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Systems Engineering

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Systems Engineering ( oder Systems Design Engineering, s.a. Operations Research oder Systementwicklung) ist ein interdisziplinärer Ansatz um erfolgreich Systeme zu entwickeln und zu realisieren. Im Mittelpunkt stehen hierbei zum Einen, die Kundenwünsche, beziehungsweise die gewünschten Funktionalitäten, früh in den Entwicklungszyklus einfließen zu lassen und zum Anderen, Design–Synthese und System–Überprüfung durchzuführen und dabei insbesondere das gesamte Problem (Betrieb, Kosten, Zeitplan, Performance, Weiterbildung und Support, Test, Produktion und Wiederverwertung) zu berücksichtigen.

Systems Engineering integriert all diese Ingenieursdisziplinen und Fähigkeiten in einen einheitlichen, teamorientierten, strukturierten Prozess. Dieser Prozess wird hierbei von der Konzeption über die Produktion bis hin zum Betrieb und in manchen Fällen bis zum Abbau bzw. zur Wiederverwertung angewandt. Systems Engineering ist verantwortlich dafür, alle diejenigen Funktionen zu integrieren, die von firmenexternen Spezialisten geleistet werden, da es nicht notwendig erscheint, solche Spezialisten voll zu beschäftigen.

Idealerweise bedenkt Systems Engineering technische und wirtschaftliche Notwendigkeiten aller Kunden mit dem Ziel, dem Kunden ein Produkt zu übergeben, das dessen Vorstellungen trifft. In der Praxis sind oft die Kundenwünsche, der Preis und der Zeitplan nur schwierig vereinbar. Eine Aufgabe ist es daher, die Grenzen für die Kosten, Zeitplan und Produzierbarkeit zu bestimmen.[1]

Systems Engineering beruht darauf, dass ein System mehr als die Summe seiner Subsysteme bzw. Teile ist, somit ist es auch nicht sinnvoll diese separat zu betrachten. Daher war Systems Engineering traditionell die Aufgabe des Projektmanagers, der für die Koordination dieser großen komplexen Projekte verantwortlich ist. Es wurde im englischsprachigen Raum ein Synonym für die Entwicklung des ganzen Produkts (Hardware, Software, Service) und zusätzlich notwendiger Systeme (z. B. das Testsystem oder die Maschine zur Herstellung des Produkts). Diese Rolle wurde zuletzt durch die Mensch-Computer-Interaktion (MCI) und die Wiederverwertung ergänzt.

Der System Ingenieur wird benötigt, da sich ein Hardware-Ingenieur (mehr oder weniger) mit der Hardware und ein Software-Ingenieur (mehr oder weniger) mit der Software beschäftigt und diese daher wenig Zeit haben bzw. ihnen die Qualifikationen fehlen, um sich intensiv mit der optimierten Lauffähigkeit der Software auf der Hardware zu beschäftigen oder dass das ganze System mit seinen Elementen möglichst gut mit seiner Umgebung, insbesondere der Benutzer, interagiert bzw ob es wie geplant genutzt werden kann.

Um das ganze System beschreiben zu können ist es wichtig durchgängige Methoden für Entwicklung und Analyse auf System– und Softwareebene zu finden. Eine Möglichkeit besteht in der Nutzung von SysML, welches auf der der Grundlage von UML entwickelt wurde um komplexe Systeme entwickeln und kontrollieren zu können.[2]


„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“

Aristoteles, (384-322 v. Chr.)

Überblick

Methoden und Aufgaben des Systems Engineering sind

Geschichte

Der erste bedeutende Einsatz von „Systems Engineering“ fand in der Telefonie statt. Die verschiedenen Teile des Telekommunikationssystems müssen sehr gut interagieren (zusammenarbeiten). Einen sehr guten Überblick über die Schnittstellen und Logikbausteine und deren Geschichte bietet "Digital Telephony" von John C. Ballamy. Zusätzliche Information zu diesem Thema bietet z.B. Newton's Telecom Dictionary. Stärker wurde es nach dem 2. Weltkrieg eingesetzt.

In der Raumfahrt wurde es nach den Fehlschlägen um die Europa-Raketen intensiv eingesetzt. Zu den Fehlschlägen kam es, da die verschiedenen Stufen ohne gemeinsame Koordination entwickelt wurden und diese somit nicht aufeinander abgestimmt waren. Daher wurde von den Franzosen bei der Entwicklung der Ariane-Rakete-Systems Engineering intensiv eingesetzt, was schließlich zu einem großen Erfolg der Rakete führte. Seitdem ist es in der Raumfahrt Standard, Systems-Engineering-Ingenieure einzusetzen. Durch immer komplexer werdenden Flugzeuge wird seit kurzem Systems Engineering auch im Flugzeugbau eingesetzt.

