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Theodor Heuss

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Theodor Heuss (* 31. Januar 1884 in Brackenheim; † 12. Dezember 1963 in Stuttgart), evangelisch, war ein deutscher Politiker (Fortschrittliche Volkspartei, DDP und FDP/DVP). Der Politikwissenschaftler und Journalist war von 1949 bis 1959 erster Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.

Leben

Theodor Heuss studierte Nationalökonomie, Geschichte, Philosophie, Kunstgeschichte und Staatswissenschaften in München und Berlin. 1905 wurde er in München bei Lujo Brentano über Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn am Neckar promoviert. Nach seinem Studium war er politischer Redakteur. Er leitete von 1905 bis 1912 für Friedrich Naumann die Zeitschrift Die Hilfe in Berlin. Von 1912 bis 1918 war er Chefredakteur der Neckar-Zeitung in Heilbronn; zudem schrieb er Feuilletons für die in München erscheinende Zeitschrift Der Kunstwart. Von 1920 bis 1933 war er Studienleiter und Dozent an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, gab von 1923 bis 1926 die Zeitschrift Die Deutsche Nation heraus.

1903 trat Heuss der linksliberalen Freisinnigen Vereinigung bei, wechselte 1909 zur Fortschrittlichen Volkspartei. 1918 war er Gründungsmitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). 1919 wurde er Stadtverordneter in Berlin-Schöneberg.

Von 1924 bis 1928 und von 1930 bis 1933 war er Abgeordneter des deutschen Reichstags. Am 23. März 1933 stimmte er bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz im Reichstag zu, obwohl er sich vorher in seiner Fraktion gegen die Zustimmung ausgesprochen hatte. Das Abgeordnetenmandat wurde ihm im Juli 1933 aberkannt.

Heuss gab noch drei Jahre lang Die Hilfe heraus, erhielt 1936 ein Publikationsverbot und verlor sein Lehramt.

1941 wurde Heuss fester Mitarbeiter der liberalen Frankfurter Zeitung, in der er vor allem historische und kulturpolitische Aufsätze veröffentlichte. 1942 verboten die Nationalsozialisten auf Anweisung Hitlers den deutschen Zeitungen, etwas von Heuss abzudrucken, er schrieb allerdings weiter unter dem Pseudonym Thomas Brackheim und dem Kürzel r.s. Unter eigenem vollen Verfassernamen schrieb er eine kleine Biographie über Justus von Liebig, die 1942 in Hamburg bei Hoffmann und Campe erschien. Er lebte nach einem Umzug mit der Familie 1943 bis 1945 in Heidelberg, wo er vor allem an einer Biographie über Robert Bosch arbeitete, um die ihn der Firmengründer noch kurz vor seinem Tod gebeten hatte. Dort wurde er 1945 auch Lizenzträger (in einem 3er-Team) der US-Militärregierung für eine der ersten Nachkriegszeitungen - der heute noch bestehenden Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ).

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog Heuss nach Stuttgart, wurde zum ersten Kultminister Württemberg-Badens ernannt. 1946 und 1947 lehrte er als Professor an der Technischen Hochschule in Stuttgart Geschichte. Als Mitbegründer der Demokratischen Volkspartei (DVP) gehörte er 1946 bis 1949 dem Landtag von Württemberg-Baden an. Am 17. März 1948 wurde er gemeinsam mit Wilhelm Külz zum Vorsitzenden der gesamtdeutschen Demokratischen Partei Deutschlands gewählt. 1948 wurde Heuss zum Honorarprofessor an der TH Stuttgart berufen.

Am 12. Dezember 1948 wurde er auf dem Gründungsparteitag der Freien Demokratischen Partei (FDP) zum Vorsitzenden in Westdeutschland und Berlin gewählt. Er setzte sich für den Zusammenschluss aller liberalen Parteien der westlichen Besatzungszonen ein. 1948 war er Mitglied des Parlamentarischen Rates, der das Grundgesetz, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, beschloss.

Das gerade erworbene Mandat im ersten Deutschen Bundestag legte er nieder, als er am 12. September 1949 gegen Kurt Schumacher von der Bundesversammlung ins höchste Staatsamt der Bundesrepublik Deutschland berufen wurde (siehe Bundespräsidentenwahl 1949). 1954 wiedergewählt (praktisch ohne Gegenkandidaten, siehe Bundespräsidentenwahl 1954), amtierte er bis zum 12. September 1959. Eine dritte Amtszeit, die eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich gemacht hätte, lehnte er 1959 ab.

Heuss prägte das Amt durch seine überparteiliche Amtsführung. Als Repräsentant der demokratisch-liberalen und kulturellen Traditionen Deutschlands vermochte er im Ausland Vertrauen für die Nachkriegsrepublik zu gewinnen. Seine Staatsbesuche trugen wesentlich zum Wachsen des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland bei. 1959 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Er ist Ehrenbürger der Städte Berlin, Brackenheim, Darmstadt, Frankfurt am Main, Heilbronn, Kiel, Köln, Soest, Stuttgart und Trier.

Heuss war seit dem 11. April 1908 mit Elly Heuss-Knapp (1881-1952) verheiratet, mit der er einen Sohn – Ernst Ludwig – hatte. Die beiden wurden getraut von Albert Schweitzer, mit dem seine Frau gut befreundet war. Seine Frau gründete 1950 das Müttergenesungswerk.

Nach seinem Tod am 12. Dezember 1963 wurde er auf dem Waldfriedhof Stuttgart bestattet.

Staatsbesuche

Jahr Monat Staat
1956 Mai Griechenland
1957 Mai Türkei
November Italien, Vatikan
1958 Juni Kanada, USA
Oktober Großbritannien


Ehrungen

1949 wurde Theodor Heuss mit der Ehrendoktorwürde der neu gegründeten Freien Universität Berlin ausgezeichnet. Seit 1964 wird jährlich der Theodor-Heuss-Preis für beispielhafte demokratische Gesinnung verliehen. Heuss' ehemaliges Wohnhaus in Stuttgart ist seit 2002 als Theodor-Heuss-Haus der Öffentlichkeit zugänglich. Nach Heuss sind der Seenotkreuzer SK Theodor Heuss, ein VIP-Airbus der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung sowie viele Straßen, Plätze und Schulen in ganz Deutschland benannt. Bis zur Einführung des Euro war sein Konterfei auf einer Prägeausgabe des Zweimarkstücks zu sehen.

Museum

Werke

  • Gestalten und Gestalter: Lebensgeschichtliche Bilder, herausgegeben von Theodor Heuss [Autor: Friedrich Naumann]. Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1919
  • Friedrich Naumann. Der Mann - Das Werk - Die Zeit, Deutsche Verlagsanstalt, Berlin und Suttgart, 1937
  • Hans Poelzig: Bauten und Entwürfe. Das Lebensbild eines deutschen Baumeisters," Ernst Wasmuth, Berlin, 1939
  • Anton Dohrn in Neapel, Atlantis-Verlag, Berlin und Zürich, 1940
  • Deutsche Gestalten. Goldmann, München 1975, ISBN 3-442-11130-7 [andere Ausgaben ab 1947]
  • Justus von Liebig: Vom Genius der Forschung. Hoffmann und Campe, Hamburg 1942
  • Friedrich Naumann: Der Mann, das Werk, die Zeit. Siebenstern-Taschenbuch-Verlag, München/Hamburg 1968
  • Robert Bosch: Leben und Leistung. Erweiterte Neuausgabe, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2002, ISBN 3-421-05630-7
  • Hans Poelzig: Bauten und Entwürfe. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1985, ISBN 3-421-02835-4
  • Zur Kunst dieser Gegenwart: 3 Essays. Wunderlich, Tübingen 1956
  • Schattenbeschwörung: Randfiguren der Geschichte. Klöpfer und Meyer, Tübingen 1999, ISBN 3-931402-52-5
  • Wanderung durch deutsches Schicksal. Bertelsmann, Gütersloh 1961
  • Hitlers Weg: Eine historisch-politische Studie über den Nationalsozialismus. Union, Stuttgart, 1932 (Vier Auflagen in 1932; Zu Lebzeiten verhinderte Heuss einen Nachdruck.)
  • Hitlers Weg: Eine Schrift aus dem Jahre 1932. Wunderlich, Tübingen 1968
  • Vorspiele und Gestalten. Hyperion-Verlag, Freiburg i. Br. 1959
  • Vor der Bücherwand: Skizzen zu Dichtern und Dichtung. Wunderlich, Tübingen 1961
  • Erinnerungen 1905–1933. Fischer Bücherei, Frankfurt a. M./Hamburg 1965
  • Vorspiele des Lebens: Jugenderinnerungen. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt a. M. 1966
  • Schwaben: Farben zu einem Portrait. Wunderlich, Tübingen 1967
  • Berlin und seine Museen. Knorr und Hirth, München/Ahrbeck/Hannover 1966
  • Reden an die Jugend. Wunderlich Verlag, Tübingen 1956.
  • Die großen Reden. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1967
  • Tagebuchbriefe: 1955/1963. Wunderlich, Tübingen/Stuttgart 1978

Literatur

  • Fritz Elsas: Ein Demokrat im Widerstand. Zeugnisse eines Liberalen in der Weimarer Republik, aus dem Inhalt: Tagebuchaufzeichnungen, Fotos, biografische Skizze, Hrsg. von Manfred Schmid, Bleicher Verlag, 1999, ISBN 3-88350-664-8; der am 4. Januar 1945 ermordete Elsas war (prospektiver) Schwiegervater von Heuss' Sohn Ernst Ludwig ∞ Hanne Elsas am 4. August 1945.