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Intervall (Musik)

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Vorlage:MusikalischeIntervalle Der Begriff Intervall (v. lat.: intervallum = Zwischenraum) bezeichnet in der Musik den Tonhöhen-Abstand zwischen zwei nacheinander oder gleichzeitig erklingenden Tönen. Wenn es sich um zwei gleichzeitig erklingende Töne handelt (z. B. im Akkord), spricht man auch von einem harmonischen Intervall, bei zwei aufeinanderfolgenden Tönen von einem melodischen Intervall.

Überblick

Die Namen der Intervalle sind von den lateinischen Ordnungszahlen abgeleitet. Sie folgen nicht etwa der Anzahl Halbtonschritte zwischen den beiden Tönen (denn so sind die Intervalle historisch nicht entstanden), sondern der Anzahl der Tonschritte innerhalb einer diatonischen Tonleiter (z. B. Dur, Moll, oder eine andere Kirchentonleiter), wobei der erste Ton mitgezählt wird:

Abstand in Halbtönen Name des Intervalls Anzahl vom ersten Ton aus gezählter Tonschritte
in einer diatonischen Tonleiter (daher der Name)
0 Prime I. Stufe
1 kleine Sekunde II. Stufe
2 große Sekunde
3 kleine Terz III. Stufe
4 große Terz
5 Quarte IV. Stufe
6 Tritonus *)
7 Quinte V. Stufe
8 kleine Sexte VI. Stufe
9 große Sexte
10 kleine Septime VII. Stufe
11 große Septime
12 Oktave VIII. Stufe
13 kleine None (=Oktave+Sekunde) IX. Stufe
14 große None
15 kleine Dezime (=Oktave+Terz) X. Stufe
16 große Dezime
17 Undezime (=Oktave+Quarte) XI. Stufe
18 Oktave + Tritonus *)
19 Duodezime(=Oktave+Quinte) XII. Stufe
20 kleine Tredezime (=Oktave+Sexte) XIII. Stufe
21 große Tredezime
*) Der Tritonus ist in Dur und reinem Moll vom Grundton aus gerechnet nicht enthalten. In anderen Tonleitern (z. B. Lydisch) die 4. Stufe ("übermäßige Quarte") oder (z. B. Lokrisch) die 5. Stufe ("verminderte Quinte")

Reine, große, kleine, übermäßige und verminderte Intervalle

Prime, Quarte, Quinte und Oktave sind reine Intervalle, während Sekunde, Terz, Sexte und Septime jeweils in kleiner oder großer Form (von einem Halbton Größenunterschied) existieren.

Durch Vergrößerung um einen Halbton werden reine und große Intervalle übermäßige, durch Verkleinerung um einen Halbton werden reine und kleine Intervalle verminderte Intervalle. Die übrigen Intervalle sind erst klein, dann groß, dann werden sie übermäßig. Oder sie sind erst groß, dann klein und dann vermindert.

Eher selten gebraucht werden die Bezeichnungen doppelt vermindertes bzw. doppelt übermäßiges Intervall. Diese entstehen, indem man ein bereits vermindertes Intervall um einen weiteren Halbton erniedrigt bzw. ein bereits übermäßiges Intervall um einen weiteren Halbton erhöht.

In der Harmonielehre (Akkordbezifferungen) sind Sekunden (2), Terzen (3) und Sexten (6) immer als große Intervalle, die Septime (7) als kleines Intervall definiert.

Intervalle (bis zur Septime) können umgekehrt werden, d. h. der unterste Ton kann um eine Oktave nach oben versetzt werden. Dabei bleiben reine Intervalle rein, kleine werden große und umgekehrt, verminderte übermäßige und umgekehrt. Kommt der obere Ton des Intervalls in der Dur-Tonleiter des unteren Tons vor, so ist das Intervall groß, bzw. rein.

Die Bezeichnung "rein" wird nicht nur wie oben beschrieben zur Bezeichnung der unveränderten Intervalle im Gegensatz zu den verminderten oder übermäßigen Intervallen verwendet, sondern hat noch eine zweite Bedeutung: Intervalle, die exakt die Frequenzverhältnisse wie in der Obertonreihe haben werden auch als reine Intervalle bezeichnet. In diesem Sinne ist das Intervall mit dem Frequenzverhältnis 4:5 eine reine große Terz.

Quintenzirkel

Die Prime (zweimal der gleiche Ton) ist kein eigentliches Intervall. Ebenso wird die Oktave als Intervall oft ignoriert, da Töne im Oktav-Abstand gleich benannt werden und in der Harmonik die gleiche Funktion einnehmen. Reiht man die Töne, die im Quintabstand liegen, aneinander, so entsteht der Quintenzirkel, der für die Gliederung des Tonartensystems eine besondere Bedeutung hat, indem er die Verhältnisse der Tonarten untereinander universell beschreibt.

