf, zu Hause erledigt man Schulaufgaben. In Bayern bezeichnet man als Schulaufgabe jedoch jene in der Schule geschriebenen Leistungskontrollen, die im übrigen Deutschland Klassenarbeiten heißen, sprachlich aufgewertet werden diese auch als Klausur bezeichnet.

Im weiteren Sinne bezeichnet man als Hausaufgaben auch andere, berufliche oder freiwillig übernommene, selbstverantwortlich zu erledigende Verpflichtungen („Er hat seine Hausaufgaben (nicht) gemacht“).

Rechtliche Regelungen

In den meisten Ländern weltweit, in denen eine geregelte Schulform existiert, werden zur Einhaltung der Hausaufgaben Gesetzte aufgestellt, die den Nutzten der Hausaufgaben beschreiben oder gar erzwingen.

So sollen die Hausaufgaben

  • den Unterricht ergänzen.
  • den Stoff mittels Aufgaben (Mathematik), Lektüren (Sprachfächer) der Verarbeitung, Vertiefung und ANwendung des Unterrichtsstoffes dienen.
  • möglichst ohne ausserschulischer Hilfe in angemessener Zeit bewältigt werden können. Falls dies nicht möglich, soll der Schüler am Folgetag den Lehrer um Hilfe fragen.
  • in den Unterricht einzubeziehen, und zumindest stichprobenweise regelmässig überprüft werden. Bei vereinzelten Schulen werden Hausaufgaben bei der Leistungsbeurteilung angemessen berücksichtigt.

In vereinzelten Ländern begrenzt man die Hausaufgaben mit Gesetzten. So dürfen die Lehrer des Deutschen Bundeslandes Hessen in der fünften Jahrgangsstufe den Schülern die Menge an Hausaufgaben gegeben werden, die in einer Stunde bewältigt werden können.

Pädagogische Erwägungen

„Derjenige Lehrer, welcher häusliche Aufgaben aufgibt, um sich in der Schule die Mühe zu sparen, verrechnet sich ganz; die Mühe wird ihm bald desto saurer werden.“ (Johann Friedrich Herbart, 1835) In Befragungen schätzen Lehrer, Schüler und insbesondere Eltern Hausaufgaben mit großer Mehrheit als nützlich oder sogar unbedingt notwendig ein. Wenn in einem Hauptfach keine Hausaufgaben gestellt wurden, muss der Lehrer mit Elternprotesten spätestens nach der ersten missglückten Klassenarbeit rechnen.

Wissenschaftliche Pädagogik und Lehrerausbildung schenken dem Thema Hausaufgaben vergleichsweise geringe Beachtung, wenn aber doch, dann wird gerne kritisiert, dass Hausaufgaben auch in der Praxis nicht die nötige Beachtung finden, weshalb unreflektierte, phantasielose Routine überwiegt.

Folgende Aspekte wurden oder werden problematisiert:

Funktion der Hausaufgaben

Hausaufgaben können über verschiedene Funktionen begründet werden:

  • didaktisch:
    • Einprägen und Üben des Stoffs (Dies ist der Standpunkt des Herbartianismus, den landesrechtliche Regelungen im Wesentlichen auch heute einzunehmen scheinen)
    • Zu selbständigem Denken und Arbeiten anregen
    • Unterricht vorbereiten
  • methodisch-unterrichtsorganisatorisch:
    • zeitaufwändige Teile des Lernprozesses aus dem 45-Minuten-Raster herausnehmen
    • als Element der Binnendifferenzierung: im Gegensatz zum Klassenunterricht kann ein Schüler zu Hause individuell in seinem eigenen Tempo arbeiten
    • kaum genutzt wird die Möglichkeit, Schülern individuell unterschiedliche Aufgaben zu stellen
  • lern- und motivationspsychologisch:
    • zusätzliches Interesse und Eigeninitiative fördern
    • Selbstbestätigung ermöglichen
  • lerntheoretisch: Lernen lernen
  • erzieherisch:
    • zu Pflichterfüllung, Arbeitsethos, Selbstdisziplinierung, Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit erziehen
    • einer verfrühten „Arbeitnehmermentalität“, mit klarer Trennung von „Beruf“ und „Freizeit“, entgegenwirken

Diese Funktionen stehen teilweise im Widerspruch zueinander: mechanisches Üben kann Motivation und Interesse töten.

