Geschichte Burundis
Vorkoloniale Zeit
Über die Geschichte Burundis ist bis hinein in die Neuzeit wenig bekannt, weil schriftliche Unterlagen fehlen. Die ursprünglichen Einwohner sind die Twa , ein Pygmäenvolk. Bis zum 14. Jahrhundert wanderten Menschen ein, die zu den den Bantu -Völkern gehören. Sie bildeten den Grundstock der Hutus . Als letzte heutige Bewohner wanderten im 15. und 16. Jahrhundert viehzüchtende Nomaden ein, die heute Tutsi genannt werden.
Während sich die Pygmäen in die Wälder zurückzogen, wurden die Hutus, welche Ackerbau betreiben, von den Tutsi unterworfen. Diese übernahmen von den Hutu deren Sprache und religiöse Vorstellungen und bildeten einen Staat unter der Führung eines Mwami (Königs) heraus. Insgesamt gab es rund dreihundert Tutsi-Clans, von denen sich jedoch bloss deren vier Königsrechte erwarben. Der Mwami rekrutierte sich aus den Clans der Bataga (Königstitel Mutaga ), Bezi (Königstitel Mwezi ), Bambutsa (Königstitel Mwambutsa ) und Batare (Königstitel Ntare ). Aus allen Tutsi-Clans bestand der Hochadel, als Ganwa bezeichnet. Diese Adeligen waren auf lokaler Ebene recht unabhängig gegenüber dem König. Unterhalb der Adelsschicht waren die gewöhnlichen Mitglieder der Tutsi, die alleine über Bodenrechte und Grossvieh verfügten. Die Untertanen, die Hutus, bewirtschafteten das Land. Im Verlauf der Jahrhunderte kam es zu zahlreichen Mischehen zwischen Tutsis und Hutus, so dass die ethnische Zugehörigkeit eine Frage der Labenshaltung wurde. Viehzüchter galten als Tutsi, Ackerbauern als Hutu. Beide sprachen Kirundi .
Im 19. Jahrhundert hatten sich die Bewohner massiv gegen Sklavenjagden von arabischen Sklavenhändlern von der afrikanischen Ostküste zu wehren.
Die ersten namentlich bekannten Europäer, welche das heutige Burundi bereisten, waren Richard Burton und John Hanning Speke im Jahr 1858. Diese waren auf der Suche nach den Nilquellen bis zum Tanganjika-See vorgestossen. Ihnen folgten 1871 Henry Morton Stanley und David Livingstone . Als nächste kamen 1879 Missionare aus dem Orden der Weissen Väter ins Land, wurden aber 1881 der Freundschaft der Sklavenhändler beschuldigt und von Einheimischen ermordet. Bei der Kongo-Konferenz wurde das Gebiet am 8. November 1884 dem deutschen Einflussbereich zugeteilt.
Kolonialzeit
Vorerst besetzten die Deutschen das Land nicht. Die Grenzen mit dem Kongo wurden 1885, diejenige zu den britischen Gebieten 1886 definiert. Im Jahr 1892 bereiste der Österreicher Oskar Baumann das Land, welches zusammen das Gebier Ruanda-Urundi innerhalb von Deutsch-Ostafrika bildete. Erst im Jahr 1896 trafen erste deutsche Missionare und Soldaten ein. Die Militärstation Usumbura (heute die Stadt Bujumbura ) wurde gegründet. 1899 wurde Burundi Teil des Protektorats Ruanda-Urundi mit dem Hauptort Usumbura. Die deutsche Kolonialherrschaft regierte das Land mit Hilfe des Mwami und der lokalen Adeligen. Bis 1906 war das Gebiet Militärbezirk, seiher unter ziviler Verwaltung. Der Aufbau kolonialer Einrichtungen wie Schulen und Spitäler beginnt 1909. Im Ersten Weltkrieg besetzen 1916 die Belgier das Protektorat Ruanda-Urundi. Im Friedensvertrag von Versailles wurde Burundi am 28. Juni 1919 als Teil von Ruanda-Urundi Belgien als Völkerbundsmandat zugesprochen. Die Belgier verbieten 1924 alle Arten von Sklaverei. Ab 1925 wird das Land vom Kongo her regiert. Am 13. Dezember 1946 wird das Land UNO-Mandat unter belgischer Verwaltung. Bei den Lokalwahlen gewinnen im Jahr 1953 Hutu-Parteien. Bei den Regionalwahlen hingegen Tutsi-Parteien. Dies führt zu einem Auseinanderleben von Tutsi und Hutus, weil Letztere sich weiterhin unterdrückt fühlen. Ab September 1959 werden zahlreiche Parteien gegründet, die zumeist ethnischen oder Clan-Grenzen folgen. Eine Ausnahme bildet die UPRONA , in welcher sowohl Hutus wie Tutsis in der Führungsriege vertreten sind. Im November 1959 kommt es zu schweren Unruhen zwischen Hutus und Tutsis, welche von den Belgiern unterdrückt werden. Im Frühjahr 1961 erhält das Land eine autonome Interims-Regierung unter dem Hutu Joseph Cimpaye , welche aus zahlreichen Parteien besteht. Am 29. September 1961 finden unter UNO-Aufsicht erste Parlamentswahlen statt, die die UPRONA klar gewinnt. An Stelle von Cimpaye wird Prinz Louis Rwagasore neuer Premierminister. Bereits am 13. Oktober 1961 wird der Regierungschef, der mit einer Hutu-Frau verheiratet war, von einem bezahlten Mörder - einem Griechen namens Ioannis Kageorgis - umgebracht. Angehörige des Batare-Clans, welche der Parti Démocrate Chrétien (PDC) angehören, werden beschuldigt, Auftraggeber des Mordes zu sein. Sie werden im Januar 1963 öffentlich hingerichtet. Die UPRONA spaltet sich entlang ethnischer Kriterien. Neuer Regierungschef wird am 20. Oktober 1961 der Tare-Tutsi André Muhirwa . Er bleibt bis 1963 im Amt und wird somit erster Regierungschef des unabhängigen Staats Burundi.
Unabhängigkeit und nachkoloniale Periode
Das Königreich 1962 bis 1966
Die UNO beschliesst am 6. Juni 1962 , die beiden Gebiete Ruanda und Urundi als separate Staaten in die Unabhängigkeit zu entlassen. Das Land wird am 1. Juli 1962 von Belgien in die Unabhängigkeit entlassen. Noch am gleichen Tag bricht die Regierungspartei UPRONA in zwei rivalisierende Gruppierungen auseinander. In die so genannte Monrovia-Gruppe aus gemässigten prowestlichen Tutsis und Hutus unter Führung des Hutus Paul Mirerekano und in die Casablanca-Gruppe aus radikalen Tutsis. Vorerst kann sich die Monrovia-Gruppe durchsetzen. Sie stellt mit André Muhirwa und ab 18. Juni 1963 mit Pierre Ngendandumwe den Regierungschef und versucht das Land zu stabilisieren. Nachdem der seit 1915 regierende Mwami Mwambutsa IV als Staatsoberhaupt die Entlassung von vier Hutu-Ministern durchsetzt, tritt Ngendandumwe als Regierungschef zurück. Er wird durch Albin Nyamoya , einen radikalen Tutsi, ersetzt. Dieser bildet am 6. April 1964 eine neue Regierung. Dieser ändert die prowestliche Politik seiner Vorgänger und lehnt sich an die Volksrepublik China an. Es kommt zu Grenzstreitigkeiten mit der Demokratischen Republik Kongo. Als im Dezember grössere Mengen Waffen chinesischer Herkunft gefunden werden, verliert Nyamoya das Vertrauen des Mwami. Am 8. Januar 1965 wird er entlassen. An seine Stelle tritt sein Vorgänger Ngendandumwe. Dieser wird bereits wenige Tage später, am 15. Januar von einer Gruppe radikaler Tutsis ermordet. Der Mwami ernennt den Präsidenten der UPRONA, Joseph Bamina zum neuen Regierungschef. Am 10. Mai 1965 finden die ersten Parlamentswahlen nach der Unabhängigkeit statt. Die UPRONA gewinnt klar mit 64% der Stimmen. Doch erhält die radikale Tutsi-Partei Parti du Peuple (PP) 30% der Stimmen und geht auf Konfontationskurs zur UPRONA. Trotz des Wahlgewinns zwingt der König Bamina, einen Hutu, zum Rücktritt. Am 24. Juli erklärt der König den Notstand. Neuer Regierungschef wird am 13. Oktober 1965 der Privatsekretär des Mwami, Léopold Biha . Er gehört zum Königsclan der Bezi-Tutsi. Sowohl die radikalen Tutsis wie die um ihre Regierungsverantwortung betrogenen Hutus versuchen im Oktober einen Staatsstreich. Die Armee, bestehend aus Tutsis, metzelt über 5000 Hutus nieder. Darunter sind Ex-Regierungschef Bamina und Ex-UPRONA-Präsident Mirerekano. Der König ist diskreditiert und setzt sich nach Europa ab. Das Land treibt Richtung Bürgerkrieg. Am 24. März wird der Sohn von Mwami Mwambutse, Charles Ndizeye , neuer König (Ntare V. ). Der Oberbefehlshaber der Armee Michel Micombero und Ntare V. kämpfen um die wirkliche Macht im Land. Vorerst gewinnt der neue Mwami. Micombero wird am 11. Juli 1966 an Stelle von Biha neuer Regierungschef. Am 28. November 1966 putscht sich Micombero während eines Auslandbesuchs von Ntare V. an die Macht und erklärt Burundi zur Republik.
Die Ära Micombero 1966 bis 1976 (Erste Republik)
Michel Micombero wird erster Präsident der Republik. Gleichzeitig wird das Amt des Regierungschef abgeschafft. Micombero steht an der Spitz eines so genannten Nationalen Revolutionären Rats (wird 1968 aufgelöst). Micombero entfernt innerhalb von wenigen Jahren sämtliche Hutus aus Führungspositionen im Militär, Polzei und Verwaltung. Im September 1969 versuchen die letzten im Militär verbliebenen Hutu-Offizier einen Putsch. Dieser misslingt und 23 Personen werden im Dezember 1969 hingerichtet. Micombero stützt sich immer mehr auf Tutsis aus seiner Heimatregion und verärgert damit die anderen Tutsi-Clans. 1971 werden die letzten gemässigten Tutsis innerhalb der Führung nach der Gründung eines Obersten Rates der Revolution aus den Führungszirkeln entfernt. Diesen dreissigköpfigen Gremium gehören nur noch jeweils zwei Vertreter der Hutu und der Ganwa (Hochadel der Tutsi) an. Als Ntare V. am 30. März 1972 gegen Zusagen betreffend seiner Sicherheit und einer persönlichen Amnestie aus Uganda in sein Heimatland zurückkehrt, wird er verhaftet. Am 16. April kommt es nach einer Massenverhaftung unter Hutus zu einem Hutu-Aufstand. Am 29. April entlässt Micombero seine gesamte Regierung und den Präsidenten der Regierungspartei. In Bujumbura brechen Unruhen aus. Ntare V. wird in seinem Landhaus, wo er unter Arrest steht, von Anhängern Micomberos ermordet. Micombero gewinnt am 6. Mai mit Hilfe von ihm gegenüber loyalen Truppen die Oberhand. Sämtliche 450 in der Armee verbliebenen Hutus werden liquidiert. Die Armee schlachtet in den folgenden Monaten zwischen 100'000 und 250'000 Hutus ab. Gleichzeitig sterben bei Racheaktionen zwischen 3000 und 10000 Tutsis. Die gesamte Hutu-Elite ist Mitte 1973 tot oder im Exil. Der radikale Tutsi-Führer Albin Nyamoya ist in dieser Periode (vom 15. Juli 1972 bis zum 5. Juni 1973 ) nochmals Regierungschef. Am 11. Juli 1974 erhält Micombero die totale Macht. Das Parlament wird aufgelöst und er ist in Personalunion Staatsoberhaupt, Regierungschef und Präsident der Regierungspartei. Am 1. November 1976 wird Micombero durch einen Armeeputsch unter Führung von Oberst Jean-Baptiste Bagaza und Oberst Edouard Nzambimana gestürzt. Er flieht nach Somalia.
Die Ära Bagaza 1976 bis 1987 (Zweite Republik)
Jean-Baptiste Bagaza wird neues Staatsoberhaupt und Edouard Nzambimana vom 12. November 1976 bis zum 13. Oktober 1978 Regierungschef. Ein Oberster Revolutionsrat übernimmt die Regierungsverantwortung. Doch nur wenige der Schuldigen der Massaker von 1972/1973 werden verhaftet und verurteilt. Bagaza betreibt eine eher linke Politik und versucht eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Tutsis und Hutus zu erreichen. Nach der Annahme einer neuen Verfassung wird Jean-Baptiste Bagaza offiziell Präsident. Im Oktober 1982 finden die ersten Parlamentswahlen seit 17 Jahren statt. Dabei treten jeweils zwei Kandidaten der Regierungspartei UPRONA gegeneinander an. Am 31. August 1984 wird Bagaza wiedergewählt. Im Jahr 1986 wird eine erste Oppositionspartei, die FRODEBU gegründet. Ihr Präsident ist Melchior Ndadaye . Während seiner Teilnahme am Gipfel der Frankophonie in Kanada wird Bagaza von der Armee unter Führung von Pierre Buyoya weggeputscht.
Die erste Ära Buyoya 1987 bis 1993
Byuoya wird Staatsoberhaupt und leitet ein Militärreime, welches sich Militärkomitee für das Nationale Heil nennt. Wegen kleiner Streitereien zwischen Tutsis und Hutus kommt es im August 1988 zum Eingreifen der Armee. Innerhalb einer Woche werden rund 20000 Menschen abgeschlachtet (der Grossteil Hutus). Zehntausende Hutus fliehen aus dem Land. Am 6. Oktober 1988 setzt Buyoya eine Untersuchungskommission aus je zwölf Hutus und Tutsis ein, um die Vorfälle zu klären. Um die ethnischen Wogen zu glätten, wird die Zahl der Hutu-Minister von 6 auf 12 Personen verdoppelt und der Hutu Adrien Sibomana zum neuen Regierungschef ernannt (19. Oktober 1988 ). In den folgenden drei Jahren kehren zahlreiche Hutus aus dem Ausland zurück. Mit der PALIPEHUTU gründen sie am 1. Februar 1991 eine eigene Hutu-Partei. Im März 1993 wird eine neue Verfassung eingeführt, in der ethnische und religiöse Parteien verboten werden. Gleiczeitig werden weitere Parteien legalisiert. Am 1. Juni 1993 gewinnt der Hutu Melchior Ndadaye die Präsidentenwahlen gegen Buyoya. Er tritt sein Amt am 10. Juli an. Am 29. Juni 1993 finden Parlamentswahlen mit mehreren Parteien statt.
Die Unruhejahre 1993 bis 2005
Am 10. Juli 1993 wird Sylvie Kinigi Regierungschefin. Bereits 101 Tage nach seinem Wahlsieg wird Ndadaye bei einem missglückten Militärputsch getötet. Vom 21. Oktober bis zum 27. Oktober 1993 behauptet sich der Putschistenführer François Ngézé an der Macht. Danach setzt sich die Armee durch. Die Regierungschefin übernimmt bis zum 5. Februar 1994 kommisarisch das Amt des Staatsoberhaupts. Danach übernimmt der Hutu Cyprien Ntaryamira das Amt des Staatsoberhaupts. Im Herbst 1993 kommt es zu fürchterlichen Massakern, dem dieses Mal vorwiegend Tutsis zum Opfer fallen. Schätzungen sprechen von 200'000 Toten. Am 7. Februar 1994 übernimmt Anatole Kanyenkiko , ein Tutsi, das Amt des Regierungschefs. Am 6. April 1994 wird das Flugzeug, in dem die Staatsoberhäupter Burundis und Ruandas sind, abgeschossen. Neues Staatsoberhaupt wird Sylvestre Ntibantunganya , ein Hutu. In Vororten von Bujumbura kommt im es April 1994 zu ethnischen Ausschreitungen. Ebenso im August nach der Verhaftung des Tutsi-Führers Mathias Hitimana. Und im Dezember 1994 ruft die UNO beide Volksgruppen zur Mässigung auf, nachdem es zu weiteren Zusammenstössen mit Toten und Verletzten gekommen ist. Am 16. Februar 1995 tritt der Regierungschef nach tagelangen Streiks auf Druck der Strasse zurück. Nachfolger wird am 22. Februar 1995 Antoine Ndauwayo , ebenfalls ein Tutsi. Das ganze Jahr 1995 finden kleinere und grössere Massaker statt. Ungefähr 15000 Menschen sterben dabei. Nach Massakern an 4050 unbewaffneten Zivilisten in Gitega durch die Armee im Juli und August 1996 putscht sich die Armee unter Pierre Buyoya am 26. Juli 1996 wieder an die Macht. Neuer Regierungschef wird der Hutu Pascal-Firmin Ndimira . Im Dezember 1996 massakriert die Armee Hunderte von Zivilisten in einer Kirche. Am 14. Mai 1998 wird der Ex-Putschist François Ngézé wegen Mordes an Staatspräsident Ndadaye angeklagt. Am 23. Juli 2001 unterzeichnen Hutus und Tutsis ein Abkommen über eine wechselnde Rotation zwischen Hutus und Tutsis im Amt des Staatsoberhaupts. Am 30. April 2003 übernimmt daher der Hutu Domitien Ndayizeye dieses Amt vom Tutsi Buyoya. Bereits zu Beginn des Jahres war ein Waffenstillstand aller Parteien ausgehandelt worden. Als letzte Rebellengruppe stellt die Forces National de Libération (FNL) am 1. Februar 2005 Kampfhandlungen ein. Bei der Ausmarchung zum Staatsoberhaupt siegt am 19. August 2005 der Hutu Pierre Nkurunziza , dessen Gruppierungen bereits die Wahlen vom 3. Juli gewonnen hat.
Siehe auch
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