Zum Inhalt springen

Schlacht bei Jena und Auerstedt

Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. November 2006 um 21:48 Uhr durch 84.168.130.89 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Schlacht

Schlachtsituation am 14. Oktober um 10:00 Uhr
Schlachtsituation am 14. Oktober um 14:00 Uhr

Die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt (auch Auerstädt in älteren Quellen) fand am 14. Oktober 1806 in der Nähe der beiden Orte Jena und Auerstedt in Thüringen bzw. Sachsen-Anhalt statt.

Die preußische Armee erlitt eine schwere Niederlage gegen die französischen Truppen unter Napoleon. Napoleon selbst schlug am 14. Oktober 1806 mit seiner Hauptarmee die preußisch-sächsische Armeeabteilung Hohenlohe bei Jena, während zur gleichen Zeit Marschall Davout mit seinem Korps die ihm zahlenmäßig deutlich überlegene preußische Hauptarmee unter dem Herzog von Braunschweig, der gleich zu Beginn der Schlacht schwer verwundet wurde, bei Auerstedt schlagen konnte.

Vorgeschichte

Nach Napoleons Sieg über die verbündeten Heere Russlands und Österreichs in der Schlacht bei Austerlitz hatte sich das Gesicht Europas grundlegend verändert. Die französischen Truppen hatten sich in Italien und im westlichen Deutschland festgesetzt und sich damit – entgegen der Empfehlungen seines Außenministers Talleyrand – dem Risiko weiterer Kriege ausgesetzt. Dennoch hatte sich nach dem am 26. Dezember 1805 geschlossenen Frieden von Pressburg eine gewisse Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in Europa verbreitet. Durch die Übertragung des britischen Hannovers an Preußen schien eine preußisch-französische Annäherung greifbar, und nach dem Tod William Pitts übernahm der gemäßigtere Whig Charles Fox das Amt des britischen Premierministers. Doch die Erwartungen auf einen dauerhaften Frieden wurden schon bald enttäuscht. Die im Mai 1806 begonnenen Verhandlungen zwischen England und Frankreich scheiterten letztlich am Widerstand Preußens gegen die von Napoleon vorgeschlagene Aufteilung Deutschlands (Friedrich Wilhelm III. war ein Kaisertum über die norddeutschen Staaten angetragen worden) und an dem französischen Vorschlag, Hannover doch an England zurückzugeben. Das preußische Ultimatum vom 26. August 1806, Napoleon solle seine Truppen bis zum 8. Oktober über den Rhein zurückführen, veranlaßten diesen schließlich zum Handeln.

Voraussetzungen

Die preußische Armee hatte sich seit den Kriegen Friedrichs II. nicht wesentlich weiterentwickelt. Sie hielt an der starren Ordnung der Linientaktik fest, versäumte die Einrichtung eines modernen Generalstabes und teilte die Truppen erst kurz vor dem Krieg in Divisionen ein. Die Erfahrungen aus den Feldzügen am Rhein (1792-95) und in Polen (1794/95) waren von der alten Generalität größtenteils verdrängt worden, während die fortschrittlichen Offiziere nicht genügend Einfluss im Heer besaßen. Außerdem handelte es sich in Preußen um ein stehendes Heer alten Typs, in dem die Soldaten so lange dienten, bis sie dienstuntauglich wurden, was bei Soldaten und Offizieren zu einer starken Überalterung geführt hatte. Auch die Ausrüstung war mangelhaft, da an vielen Gegenständen, als Ergebnis der Kompaniewirtschaft, gespart wurde. Das napoleonische Heer war kriegserfahren und durch die vorangegangenen Siege hoch motiviert. Es bestand aus jährlich ausgehobenen Rekruten, also Wehrpflichtigen. Taktisch waren diese Truppen auf dem Stand ihrer Zeit, indem sie flexibel Schützentaktik, Kolonnentaktik und Linientaktik kombinierten. Ein flexibleres Bagage- und Verpflegungssystem machte das französische Heer beweglicher und schneller. Deren Subalternoffiziere hatten keine Pferde geschweige denn Kutschen; die Soldaten hatten dicke Mäntel anstelle von Zelten. Die Franzosen requirierten (gegen Quittung) vor Ort; die Preußen hatten einen Verpflegungsfuhrpark. Die Franzosen waren also nicht durch einen umständlichen Tross behindert und hatten eine deutliche höhere Marschgeschwindigkeit.

Der Feldzug bis zu den Schlachten

Napoleon stieß mit seinen Truppen vom Main aus durch Thüringen auf die preußische Hauptstadt Berlin vor. Dadurch hoffte er, die preußische Armee zu einer Schlacht zwingen zu können und gleichzeitig die Sachsen von ihren Verbindungslinien abzuschneiden. Die verbündeten Preußen und Sachsen hatten sich westlich der Saale versammelt, um in der Lage zu sein, flexibel auf Napoleons Angriff reagieren zu können, egal ob er östlich oder westlich des Thüringer Waldes erfolgen würde. Als sie von dem Vormarsch Napoleons aus Bayern erfuhren, entstand unter den Oberbefehlshabern ein zeitraubender Streit, ob ihre Kräfte besser westlich (Konzentration der bei Eisenach, Erfurt und Weimar stehenden Teilarmeen) oder östlich der Saale zu sammeln seien, um die Wege nach Berlin und Dresden zu decken. Prinz Louis Ferdinand von Preußen sollte mit einer Vorhutabteilung den Saaleübergang bei Saalfeld decken. Am 10. Oktober wurde dieses Korps in der Schlacht bei Saalfeld aufgerieben, wobei der Prinz selbst fiel.

Die Truppen Napoleons gingen nun insbesondere östlich der Saale nach Norden vor, während sich die Verbündeten auf der westlichen Seite des Flusses sammelten. Am 12. Oktober beschlossen sie, einer Schlacht vorerst auszuweichen und mit der Hauptarmee schnell nach Norden zu ziehen, um nicht von Berlin abgeschnitten zu werden. Das Korps des preußischen Generals Friedrich Ludwig Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen blieb bei Jena stehen, um den Marsch der Hauptkräfte unter Führung des Herzogs von Braunschweig in Richtung auf die Saaleübergänge bei Naumburg zu decken.

Auch Napoleons Aufklärung versagte in diesen Tagen völlig. Er war sich nicht im klaren darüber, wo sich die Streitmacht der Verbündeten befand; er vermutete sie bei Gera. Schließlich entdeckte er preußische Truppen in Jena. In der Annahme, dass dies die verbündete Hauptarmee sei, konzentrierte Napoleon seine Korps vor Jena und besetzte die Stadt sowie die wichtigen Höhen. Um dem Gegner den Rückzug abzuschneiden, entsandte er zwei Korps (Davout und Bernadotte), welche die Saale weiter nordwärts überschreiten sollten. Als am nächsten Morgen der Kampf begann, stand Napoleons Hauptarmee nur das Korps Hohenlohe gegenüber, während 22 km in nordöstlicher Richtung bei Hassenhausen das französische Korps Davout unvermutet auf die versammelte preußisch-sächsische Hauptarmee stieß. (Bernadotte stand mit seinem Korps zwischen Jena und Auerstedt, aber da er persönliche Differenzen mit Davout hatte und ihn keine Befehle Napoleons erreichten, griff er in keine der beiden Schlachten ein.)

Karte der Schlacht bei Jena 14. Oktober 1806

Die Schlacht bei Jena

Die Schlacht bei Jena begann am 14. Oktober 1806 um etwa 6.00 Uhr morgens. Rund 53.000 Preußen – 38.000 davon unter dem Befehl Hohenlohes und 15.000 unter dem Befehl Ernst von Rüchels – und an die 95.900 französische Soldaten standen sich gegenüber.

Napoleon befahl, die vorgeschobenen preußisch-sächsischen Stellungen erst bei den Dörfern Lützeroda und Closewitz und danach bei Rödigen und Lehesten anzugreifen. Es gelang den französischen Truppen, diese Einheiten von dem nebeligen Schlachtfeld abzudrängen.

Die Truppen Hohenlohes formierten sich gegen 9.00 Uhr mit Front in Richtung des Dorfes Vierzehnheiligen und marschierten gegen 9.30 Uhr nach Vierzehnheiligen, das sie etwas später einnahmen, allerdings bald darauf wieder an die französische Infanterie verloren.

