Russifizierung
Der Ausdruck Russifizierung bezeichnet den Versuch, eine möglichst einheitliche russischsprachige Bevölkerung zu schaffen. Im Russischen Reich gab es bestimmte Sprach- und Schulgesetze, um zwangsweise andere Sprachen zu verdrängen. In der Sowjetunion gab es eine sanftere, aber nachhaltigere Russifizierungspolitik.
Im Russischen Reich stand die Russifizierung auch in Verbindung mit dem Panslawismus, der den slawischen Charakter Russlands betonte und dessen Führungsrolle in der slawischsprachigen Welt proklamierte. Diese Bemühungen sind im gesamten 19. Jahrhundert zu beobachten, intensivierten sich aber etwa um 1890 parallel zum Nationalismus in Südost-, Mittel- und Westeuropa. Unter den Kaisern Alexander III. und Nikolaus II. stützte sich die Russifizierung wirksam auf die Armee und Verwaltung.
Besonders betroffen waren die Gegenden am westlichen und südlichen Rand des Reiches: die Ostseegouvernements (Estland, Livland und Kurland), Finnland, Polen ("Kongresspolen", wo diese Bemühungen schon nach der Niederschlagung des Aufstandes von 1863 einsetzten), Litauen, Weißrussland (Gouvernements Minsk, Witebsk, Mohilew), die Gebiete im Kaukasus (Georgien, Aserbaidschan, Armenien) und Zentralasien. Eine Folge war auch die Umgestaltung nichtrussischer Namen in russisch klingende, zum Beispiel Sankt Petersburg in "Petrograd".
In der gesamten Sowjetunion war Russisch Amtssprache. Außerdem wurden russische Wörter über Kinofilme, Fernsehen und Rundfunk verbreitet und fanden oft Eingang in die Umgangssprache. Es galt allgemein als besonders „zivilisiert“, wer russisch sprach. Die Durchdringung mit russischen Wörtern ging sogar so weit, dass beispielsweise noch heute viele Armenier alltägliche Begriffe wie Küche, Wurst usw. auf russisch benennen und nicht auf armenisch, weil ihnen das gekünstelt erschiene.