Wellenwiderstand
Mit Wellenimpedanz, sehr oft als Wellenwiderstand bezeichnet, wird eine Eigenschaft eines Mediums bezeichnet, in dem sich eine physikalischen Welle fortpflanzt.
Man kann ihn sich anschaulich etwa als die Härte oder Weichheit vorstellen, die das Medium der sich ausbreitenden Welle entgegensetzt. Dadurch stehen z. B. Kraft und Bewegung (bei akustischen Wellen) oder Strom und Spannung (bei elektromagnetischen Wellen) in einem bestimmten Verhältnis zueinander, das Wellenwiderstand genannt wird.
Reflexionen
An den Stellen, an denen sich der Wellenwiderstand abrupt ändert, kommt es zu Reflexionen. Die Extremfälle solcher Änderungen des Wellenwiderstandes sind offene und geschlossene Enden. Hierzu lassen sich folgende Analogien finden:
Art der Welle | Offenes Ende | Geschlossenes Ende |
---|---|---|
Elektromagn. Welle im Kabel | nicht verbunden | kurzgeschlossen |
Hohlleiter | endet offen | leitfähig verschlossen |
Schwingendes Seil/Saite | Ende hängt frei | Ende ist befestigt |
Schall im Rohr | Ende offen | Deckel/Stopfen |
In allen diesen Fällen findet eine nahezu vollständige Reflexion statt. Je nach Abschluss findet dabei ein Vorzeichenwechsel (mitunter auch Phasensprung bzw. -drehung von 180° genannt) statt oder nicht.
Durch mehrere Reflexionen (z. B. an beiden Kabelenden) können dabei stehende Wellen entstehen.
Beispiele für abgeschwächte Reflexion
Beispiele für Änderungen des Wellenwiderstandes mit einer abgeschwächten Reflexion:
- Akustische Welle
- Eine Schallwelle trifft aus der Luft auf dem Wasser auf.
- Elektromagnetische Welle
- Zwei Koaxialkabel mit unterschiedlichen Geometrien werden zusammengelötet.
- Mechanische Welle
- Das Ende eines zum Schwingen angeregten Seiles ist mit Gewichten beschwert oder mit einer Feder an einem festen Punkt befestigt.
Beispiele für totale Reflexion
- Akustische Welle
- Eine Schallwelle trifft aus der Luft auf eine Wand (Echo).
- Elektromagnetische Welle
- Ein Koaxialkabel wird am Ende kurzgeschlossen
- Ein Koaxialkabel wird am Ende offen gelassen
- Mechanische Welle
- Ein Seil an der Wand befestigt.
Beispiele für reflexionsfreie Abschlüsse
- Akustische Welle
- Schalltrichter eines Grammofones
- Exponentialtrichter bzw. -Horn und Kugelwellenhorn beim Horn (Lautsprecher).
- Elektromagnetische Welle
- Der Quellwiderstand eines Senders stimmt mit der Impedanz des Kabels (z. B. 50 Ohm) und der Antenne (ebenfalls 50 Ohm) überein (siehe Impedanzanpassung).
- Ein Hohlleiter wird mit einem Exponentialtrichter abgeschlossen - es gibt an dieser Stelle einen kontinuierlichen Übergang vom Wellenwiderstand im Hohlleiter zu demjenigen des freien Raumes.
- Mechanische Welle
- Ein Seil wird über eine Feder an der Wand befestigt. Die Feder absorbiert die Wellenenergie.
Elektromagnetische Wellen
Der Wellenwiderstand ist eine Kenngröße von längshomogenen Leitungen , wie Hohlleitern, Kabeln oder Einzeldrähten, die zur Beschreibung der Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen auf ihnen wichtig ist.
Die Berücksichtigung des Ausbreitungsverhaltens ist immer dann wichtig, wenn die übertragenen Signale hochfrequent sind im Vergleich zur Signallaufzeit auf der Leitung oder hochfrequente Anteile enthalten.
Das ist z. B. der Fall bei
- hohen Frequenzen (z. B. Koaxialkabel in der HF-Technik oder Digitalsignale mit steilen Flanken)
- langen Leitungen (z. B. 50-Hz-Hochspannungsnetze über Kontinente hinweg)
Für homogene Leitungen ist der Wellenwiderstand eine reelle Größe (z. B. 50 Ω bei gängigen Koaxialkabeln).
Bei inhomogenen Leitungen oder Fehlanpassung kann das Verhalten eines Kabels durch einen komplexen Vierpol beschrieben werden.
Der Wellenwiderstand ist unabhängig von der Leitungslänge, kann jedoch leicht frequenzabhängig sein (Dispersion). Die Frequenzabhängigkeit wird durch das Dielektrikum des Kabels hervorgerufen und muss bei Breitband-Signalübertragungen berücksichtigt werden.
Der Wellenwiderstand ist nicht zu verwechseln mit dem ohmschen Leitungswiderstand, der die (Wärme-)Verluste beschreibt, wenn die Leitung von einem Strom durchflossen wird.
Den Wellenwiderstand eines Kabels kann man sich als Eingangswiderstand einer endlos langen Leitung vorstellen.
Je enger die Leiter beieinander sind, je dicker sie sind und je größer die Kapazität zwischen ihnen, desto geringer ist der Wellenwiderstand.
Die Wellenimpedanz ist in der Leitungstheorie definiert als:
.
Abschluss
Den Wellenwiderstand im Sinne eines Bauteils gibt es nicht. „Mit dem Wellenwiderstand abgeschlossen“ bedeutet, dass am entsprechenden Ende der Leitung ein Abschlusswiderstand von der Größe des Wellenwiderstandes angebracht ist. Das kann bei hohen Frequenzen ein ohmscher Widerstand sein, da dann der Wellenwiderstand der Leitung reell ist.
Schickt man einen Spannungsimpuls in eine Leitung, die am anderen Ende nicht mit der entsprechenden Impedanz abgeschlossen ist, tritt dort eine Reflexion auf – vergleichbar mit einem akustischen Echo. Entspricht die Quellimpedanz der Signalquelle nicht dem Wellenwiderstand der Leitung, wird das "Echo" auch am anderen Ende reflektiert usw.
Die Übereinstimmung der Impedanzen von Quelle, Last und Wellenwiderstand ist deshalb fast immer erwünscht, um Reflexionen zu vermeiden. Den reflexionsfreien Abschluss kann man sich so erklären, dass zwar eine Reflexion auftritt, diese aber aufgrund der Gleichheit mit dem Widerstand des Kabels zu gleichen Teilen in Phase und um 180° gedreht auftritt und sich somit auslöscht.
Ersatzschaltbild einer elektrischen Leitung
Im Folgenden ist das Ersatzschaltbild einer elektrischen Leitung mit der infinitesimalen Länge dx angegeben:

Die dabei auftretenden Größen sind auf die Länge dx bezogene Beläge: Der Induktivitätsbelag L' , der Kapazitätsbelag C' , der Widerstandsbelag R' und der Leitwertbelag G' . Mit der Spannung U und dem Strom I an der Leitung lassen sich mit dieser Ersatzschaltung die beiden Differentialgleichung der homogenen Leitung bestimmen zu:
Die erste Gleichung besagt, dass die Spannung entlang der Leitung um so rascher abnimmt, je größer die Stromstärke an der betrachteten Leitungsstelle x ist. Die zweite Gleichung besagt, dass die Stromstärke durch die Leitung um so schneller abnimmt, je größer die Spannung der betrachteten Stelle x ist.
Bei der Lösung dieser beiden Differentialgleichungen wird unter anderem der Wellenwiderstand als Abkürzung definiert.
Herleitung des Wellenwiderstandes aus der Leitungsgleichung
Differenziert man obige erste Leitungsgleichung nach x und setzt dann den Ausdruck für dI/dx aus der zweiten Gleichung ein, bekommt man eine lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung
welche durch einen Lösungsansatz der Form
gelöst werden kann. Durch Koeffizientenvergleich lässt sich bestimmen zu:
Damit ergeben sich zwei Lösungen für die Spannung U im Abstand x vom Leitungsanfang
mit den von den Randbedingungen abhängigen Koeffizienten a1 und a2. Der komplexe Parameter wird Fortpflanzungskonstante oder auch Ausbreitungskonstante genannt. Sie ist im Allgemeinen von der Frequenz abbhängig und nur bei bestimmten Leitungstypen in ihrem komplexen Wert konstant.
Die Stromstärke an der Stelle x der Leitung lässt sich aus den Leitungsgleichungen bestimmen zu:
Durch Einsetzen in die Lösung für die Spannung ergibt sich damit für den Strom I:
Dabei ist der neu auftretende Parameter Zw der Wellenwiderstand in der allgemeinen Form:
Frequenzabhängigkeit des Wellenwiderstandes
Der Wellenwiderstand ist nach obiger Gleichung im allgemeinen komplex und frequenzabhängig. Bei niedrigen Frequenzen ist der Wellenwiderstand stark von der Frequenz abhängig, komplex und nähert sich für hohe Frequenzen einen konstanten, reellen Wert an. Hohe Frequenzen sind in diesem Kontext jene Frequenzen ab denen der ohmschen Widerstandsbelang bzw. Querleitbelag gegenüber den kapazitiven und induktiven Belag der Leitung vernachlässigt werden kann und der Wellenwiderstand der Leitung nur noch durch den kapazitiven und induktiven Belag bestimmt werden.
Der Übergang zum frequenzunabhängigen und konstanten Wellenwiderstand hängt damit auch von den Parametern der Leitung ab. In Praxis und bei herkömmlichen Leitungen kann in vielen Fällen ab Frequenzen von 20 kHz aufwärts mit einem konstanten und rein reellen Wellenwiderstand gerechnet werden. Typischerweise liegt dann der reelle Wellenwiderstand je nach Leiteranordnung zwischen einigen 10 Ohm und einigen 100 Ohm.
Bei Gleichstrom hingegen ist der sehr kleine Querleitbelag G' der Leitung dominant. Womit der Wellenwiderstand einer Leitung bei der Frequenz 0 HZ sehr groß wird. Typische Werte des Wellenwiderstandes im Gleichstromfall liegen im Bereich von 100 kOhm bis zu einigen 10 MOhm.
Messen
Man kann den Wellenwiderstand z. B. ermitteln, indem man den Wechselstromwiderstand der offenen Leitung () und den Wechselstromwiderstand der kurzgeschlossenen Leitung () misst und das geometrische Mittel aus beiden Größen bildet.
Der Wellenwiderstand () ist dann:
Anstelle der Bezeichnung wird oft auch die Bezeichnung (L für Leitung) verwendet.
Berechnen
Wellenimpedanz des Vakuums
Breitet sich eine elektromagnetische Welle in Vakuum aus, so berechnet sich der Wellenwiderstand (auch Feldwellenwiderstand oder Freiraumwellenwiderstand genannt) zu:
Wellenwiderstand einer Doppelleitung
Für Wechselstrom berechnet sich die (komplexe) Wellenimpedanz einer Doppelleitung aus den Leitungskonstanten als:
mit = Induktivitätsbelag, = Kapazitätsbelag, = Widerstandsbelag, = Ableitungsbelag und (imaginäre Einheit).
Wird die Leitung als verlustfrei angenommen, vereinfacht sich die Gleichung zu:
Eine Leitung ist verlustfrei, wenn keine Wirkwiderstände und Leitwerte vorhanden sind. Insbesondere kann man das bei hohen Frequenzen (GHz) annehmen, da die Blindanteile und proportional mit der Frequenz wachsen und somit bzw. vernachlässigbar klein werden.
Wellenwiderstand konkreter Leitungsformen
Der Wellenwiderstand lässt sich auch aus der Geometrie des Leiters und der Isolierung berechnen.
Für koaxiale (asymmetrische) Leiter gilt:
mit als relative Dielektrizitätskonstante des Isolationsmaterials.
Für symmetrische Leiter gilt:
Standardwerte
Normierte Koaxialkabel haben einen Wellenwiderstand von 50 Ω und 75 Ω. Bei diesem Wellenwiderstand ist, abhängig vom verwendeten Dielektrikum, die Dämpfung des Kabels optimal. Ein Wellenwiderstand von Zw = 50 Ω ist optimal für Koaxialleitungen mit dem Dielektrikum wie Polyethylen (allgemeine Nachrichtentechnik). Bei einem Wellenwellenwiderstand von Zw = 75 Ω ist die Dämpfung für ein luftisoliertes Kabel optimal (Kabelfernsehen).
Akustische Wellen
Akustische Wellen erfahren in verschiedenen Medien unterschiedliche "Widerstände"; das ist die "Kennimpedanz" dieser Werkstoffe.
Medium | Wellenwiderstand in |
---|---|
Wasserstoff | |
Luft | bei 20 °C (Schallkennimpedanz) |
Wasser | bei 0 °C |
Quecksilber |