Geschichtskritik
Urkundenkritik gibt es wohl, aber so was? Keine Literatur, keine Vertreter? -84.60.13.142 21:20, 7. Nov. 2006 (CET)
Geschichtskritik ist die grundsätzlich kritische Auseinandersetzung mit der Geschichtsschreibung in der Gesamtschau oder einzelner Elemente (z.B. Epochen, Kulturen, Akteure) der Geschichte.
Sie geht in der Gesamtschau bereits auf Pyrrhon von Elis zurück (man könne aus der Geschichte nichts lernen) und drückt sich in Hans Vaihingers berühmter Formel von der Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen aus.
Klassische Geschichtskritik
Fachfragen der Geschichtskritik sind beispielsweise:
- Die Klärung von Fälschungen, soweit sie in der Geschichtsforschung relevant ist: Ein Beispiel sind als bisher anerkannt geltende Zuschreibungen von Werken zu Meistern, deren Lebensdaten nicht genau bekannt sind.
- Untersuchungen über die Sekundärverwendung von Materialien, die die absolute Altersbestimmung in Frage stellen.
- Die Überprüfung von überlieferten Herrscherfolgen oder Eckdaten durch Vergleich mit zeitgenössischen Aufzeichnungen anderer Provenienz: So konnten erst durch die Entzifferung von Keilschrifttexten manche Ungereimtheiten der ägyptischen Pharaonen-Folge einer Klärung zugeführt werden.
- Analyse von kontemporären Geschichtsfälschungen: Es war – und ist wohl noch – in allen Kulturen politisch durchaus akzeptabel, die Erinnerung etwa an besiegte Dynastien oder unliebsame Vorfahren zu tilgen, indem diese aus der offiziellen Geschichtsschreibung entfernt werden.
- Kontrollen auf Geschichtsklitterung, die unkritische Geschichtsdarstellung, und insbesondere aber die Abgrenzung gegen Mythen, Legenden, und andere nichtwissenschaftliche Formen tradierten Kultur- und Gedankenguts.
- siehe auch: Historisch-kritische Methode der Textanalyse
Moderne Geschichtskritik
Die Absicht der Geschichtskritik des späten 20. Jahrhunderts war ursprünglich, die Methodik und das Instrumentarium der Geschichtswissenschaften einer ähnlich strengen Überprüfung zu unterziehen, wie das z. B. die Physik oder die Mathematik in den 1920er-1930er-Jahren vollzogen. Hierbei ging es um die Frage, ob die Axiomatik der Geschichtsschreibung nicht Kreisreferenzierungen enthält, oder letztendlich auf ungesicherter, aber nicht in Zweifel gezogener Quellenlage beruht.
Dieser Ansatz verlor sich aber bald in diversen hypothetischen Konstrukten, die die ursprünglichen Beweggründe überlagerten und sich in demselben Eklektizismus verloren, der eigentlich in Frage gestellt werden sollte. Die Folge ist, dass seitens der etablierten Geschichtswissenschaft diese Form der Geschichtskritik als Parawissenschaft betrachtet wird.
Dieses Themenumfeld firmiert unter der Bezeichnung Chronologiekritik
Beispielsweise in den Werken von Edmund Husserl und Michel Foucault finden sich Ansätze von Geschichtskritik, die unabhängig von der Chronologiekritik zu betrachten sind.
Siehe auch
- Geschichtsschreibung – die Rekonstruktion von historisch als bedeutsam erachteter Daten
- Chronik – geschichtliche Darstellung, die die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge darstellt
- Chronologie - Zeitkunde bzw. Lehre von der Zeitmessung und Zeitrechnung
- Historische Hilfswissenschaften (kurz: GHW) – die Aufbereitung historischer Quellen
- Altersbestimmung von Gesteinen, Fossilien oder archäologischen Funden
- Chorologie – die Lehre von der geografischen Verbreitung der Organismen
- Stratigrafie – die Untersuchung von Schichtungen und ihre zeitliche Zuordnung.
- Chronographie