Auf Befehl Hohenlohes rückten die preußisch-sächsischen Truppen nahe an Vierzehnheiligen heran und beschossen es. Diese Stellung wurde eineinhalb Stunden, in denen die französische Infanterie und Artillerie auf die Truppen Hohenlohes feuerte, beibehalten. Diese Linie wurde ausgedehnt, um die Franzosen, die andauernd Nachschub erhielten, im Dorf einzukreisen. Die Frontlinie riss beim Angriff der französischen Infanterie auseinander, woraufhin Hohenlohe den Rückzug befehlen musste, der aber, als die Kavallerie unter Joachim Murat angriff, zu einer panischen Flucht führte.

Das Korps Rüchels, das gegen 13.00 Uhr auf dem Schlachtfeld eintraf, konnte noch einmal Schlimmeres abwenden, obwohl auch er bei Kapellendorf empfindliche Verluste erlitt. Insgesamt wurden ca. 10.000 preußische und sächsische Soldaten getötet oder verwundet und weitere 10.000 gefangengenommen. Die Franzosen hingegen hatten nur etwa 7.500 Tote oder Verwundete zu verzeichnen. 15 Kilometer weiter nördlich kämpften unterdessen 27.300 Franzosen unter Marschall Louis-Nicolas Davout gegen ca. 49.800 Preußen unter Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig.

Die Schlacht bei Auerstedt

Karte der Schlacht bei Auerstedt 14. Oktober 1806

Die preußische Kavallerie umfasste in der Schlacht bei Auerstedt 8.800 Reiter, die französische hingegen nur 1.300. Außerdem verfügten die Preußen über 230, die Franzosen dagegen nur über 44 Kanonen. Allerdings waren die Befehlshaber beider Seiten über die gegnerische Stärke im unklaren. Das Schlachtfeld war mit unerwartet dichtem Nebel verschleiert. Das preußische Heer war durch das Überqueren der Ilm über die einzige Brücke in lange Reihen auseinandergezogen. Die Franzosen trafen somit bei Hassenhausen zuerst auf die Vorhut.

Französische Truppen eroberten das Dorf Hassenhausen, während preußische Truppenverbände um ca. 9.00 Uhr die Franzosen nördlich der Chaussee nach Kösen angriffen. Davout befahl seinem 21. Infanterieregiment, die Stellungen in Hassenhausen und dem 12. Regiment seinen linken Flügel zu verstärken. Kurz danach wurde der Herzog von Braunschweig am Kopf getroffen, woraufhin er sein Augenlicht verlor. Da kein neuer Oberbefehlshaber ernannt wurde, um den Herzog zu ersetzen, gab es auf preußischer Seite keine einheitliche Kampfführung mehr. Jeder Offizier blieb sich in taktischen Fragen selbst überlassen, was man im preußischen Heer nie geübt hatte.

Nach weiteren Kämpfen ordnete Preußens König Friedrich Wilhelm III. am Nachmittag schließlich den Rückzug an, der, anders als bei Jena, geordnet, wenn auch führerlos ablief. Man versuchte die französischen Truppen im Norden zu umgehen und den Weg nach Berlin zu verlegen; was jedoch misslang, da die französischen Korps schneller nach Norden vorstoßen konnten. 10.000 Preußen wurden getötet oder verwundet, 3.000 gerieten in Gefangenschaft. Die Franzosen hatten 7.420 Soldaten verloren.

Nachwirkungen

Napoleon zieht am 27. Oktober 1806 an der Spitze seiner Truppen in Berlin ein. Historiengemälde von Charles Meynier, 1810

Die Niederlagen waren zwar bitter für die preußisch-sächsische Armee, doch sie allein führten noch nicht zu einer Katastrophe. Erst auf dem Rückzug gerieten die Truppen in ein Durcheinander, in dem keine geordnete Befehlsführung mehr möglich war. Ein großer Teil der gepressten Söldner desertierte. Während dieses Rückzugs wurden die Soldaten von den französischen Truppen rücksichtslos verfolgt und zersprengt. Nur wenigen Abteilungen gelang ein geordneter Rückzug, bei dem sich vor allem Blücher und Scharnhorst auszeichneten, bis hinter die Oder und die Weichsel, wo sie von preußischen Reservetruppen aufgenommen wurden. Innerhalb weniger Wochen wurden, bis auf wenige Ausnahmen, fast alle preußischen Festungen von den Franzosen eingenommen. Die meisten kapitulierten vorschnell und kampflos; gegen ihre (meist überalterten) Kommandanten wurden nach Kriegsende Militärgerichtsverfahren eingeleitet, die teilweise sogar mit der Todesstrafe endeten. Auch Berlin wurde besetzt, nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm III. samt Familie nach Ostpreußen geflohen war.

Trotzdem ging der Krieg weiter. Mit den verbliebenen Truppen setzte Preußen den Kampf an der Seite der russischen Armee fort. Dabei erzielten sie unter General Anton Wilhelm von L'Estocq sogar örtliche Erfolge, wie z.B. in der Schlacht bei Heilsberg. Erst nach weiteren blutigen Schlachten (z.B. die Schlacht bei Preußisch Eylau) wurde der Krieg endlich beendet. Als Napoleon am 21. Juni 1807 einen Waffenstillstand mit Russland schloss, hatte er – bis auf England, Schweden und das Osmanische Reich – sämtliche europäische Staaten erobert oder mit Verträgen an sich gebunden. Nur wenige Wochen später kam es am 9. Juli zum Frieden von Tilsit, in dem festgelegt wurde, dass Preußen die Hälfte seines Staatsgebietes abtreten und 120 Millionen Francs an die Franzosen zahlen musste. Außerdem durfte die Stärke seiner Armee nur noch 42.000 Mann betragen.

Doch diese katastrophale Niederlage machte Preußen den Weg frei für weitgreifende Reformen im Militär- und Bildungswesen, sowie im Landrecht. Diese führten dazu, dass Preußen 1813 wieder in der Lage war, gegen Napoleon zu kämpfen. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde Preußen wieder eine Großmacht in Europa.

Gedenkveranstaltung

Aus Anlass des 200. Jahrestages der Doppelschlacht wurde die Schlacht am 14. Oktober 2006 von 14 bis 16 Uhr mit 1.600 Teilnehmern auf einem 600 m mal 800 m großen, umzäumten Gelände nahe der Ortschaft Cospeda nachgestellt. Der Schau-Effekt für die Zuschauer war beträchtlich, ein realistisches Bild des Kampfes von 120.000 Menschen auf einem 6 km mal 8 km großen Areal entstand aber nicht. Trotz Erläuterungen durch einen Sprecher blieben die Bewegungen unverständlich. (Fotos siehe Weblinks)

Siehe auch

Literatur

Moderne Analysen

  • Arnaud Blin: Iéna. Octobre 1806, Paris, Perrin, 2003, ISBN 2-262-01751-4
  • Gerd Fesser: Umbruch im Schatten Napoleons: die Schlachten von Jena und Auerstedt und ihre Folgen, Jena 1998, ISBN 3-9804590-9-8 – Ergebnisse eines wissenschaftliches Kolloquiums, Jena 15./16. November 1996. Hier auch Hinweise auf weiterführende Literatur.
  • Holger Nowak / Birgitt Hellmann / Günther Queisser / Gerd Fesser: Lexikon zur Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806: Personen, Ereignisse, Begriffe. Jena 1996
  • Gerd Fesser: Jena und Auerstedt: der preußisch-französische Krieg von 1806/07. Jena 1996, ISBN 3-931743-07-1
  • Olaf Jessen: Preußens Napoleon? Ernst von Rüchel. 1754-1823. Krieg im Zeitalter der Vernunft. Paderborn u. a. 2006, ISBN 3-506-75699-0

Ältere Darstellungen

  • F. N. Maude: The Jena campaign, 1806. Reprint der Ausgabe London 1909, London 1998, ISBN 1-85367-310-2
  • F. Loraine Petre: Napoleon's conquest of Prussia 1806. Reprint der Ausgabe London 1907, London 1993, ISBN 1-85367-145-2

Augenzeugenberichte

Anekdoten

  • Heinrich von Kleist : Anekdote aus dem letzten preußischen Kriege. Anekdoten, erschienen 1810–1811 in den Berliner Abendblättern