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Informelle Siedlung

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Eine Informelle Siedlung, auch Marginalsiedlung oder ungenauer Elendsviertel ist ein Teil einer Stadt, der sich hauptsächlich oder ausschließlich aus provisorisch gebauten Unterkünften zusammensetzt. In der Umgangssprache wird auch der Begriff Slum gebraucht, wobei jedoch mit diesem Wort traditionell heruntergekommene Stadtviertel der Kernstadt bezeichnet werden, während informelle Siedlungen vollkommen neue, ungeplante "Stadtviertel" am Stadtrand sind.

Informelle Siedlungen existieren in vielen Städten in den Entwicklungsländern. Die meisten haben nur zwischen 10 und 1000 Einwohnern, es gibt aber in einigen Großstädten auch Siedlungen mit weit über 100.000 Einwohnern. Comas etwa, ein Teil von Lima, hat knapp eine halbe Million Einwohner.

Meist entwickeln sich informelle Siedlungen in Entwicklungsländern nach dem folgenden Muster: Einige wenige Familien bauen spontan provisorische, aus Holz, Karton und Wellblech konstruierte Behausungen auf ein Gelände, das dem Staat oder einem Eigentümer gehört, der das Gelände nicht nutzt. Besonders im Fall von ungenutzten staatlichen Geländen werden diese Bewohner mangels Kontrollmöglichkeiten oft monatelang geduldet. Nach und nach spricht sich die neue Siedlung herum und wird von immer mehr Familien bevölkert, die Bevölkerungsdichte steigt. Gleichzeitig verbessert sich meist die Bausubstanz, so dass die Kerne der Siedlungen meist inzwischen Häuser aus Ziegelsteinen und teilweise sogar geteerte Straßen aufweisen, was teilweise auch daran liegt, dass es oft staatliche Projekte gibt, die die Infrastruktur in solchen Siedlungen gezielt verbessern, wie z.B. im Fall des brasilianischen Projektes Favela-Bairro und des argentinischen Promeba.

Datei:Comas Lima.jpg
Straße in Comas, einer Vorstadt von Lima. 2/3 der Bevölkerung von Lima wohnt im Gürtel der Pueblos Jovenes, der das ursprüngliche Lima umgibt.

Im Gegensatz zu einer verbreiteten Meinung haben informelle Siedlungen nur selten eine höhere Kriminalitätsrate als andere Stadtviertel. Dennoch sind einige der größeren Siedlungen gerade in eher entwickelten Ländern wie etwa Brasilien oft ein Ort, in dem Kriminelle ungesehen "untertauchen" können, und deswegen sind Drogenhandel und Waffenhandel oft in solchen Siedlungen konzentriert. Teilweise bilden sich dort Mafia-ähnliche Machtstrukturen heraus, die weder von der Polizei noch anderen staatlichen Organisationen effizient bekämpft werden können, da die Bewohner unter dem Druck einer solchen Organisation stehen. Durch den Bau von Kulturzentren, Gemeindesälen, der Gründung von Tanzgruppen u.a. versucht der Staat daher oft, über andere Wege Kontakt mit der Bevölkerung aufzunehmen und auf diesem Weg die Organisationen auszuhebeln, was jedoch ebenfalls nicht immer gelingt.

Informelle Siedlungen haben in verschiedenen Ländern verschiedene Charakteristika und eigene Namen: In Argentinien heißen sie Villa Miseria, in Brasilien Favela, in Peru Pueblos Jovenes und Asentamientos Humanos (siehe auch Barriadas), in Ecuador Invasiones und in der Türkei Gecekondus.