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Jörg Immendorff

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Jörg Immendorff (* 14. Juni 1945 in Bleckede bei Lüneburg, lebt in Düsseldorf) ist ein deutscher Maler und Bildhauer.

Leben und Werk

Immendorff war Hauptschullehrer, bevor er zu einem der bekanntesten Nachkriegs-Künstlerpersönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland avancierte. Er studierte in den sechziger Jahren an der Kunstakademie Düsseldorf zuerst Bühnenbildkunst bei Teo Otto und anschließend ab 1964 Kunst bei Joseph Beuys.

Danach war er einige Jahre als Kunsterzieher tätig, bevor er sich ganz der freien Kunst zuwandte. Er malte - im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Malern, die sich nach 1945 der gegenstandslosen Kunst zuwandten - schon früh gegenständliche Bilder mit politisch-gesellschaftskritischen Inhalten. Diese Werkgruppe mit plakativen Bildern aus der Mitte der siebziger Jahren figuriert unter der Bezeichnung "Agitprop".

Schließlich wurde Immendorff zum Vertreter einer neuen Historienmalerei in Deutschland. 1968 sorgte er für Aufsehen, indem er bei seiner ersten "LIDL"-Kunstaktion einen schwarz-rot-goldenen Klotz ans Bein gebunden und damit bis zum Einschreiten der Polizei vor dem Bundestag auf und ab gelaufen ist. 1976 schloss er eine Freundschaft mit dem damals noch in der DDR lebenden und dort offiziell verpönten Künstler A. R. Penck. 1984 eröffnete er in St. Pauli die "La Paloma"-Bar und schuf auch eine Plastik von Hans Albers. Eine Zeitlang fühlte er sich der Malerei der "Jungen Wilden" verpflichtet. Bekannt wurde Immendorff vor allem durch eine Serie von 16 großformatigen Bildern, die "Café Deutschland" betitelt sind. Die figurenreichen Szenen spielen sich auf einem bühnenartigen Raum ab und wurden von Renato Guttosos "Caffè greco" inspiriert. "Café Deutschland" steht dabei für den Namen einer Düsseldorfer Diskothek, deren fiktive politische und kulturelle Gäste den damaligen Ost-West-Konflikt symbolisieren. Damals war er sehr berühmt. Des weiteren war Immendorff für etliche Bühnenbildgestaltungen, z.B. für die Festspiele in Salzburg, verantwortlich. Auch an der künstlerischen Gestaltung des "Luna Luna"-Vergnügungsparks von André Heller war er beteiligt. 1989 erhielt Immendorff eine Professur am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main, seit 1996 ist er Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Neben seinen Bildern schuf Immendorff auch expressive Plastiken. Immendorff portraitierte Gerhard Schröder für die Kanzlergalerie im Bundeskanzleramt.

Seit 1997 leidet Immendorff an der amyotrophen Lateralsklerose (ALS), einer tödlich verlaufenden Nervenkrankheit. Am 23. November 2005 wurde er nach einstündiger notärztlicher Behandlung in die Düsseldorfer Universitätsklinik eingeliefert. Aufgrund einer Schwächung der Atemfunktion wurde ein Luftröhrenschnitt als Zugang für die maschinelle Beatmung durchgeführt. Weitere Informationen zu seinem Gesundheitszustand drangen nicht an die Öffentlichkeit.

Entwicklung seit 1998

Seit etwa 1998 veränderte Immendorff seinen Stil und seine Thematik. Nach eigener Aussage befreite er nun seine Gemälde von dem erzählenden Lametta, um zu einer reineren Malerei zu kommen. Vor monochrome Hintergründe, manchmal schwarz, meistens aber pastellfarben, setzt er geheimnisvolle Figuren und Chiffren. Dabei macht er deutliche Anleihen bei der älteren Kunst. Eines seiner neuen Leitmotive hat er Hans Baldung Grien entlehnt. Die Füße einer nackten Frau sind an Kugeln gebunden. Um das Gleichgewicht zu halten (oder um sich fortzubewegen?), stützt sie sich auf eine Krücke und auf einen Stock. Immendorff hat das traditionelle Bild der "Fortuna" in eine eigene Bildwelt versetzt. Vielleicht ist diese Figur mit dem labilen Stand ein Zeichen für Unsicherheit und Veränderung.

Auf den neueren surreal wirkenden Bildern tauchen weitere rätselhafte Motive auf, die aus der Kunstgeschichte bekannt sind, wie das Labyrinth, der Babylonische Turm und eine Weltkugel mit acht allegorischen Figuren nach einem Kupferstich von Jacques de Gheyn, der 1596/97 unter dem Motto "Allen Dingen ist der Wechsel eigen" erschienen ist. Dieser Globus ersetzt bei manchen Gestalten den Kopf, auch auf Selbstdarstellungen Immendorffs. Das ist vielleicht ein Hinweis auf das Lebensgefühl des Künstlers, der immer wieder seinen Stil und seine künstlerischen Aussagen verändert und in Frage gestellt hat.

Als Künstler nutzt Immendorff geschickt die Massenmedien für seine Imageförderung. Die Hochzeit mit seiner über dreißig Jahre jüngeren Partnerin, der Bulgarin Oda Jaune, wurde im Jahr 2000 zu einem Medienereignis hochstilisiert. Am 18. August 2003 gerät der Künstler wegen einer Drogen-Affäre jedoch in die Negativschlagzeilen. Nachweislich konsumierte er am 16. August 2003 und an mehreren weiteren Terminen in der Suite eines Düsseldorfer Nobelhotels zusammen mit Prostituierten in größeren Mengen Kokain. Der Künstler selbst gab zu, seit den frühen 90er Jahren Kokain zu konsumieren. Am 4. August 2004 verurteilte ihn das Düsseldorfer Landgericht wegen Kokainbesitzes zu elf Monaten Freiheitsstrafe. Die Strafe wurde jedoch zur Bewährung ausgesetzt, u.a. mit der Auflage, 150.000 Euro an verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zu zahlen. Immendorff kann somit seinen Beamtenstatus und seine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie behalten, die er nach Beamtenrecht bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verloren hätte. Ende Oktober 2003 war er von seiner Tätigkeit als Hochschullehrer an der Düsseldorfer Akademie offiziell entbunden worden. Anfang November 2004 wurde die Suspendierung als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie jedoch wieder aufgehoben. Immendorff darf wieder lehren.

Jörg Immendorff gründete eine Stiftung mit einem "Stipendium zur Erforschung von Ursache und Therapie der ALS" an der Berliner Charité und stellte mehrfach eigene Kunstwerke zur Versteigerung zur Verfügung. Vom 23. September 2005 bis 22. Januar 2006 wurde er mit einer umfassenden Einzelausstellung in der Neuen Nationalgalerie in Berlin geehrt. Immendorf hat sich auch für die gemeinnützige Galerie fiftyfifty engagiert.

Immendorff wird am 7. Oktober 2006 mit dem "Goslarer Kaiserring" der Stadt Goslar für seine Kunst ausgezeichnet werden. Das gab der Oberbürgermeister der Stadt Goslar, Otmar Hesse, Anfang des Jahres 2006 bekannt. Nach der Begründung der Jury sei Kunst für Immendorff "kein Selbstzweck" sondern gehe es ihm um die "unmittelbare gesellschaftliche Wirkung".

Auszeichnungen

Literatur

Sonstiges