Konsonanz und Dissonanz

Es gibt konsonante (wohlklingende) und dissonante (nicht wohlklingende) Intervalle. Die Empfindung, welche Intervalle konsonant und welche dissonant und damit auflösungsbedürftig klingen, schwankt individuell, lokal, kulturell und vor allem historisch:

  • Im Mittelalter empfand man in Mitteleuropa nur die Quarte und die Quinte als konsonant.
  • Ab der Renaissance kamen zur Quarte und Quinte noch die große und kleine Terz und Sexte dazu.
  • Ab der Spätromantik, spätestens aber mit dem Jazz, kommen viele weitere Intervalle dazu.

Die Einordnung kann auch aufgrund der Komplexität der Frequenzverhältnisse vorgenommen werden. Die Quarte wäre demnach mit einem Verhältnis von 3:4 konsonant, die kleine Septime mit 9:16 dissonant.

Gelegentlich werden manche Intervalle, die weder eindeutig als konsonant noch als dissonant eingeordnet werden können, als assonante Intervalle bezeichnet, darunter die Terzen und die Sexten.

Intervalle innerhalb der Oktave
Intervall verm. klein rein groß überm.
1-1 Prime 0 1
1-2 Sekunde 1 2 3
1-3 Terz 2 3 4 5
1-4 Quarte 4 5 6
1-5 Quinte 6 7 8
1-6 Sexte 7 8 9 10
1-7 Septime 9 10 11 12
1-8 Oktave 11 12 13
diatonischer Abstand chromatischer Abstand (Halbtonschritte)

Die Farbwahl obiger Tabellenfelder entspricht einer von vielen möglichen Einordnungen in Konsonanz und Dissonanz. Konsonante Intervalle werden durch blaue Felder gekennzeichnet, dissonante Intervalle durch ockerfarbene Felder. Die reine Quarte mit ihren fünf Halbtonschritten (weißes Feld) ist sowohl konsonant als auch dissonant.

Intervall als Frequenzverhältnis

Ein Intervall ist physikalisch definiert durch das Verhältnis (math.: Quotient) der Frequenzen der beiden Töne. Es ist im Allgemeinen dann wohlklingend, wenn das Frequenzverhältnis einfach ist, z. B. klingt 2:3 angenehmer als 13:17.

Anstatt mathematischer Frequenzverhältnisse wird auch häufig die logarithmische Cent-Einteilung verwendet. In der reinen Stimmung haben die Intervalle folgende Frequenzverhältnisse:

Name Frequenzverhältnis in Cent (gerundet) vgl. gleichstufige Stimmung in Cent
Prime 1:1 0 0
kleine Sekunde (Halbton) 15:16 112 100
große Sekunde 9:10 (kleiner Ganzton)
8:9 (großer Ganzton)
182
204
200
kleine Terz 5:6 316 300
große Terz 4:5 386 400
Quarte 3:4 498 500
übermäßige Quarte /
verminderte Quinte /
Tritonus
Hier gibt es verschiedene Definitionen:
5:7 (Huygens' Tritonus)
32:45 (diatonischer Tritonus)
(gleichstufige Stimmung)
7:10 (Eulers Tritonus)

582
590
600
617
600
Quinte 2:3 702 700
kleine Sexte 5:8 814 800
große Sexte 3:5 884 900
kleine Septime 9:16 996 1000
große Septime 8:15 1088 1100
Oktave 1:2 1200 1200

Mit Ausnahme des Tritonus können die oben genannten Intervalle auch als Zusammenklang von Obertönen eines gemeinsamen (nicht mitklingenden) Grundtons aufgefasst werden, z. B. bilden der 4. Oberton und 3. Oberton eine Quarte.

Achtung: Alle diese Betrachtungen beziehen sich auf die Verhältnisse der Frequenzen zueinander, nicht auf absolute Größen. Das bedeutet 880 Hertz und 440 Hertz klingen als Oktave, genauso klingen 512 Hertz und 256 Hertz zusammen als Oktave (musikalisch das erste Mal ein a’’ und a’, das zweite Mal ein c’’ und ein c’).

Geschichte

Boethius (um 480 bis 524) definiert in einem seiner Werke zur Musik das Intervall als Abstand zwischen einem höheren und einem tieferen Ton. Der Musiktheoretiker Friedrich Wilhelm Marpurg unterscheidet 1752 den Einklang (Prime) als „uneigentliches“ Intervall von allen übrigen „eigentlichen“ Intervallen.

Stimmungslehre

Neben den oben genannten Frequenzverhältnissen, die sich aus den Obertönen herleiten, gibt es auch noch andere Gesichtspunkte, die Intervalle zu definieren. Man kommt dann auf Frequenzverhältnisse, die von den obigen zum Teil erheblich abweichen, jedoch stets sehr ähnlich klingen (für das ungeübte Ohr meist nicht unterscheidbar). Diese alternativen Intervalldefinitionen sind in der Musik als Stimmungen oder Temperaturen bekannt (z. B. pythagoreische Stimmung, gleichstufige Stimmung, wohltemperierte Stimmung). Dabei gibt es auch noch weitere Intervalle, die nicht durch Obertöne darstellbar sind, wie der Tritonus (liegt zwischen Quarte und Quinte) oder die arabische Terz (liegt zwischen kleiner und großer Terz). Zum Teil recht kleine Intervalle, die im Rahmen der musikalischen Stimmungen eine Rolle spielen sind: Pythagoreisches Komma, Syntonisches Komma, Diesis, Schisma, Wolfsquinte, Ditonus, Limma und Apotome.

Hörbeispiele

Die folgenden Hörbeispiele für die Intervalle wurden mit einer Streicherstimme auf dem Synthesizer gespielt. Alle Intervalle, aufwärts wie abwärts, beginnen mit der gleichen Note C.

Halbtöne Intervall aufwärts abwärts
1 kleine Sekunde (Halbton) C-Des C-H
2 große Sekunde C-D C-B
3 kleine Terz C-Es C-A
4 große Terz C-E C-As
5 Quarte C-F C-G
6 Tritonus C-Fis C-Ges
7 Quinte C-G C-F
8 kleine Sexte C-As C-E
9 große Sexte C-A C-Es
10 kleine Septime C-B C-D
11 große Septime C-H C-Des
12 Oktave C1-C2 C-C

Merkhilfe

Anhand folgender Liedanfänge lassen sich die Intervalle herleiten. Die ersten beiden Töne der Melodie bilden das Intervall.

Halbtöne Intervall aufwärts abwärts
1 kleine Sekunde (Halbton) Kommt ein Vogel geflogen Vom Himmel hoch, da komm ich her
Für Elise (Beethoven)
2 große Sekunde Alle meine Entchen Schlaf, Kindlein, schlaf
3 kleine Terz Ein Vogel wollte Hochzeit machen
Macht hoch die Tür
Hänschen klein
Kuckuck, Kuckuck, ruft's aus dem Wald
4 große Terz Oh, when the saints go marching in
Alle Vögel sind schon da
Swing low, sweet chariot
Nun ruhen alle Wälder
5 Quarte O Tannenbaum
Wir kamen einst von Piemont
Love Me Tender (Elvis Presley)
Morgen, Kinder, wird's was geben
Auf, du junger Wandersmann
6 Tritonus Maria (West Side Story)
Titelmelodie von Die Simpsons ("The Simp-sons")
Satisfaction (The Rolling Stones, 1. u. 3. Ton)
?
7 Quinte Wach auf, meins Herzens Schöne
Morgen kommt der Weihnachtsmann (2. u. 3. Ton)
On a wagon (Donna donna)
Ick heff mol en Hamburger Veermaster sehn
8 kleine Sexte When Israel was in Egypt's land Schicksalsmelodie
9 große Sexte Ein Prosit der Gemütlichkeit
Arrivederci Roma
Go West (Village People)
My Bonnie is over the ocean
Nobody knows the trouble I've seen
Winde weh'n, Schiffe geh'n
10 kleine Septime There's a place for us (Somewhere aus West Side Story)
Zogen einst fünf wilde Schwäne (Refrain: "Sing, sing")
?
11 große Septime Somewhere over the rainbow (1. u. 3. Ton) ?
12 Oktave Somewhere over the rainbow Mainzer Narrhallamarsch

Dennoch ist diese Methode, sich musikalische Intervalle mit Hilfe von Liedanfängen einzuprägen, mit einer gewissen Vorsicht anzuwenden. Das liegt daran, dass dieselben Intervalle eine unterschiedliche Wirkung haben, je nachdem in welchem Tongeschlecht und an welcher Position der Tonleiter sie stehen. Beispiel: die kleine Terz E-G innerhalb C-Dur (z.B. Olé, olé, olé), klingt fröhlich und nicht nach Moll, im Gegensatz zur selben kleinen Terz E-G innerhalb der Tonart e-Moll. Die große Terz, die normalerweise als "heiter" gilt, klingt abwärts gespielt - zum Beispiel als Beginn von Beethovens "Schicksalssinfonie" (G-G-G-Es) - "düster-verheißungsvoll".

Siehe auch