Nord-Ostsee-Kanal

Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK, engl. Kiel Canal) verbindet als meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt die Nordsee mit der Ostsee und erspart Schiffen damit den längeren Weg um das Skagerrak an der Nordspitze Dänemarks. Der knapp 99 Kilometer lange Kanal durchquert Schleswig-Holstein von der Elbemündung an der Nordsee und der Kieler Förde an der Ostsee. Die heutige Bundeswasserstraße wurde 1895 als Kaiser-Wilhelm-Kanal eröffnet und hieß so bis 1948.



Beschreibung
Der Kanal gehört zu den spiegelgleichen Seekanälen und wird an beiden Enden durch Schleusen gegen die wechselnden Wasserstände (verursacht durch Gezeiten oder Windstau) der Nordsee und der Ostsee abgeschlossen. Die Endpunkte befinden sich in Brunsbüttel an der Elbe und in Kiel, Stadtteil Kiel-Holtenau in der Kieler Förde. Sie liegen 98,637 Kilometer auseinander. Dabei durchquert der Kanal mehrere Landschaftszonen Schleswig-Holsteins. Zunächst durchquert er die Marsch und durchschneidet dann einen Geestrücken. Bis Rendsburg orientiert sich der Kanal an der Eiderniederung und erreicht dann das östliche Hügelland. Wichtigste Hafenstadt im Verlauf des Kanals ist Rendsburg. Nordöstlich von Rendsburg verläuft der Kanal eine Weile lang durch das alte Flussbett der Eider.
Acht Straßen und vier Eisenbahnlinien überqueren den Nord-Ostsee-Kanal auf insgesamt zehn Brücken, dreizehn Fahrzeug- sowie eine Personenfähre ermöglichen den Transport auf die andere Seite und bei Rendsburg existieren ein Straßen- und ein Fußgängertunnel. Eine Sehenswürdigkeit ist dabei die in Rendsburg befindliche Eisenbahnhochbrücke mit der darunter hängenden Schwebefähre. Die Durchfahrtshöhe der Brücken für die Schifffahrt beträgt 40 Meter.
Geschichte

Erste Pläne für einen Kanal quer durch das heutige Schleswig-Holstein reichen wahrscheinlich bis in das 7. Jahrhundert zurück. Von der damals blühenden Handelsstadt Haithabu an der Schlei waren zwischen der Ostsee und der Nordsee nur 16 Kilometer Landweg zu überbrücken, denn die hier fließende Treene mündet über die Eider in die Nordsee. Die Waren und auch die leichten Schiffe der Wikinger wurden über diese Landbrücke von Ochsen getragen bzw. gezogen. (siehe Ochsenweg)
Durch die spätere Verlagerung des Handels in Schleswig-Holstein nach Lübeck wurde dieser Plan jedoch obsolet. Es entstanden der Stecknitz- und der Alster-Beste-Kanal, die jedoch nicht für Seeschiffe bestimmt waren.
Der direkte Vorläufer des Nord-Ostsee-Kanals war der Eiderkanal, den der dänische König Christian VII. von 1777 bis 1784 errichten ließ. Er begann in Kiel und mündete bei Rendsburg in die Eider, von wo aus er bis zur Eidermündung in Tönning floss. Jedoch dauerte eine Fahrt durch Kanal und Eider noch drei bis vier Tage.
1878 schließlich legten der Hamburger Reeder Dahlström und der Wasserbauinspektor Boden einen Plan für einen Kanal vor, der weitgehend entlang der heutigen Streckenführung von Kiel-Holtenau nach Brunsbüttel führen sollte. Der Kanalbau profitierte stark von den Expansionsplänen der deutschen Flotte der damaligen Zeit und der Verlagerung des Haupthafens nach Kiel.
Am 3. Juni 1887 erfolgte die Grundsteinlegung durch Kaiser Wilhelm I. in Kiel-Holtenau, leitender Ingenieur war ein Herr Bähnsch aus Zeitz (Sachsen-Anhalt). Nach acht Jahren Bauzeit konnte Kaiser Wilhelm II. den damals noch Kaiser-Wilhelm-Kanal genannten Wasserweg am 21. Juni 1895 eröffnen. Der Bau kostete 156 Millionen Goldmark, bis zu 8.900 Arbeiter hatten circa 80 Millionen Kubikmeter Erdreich bewegt. Ungewöhnlich für ein Projekt in dieser Größenordnung, überschritt der Kanalbau damit nicht die ursprünglich eingeplanten Kosten. Der Kanal war zu diesem Zeitpunkt 67 Meter breit und neun Meter tief. Zur Finanzierung wurde von Kaiser Wilhelm II. 1902 die Schaumweinsteuer eingeführt.
Durch die technische Fortentwicklung und die Einführung von Großkampfschiffen in der deutschen Marine reichte der Kanal allerdings schon bald nicht mehr aus, um diesen die Passage zu ermöglichen. Von 1907 bis 1914 wurde der Kanal das erste Mal ausgebaut. Die Breite wurde auf 102 Meter erhöht und die Tiefe auf elf Meter. Außerdem wurden sowohl in Kiel als auch in Brunsbüttel je zwei neue Schleusen gebaut. Diese sind mit 310 Meter mal 42 Meter deutlich größer als die alten mit 125 Meter mal 22 Meter. Der Ausbau kostete 242 Millionen Goldmark und war damit deutlich teurer als der ursprüngliche Bau.
Durch den Versailler Vertrag wird der Kanal 1918 internationalisiert. 1948 wird der Kanal in Nord-Ostsee-Kanal umbenannt. Seit 1965 wird der Kanal zum zweiten Mal erweitert. Zum Schutz der Böschung wird die Breite bis zum Kanalkilometer 87 auf 162 Meter erweitert. Dies ist bis heute nicht abgeschlossen, die Gesamtkosten werden auf 485 Millionen Euro geschätzt. Zurzeit laufen Detailplanungen der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord für die Anpassung der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals. 2004 passierten circa 41.000 Schiffe mit ungefähr 80 Millionen Tonnen Ladung den Kanal; 2006 stieg diese Zahl auf etwa 43.000 Fahrzeuge. Am 7.Oktober 2006 wurde das neu elektronische Verkehrslenkungsystem, in das 13,5 Millionen Euro investiert wurden, eingeweiht. Es hat eine Zentralisierung der Leitstelle in Brunsbüttel zur Folge.
Technische Daten
Abmessungen
Länge | 98,637 km |
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Breite im Wasserspiegel | 162 m (teilweise noch 102,5 m) |
Breite in der Sohle | 90 m (teilweise noch 44 m) |
Wassertiefe | 11 m |
Schleusen
Alte Schleusen | |
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Nutzlänge | 125 m |
Nutzbreite | 22 m |
Drempeltiefe | in Brunsbüttel NN-10,20 m in Kiel-Holtenau NN-9,80 m |
Stemmtore | je Kammer 2 Ebbe- und 2 Fluttore |
Füllung | durch 2 Seitenkanäle mit je 12 Stichkanälen |
Schleusungszeit | 30 Minuten |
Neue Schleusen | |
Nutzlänge | 310 m |
Nutzbreite | 42 m |
Drempeltiefe | NN-14,0 m |
Schiebetore | je Kammer 3 Tore das Mitteltor - zugleich Reservetor - ermöglicht in einer verkürzten Kammer eine schnellere Schleusung |
Füllung | in Brunsbüttel durch Torumläufe in Holtenau durch 2 Seitenkanäle mit je 29 Stichkanälen |
Schleusungszeit | 45 Minuten |
Verkehrsvorschriften
Da der Kanal Seeschifffahrtsstraße ist und von sehr vielen Schiffen der unterschiedlichsten Größenklassen befahren wird, gelten auf ihm sehr umfangreiche Verkehrsvorschriften [1]. Es gibt spezielle Regeln für das Begegnen und Überholen: In Abhängigkeit von Länge, Breite und Tiefgang werden die Schiffe in sechs Verkehrsgruppen unterteilt. Das Begegnen ist nur in den Weichen für alle Schiffe zulässig; sonst richtet sich die Zulässigkeit einer Begegnung nach der Summe der Verkehrsgruppen. Die Höchstgeschwindigkeit für Schiffe der Verkehrsgruppe 6 liegt bei 12 km/h (6,5 kn) und für alle übrigen Schiffe bei 15 km/h (8,1 kn). Eine Fahrt durch den Kanal dauert 6 - 8 Stunden. Die Regelung des Verkehrsablaufes auf dem Nord-Ostsee-Kanal wird als Verkehrslenkung bezeichnet.
Länge | Breite | Höhe (über Wasserspiegel) | Tiefgang |
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235 m | 32,5 m | 40 m | 9,50 m (wenn Länge unter 160 m) |
Touristik

Der befestigte Betriebsweg am Kanal ist für Fußgänger und Radfahrer freigegeben und ermöglicht beidseitig nahezu auf voller Länge steigungsfreie Radtouren in nächster Nähe zu den Schiffen. Das Übersetzen auf die jeweils andere Kanalseite mit einer der zahlreichen Fähren ist kostenlos. Dies hatte bereits Kaiser Wilhelm in einer Anordnung verfügen lassen, um eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen, da die künstliche Wasserstraße ältere Verkehrswege durchschneidet.
Die Radwege am Nord-Ostsee-Kanal sind Teil der im Mai 2004 eröffneten Deutschen Fährstraße, einer rund 250 Kilometer langen Ferienstraße, die von Bremervörde an der Oste bis Kiel führt.
Jeweils ein Rastplatz bei der Autobahnbrücke der A 23 (nordwärts, vor dem Kanal) sowie zwischen den Anschlussstellen 8 und 9 der A 7 ermöglicht einen Ausblick auf den Kanal.
Die besten Fotos von Traumschiffen und Frachtern schießt man gewöhnlich am Aussichtspunkt an der Grünentaler Hochbrücke (Kanalkilometer 31,11).
Siehe auch:
Literatur (Auswahl)
- Waldemar Jensen: Der Nord-Ostsee-Kanal - Eine Dokumentation zur 75jährigen Wiederkehr der Eröffnung, Neumünster 1970 (Wachholtz)
- Stefan von der Ahe: "Nord-Ostsee-Kanal "bybike", 50 Seiten, CD-ROM mit vielen Bildern ,erschienen im RADREISE Verlag ISBN 978-3-939636-05-2
- Karl Ernst Kaminski: Die Geschichte des Kaiser-Wilhelm-Kanals 1887–1914, Itzehoe 1980 (Rundschau KG)
- Gerd Peters: Der Nord-Ostsee-Kanal, Hamburg 1995 (Koehler)
- Rainer Lagoni: Nord-Ostsee-Kanal 1895–1995: Festschrift, Neumünster 1995 (Wachholtz)
- Walter Schulz: Der Nord-Ostsee-Kanal: eine Fotochronik der Baugeschichte, 4. Auflage, Heide 1995 (Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens)
- Heiner Helms, Hans-Joachim Schröder, Alexander Tesár: Brücken über den Nord-Ostsee-Kanal: Faszination der Brückenbaukunst im Laufe der Zeit, Kiel 1995 (Nieswand)
- Rudolf Horstmann: Von der Ostsee bis zur Elbe: eine Wanderung entlang des Nord-Ostsee-Kanals, Neumünster 1990 (Wachholtz)
- Martin Becker: Kulturlandschaft Nord-Ostsee-Kanal, Bildband, 2. Auflage, Neumünster 2005 (Wachholtz)
- Regina Nitsch: Radwandern an der Straße der Traumschiffe, Heft 28 Seiten, Hamdorf 2006 (DTP SERVICE)