Geltungsbereich

Neuerdings akzeptiert die Industrie, dass das Entwickeln von großen und kleinen Systemen zu neuen Systeminformationen führen kann. Entscheidungen zu Beginn eines Projekts, dessen Auswirkungen noch nicht vollständig verstanden sind, können zu gewaltigen Auswirkungen am Ende des Projekts führen, und es ist eine Aufgabe des modernen System-Ingenieurs, diese Auswirkungen zu finden und kritische Entscheidungen zu treffen. Es gibt keine Methode, die garantiert, dass eine heute gemachte Entscheidung immer noch gültig ist, wenn ein System nach Jahren oder Jahrzehnten in die Wartung geht, aber es gibt Techniken, den Prozess des „Systems Engineering“ zu unterstützen. Beispiele für die Benutzung einfacher System-Methodenlehren sind Jay Wright Forrester's „System Dynamics“ Methoden und die Unified Modeling Language (UML), die ständig weiter entwickelt werden, um den „Engineering Process“ zu unterstützen.

„Systems Engineering“ beinhaltet oft die Modellierung und Simulation von Teilen des angenommenen Systems, um die Annahmen auszuwerten oder die Theorien weiterzuentwickeln. Zum Beispiel werden hoch komplexe Systeme wie Flugzeuge vor dem Flug modelliert und simuliert. Diese Art der initialen Modellentwicklung und Gleichungsbestimmung kann entwickelt werden, bevor das System physisch existiert. Das vereinfacht die teure und schwierige Fehlerbehebung und reduziert das Risiko eines Absturzes. Vorsichtiges anfängliches Testen und die Weiterentwicklung der Flugzeuge sind notwendig um ein sicheres und fortschrittliches Flugzeug zu entwickeln. „Systems Engineers“ testen und bestätigen das Verhalten des entwickelten Systems. Zum Beispiel bei medizinischen Maschinen, wie Herz- oder Lungenmaschinen, überprüfen sie das Zusammenwirken der unterschiedlichen Teile von verschiedenen Firmen. Dabei testen sie zum Beispiel, ob der Ausfall von einem Teil des Systems dem Patienten schaden kann, um eine solche Schwachstelle zu verstärken oder zu beseitigen. Ein anderes Arbeitsgebiet liegt bei Kommunikationssystemen oder Bank-Software, da in diesen Gebieten ein Fehler große Verluste oder eine Pflichtverletzung beinhalten kann. Tests von Teilsystemen oder der Einbau von Hilfstestfunktionen können oft Fehler beseitigen, die ansonsten dem Unternehmen teuer zu stehen kommen würden.

Mit Systems Engineering in Beziehung stehende Bereiche

Es ist offensichtlich, dass viele spezielle Bereiche oder Nischen innerhalb der Ingenieurwissenschaften mit den Teilbereichen des Systems Engineering in Berührung kommen. Die steigende Anzahl von komplexen und sehr unterschiedlichen Systemen erwirkt immer größere Überschneidung zwischen diesen Bereichen. Viele Teilbereiche begreifen ihre eigenen Leistungen nur als Teil der größeren Gebiete. In Wirklichkeit tragen viele dieser speziellen Entwicklungen einen deutlichen Anteil zur Weiterentwicklung und Forschung des Systems Engineering bei.

Softwareentwicklung

Die Softwareentwicklung hat jüngst geholfen Systems Engineering weiter zu entwickeln. Techniken, die ursprünglich entwickelt wurden um mit komplexen Software intensive Systemen umgehen zu können, haben geholfen große Änderungen bei den eingesetzten Tools, Methoden und Prozessen im SE zu verwirklichen (z.B. SysML, CMMI, Objektorientierte Analyse und Design, Requirements Engineering, Formale Methoden und Formale Sprachen Theorie).

Sicherheitstechnik

Sicherheitstechnik wird heute überall dort angewandt, wo Menschen große komplexe Ereignisse absichern wollen, damit diese Systeme keine Schäden auslösen können. Die meisten dieser Sicherheitstechnik dient nur dazu geplant mit Fehlern umzugehen.

Die momentanen Entwicklungsstandards, wie etwa die im Luftfahrt- oder Raumfahrtbereich oder in der Automobilindustrie, der Kerntechnik, der Medizintechnik oder dem Eisenbahnwesen, definieren Risikokategorien und Modelle für Sicherheitsebenen oder Sicherheitsanforderungsstufen und leiten daraus Anforderungen an die Entwicklung wie auch die Qualitätssicherung ab. Ein weiterer Bereich ist die Fehlerbaumanalyse (FTA), diese auch auf die Software fortzusetzen ist, trotz der Komplexität der Software, ein mögliches Ziel in der Entwicklung des Systems Engineering.

