Atelier Goldstein

Das Atelier Goldstein ist ein Ort der Produktion zeitgenössischer Kunst in Frankfurt am Main.[1] Es vertritt Künstler, deren Zugang zu Kunst und den dazugehörigen Institutionen aufgrund einer zugeschriebenen Behinderung nicht selbstverständlich ist.[2]
Werke aus dem Atelier Goldstein waren bisher u. a. bei der documenta fifteen,[3] in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt, im Museum Folkwang in Essen, in der Königsklasse der Pinakothek der Moderne München, im Kunstforum Wien, in der Royal Academy of Arts in London, im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen und im Lenbachhaus in München zu sehen.
Arbeiten von Künstlern des Atelier Goldstein befinden sich u. a. in der Bundeskunstsammlung, der Museumslandschaft Hessen sowie in den Sammlungen des Centre Pompidou in Paris, des Museum of Everything in London und der Collection Bruno Decharme.
Geschichte
Im Atelier Goldstein arbeiten Künstler*innen in den Bereichen Malerei, Zeichnung, Grafik, Bildhauerei, Fotografie, Sound und Performance. Das Atelier Goldstein verfolgt das Ziel, diese Werke im Kontext der zeitgenössischen Kunst sichtbar zu machen. Ein Team von künstlerischen Assistent*innen unterstützt die Künstler*innen dabei, die eigene Bildsprache auszubauen und zu professionalisieren.[4]Die Arbeiten der Künstler*innen werden in nationalen und internationalen Kontexten gezeigt und in Sammlungen aufgenommen.
Seit 2013 betreibt das Atelier Goldstein die Goldstein Galerie in Frankfurt am Main. Unter dem Namen Goldstein Akademie sind seit 2017 Künstler*innen des Ateliers als Kunstlehrende an Frankfurter Schulen tätig.
Gegründet wurde das Atelier Goldstein der Lebenshilfe Frankfurt am Main e. V. im Jahr 2001 von der Bühnen- und Kostümbildnerin Christiane Cuticchio, die das Atelier bis 2019 leitete. Im Jahr 2020 übernahmen die Filmemacherin Sophia Edschmid und der Künstler und Musiker Sven Fritz die Leitung des Atelier Goldstein.
Goldstein Galerie
Das Atelier Goldstein betreibt einen eigenen Kunstraum in Frankfurt-Sachsenhausen. In der Goldstein Galerie findet seit 2013 ein inklusives Programm mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen statt. Dazu gehören Ausstellungen, Residenzprogramme, Workshops, Vorträge, Lesungen, Konzerte, Gespräche und Filmabende.
Goldstein Akademie
Unter dem Namen Goldstein Akademie versammelt sich die Bildungsarbeit des Atelier Goldstein:
Künstler des Ateliers unterrichten Kunst an Frankfurter Schulen. Darüber hinaus leiten sie Workshops für Kinder- und Jugendliche und Fortbildungen für Lehrer. Das jeweilige Werk der Künstler bildet den Ausgangspunkt für das gemeinsame Arbeiten. Davon ausgehend werden individuelle Konzepte und Projektideen für verschiedene Altersstufen und Zielgruppen entwickelt.
Mitarbeiter der Goldstein Akademie begleiten das Studium eines Atelier Goldstein Künstlers an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main. Sie beraten beim Studium und bei der Erstellung von Bewerbungsmappen.
Neugestaltung der Marienkirche bei Rüdesheim, 2009-2015
Im Jahr 2009 wurde das Atelier Goldstein mit der Neugestaltung einer Zisterzienserkirche aus dem frühen 13. Jahrhundert im Rheingau beauftragt. Die Arbeit an der Marienkirche in Rüdesheim am Rhein wurden 2015 abgeschlossen. Die Kirche befindet sich auf dem Gelände des Sankt Vincenzstift Aulhausen. In Zusammenarbeit mit Theologen gestaltete das Atelier Goldstein den gesamten Kirchenraum, darunter Fenster, Kreuz und Marienaltar, entsprechend der katholischen Ikonografie und der Zisterzienserlehre neu. Vom Konzept über den Entwurf bis zur baulichen Umsetzung zur Marienkirche war eine inklusive Gruppe von 14 Künstler*innen an dem Gesamtkunstwerk beteiligt.
"Never Forget", Max-Planck-Institut Frankfurt, 2020-2022
2020 beauftragte das Max-Planck-Institut für Hirnforschung das Atelier Goldstein mit der Konzeption und Realisierung eines Mahnmals für den Eingangsbereich des Instituts in Frankfurt am Main. „Never Forget“ [5]ist eine Gedenkskulptur, die an 58 Kinder erinnert, die während der NS-Zeit durch das Vorgängerinstitut Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für neurologische Studien ermordet wurden. Die Gedenkskulptur besteht aus 9 Betonstühlen in Kindergröße, die auf einem Sockel angeordnet sind. In den Sockel sind Namen der Opfer als Intarsien eingelassen.
Künstlerinnen und Künstler
- Perihan Arpacilar (1949–2022), Gemälde
- Wolfgang Bielaczek (1959–2020), Zeichnungen
- Julius Bockelt (* 1986), Zeichnungen und Fotografie
- Dustin Eckhardt (* 1999), Zeichnungen
- Holger Frischkorn (* 1974), Gemälde
- Hans-Jörg Georgi (* 1949), Kunstobjekte und Zeichnungen
- Stefan Häfner (* 1959), Architektur
- Tina Herchenröther (* 1998), Gemälde und Zeichnungen
- Julia Krause-Harder (* 1973), Kunstobjekte
- Snezana Milenkovic (* 1971), Gemälde
- Franz von Saalfeld (* 1961), Gemälde und Bühnenstücke
- Christa Sauer (1952–2019), Gemälde
- Babak Sayahzadeh (* 1996), Computerkunst
- Markus Schmitz (* 1980), Scherenschnitte
- Selbermann (* 1962), Zeichnungen, Malereien, Plastiken, Fotografien
- Andreas Skorupa (* 1967), Zeichnungen
- Lothar Zaubitzer (* 1964), Kunstobjekte
- Juewen Zhang (* 1995), Gemälde und Zeichnungen
- Birgit Ziegert (1966–2017), Gemälde und Zeichnungen
Ausstellungen seit 2015 (Auswahl)
2023
Der weltbekannte Planet“, Gruppenausstellung des Atelier Goldstein im NKR – Neuer Kunstraum Düsseldorf; Wolken. Von Gerhard Richter bis zur Cloud, Julius Bockelt u. a., Museum Sinclair-Haus; „I Love The Movement That Displaces Lines“, Julius Bockelt, Galerie Christian Berst, Paris
2022
Cartographie, Julia Krause-Harder u. a., Galerie Plein Jour, Douarnenez; Noah’s Planes, Hans Jörg Georgi, Galerie Christian Berst, Paris; Atelier Goldstein im Lenbachhaus München, Julius Bockelt, Hans Jörg Georgi, Tina Herchenröther, Julia Krause-Harder und Franz von Saalfeld; Stadt-Blicke. Eine subjektive Frankfurt Kartographie, Dustin Eckhardt, Selbermann u. a., Historisches Museum, Frankfurt am Main; documenta fifteen, Julius Bockelt, Hans Jörg Georgi, Franz von Saalfeld und Juewen Zhang, Kassel
2021
La Creation du monde N°2, Julia Krause Harder, Dommuseum Frankfurt am Main; Ostinato, Julius Bockelt, Galerie Christian Berst, Paris
2020
Julius Bockelt, u.a., Galerie Christian Berst, Paris
2019
Julia Krause-Harder u.a., Musée Visionnaire, Zürich; Flying High, Perihan Arpacilar, Julia Krause-Harder, Birgit Ziegert u.a., Kunstforum Wien
2018
L´envol, Hans-Jörg Georgi u.a., La Maison Rouge, Paris; Summer Exhibition, Hans-Jörg Georgi u.a., Royal Academy of Arts, London; Königsklasse IV, Hans-Jörg Georgi u.a., Pinakothek der Moderne / Schloss Herrenchiemsee; Phase Shifter, Julius Bockelt, Museum Folkwang, Essen; Touchdown, Birgit Ziegert, Christa Sauer, u.a., Zentrum Paul Klee, Bern
2017
Living In Art Brut, Perihan Arpacilar u.a., Museum Krems, Krems/Donau; „Ballastexistenzen“ –?, Paulskirche, Frankfurt am Main; 1000 Patronen, Julius Bockelt u.a., Museum Texture, Kortrijk
2016
Tell it Slant, Julius Bockelt, Louise Bourgeois, Polly Apfelbaum, u.a., Frith Street Gallery, London; Fürchtet euch nicht !, Julia Krause-Harder, Dommuseum, Frankfurt am Main; Touchdown, Birgit Ziegert, Christa Sauer, u.a., Bundeskunsthalle Bonn; Bühnenreif 1. Akt (1900-2016), Franz von Saalfeld u.a., Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen
2015
Julius Bockelt, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main; Art Brut Live, Hans-Jörg Georgi u.a., Dox, Prag; Flugzeuge, Hans-Jörg Georgi, Luftmuseum Amberg; Julia Krause-Harder, Kunstverein Bad Nauheim
Auszeichnungen
- 2012 Binding-Kulturpreis
Siehe auch
- Galerie ART CRU Berlin. Abgerufen am 16. Dezember 2022.
Literatur
- Johan Bettum, Holger Frischkorn: Atelier Goldstein Künstler : Holger Frischkorn ... ; Arbeiten von acht Künstlern aus dem Atelier Goldstein. Hrsg.: Gabi Schirrmacher, Atelier Goldstein. Jovis, Berlin 2007, ISBN 978-3-936314-89-2.
Weblinks
- Atelier Goldstein
- Lebenshilfe e. V., Frankfurt am Main
- Perihan Arpacilar auf YouTube
- Mehrere Künstler bei der Arbeit
- Almut F. Kasper: Haus der bezaubernden Talente. In: stern.de. 29. April 2008, abgerufen am 5. Dezember 2022.
Einzelnachweise
- ↑ Martina Propson-Hauck: Ein Ort für besondere Künstler. In: FAZ.net. 15. Oktober 2021, abgerufen am 29. Juni 2023.
- ↑ Tobias Haberl, Matthias Ziegler: „Am Ziel sind wir erst, wenn es unser Atelier nicht mehr braucht“. In: Süddeutsche Zeitung Magazin. 17. November 2022, abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ monopol magazin: Diese Documenta-Werke bleiben in Kassel. 6. Januar 2023, abgerufen am 29. Juni 2023.
- ↑ [Behindert%20-%20na%20und?%20Inklusion%20und%20Kultur%20-%20mit%20Gebärdensprache%20-%20ZDFmediathek ZDF Aspekte, Behindert – na und? Inklusion und Kultur.] abgerufen am 29. Juni 2023. In: ZDF Aspekte. 14. April 2023,
- ↑ Martina Propson-Hauck: Mahnmal für Euthanasie-Opfer. In: FAZ.net. FAZ, 19. Mai 2022, abgerufen am 29. Juni 2023.