Nitroglycerin
Strukturformel | |
---|---|
Datei:Nitroglycerin Sformel v2.png | |
Allgemeines | |
Name | Glycerintrinitrat (Trinitroglycerol; 1.2.3.Trinitroglycerol; Glyceroltrinitrat) |
Andere Namen | Propan-1,2,3-trioltrinitrat, Nitroglyzerin, Glyceryltrinitrat, Trisalpetersäureglycerinester, Trisalpetersäurepropan-1,2,3-triolester, "Nobels Sprengöl", Blasting oil, Glycerinum trinitricum |
Summenformel | C3H5O9N3 |
CAS-Nummer | 55-63-0 |
Kurzbeschreibung | farblose Flüssigkeit |
Eigenschaften | |
Molmasse | 227,09 g/mol |
Aggregatzustand | flüssig |
Dichte | 1,5939 g/cm³ (15 °C) |
Schmelzpunkt | je nach Isomer 2,8 °C oder 13,5 °C |
Siedepunkt | 290 °C |
Dampfdruck | ? Pa (x °C) |
Löslichkeit | schlecht in Wasser, gut In Aceton, Methanol, Diethylether |
Sicherheitshinweise | |
Vorlage:Gefahrensymbol 2 | |
R- und S-Sätze |
R: 26/27/28-3-33 |
MAK | 0,005 ml/m³ |
Vorlage:SI-Chemikalien |
Glycerintrinitrat oder Glyceroltrinitrat ist ein bekannter Sprengstoff und hat die Summenformel C3H5(ONO2)3. Die geläufige Bezeichnung Nitroglycerin ist gemäß IUPAC-Nomenklatur irreführend, da das Präfix Nitro- auf eine Kohlenstoff-gebundene NO2-Gruppe hinweist. Im Glycerintrinitrat jedoch ist der Alkylrest über ein verbrückendes Sauerstoff-Atom an den Stickstoff gebunden, weswegen es sich um einen Tri-Ester der Salpetersäure handelt. Noch exakter als Glycerintrinitrat wäre demnach die Bezeichnung Glycerintris(nitrat), das Präfix tris weist darauf hin, dass es sich beim Säurerest nicht um ein Kondensat aus drei Molekülen HNO3 handelt, sondern dreimal mit je einem Molekül verestert wurde. Da die Bezeichnung Glyzerin lediglich der Trivialname des dreiwertigen Alkohols Propantriol ist, ist für dessen Salpetersäureester (also das so genannte Nitroglyzerin) die Bezeichnung Propantrioltrinitrat ebenfalls korrekt.
Eigenschaften
Glycerintrinitrat ist bei Standardbedingungen eine farblose, geruchlose und schlecht wasserlösliche Flüssigkeit. Es hat einen süßlichen Geschmack und schon die Einnahme einer geringen Menge Nitroglycerin führt zu Kopfschmerzen. Der Schmelzpunkt liegt je nach Isomer bei 2,8 °C oder 13,5 °C. Wegen des Sauerstoffüberschusses ist Glycerintrinitrat eine eher instabile Verbindung, die bereits durch eine geringe Aktivierungsenergie zu einer stark exothermen Reaktion gebracht werden kann. Glycerintrinitrat explodiert bereits bei einem Fallhammerversuch mit einem 2 kg Fallhammer aus 10-12 cm Höhe. Die Flüssigkeit wird in extrem kurzer Zeit vollständig in gasförmige Produkte umgewandelt, was zu einer massiven Volumenausdehnung führt (Explosion; Berechnung der Gasmenge bei der Explosion von 1 Mol Nitroglycerin hier).
- Schmelzpunkt: 13,2 °C
- Wasserlöslichkeit: 1500 mg/L bei 20°C
- Dampfdruck: 3,5 10-4 mbar bei 20 °C
- Detonationsgeschw.: 6700-8500 m/s (7600 m/s (Dichte: 1,599 g/cm³)
- Bleiblockausbauchung: 520 ml/10 g
- Schlagempfindlichkeit: 0.2 Nm (0.02 kpm)
- Reibempfindlichkeit: bis 36 kp Stiftbelastung keine Reaktion
Verwendung
Sprengstoff
Glycerintrinitrat wird als Sprengstoff verwendet. Wegen der starken Stoß- und Erschütterungsempfindlichkeit ist die Handhabung allerdings eher schwierig. Alfred Nobel gelang es, Glycerintrinitrat in Kieselgur einzulagern. Das entstehende Dynamit war einfacher zu benutzen. Da aber die 25% inaktives Kieselgur die Sprengkraft reduzierte, gelang es ebenfalls Nobel, 1875 mit der Sprenggelatine, einem Gemisch aus Nitroglycerin und Schießbaumwolle (Zellulosenitrate), eine ideal zerfallende Mischung herzustellen (Ballistit, Cordit). Später wurde Gylcerintrinitrat als Sprengstoffbestandteil wegen seines hohen Gefrierpunkts teilweise durch Nitroglykol (Ethylenglykoldinitrat; EGDN) ersetzt, das erst bei -22 °C gefriert. Nitroglykol ist allerdings recht flüchtig und daher in warmen Ländern mit nur wenig prozentualen Anteil an Sprengöl im Gesamtsprengstoff nicht zu benutzen. Glycerintrinitrat ist dagegen heute noch ein wichtiger Bestandteil vieler Treibladungspulver. In geringen Mengen zugesetzt erhöht es die Sprengkraft von Ammonsalpetersprengstoffen.
Medizin
In der Medizin wird es wegen seiner gefäßerweiternden Wirkung (Freisetzung von Stickstoffmonoxid) unter dem Namen Glyceroltrinitrat als Mittel bei Angina Pectoris, Herzinsuffizienz und auch als Akutmittel bei einem Herzinfarkt eingesetzt (Nitrolingual® Pumpspray). Siehe auch organische Nitrate. Unter dem Geheimnamen "Glonoine" wurde die alkoholische Lösung seinerzeit auch Nobel gegen seine Angina Pectoris verschrieben.
Herstellung
Glycerintrinitrat wird durch die Veresterung der drei Hydroxylgruppen von wasserfreiem Glycerin mit einer Mischung aus Salpetersäure und Schwefelsäure, der so genannten Nitriersäure, hergestellt.
Man unterscheidet diskontinuierliche und kontinuierliche Herstellungsverfahren. Bei diskontinuierlichen Verfahren wird eine bestimmte Menge Nitriersäure vorgelegt und bei starker Kühlung kleine Mengen Glycerin zugegeben. Aufgrund der Wärmeentwicklung und einer autokatalytischen Zersetzung bei Temperaturen über 30°C bergen diese Methoden jedoch häufig unkalkulierbare Risiken.
Um die Glycerintrinitratmengen in den einzelnen Verarbeitungsstufen so gering wie möglich zu halten und die Produktivität zu erhöhen, wurden daher kontinuierliche Herstellungsverfahren entwickelt. Im einfachsten Fall werden Nitriersäure und Glyzerin kontinuierlich in ein gekühltes Rohrsystem gegeben und mischen sich dort aufgrund der laminaren Strömungsverhältnisse . Die modernsten Verfahren arbeiten nach dem Injektor-Prinzip. Der Injektor ist wie eine Wasserstrahlpumpe aufgebaut. Statt des Wassers fließt Nitriersäure durch den Injektor. Mit dem hierbei erzeugten Unterdruck wird Glyzerin angesaugt und in dem Säurestrahl verwirbelt. Die Temperatur liegt bei etwa 70 °C.
Allgemein erfordert die Synthese von Glycerintrinitrat besondere Sorgfalt, Kenntnisse im Umgang mit Gefahrstoffen und darf daher nur in professionellen Laboratorien hergestellt werden.
Zerfallsgleichung (allgemein)
4 C3H5(ONO2)3 → 12 CO2 + 10 H2O + 6 N2 + O2
Geschichte
Im Jahre 1847 stellt der Turiner Arzt und Chemiker Ascanio Sobrero erstmals Nitroglycerin her, aus dem Alfred Nobel 1867 Dynamit gewann.1875 wurde dann von ihm aus Nitroglycerin und Zellulosenitrat (Kollodiumwolle) der stärkste gewerbliche Sprengstoff, die Sprenggelatine, hergestellt. Diese Mischung wurde dann kurze Zeit später im härtesten Urgestein beim Bau des Gotthard-Tunnels in der Schweiz mit ausgezeichnetem Erfolg angewendet. Daraus wurden mit Zuschlagstoffen die schwächeren Gelatine-Dynamite hergestellt. Bei Verwendung des Ammonsalpeters in diesen Mischungen auch schon durch Nobel wurden die Grundlagen für die heute verwendeten Sprengstoffe geschaffen.
Literatur
- Richard Escales: Nitroglyzerin & Dynamit. SurvivalPress, 1908 Reprint 2002, ISBN 3831143625
- Josef Köhler, Rudolf Meyer: "Explosivstoffe". 9. Auflage, S. 215 ff. Wiley-VCH 1998, ISBN 3527288643
- Alfred Stettbacher: "Die Schieß- und Sprengstoffe.2.Auflage.Leipzig ( 1933 )