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Euglenida

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Euglenoida (=Euglenida)

Euglena
(1) Geißel, (2) Augenfleck, (3) Stärkekörnchen, (4) Chloroplasten, (5) Vakuole, (6) Zellkern
Vorlage:Taxonomy
Klassifikation: Lebewesen
Domäne: Eukaryoten (Eucaryota)
Vorlage:Regnum: Protisten (Protista)
Vorlage:Phylum: Euglenozoa
Wissenschaftlicher Name
Euglenoida

Die Euglenoida bilden eine Klasse eukaryotischer Einzeller, mit etwa 1000 bekannten Arten, die weltweit verbreitet und nahezu in jedem Habitat zu finden ist. Die bekannteste Gattung stellen die Augentierchen (Euglena) dar. Sie vereinen in einzigartiger Weise tierische und pflanzliche Eigenschaften.

Verbreitung

Ein Großteil der Euglenoiden lebt im flachen Süßwasser, das reich an organischem Material ist. Einige Arten leben im Meer oder Brackwasser und wenige haben eine parasitische Lebensweise. Sie besiedeln sogar Extremstandorte wie Schnee und Salzseen.

Unter bestimmten Bedingungen kommen einige Vertreter, zum Beispiel Euglena sanguinea, in so großen Massen vor, dass sie eine Wasserlache rot oder grün anfärben.

Lebensweise

Euglenoida haben längliche Zellen und besitzen meist ein oder zwei Flagellen, mit denen sie schwimmen können. Sie können aber auch auf Oberflächen kriechen.

Die Euglenida besitzen keine Zellwand, sondern eine Pellikula. Sie besteht aus einer Zellmembran und einer darunter liegenden eiweißhaltigen Schicht, die je nach Art unterschiedlich dick sein kann. Darunter befinden sich Mikrotubuli als Cytoskelettelemente. Dadurch ist ihre Oberfläche nicht eben, was bei höherer Auflösung bereits unter dem Lichtmikroskop als spiralige Streifen zu sehen ist.

Am vorderen Zellende stülpt sich die Pellikula zum Kanal-Komplex ein, der der Aufnahmen von Nährstoffen dient (Zellmund). In ihrer Nähe befindet sich ein pulsierendes Bläschen (kontraktile Vakuole), das überschüssiges Wasser, das durch Osmose aufgenommen wurde, wieder abpumpt.

Die grüne Farbe bei vielen Arten wird durch Chlorophylle (Chlorophyll a und b) der Chloroplasten verursacht, mit deren Hilfe sie Photosynthese betreiben (phototrophe Ernährung). Photosyntheseprodukte werden als Paramylonkörner gespeichert.

Es gibt aber auch Formen, die osmotroph von im Wasser gelösten organischen Stoffen leben (heterotrophe Ernährung). Eine dritte Gruppe wiederum umfasst Arten, die sogenannte Ingestionsapparate besitzen, mit deren Hilfe sie in der Lage sind, partikuläre Beute, wie beispielsweise andere Einzeller, aufzunehmen und zu verdauen (Phagotrophie).

Die Vermehrung erfolgt durch Längsteilung. Eine sexuelle Fortpflanzung konnte bisher nicht beobachtet werden.

Sekundäre Endosymbiose

Die Evolutionsgeschichte der Euglenoida gehört zu den faszinierendsten Kapiteln der Entwicklungsgeschichte des Lebens. Aus cytologischen und molekularbiologischen Befunden wird Folgendes geschlossen: Zunächst setzte sich das Taxon ausschließlich aus phagotrophen Arten zusammen. Ein Vertreter dieser Gruppe „fraß“ eines Tages eine Grünalge, die jedoch nicht verdaut wurde, sondern in ihm erhalten blieb. Auch im weiteren Verlauf der Entwicklung, während der Vermehrung des Euglenoida durch Zellteilung, blieb diese Grünalge erhalten, indem sie sich ebenfalls vermehrte und ihre Nachkommen in den Tochterindividuen fortlebten. Schließlich verloren die Grünalgen einen Teil ihrer Selbständigkeit und wurden als zelleigene Chloroplasten etabliert. Dieser Vorgang wird als sekundäre Endocytobiose bezeichnet, weil nach der Endosymbiontentheorie die Grünalgen selbst schon durch Endosymbiose entstanden sein sollen: Endosymbiontische Cyanobakterien haben sich demnach in Wirtszellen unter Aufgabe eines Teils ihrer Autonomie zu Chloroplasten entwickelt. Die Endosymbiose der Grünalgen in Euglenoida ist danach also eine zweite Stufe der Endosymbiose. Für diese Annahme lassen sich viele Hinweise finden: Die Chloroplasten der phototrophen Augentierchen sind von drei Hüllmembranen umgeben und nicht von zwei Membranen wie bei Grünalgen und Pflanzen. Molekularbiologische Untersuchungen zeigen zudem eine nahe Verwandtschaft der Chloroplasten-Gene zu entsprechenden Genen der Grünalgen. Die Euglenoida selbst, repräsentiert durch ihre Zellkerne, sind aber eindeutig mit den übrigen, nicht phototrophen Vertretern der Euglenozoa verwandt. Nachdem die Photosynthese innerhalb der Gruppe etabliert war, haben einige dieser phototrophen Arten ihre Chloroplasten wieder reduziert oder komplett verloren. Nur durch molekular-systematische Untersuchungen lassen sich diese Verwandtschaftsverhältnisse rekonstruieren.

Systematik

Zusammen mit den Diplonemida und den Kinetoplastida werden sie in der modernen Systematik im Stamm der Euglenozoa zusammengefasst. Die „harmlosen“ Euglenoida sind mit den Kinetoplastida, die hochpathogene Krankheitserreger wie Trypanosoma und Leishmania enthalten also nahe verwandt.

Gattungen

Innerhalb der Euglenida findet eine Aufspaltung in zwei Gruppen statt: Eine Gruppe umfaßt dabei die phototrophen und diejenigen osmotrophen Taxa, die ihre Chloroplasten sekundär wieder verloren haben. Zusammen mit Peranema trichophorum, einer phagotrophen Art, die in der Lage ist eukaryotische Zellen aufzunehmen, bilden die Taxa dieser Gruppe ein Monophylum.

Die zweite Gruppe, deren Evolution unabhängig von den phototrophen Taxa verlief, wird aus primär osmotrophen Vertretern gebildet. Die Arten innerhalb dieses Monophylums zeigen keine Hinweise auf einen sekundären Verlust von Plastiden.

Einige phototrophe Gattungen der Euglenoida sind Euglena, Phacus, Trachelomonas, Lepocinclis, Eutreptia und Eutreptiella.

Einige heterotrophe Gattungen der Euglenoida sind Distigma, Menoidium, Parmidium, Astasia und Rhabdomonas.

Einige phagotrophe Gattungen der Euglenoida sind Anisonema, Notosolenus, Peranema, Petalomonas, Entosiphon und Ploeotia.

Quellen

  • William Marande, Julius Lukeš und Gertraud Burger; 2005; Unique Mitochondrial Genome Structure in Diplonemids, the Sister Group of Kinetoplastids; American Society for Microbiology
  • Doz. U. Struck; WS 01/02; Vorlesung: Einführung in die Mikropaläontologie; Pal. München; http://141.84.51.10/geobio-center/pdfs/struck_altenbach/EinfuehrungundProkaryoten.pdf
  • Susanne Talke; 2000; Morphologische und molekularbiologische Untersuchungen zur Evolution der Euglenida; Dissertation zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld