Zum Inhalt springen

Rakete

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. November 2006 um 01:42 Uhr durch Asdert (Diskussion | Beiträge) ("> 126" erscheint mir zu mathematisch in diesem Zusammenhang). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
A4 (National Air & Space Museum, Washington)

Eine Rakete (vom italienischen rocchetta = Spindel) ist ein Flugkörper mit Rückstoßantrieb (Raketenantrieb), der von der Umgebung unabhängig ist und daher auch im luftleeren Raum beschleunigt werden kann.

Im Gegensatz zu Geschossen haben Raketen lange Beschleunigungsphasen. Wegen der dadurch deutlich geringeren Belastungen kann die Struktur der Rakete sehr leicht gehalten werden.

Bei Raketen reichen die Größenordnungen von den allbekannten Feuerwerksraketen der Silvesternacht über militärische Raketen bis hin zu der riesigen Energija oder der Saturn V, die im Apollo-Programm - dem bemannten Flug zum Mond - eingesetzt wurde.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Raumfahrt

Der erste überlieferte Raketenstart fand 1232 im Kaiserreich China statt. Im Krieg gegen die Mongolen setzten die Chinesen in der Schlacht von Kai-Keng eine Art Rakete ein: Dabei schossen sie eine Vielzahl simpler, von Schwarzpulver angetriebener Geschosse auf die Angreifer ab. Die Raketen sollten weniger den Gegner verletzen, als die feindlichen Pferde erschrecken.

In Europa fand der erste dokumentierte Start einer Rakete 1555 im rumänischen Hermannstadt statt. Der Flugkörper verfügte bereits über ein Drei-Stufen-Antriebssystem.

1942 hob die erste Großrakete Aggregat 4 in Peenemünde ab und leitete damit die Nutzung von Raketen als Massenvernichtungswaffen ein.

1957 verließ eine leicht modifizierte Interkontinentalrakete vom Typ R-7 die Erdatmosphäre und brachte den Satelliten Sputnik in eine Umlaufbahn um die Erde.

Aufbau

Jede Rakete besteht aus den folgenden Baugruppen:

Die Baugruppen werden durch die Hülle zusammengehalten. Dabei können einzelne Baugruppen auch mehrfach vorkommen (Mehrstufenrakete).

Triebwerk

Für eigenstartfähige Flugkörper werden wegen des hohen Beschleunigungsbedarfs chemische Raketentriebwerke verwendet. Bereits erprobte Kernenergie-Raketentriebwerke wurden aus Sicherheits- und Umweltschutzgründen nicht eingesetzt. Elektrische Raketentriebwerke funktionieren nur im Vakuum und werden nur für bereits gestartete Raumsonden und Satelliten verwendet (Ionenantrieb).

Steuer und Lenkeinrichtungen

Ungelenkte Raketen

Ungelenkte Raketen werden durch den Abschusswinkel ausgerichtet und während des Fluges lediglich aerodynamisch stabilisiert. Dies erfolgt durch Drall, einen Stabilisierungsstab oder Leitwerke, wobei auch Leitwerke Drall erzeugen können. Die Leitwerke befinden sich dabei stets am hinteren Ende der Rakete, hinter dem Schwerpunkt.

Beispiele
  • Feuerwerksrakete
  • Modellrakete
  • kleinere Höhenforschungsrakete, wie die MMR06-M
  • zahlreiche militärische Raketen kürzerer Reichweite, wie die Stalinorgel, einfache Boden-Boden-, Boden-Luft-Raketen oder Geschosse von Raketenpistolen und Raketengeschützen

Gelenkte Raketen

Gelenkte Raketen unterliegen während des Fluges einer Kursüberwachung und haben die Möglichkeit, den Kurs zu korrigieren. Dabei kann die Kurskorrektur autonom oder durch eine wie auch immer geartete Leitstation erfolgen.

Die Kurskorrektur wird meist durch ein die Raumlage überwachendes Kreiselsystem eingeleitet. Dies kann durch folgende Steuerglieder erfolgen:

  • Leitwerke wirken auf die umgebende Luft und können damit bei Flügen in der Atmosphäre auch nach Brennschluß genutzt werden
  • Strahlruder wirken direkt im ausgestoßenen Gasstrom
  • schwenkbare Expansionsdüse(n)
  • Steuertriebwerke

Im militärischen Bereich werden gelenkte Raketen als Flugkörper bezeichnet.

Beispiele
  • militärische Raketen größerer Reichweite (erste in Serie gebaute gesteuerte Rakete war die A4)
  • Moderne Luftabwehr- und Panzerabwehrraketen
  • größere Höhenforschungsraketen
  • Weltraumraketen

Hülle

Die Hülle von Raketen muss zu Gunsten des Treibstoffes und der Nutzlast möglichst leicht sein. Um nach Abbrand einer gewissen Treibstoffmenge möglichst wenig Totlast mitzuführen, werden größere Raketen mehrstufig ausgelegt. D.h. nach Brennschluss einer Stufe wird diese abgetrennt und die nächste Stufe zündet, dabei kann die Abtrennung (meist Absprengen) auch durch Zündung der nachfolgenden Stufe erfolgen.