Reliability engineering

Reliability engineering (Ausfallsicherheitsentwicklung) ist eine Disziplin um sicherzustellen, dass ein System die Nutzer Erwartungen oder die Fehlerfreiheit während des Produktlebens erfüllt. Reliability engineering wird für das ganze System mit seiner Hard- und Software angewandt. Es ist stark mit der Wartbarkeit und der Logistik verknüpft. Reliability engineering wird oft mit Teilbereichen der Sicherheitstechnik angewandt, wie Ausfallverhalten und Fehlerbäume. Reliability engineering vertraut stark auf Statistiken, Wahrscheinlichkeitstheorie und Betriebssicherheitstheorie mit seinen Tools und Vorgängen.

Schnittstellendesign

Schnittstellendesign beschäftigt sich damit, die Teile eines Systems miteinander zu verbinden. Hierzu ist ein erfolgreich angewandtes Anforderungsmanagement (vrgl. Anforderungsanalyse) notwendig, um nicht vor unlösbaren Problemen bei der Integration einzelner Subsysteme zu stehen. Daher wird das Anforderungsmanagement auch beim Problemlösungszyklus angewandt um Notwendigkeiten aufgrund von Interaktionen mit anderen Elementen zu bestimmen. Beim Anforderungsmanagement können auch die Kommunikationsprotokolle bestimmt werden um die Interaktion zu fördern und nicht dadurch Probleme entstehen zu lassen.

Ein Beispiel hierfür ist, dass Signale die ein System verlassen zum Beispiel innerhalb einer Toleranz liegen sollen oder der Empfänger eine größere Signaltoleranz haben soll als der Sender, um das System hinreichend stabil zu halten.

  • Kommunikation ist ein wesentliches Element von Systemen. Ohne Kommunikation existiert kein System.

Mensch-Computer-Interaktion (Human-Computer Interaction HCI) ist ein anderer Aspekt des Schnittstellendesigns und es ist ein sehr vitaler Teil des modernen Systems Engineering, wenn man den User eines Systems betrachtet.

Kognitives „Systems Engineering“

Kognitives „Systems Engineering“ sieht den Menschen als Teil des Systems. Kognitives Systems Engineering hängt stark mit den Erfahrungen die über Jahrzehnte in den Anwendungen der beiden Teilbereiche Kognitive Psychologie und Systems Engineering gemacht wurden zusammen. Kognitives Systems Engineering hat sich stark auf das Erforschen der Interaktionen zwischen Mensch/Umwelt fokussiert, ebenso sollen Systeme entwickelt werden, die das menschliche Denken akzeptieren. Kognitives Systems Engineering arbeitet an den Punkten:

  • Probleme die durch die Umwelt auftreten
  • Notwendigkeit von Vermittlern (bei Beiden, Mensch und Software)
  • Interaktion der verschiedenen Systeme und Technologien um die Situation zu beeinflussen

Risikomanagement

Risikomanagement ist ein notwendiges Hilfsmittel des Systems Engineering, damit mögliche Gefahren von Entwicklungen abschätzbar werden und somit die Systementwicklung erfolgreich durchgeführt werden kann. Es kann somit zum Beispiel vermieden werden, dass die Auswirkungen einzelner Subsysteme zum Absturz des ganzen Systems führen.

Lehre

In Deutschland gibt es immer mehr Universitäten und Hochschulen, die Systems Engineers ausbilden. Ein Problem hierbei ist, dass Systems Engineering ein sehr breites Feld beinhaltet, so dass die Ausbildung von Universität zu Universität sehr unterschiedlich aussehen kann.

Siehe auch

Quellen

  1. INCOSE: Systems engineering: BoK Mai 2006
  2. Systems Modeling Language(Wikipedia): Website Mai 2006

Weiterführende Literatur

  • Daenzer, W. F.; Huber, F. (Hrsg.): Systems Engineering. Methodik und Praxis, 10. Auflage, Zürich: Verlag Industrielle Organisation 1999, 617 Seiten, ISBN: 3-85743-998-X
  • Rainer Züst, Systems Engineering, kurz und bündig, 1999, ISBN 3857439998
  • John C. Ballamy, Digital Telephony (Wiley Series in Telecommunications and Signal Processing), 2000, ISBN 0471345717

Hochschulen, die den SE-Abschluss anbieten

Systems Engineering wird an folgenden Institutionen in Deutschland ausgebildet:

International z.B.: