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Avigdor Lieberman

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Avigdor Lieberman

Avigdor Lieberman (* 5. Juni 1958 in Chişinău, Moldawien) ist ein israelischer Politiker und Vorsitzender der Partei Israel Beitenu. Durch seine extremen zionistisch-nationalistischen Ansichten ist er umstritten. Er wurde am 30. Oktober 2006 von der Knesset zum Minister für Strategische Planung und Vize-Regierungschef ernannt.

Kurzbiographie

Avigdor Lieberman wurde 1958 in Chişinău, Moldawien (damals im Hoheitsgebiet der Sowjetunion) geboren. Mit 20 Jahren wanderte er 1978 nach Israel ein. Er studierte an der Hebräischen Universität Jerusalem Politikwissenschaft. Heute lebt er in der jüdischen Siedlung Nokdim im Westjordanland, auch um seine Sympathie mit der jüdischen Siedlungspolitik kund zu tun.

Er hat eine für einen Mann relativ hohe Stimme und wird daher auch "Yvette" genannt.

Umstrittener Politiker

Avigdor Lieberman vertritt auch nach israelischen Maßstäben umstrittene Ansichten.

Schon kurz nach seiner Einwanderung aus Moldawien soll er als Mitglied der rechtsradikalen Studentengruppe Kastel[1] auf „Araberjagd“ gegangen sein, um Palästinenser mit Fahrradketten und Stacheldraht zu verprügeln.[2]

2003 schlug Lieberman als Verkehrsminister in der Knesset vor, freigelassene palästinensische Gefangene mit Bussen an einen Ort zu bringen, "von dem aus sie nicht zurückkehren". Anderen Quellen zufolge soll er vorgeschlagen haben, die Gefangenen im Toten Meer zu ertränken.[3]

2006 forderte Lieberman in der Knesset, die arabischen Knesset-Abgeordneten als Landesverräter vor Gericht zu stellen und hinzurichten.[4]

Lieberman vertritt nach westlichen Maßstäben umstrittene Ansichten, wie z.B. die Trennung von arabischen und jüdischen Israelis [5]. Den meist im Norden des Landes lebenden israelischen Staatsbürger arabischer Herkunft, die von Lieberman als israelfeindlich bezeichnet werden, sollte die israelische Staatsbürgerschaft entzogen und sie mit den Palästinensern im Westjordanland "wiedervereinigt" werden. Israel erhielte dann ihre Gebiete. Unter den eine Million russischen Immigranten finden sich viele Anhänger von seinen Ansichten. Lieberman nennt die israelischen Araber (Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft) eine „fünfte Kolonne“. Die übrigen israelischen Araber sollen einem Loyalitätstest unterzogen werden um zu entscheiden, ob sie in Israel bleiben dürfen.[6] Israelische Siedlungen im Westjordanland sollen annektiert werden, kleinere, arabisch besiedelte Gebiete in Israel könnten an das Westjordanland abgetreten werden.[7]

Nach seinem Eintritt in die Regierung als Minister für nationale Bedrohungen forderte Lieberman, den Konflikt mit dem Iran und anderen Staaten der „Achse des Bösen“ zu eskalieren, um unter dem Deckmantel des Konflikts die ethnischen Säuberungen durchführen zu können.[8]

Lieberman tritt als „starker Mann“ auf und fordert die Einführung eines Präsidialsystems statt des bestehenden parlamentarischen Systems.[9]

Israelische Medien und Politiker nennen Lieberman z.T. rassistisch, rechtsradikal und faschistisch[10] und vergleichen ihn mit Jörg Haider, Christoph Blocher, Jean-Marie Le Pen, Vadim Tudor und Anto Đapić.[11] Einige Kommentatoren meinen, dass sich Lieberman mit seinen Ansichten in Israel durchaus im Rahmen des politischen Mainstreams bewege.[12] Nur fünf Abgeordnete der Arbeitspartei stimmten gegen die Aufnahme von Lieberman und seiner Partei in die Regierungskoalition.[13]

Politische Karriere

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Logo der von Lieberman gegründeten Partei "Israel Beitenu"

Lieberman war Mitglied der Knesset. Durch die Freundschaft zu seinem Mentor Benjamin Netanjahu, der wie er im Likudblock politisierte und der 1996 überraschend Premierminister wurde, erhielt er das Amt als Generaldirektor der Premierkanzlei zugesprochen. Später wurde er als Likudpolitiker Minister für nationale Infrastruktur sowie Transportminister unter dem damaligen Premier Ariel Scharon. 1999 gründete er die Partei Israel Beitenu (Israel, unser Zuhause), die Partei der russischen Einwanderer, seit diesem Zeitpunkt ist er gleichzeitig ihr Chef. 2004 wurde er als Minister entlassen, da er den israelischen Abzug aus dem Gazastreifen ablehnte. [14] Seine Partei hat überraschend 11 Sitze in der Wahl 2006 erhalten und damit Platz 5 erreicht.

Im Zusammenhang mit dem am 12. Juli 2006 vollzogenen israelischen Einmarsch im Libanon (siehe Libanonkrieg 2006) wurden Gerüchte laut, dass Avigdor Lieberman als Hardliner wieder in der Regierung, nämlich einer Art Notstandsregierung vertreten sein soll - wie auch Netanjahu, der heute Vorsitzender des Likud-Blockes und Oppositionsführer ist.

Ehud Olmerts Mehrheit in der Knesset war nach dem Libanonkrieg 2006 äusserst dünn, weswegen er mit Israel Beitenu den Kontakt suchte und mit Abgeordneten der Partei offen über eine Regierungsbeteiligung sprach. Avigdor Lieberman sollte dabei einen Ministerposten erhalten. [15] Olmert entschied sich zugunsten der Partei und verlieh Lieberman den Posten als Minister für Strategische Planung. [16] Die Knesset hat Olmerts Entschluss am Dienstag, den 30. Oktober 2006 abgesegnet: Die Partei Israel Beitenu von Avigdor Lieberman wurde in die Koalition Ehud Olmerts aufgenommen. Außerdem wurde Avigdor Liebermanns Ernennung zum Minister für Strategische Angelegenheiten und zum stellvertretenden Ministerpräsidenten durch 22 Minister gebilligt. [17]

Quellen

  1. Avigdor Lieberman - Yisrael Beiteinu (Ha'aretz, 2. Januar 2003)
  2. Clemens Verenkotte: Wer ist Olmerts neuer Rechtsaußen? (ARD/tagesschau.de, 26. Oktober 2006)
  3. Gideon Alon: Lieberman blasted for suggesting drowning Palestinian prisoners (Ha'aretz, 8. Juli 2003)
  4. Gideon Alon, Jack Khoury, Lily Galili: PM defends Arab MKs after Lieberman calls for execution(Ha'aretz, 4. Mai 2006)
  5. tagesschau.de: Israels Innenpolitik steht Kopf
  6. Larry Derfner: Rattling the Cage: Israel is their home, too (Jerusalem Post, 10. April 2006); Jonathan Cook: Out of the shadows: Israel's Minister of Strategic Threats (ZNet, 26. Oktober 2006)
  7. Ilene R. Prusher: Israeli right nips at Kadima (Christian Science Monitor, 27. März 2006)
  8. Tamar Gozansky: From massacre to Lieberman. Lieberman to use 'emergency' claims to justify ethnic cleansing (Yedioth Ahronoth, 26. Oktober 2006)
  9. Yair Ettinger, Gideon Alon: Cabinet vote backs Lieberman's bill to adopt presidential system (Ha'aretz, 22. Oktober 2006); Yossi Sarid: Israel needs a strong man - strong like Lieberman (Ha'aretz, 22. Oktober 2006)
  10. Zvi Bar'el: It's not racism, it's just patriotism (Ha'aretz, 29. Oktober 2006); Yitzhak Laor: Lieberman and the sock it to 'em school (Ha'aretz, 1. November 2006)
  11. Akiva Eldar: Let's hear it for the Haiders (Ha'aretz, 30. Oktober 2006); deutsche Übersetzung: Ein ungerechter Vergleich (Der Standard, 6. November 2006)
  12. Larry Derfner: Rattling the Cage: Israel is their home, too (Jerusalem Post, 10. April 2006); Tom Segev: Olmert's true colors (Ha'aretz, 10. Oktober 2006); Gideon Levy: Lieberman to power (Ha'aretz, 16. Oktober 2006); Emad Gad: Beyond the right. Expelling Israeli Arabs to another country is an idea getting ever more popular (Al-Ahram Weekly, 23.-29. September 2004)
  13. Mazal Mualem, Yair Ettinger, Yosi Verter: PM aides: We aim to bring Lieberman into coalition (Ha'aretz, 12. Oktober 2006); Mazal Mualem, Yair Ettinger: Laborites urge PM to invite Lieberman into coalition (Ha'aretz, 11. Oktober 2006); Mazal Mualem: A mere 5 Laborites openly reject Lieberman as gov't partner (Ha'aretz, 25. Oktober 2006)
  14. derstandard.at vom 27. Oktober 2006
  15. netzzeitung.de
  16. shn.ch: "Ultrarechter in israelischer Regierung"
  17. "Ultrarechter wird Vize-Regierungschef Israels"