Die erzieherische Wirkung kann auch negativ beurteilt werden: Hausaufgaben erziehen zu Anpassung oder zu unehrlichem Verhalten.

Weitverbreitet ist der Brauch, den Umfang der Hausaufgaben vom Verhalten der Schüler im Unterricht abhängig zu machen; nicht zuletzt deshalb werden Hausaufgaben zumeist erst in den letzten Minuten der Unterrichtsstunde gestellt. Unterrichtsorganisatorisch lässt sich das jederzeit rechtfertigen; wenn die disziplinierende Wirkung im Vordergrund steht, rücken Hausaufgaben jedoch in bedenkliche Nähe verbotener Kollektivstrafen.

Besonders problematisch ist auch, daß für die Erledigung der Hausaufgaben die häuslichen Bedingungen oft gar nicht oder nur unzureichend gegeben sind. So werden Kinder systematisch benachteiligt.

Unterstützung durch Eltern

Hausaufgabenbetreuung durch die Eltern ist weit verbreitet und je nach Alter der Schüler vielleicht auch erwünscht; der Lehrer muss in jeder Alterstufe damit rechnen, darf sich aber keineswegs darauf verlassen. Die Formen der Elternhilfe reichen von reiner Kontrolle bis zu inhaltlicher Mitarbeit.

Contra Hausaufgaben wird argumentiert, dass Elternhilfe, wie auch die übrigen häuslichen Bedingungen, unter denen Hausaufgaben angefertigt werden, die Chancenungleichheit verstärkt.

Pro Hausaufgaben wird argumentiert, dass sie eine wichtige, oft die einzige Verbindung der Eltern zur Schule herstellen.

Hausaufgabenhilfe anderswo überschneidet sich mit (von den Eltern) bezahlter Nachhilfe oder ist ein klassisches Ehrenamt.

Zeitliche Belastung

Die zeitliche Belastung durch Hausaufgaben wird seit dem Ende des 18. Jahrhunderts diskutiert; 1829 legte Preußen erstmals Obergrenzen fest.

Daß man sie oft in der lernbiologisch ungünstigsten Zeit am frühen Nachmittag erledigt, belastet auch.

Alternative: Integration in die Schule

Hausaufgaben sind eine Begleiterscheinung der Halbtagsschule; schon aus Gründen der zeitlichen Belastung sind Hausaufgaben an Ganztagsschulen regelmäßig nicht vorgesehen. Sozialkritische Argumente contra Hausaufgaben können deshalb als Argumente pro Ganztagsschule angeführt werden; diese Argumentation dürfte tatsächlich erheblichen Anteil daran gehabt haben, dass Gesamtschulen in den 1970er Jahren ganz überwiegend als Ganztagsschulen gegründet wurden.

Demgegenüber sieht die Realität in Ländern mit flächendeckender Ganztagsschule, wie zum Beispiel Frankreich, oft so aus, dass die Schüler nach 17 Uhr nach Hause kommen und dann der Form nach vielleicht nicht "Hausaufgaben" erledigen, aber doch Schulstoff aufarbeiten und üben.

Literatur

  • Der Mathematikunterricht 35.3 (1989): Themenheft „Hausaufgaben“
  • Neubauer, Annette: Frau Ulkig oder Wie man Hausaufgaben richtig macht, Albarello-Verlag 2005, ISBN 3-86559-006-3
  • Dawna Markova, Anne R. Powell: Hausaufgaben ohne Stress., Urania-Ravensburger, Berlin, 2000.
  • Britta Kohler: Hausaufgaben; Helfen – aber wie? Beltz , Weinheim und Basel, 1998.
  • Carola Engler: So machen Hausaufgaben Spaß. Südwest,
  • Bernhard Wittmann: Vom Sinn und Unsinn der Hausaufgaben, Neuwied 1970

Siehe auch

Wiktionary: Hausaufgabe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen