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Innerdeutsche Beziehungen

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Mit den deutsch-deutschen Beziehungen werden die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und menschlichen Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Zeit der Deutschen Teilung zwischen 1945 und 1990 bezeichnet. Sie lassen sich in mehrere Abschnitte unterteilen:

Die Phasen der deutsch-deutschen Beziehungen

Der Prozess der deutschen Teilung im Schatten internationaler Machtverhältnisse

Bereits seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurde Deutschland international als Bedrohung für den Frieden in Europa empfunden. Das sich ab der Epoche Bismarcks entwickelnde aggressive Machtbewusstsein der Deutschen gipfelte unter der Nazi-Herrschaft im Inferno des Zweiten Weltkrieges, dem über 60 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Die Teilung des Landes durch die Alliierten sollte nach Kriegsende die deutsche Macht derart eindämmen, dass es kein weiteres Mal zu einer solchen Eskalation und der damit verbundenen Gefährdung des Gleichgewichts in Europa und der Welt kommen konnte.

Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 zerbricht die Anti-Hitler-Koalition zwischen den USA und der Sowjetunion und die Idee der Teilung des besiegten Landes wird von nun an durch den aufkommenden Ost-West-Konflikt bestimmt, der die innerdeutsche Spaltung zum Exempel für den die Welt entzweienden „eisernen Vorhang“ werden lässt. Wichtige Wegmarken der allmählichen Abgrenzung sind der amerikanische Marshall-Plan 1947 sowie die westliche Währungsreform und die Blockade Berlins 1948. Die Integration der westlichen Besatzungszonen in die Gemeinschaft der Westmächte und die des östlichen Teils in das System der UdSSR begleitet schließlich im Jahr 1949 die beiden Staatsgründungen: Es entstehen die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik.

Die Zuspitzung des Kalten Krieges

Der Ausbruch des Koreakrieges 1950 führt in der Bundesrepublik zu einer intensiven Debatte über eine deutsche Wiederbewaffnung als Beitrag zur Verteidigung Westeuropas im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG). Im Jahr 1955 mündet die Diskussion schließlich im Beitritt zum westlichen Militärbündnis der NATO und dem Aufbau einer Verteidigungsarmee, der Bundeswehr. Wirtschaftlich wird die junge Bundesrepublik auf der Basis der Römischen Verträge von 1957 an die Westmächte gebunden, was zu einer Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) führt, den Vorboten der heutigen Europäischen Union (EU). Die DDR wird währenddessen in den Ostblock eingegliedert: Die DDR tritt dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), und mit ihrer neu gegründeten Nationalen Volksarmee dem Warschauer Pakt bei.

Während es Bundeskanzler Konrad Adenauer gelingt, Deutschland schrittweise an den Westen anzunähern, das Land mit seinen europäischen Nachbarn zu versöhnen und in Frankreich einen engen Partner zu finden, profitieren die Bundesbürger vom „deutschen Wirtschaftswunder“, dem durch die Marktwirtschaft bescherten Aufschwung. Das SED-Regime der DDR setzt hingegen auf kommunistische Fünfjahrespläne und kann die wirtschaftliche Situation nur langsam stabilisieren. Aus Mangel an freien Wahlen fehlt es der Staatspartei außerdem an Legitimität, was u. a. zum Volksaufstand am 17. Juni 1953 führt, der mit sowjetischer Hilfe blutig niedergeschlagen wird.

Die durch Feindbilder geprägte Entfremdung der beiden deutschen Staaten seit Mitte der Fünfziger Jahre gipfelt im August 1961 in der Abriegelung Westberlins, dem Mauerbau. Damit setzt die DDR der zunehmenden Abwanderung der leistungsstarken Bevölkerung und verbliebenen Hoffnungen auf eine baldige Wiedervereinigung ein vorläufiges Ende.

Zeichen der Entspannung

Die Kubakrise im Jahr 1962, als die Welt am Rande eines Atomkrieges steht, markiert den Wendepunkt des Kalten Krieges, hin zu einer Kooperations- und Entspannungspolitik, die sich durch ein verändertes Klima auch auf die deutsch-deutschen Beziehungen auswirkt.

Die Ostpolitik der sozial-liberalen Regierung unter Bundeskanzler Willy Brandt hat daran einen entscheidenden Anteil. Bereits in der Zeit vor der Großen Koalition, welche 1966 die Ära Adenauer beendet, hatte Brandt zusammen mit seinem Pressesprecher Egon Bahr diese außenpolitischen Leitgedanken der „Politik der kleinen Schritte“, dem „Wandel durch Annäherung“ und der „menschlichen Erleichterungen“ vorbereitet. Innerhalb von nur drei Jahren kommt es Anfang der 1970er Jahre zu den Ostverträgen mit Moskau, Warschau und Prag, dem Vier-Mächte-Abkommen über Berlin, der Gewaltverzichtserklärung gegenüber den osteuropäischen Staaten und dem Grundlagenvertrag mit der DDR. Erstmals werden damit Souveränität des anderen und bestehende Grenzen gegenseitig anerkannt und der Status Berlins gesichert. Strategien wie die Hallstein-Doktrin, in welcher die Bundesrepublik Mitte der Fünfziger noch einen Alleinvertretungsanspruch formuliert und jegliche diplomatischen Beziehungen zu Ländern, welche die DDR anerkennen, abgelehnt hatte, gehören nun der Vergangenheit an.

Diese Politik der „Normalisierung“ dient auch reaktiv der Entschärfung des internationalen Ost-West-Konfliktes und setzt die Voraussetzung für die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa 1975 (KSZE) und die Gespräche über Truppenbegrenzungen. Doch wird durch das erreichte „geregelte Nebeneinander“ der Status quo derart zementiert, dass nach mehr als 20 Jahren in beiden deutschen Staaten nur noch wenige an die Realisierbarkeit einer Wiedervereinigung glauben.

In der DDR reagiert man auf die neuen Entspannungsentwicklungen sogar mit neuer Abgrenzung, um eine eigene staatliche Identität zu finden. Mit der Bereitschaft zum Dialog hatte der Staat internationale Anerkennung erlangt. 1973 werden die Bundesrepublik und die DDR Mitglied der UNO. Durch die zunehmende wirtschaftliche Leistung steigt auch das Selbstbewusstsein der Nation, was 1974 die Volkskammer dazu bewegt, die Begriffe „deutsche Nation“ und „Wiedervereinigung“ aus der Verfassung zu streichen. Dass eine zu große Eigenständigkeit auch zum Konflikt mit der Sowjetunion führen kann, hatte 1971 bereits Walter Ulbricht zu spüren bekommen, der wegen seiner Reformverweigerung in der Funktion als erster Sekretär der SED durch Erich Honecker ersetzt wurde.

Neue Herausforderungen und Chancen

Die beiden Ölkrisen in den 70er-Jahren wirken sich indessen verheerend auf die wirtschaftliche Entwicklung der DDR aus und führen zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung, nicht aber zu strukturellen Reformen. Aufkommende oppositionelle Gruppen werden durch das engmaschige Spitzelnetzwerk der Staatssicherheit bekämpft um die politische Stabilität im Land zu bewahren.

Zwischenzeitlich werden die deutsch-deutschen Beziehungen von einer neuen Welle internationaler Aufrüstung belastet, die im Nato-Doppelbeschluss und der sowjetischen Besetzung Afghanistans 1979 ihren Höhepunkt findet. Innenpolitisch ist die Regierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt diesen Belastungen nicht mehr gewachsen und ebnet schließlich einer christlich-liberalen Koalition unter Kanzler Helmut Kohl den Weg. Diese versuchte, den Kontakt zum deutschen Nachbarstaat, welcher auch durch Schmidts Besuch in der DDR 1981 gefestigt wurde, nicht abreißen zu lassen. Auch ist es allein durch Milliardenkredite aus Westdeutschland möglich, die DDR vor dem finanziellen Ruin zu bewahren. Die Weigerung der SED, die von dem sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow eingeleiteten Reformen Perestroika und Glasnost auf die DDR zu übertragen, drängt das Land immer mehr ins politische Abseits. Nicht zuletzt der wärmenden Wirkung der Politik Gorbatschows auf das weltweite eingefrorene Klima des Kalten Krieges ist es zu verdanken, dass Honecker im Jahr 1987, als letzten Akt der ostdeutschen Anerkennungsbemühungen, die Bundesrepublik besucht.

Auf dem Weg zur Einheit

Gorbatschows Reformen ziehen allerdings noch weitere Konsequenzen nach sich. Neben der spürbaren Entschärfung des internationalen Ost-West-Konfliktes, insbesondere des Kalten Krieges durch verbindliche Abrüstungsvereinbarungen zwischen der UdSSR und den USA, eröffnet die Politik des „Tauwetters“ auch den Einzelstaaten des Ostblocks neue Perspektiven. Nachdem Moskau einer allmählichen Demokratisierung nicht mehr im Wege steht, öffnet Ungarn im August 1989 seine Grenzen zu Österreich. Mit der einsetzenden Massenflucht erfahren auch die Oppositionsbewegungen innerhalb der DDR neuen Zulauf. Nicht allein in Leipzig kommt es zu regelmäßigen Protestmärschen, den so genannten Montagsdemonstrationen. Für die Rettung der SED-Macht ist es hingegen längst zu spät, wofür sie, nach einer Weisheit Gorbatschows, vom Leben bestraft wird: In der Nacht des 9. zum 10. Novembers 1989 kapituliert der Staatsapparat der DDR vor seinem eigenen Volk. Die Öffnung der Berliner Mauer stellt einen menschlichen Höhepunkt im Verlauf der „friedlichen Revolution“ dar.

Das nun für eine Wiedervereinigung geöffnete „Zeitfenster der Geschichte“ bewegt alle Beteiligten zu schnellem Handeln: Die SED bietet der Opposition Gespräche am „Runden Tisch“ an, Helmut Kohl legt im Alleingang sein Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung vor und die erste rechtmäßig gewählte Regierung der DDR unter Lothar de Maizière macht den Weg frei für die Übernahme des westdeutschen Wirtschafts- und Sozialssystems und den Beitritt zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

Da jedoch die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges über den Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten mitentscheiden müssen, werden im Rahmen der „Zwei-plus-Vier-Gespräche“ genannten Verhandlungen gemeinsam letzte Rahmenbedingungen erarbeitet.

Mit dem Hissen der deutschen Bundesfahne um 0:00 Uhr in der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1990 am Reichstagsgebäude in Berlin ist Deutschland nach 40 Jahren der Teilung wieder offiziell vereint. Nach mehr als einem Jahrhundert des von Bismarck erstmals eingeschlagenen deutschen Sonderweges, ist das Land hiermit, als eines unter gleichen, Teil der europäischen Staatenfamilie geworden, mit aller damit verbundenen Souveränität, Akzeptanz und Verantwortung.

Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik

Transitregelungen

Berlinabkommen

DDR-Kredit in den 1980ern

Unter maßgeblicher Mitwirkung von Franz-Josef Strauß


Literatur

  • Informationen zur politischen Bildung Nr. 250 „Der Weg zur Einheit“ [2005] der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn (Onlineversion)
  • Informationen zur politischen Bildung Nr. 232 „Die Teilung Deutschlands“ [1991] der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn
  • Informationen zur politischen Bildung Nr. 245 „Internationale Beziehungen I“ [2000] der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn (Onlineversion)
  • Informationen zur politischen Bildung Nr. 231 „Die Geschichte der DDR“ [1991] der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn
  • „Die Deutsche Geschichte – Band 4: 1945-2000“ [2001] Weltbildverlag, Augsburg
  • „Geschichte – Pocket Teacher“ [2000] Cornelsen Verlag, Berlin