Zum Inhalt springen

Jürgen Fliege

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. November 2006 um 01:48 Uhr durch Widescreen (Diskussion | Beiträge) (VR). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Jürgen Fliege bei einer Buchpräsentation in Ulm am 29. März 2006

Jürgen Fliege (* 30. März 1947 in Radevormwald) ist evangelischer Pfarrer, Publizist und Talkshowmoderator.

Leben und Wirken

Bekannt wurde er durch seine namensgleiche Talkshow, die seit Februar 1994 in der ARD erfolgreich lief, aber am 15. September 2005 wegen der zuletzt geringen Einschaltquoten abgesetzt wurde. Das Format erhielt 1996 ein Bambi.

Jede seiner nachmittäglichen Sendungen (16–17 Uhr im Ersten, zuletzt ab 15 Uhr) war einem bestimmten Thema gewidmet. Anders als die grellen Talkshows der privaten Konkurrenz setzte Fliege zumeist auf ruhige Themen für ein reiferes Publikum. In seinen Sendungen waren viele Ärzte, Naturheilkundler und Lebensberater zu Gast, die sich der Probleme und Schicksale anderer Gäste annahmen und Ratschläge erteilten. Auch Themen wie „Geistheilungen“, Astrologie oder alternative Heilmethoden wurden regelmäßig besprochen. Außerdem unterhielt sich Fliege mit hunderten Prominenten über deren Lebenslauf oder besprach mit seinen Gästen heitere Alltagserlebnisse. Laufend wurden finanziell oder körperlich Geschädigte in seine Sendungen geladen und erhielten von Experten Rechtsbeistand. Im Rahmen seiner Fliege-Stiftung half er Kranken und Mittellosen in schwierigen Situationen. Zudem ließ Fliege im Rahmen seiner Sendung nach Vermissten suchen und ermöglichte lang Verschollenen ein Wiedersehen mit ihren Angehörigen.

Neben viel Zuspruch musste Fliege auch einiges an Kritik einstecken. Seine Sendung war vielen zu „menschelnd“, sein Umgang mit den Gästen sei zu vertraulich. Andere hingegen lobten seine einfühlsame Art und sein Gespür für Menschen. Im Jahre 1999 wollte der Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks Gerhard Fuchs wegen dessen beiläufiger Bemerkungen über Gott („der Gauner da oben“) und der kritischen Hinterfragung des Jugoslawienkonflikts Flieges Sendung einstellen und alle Verträge mit dem Moderator kündigen. Nach Zuschauerprotesten und Unterstützung durch einige Medien entschieden sich die ARD-Intendanten für eine Fortsetzung der Fliege-Show.

Schließlich wurde die Sendung 2005 abgesetzt. Danach trat Fliege weiterhin als Berater in der Fernsehsendung Wir in Bayern im Bayerischen Fernsehen vor die Kameras. Wegen einer kritischen Bemerkung gegenüber der Münchner Abendzeitung bezüglich des Verhaltens von SWR-Intendant Peter Voß im Zusammenhang mit dem ARD-Schleichwerbungsskandal ließ ihn der nunmehrige Fernsehdirektor Gerhard Fuchs endgültig vom Bildschirm verbannen. Nach langer Sendepause moderiert er ab November 2006 eine fünfstündige Show namens "Flieges Welt" beim Call-in-Kanal Help TV.

Fliege arbeitet auch als evangelischer Pfarrer (fünfzehn Jahre in Düsseldorf, Essen und Aldenhoven), Autor und Radiomoderator. Er ist Herausgeber des Monatsmagazins „Fliege - Die Zeitschrift“. 1995 gründeten Jürgen Fliege und sein TV-Produzent Johannes C. Weiss die „Stiftung Fliege“, die in Not geratene Menschen unterstützt. In über 20 Büchern beschreibt Jürgen Fliege seine Lebensphilosophie und gibt Ratschläge in den Themenbereichen Glauben und Persönlichkeitsfindung. Sein letztes mit vielen esoterischen Elementen versehenes Buch „Die Heilkraft des Wassers“ schrieb er zusammenen mit Masaru Emoto. Seine Autobiografie nannte Jürgen Fliege in Anlehnung an den Pferdeflüsterer Monty Roberts Menschenflüsterer.

Kritik

Wegen eines Auftrittes des umstrittenen Familienaufstellers Bert Hellinger in der Fliege-Show vom 13. Februar 2002 wurden auf Anzeige des Bundesverbandes Sekten- und Psychomarktberatung hin staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Jürgen Fliege wegen des Verdachts auf "Heilbehandlung ohne Erlaubnis" aufgenommen. (Staatsanwaltschaft München, AZ 123 JS 10556/02) Ein weiteres staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren gegen Fliege beschäftigte sich mit der Vermarktung teils gefährlicher so genannter "Naturheilmittel" (z. B. Gelee royale), denen überdies jeder Wirksamkeitsnachweis fehlt, unter dem Namen Flieges und mit seinem Konterfei auf den Verpackungen.

Zahlreiche wissenschaftliche Mediziner warnen vor den Folgen der unkritischen Darstellung zweifelhafter bis gefährlicher (pseudo-)medizinscher Thesen in Fliege-Shows (z.B. "Impfen - Was wir uns manchmal antun").

Kritiker wie der SPIEGEL-Autor Henryk M. Broder werfen Fliege die Attitüde eines populistischen Volkstribuns vor, der in der Bevölkerung irrationale Ängste schürt und mit seinen obskurantistischen Lösungen den Weg in einen neuen Totalitarismus bahnen könnte.