Die Auslegung der Hülle hängt sehr stark vom Anwendungsbereich der Rakete ab. Für Flüge in der Atmosphäre muss die Hülle aerodynamisch günstig ausgelegt werden, weiterhin wirken bei hoher Geschwindigkeit erhebliche aerodynamische Kräfte auf die Hülle ein und es kann zu erheblichen thermischen Belastungen durch Reibung kommen.

Bei manchen Raketen, wie der amerikanischen Atlas-Rakete, wird die Hülle durch einen erhöhten Innendruck gehalten.

Anwendungen

  • als Waffe (von der Raketenpistole zur bis Interkontinentalrakete)
  • Raumfahrt
  • Höhenforschung
  • Technische Experimente
  • Seerettung
  • Freileitungsbau (zum Schießen von Vorseilen über Täler)
  • Feuerwerk
  • Notsignale
  • zur Simulation von Druckkräften auf die Spitze hoher Bauwerke (als 1957 die Freileitungsmasten der Leitung über die Straße von Messina fertig gestellt wurden, wurde die Eigenschwingdauer dieser Konstruktionen ermittelt, indem man an ihrer Spitze Raketen befestigte und diese zündete; Quelle Turmbauwerke, Bauverlag GmbH, Wiesbaden (Deutschland), 1966)

Trägerraketen, Höhenforschungsraketen und militärische Raketen

Für mehr Informationen zu Trägerraketen siehe den Hauptartikel Trägerrakete

(Auswahl, siehe auch Liste der Raketentypen)

Raketenunfälle

Hauptartikel: Katastrophen der Raumfahrt

Obwohl bei der Entwicklung und Erprobung von Raketen sich viele Explosionen ereigneten, gab es, da im Regelfall sehr strenge Sicherheitsmaßnahmen angewandt wurden, nur wenige Raketenunfälle mit Personenschaden.

Tödliche Raketenunfälle, bei denen Personen am Boden Opfer waren

Datum Ort Zahl der Todesopfer Art des Unglücks
17. Mai 1930 Berlin, Deutschland 1 Max Valier stirbt bei Brennkammerexplosion
10. Oktober 1933 Deutschland 3 Explosion in der Werkstatt von Reinhold Tiling
16. Juli 1934 Kummersdorf, Deutschland 3 Triebwerksexplosion bei Bodentest
1944? Tucheler Heide, Polen ? Bei einem Versuchsstart stürzt eine A4-Rakete in einem Schützengraben, in dem sich mehrere Personen befinden. Mehrere Tote
24. Oktober 1960 Baikonur, Kasachstan über 126 Explosion einer R-16 auf der Startrampe (siehe Nedelin-Katastrophe)
14. April 1964 Cape Canaveral, USA 3 Rakete zündete im Montageraum
7. Mai 1964 Braunlage, Deutschland 3 Bei der Vorführung von Postraketen von Gerhard Zucker explodiert eine Rakete kurz nach dem Start und Trümmer treffen Leute in der Zuschauermenge
27. Januar 1967 Cape Canaveral, USA 3 Apollo 1, Brand in der Kapsel bei "plugs-out"-Test
26. Juni 1973 Plessezk, Russland 9 Explosion einer Kosmos-3M auf der Startrampe
18. März 1980 Plessezk, Russland 48 Explosion einer Wostok-2M auf der Startrampe
14. Februar 1996 Xichang, China 6 Absturz einer LM-3B Rakete kurz nach dem Start in einem nahegelegenen Dorf
15. Oktober 2002 Plessezk, Russland 1 Explosion beim Start einer Sojus-Rakete
22. August 2003 Alcantara, Brasilien 21 Explosion einer VLS-1 Rakete auf der Startrampe

Tödliche Raketenunfälle bei bemannten Flügen und Raumfahrtmissionen

Datum Fluggerät Zahl der Toten Art des Desasters
2. März 1945 Bachem Ba 349 Natter 1 Absturz nach Start
28. Januar 1986 STS-51-L (Challenger) 7 Explosion kurz nach dem Start. Aus einer undichten Starthilfsrakete austretende Abgase verursachen Explosion des Haupttreibstofftanks.
1. Februar 2003 STS-107 (Columbia) 7 Auseinanderbrechen des Shuttles beim Wiedereintritt in Erdatmosphäre. Ursache war ein beim Start durch abfallende Isolationsteile des Außentanks verursachter Defekt im Hitzeschutzmantel des Shuttles.

Literatur

  • Volkhard Bode, Gerhard Kaiser: Raketenspuren. Peenemünde 1936-1996 - Eine historische Reportage mit aktuellen Fotos. Christoph Links Verlag - LinksDruck GmbH, Berlin, 1996 ISBN 3-86153-112-7
  • Gerhard Reisig: Raketenforschung in Deutschland. Wie die Menschen das All eroberten. Agentur Klaus Lenser, Münster, 1997, ISBN 3-89019-500-8
  • Michael J. Neufeld: Die Rakete und das Reich. Wernher von Braun, Peenemünde und der Beginn des Raketenzeitalters. Henschel Verlag, Berlin, 1999, ISBN 3-89487-325-6
  • Harald Lutz: Die vergessenen Raketenexperimente von Cuxhaven. Sterne und Weltraum 44(3), S. 40 - 45 (2005), ISSN 0039-1263

Siehe auch

Commons: Rakete – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien