Bor
Vorlage:Chemisches Element Bor ist ein chemisches Element im Periodensystem der Elemente mit dem Symbol B und der Ordnungszahl 5. Das dreiwertige seltene Halbmetall kommt angereichert in einigen abbauwürdigen Lagerstätten vor.
Bor existiert in mehreren Modifikationen. Amorphes Bor ist ein braunes Pulver. Vom kristallinen Bor sind mehrere allotrope Modifikationen bekannt.
Die thermodynamisch stabilste Form ist die β-rhomboedrische Modifikation. Sie hat eine komplizierte Struktur mit 105 Boratomen pro Elementarzelle.
Die einfachste allotrope Modifikation ist die α-rhomboedrische Form des Bors. Sie enthält 12 Boratome pro Elementarzelle.
α-tetragonales Bor, die als erstes dargestellte kristalline Form des Bors, ist tatsächlich abhängig von den Herstellungsbedingungen als B50C2 oder als B50N2 anzusprechen.
Die in den Modifikationen des Bors dominierende Struktureinheit ist der B12-Ikosaeder. Das metallische Bor ist schwarz, sehr hart und bei Raumtemperatur ein schlechter Leiter. Es kommt nicht in der Natur vor.
Geschichte
Borverbindungen (von persisch burah über arabisch Buraq und lat. borax „borsaures Natron“, „Borax“) sind seit Jahrtausenden bekannt. Im alten Ägypten nutzte man zur Mumifikation das Mineral Natron, das neben anderen Verbindungen auch Borate enthält. Seit dem 4. Jahrhundert wird Boraxglas im Kaiserreich China verwendet. Borverbindungen wurden im antiken Rom zur Glasherstellung verwendet.
Erst 1808 stellten Sir Humphry Davy, Gay-Lussac und Louis Jacques Thenard unabhängig voneinander durch Elektrolyse von Borsäure verunreinigtes Bor mit 50%iger Reinheit her. 1824 erkannte Jöns Jacob Berzelius den elementaren Charakter des Stoffes. Die Darstellung von reinem kristallisiertem Bor gelang dem amerikanischen Chemiker W. Weintraub im Jahre 1909.
Die Umsetzung von B2H6 mit Sauerstoff zu B2O3 ist eine der am stärksten exothermen Reaktionen, die wir kennen. Dies weckte vor allem Interesse beim Militär (Raketentreibstoff), so dass in diesem Bereich intensive Grundlagenforschung betrieben wurde, an der sich die Chemie heute erfreut. Nach 15 Jahren wurde die militärische Forschung wegen unterschiedlicher Eigenschaften eingestellt: die an der Reaktion beteiligten Stoffe sind unstabil, geruchsintensiv, giftig und vor allem klebrig, was eine Verwendung in Triebwerken ausschließt.
Vorkommen
Bor kommt natürlich nur in sauerstoffhaltigen Verbindungen vor. Große Lagerstätten befinden sich in den USA (Mojave-Wüste), Türkei und Argentinien. Staßfurter Kalisalze enthalten geringe Mengen vergesellschaftetes Borazit.
Die größten Boratminen befinden sich in der Nähe von Boron (Kramerlagerstätte) in Kalifornien und Kirka in der Türkei. Abgebaut werden die Mineralien Borax, Kernit und Colemanit.
Gewinnung und Darstellung
Amorphes Bor wird durch die Reduktion von Bortrioxid, B2O3, mit Magnesiumpulver hergestellt.
Kristallines Bor erhält man durch
- Erhitzen von amorphem Bor auf über 1400 °C
- Reduktion von Bortrichlorid durch Wasserstoff am heißen Wolframdraht
- thermische Zersetzung des Hydrids Diboran
- Schmelzflusselektrolyse von Borsäure
Eigenschaften

Wegen der hohen Ionisierungsenergie sind vom Bor keine B3+-Kationen bekannt. Die komplizierten Strukturen in vielen Borverbindungen und deren Eigenschaften zeigen, dass die Beschreibung der Bindungsverhältnisse als kovalent, metallisch oder ionisch stark vereinfachend sind und durch einen Molekülorbital(MO)-Ansatz ersetzt werden sollten.
Die Elektronenkonfiguration 1s22s22p1 des Bors zeigt, dass nur die drei Elektronen der zweiten Schale für die Ausbildung von kovalenten Bindungen mit s, px, py und pz-Orbitalen zur Verfügung stehen. Dieser Elektronenmangel wird durch Ausbildung von Mehrzentrenbindungen und Elektronenakzeptorverhalten (Lewis-Acidität) kompensiert.
Bor ist durchlässig für Infrarotlicht. Bei Raumtemperatur zeigt es eine geringe elektrische Leitfähigkeit, die bei höheren Temperaturen stark ansteigt.
Bor besitzt die höchste Zugfestigkeit aller bekannten Elemente sowie die zweithöchste Härte, nur übertroffen von der Kohlenstoffmodifikation Diamant. Bor hat physikalische und chemische Ähnlichkeit mit Hart-Keramiken wie Siliziumcarbid oder Wolframcarbid
Bor besitzt ähnlich wie Graphit gute Schmiereigenschaften. Die Fähigkeit, über kovalente Bindungen stabile räumliche Netzwerke auszubilden sind ein weiterer Hinweis auf die chemische Ähnlichkeit des Bors mit seinen Periodennachbarn Kohlenstoff und Silizium.
Bis 400 °C ist Bor reaktionsträge, bei höheren Temperaturen wird es zu einem starken Reduktionsmittel.
Bei Temperaturen über 700 °C verbrennt es in Luft zu Bortrioxid B2O3.
Von siedender Salz- und Fluorwasserstoffsäure wird Bor nicht angegriffen. Auch oxidierend wirkende, heiße konzentrierte Schwefelsäure greift Bor erst bei Temperaturen über 200 °C an, heiße konzentrierte Phosphorsäure erst bei Temperaturen über 600 °C.
Löst man B2O3 in Wasser, so entsteht die sehr schwache Borsäure. Deren flüchtige Ester (am deutlichsten bei Trimethylborat) färben Flammen kräftig grün.
Eine der wichtigsten Forschungsdisziplinen der heutigen anorganischen Chemie ist die der Verbindungen des Bors mit Wasserstoff (Borane), sowie mit Wasserstoff und Stickstoff, die überraschend den Kohlenwasserstoffen ähneln (isoelektronisch), z. B. Borazol ("anorganisches Benzol") B3N3H6. Auch eine ganze Reihe organischer Borverbindungen (Borolsäuren unter anderem ) sind bekannt
Verwendung
Die wirtschaftlich wichtigste Verbindung ist Natriumtetraborat (Borax) Na2B4O7 zur Herstellung von Isolierstoffen und Bleichstoffen (Perborate). Weitere Anwendungen:
Elementares Bor
- Additiv für Raketentreibstoffe
- Ferrobor und Bor als Legierungszusatz für Feinkornbaustähle, Stähle zum Lagern von Kernbrennstoffen und Nickelbasislegierungen
- Desoxidation von Kupfer
- Bor-Nitrat Gemische als Zünder für Airbags
- Hartstoffherstellung (Borkarbid, Bornitrid. Weitere Anwendungen siehe dort)
- Kristallines Bor und Borfasern für Anwendungen mit extrem hoher Festigkeit und Steifigkeit : Bauteile für Helikopterrotoren, Tennisracks und Golfschläger. Wegen des geringen Radarechos auch im Stealth Jagdbomber.
- Feuerwerksartikel und Leuchtmunition (wegen intensiv grüner Flamme)
- p-Dotierung in Silizium
- Nuklearanwendungen; Steuerstäbe in Nuklearreaktoren aus Bor-10; Strahlenschutzkleidung
Borverbindungen
- Waschmittel (Perborat)
- Bor-Silikat-Fasern zur thermischen Isolierung (Steinwolle?)
- Lichtwellenleiter
- Organische Synthesen
- Herstellung von feuerfesten Borsilikatgläsern (Pyrex, Duran) und Glasfritten
- Keramikglasuren
- Pflanzenschutzmittel
- Brems- und Kupplungsbeläge
- Panzerungen, kugelsichere Westen
- Flussmittel zum Löten (Borsäure)
- Holzschutzmittel (wegen geringer Giftigkeit)
- Flammschutzmittel für Platinen
- Kosmetikindustrie
- Düngemittel
- Entkeimen von Flugbenzin
- Borane
- Diboran
- Bornitrid
- Nachweis von niederen Alkoholen mit Borsäure (s. Trimethylborat)
- BNCT (Boron Neutron Capture Therapy)
- Magnesiumdiborid (MgB2) ist ein Supraleiter
Sicherheitshinweise
Elementares Bor in geringen Dosen ist nicht giftig. Einige Borverbindungen wie die Borane (Borwasserstoffverbindungen) sind allerdings hochgradig toxisch und müssen mit größter Sorgfalt gehandhabt werden.
Physiologie
Bor ist ein essentielles Spurenelement, das offenbar vielfältige Funktionen im Körper hat, die aber bis jetzt nicht gut verstanden sind. Der menschliche Bedarf beträgt etwa 0,2 mg/Tag. Dosen über 100 mg/Tag können Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Pflanzen reagieren zum Teil sehr empfindlich auf Bor, so dass bestimmte sensible Pflanzen (Weiden, Obstbäume, Artischocken) bei Konzentrationen von mehr als 1 mg/L Bor zu Borchlorosen neigen (Krankheitsbild gekennzeichnet durch vermehrte Bildung von braunen Flecken) und schließlich absterben können.
Nachweis
Bor lässt sich in der analytischen Chemie mit der Curcumin-Methode quantitativ in Form des rot-gefärbten Komplexes Rosocyanin nachweisen. Hierzu wird eine Probe des Bor-haltigen Materials oxidativ aufgeschlossen. Die sich durch den Aufschluss gebildete Borsäure kann anschließend kolorimetrisch bestimmt werden.