Zum Inhalt springen

Prieuré de Serrabone

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. November 2006 um 23:17 Uhr durch Kanzaki (Diskussion | Beiträge) (Historischer Hintergrund: typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die kleine Klosterkirche Serrabone (Serra bona, katalanisch guter Berg) liegt in den französischen Pyrenäen (Region Roussillon) in 600 Metern Höhe, 40 km südwestlich von Perpignan.


Historischer Hintergrund

Kurz nach dem Jahr 1000 setzte im Roussillon eine rege Bautätigkeit ein. Zahlreiche Klöster wurden neu gegründet (Saint-Michel-de-Cuxa, Saint-Martin-du-Canigou, Elne, Arles-sur-Tech u.a.). Die Ursachen dieser Entwicklung liegen in der religiösen Begeisterung, die nicht nur den Süden Frankreichs, sondern weite Teile Europas damals erfasst hatte.

Zuvor - im 8. und 9. Jahrhundert - hatte Karl der Große ein mächtiges, zusammenhängendes Reich geschaffen. Aber schon unter seinen Nachfolgern zerfiel es in mehrere Teilreiche, die nicht in der Lage waren, die Bevölkerung vor den Angriffen der Wikinger aus dem Norden, der Sarazenen aus dem Süden und der Reitervölker aus dem Osten zu schützen. Unvorstellbares Leid war die Folge.

Zu diesen politischen Wirren kamen klimatisch bedingte Missernten hinzu. Die Sorge um das tägliche Brot bestimmte den Alltag der Menschen mehr als in anderen Jahrhunderten. Schlechte medizinische Versorgung, hohe Kindersterblichkeit und Epidemien rundeten das Bild einer düsteren Epoche ab.

Die gläubigen Menschen der damaligen Zeit bewerteten ihr Schicksal vor dem Hintergrund der Offenbarung des Johannes (Apokalypse), dem letzten Buch der Bibel. In dieser Schrift wird in düsteren Farben das Ende der Welt und des Gerichtes Gottes beschrieben. Angesichts des symbolhaften Jahres 1000 deuteten die Menschen die schrecklichen Ereignisse ihrer Zeit als Erfüllung dieser Prophezeiung. Man erwartete das Ende der Welt (Minne-Sève, Viviane: Romanische Kathedralen und Kunstschätze in Frankreich. Eltville 1991, S. 11). Deshalb hielten die Menschen es nicht mehr für sinnvoll, Kirchen zu bauen. Dies änderte sich schlagartig, als der erwartete Weltuntergang nicht eintrat.

Die Bedeutung der Klöster

Die neue Perspektive über das Jahr 1000 hinaus setzte große Energien frei. Die neue Motivation war in vielen Bereichen spürbar, nicht nur im Kirchenbau. Die Verbreitung des Wortes Gottes rückte neu in den Blickpunkt. Dies war noch nicht in alle abgelegenen Gebiete vorgedrungen, so auch in den Pyrenäen. Hierbei kam den Klöstern eine gewichtige Rolle zu. Die bäuerliche Bevölkerung bewunderte den Mut, die Ausdauer und den Einfallsreichtum jener Mönche, wenn sie einer unzugänglichen und unwirtlichen Gegend - wie in Serrabone - ihren Lebensunterhalt abtrotzten. Es waren gerade die Mönche, die in großem Umfang zu tiefgreifenden Veränderungen auf dem Lande zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert beitrugen. Sie führten die Erschließung von Neuland durch, die Abholzung von Wäldern, das Trockenlegen von Sümpfen und schufen so die Voraussetzung für den Ackerbau. Die Ausstrahlung der Klöster war enorm.

Die geistliche Autorität der Klöster hatte aber auch territoriale Konsequenzen. In Katalonien, zu dem die Region gehört, wurde es Sitte, kurz vor seinem Tod einer Kirche oder einem Kloster ein Drittel der zukünftigen Ernte zu vermachen, - ein Akt, der häufig den Lebensunterhalt der Familie gefährdete. Man verstand diese Gabe als Almosen zur Rettung seiner Seele. Die Nutzung dieser Gaben wurde dem Ermessen der Mönche überlassen, die solche Spenden vor allem für die Restaurierung oder die Errichtung von religiösen Gebäuden nutzten. So entstanden viele Kirchen des romanischen Mittelalters (Minne-Sève, Viviane: Romanische Kathedralen und Kunstschätze in Frankreich. Eltville 1991, S. 12).

Das Klostergebäude

Galerie des Klosters

Die heutige Kirche Sainte-Marie de Serrabona, so der vollständige Name, ist in wesentlichen Teilen ursprünglich erhalten. Von der gesamten Klosteranlage steht nur noch die Kirche.

Die erste Erwähnung einer Marienkirche an diesem Ort stammt aus dem Jahre 1069. Auf Initiative der Garfen von Cerdagne wurde 1082 damit begonnen, ein Kloster zu errichten. 1130-40 wurde die Kirche erheblich erweitert, und zwar um den Chor, das Querschiff, ein Seitenschiff und eine Kreuzganggalerie im Süden. Nach der Errichtung des Glockenturms wurde die heutige Kirche 1151 geweiht. Das Kloster wird - statt eines Kreuzgangs - begrenzt durch eine kleine Galerie, da das Gelände nichts anderes zulässt.

Die Kirche ist ein Beispiel für einen eigenständigen romanischen Bautyp des Roussillon : den Langhaussaal (in seinen Anfängen mit einer flachen Decke anstelle des heutigen Tonnengewölbes), der später im gesamten Süden größte Verbreitung fand.

Kapitell an der Tribüne

Große Beachtung verdient im Inneren der Kirche eine freistehende Sängertribüne aus rosafarbenem Marmor. Die Kapitelle zeugen von hoher Kunstfertigkeit - die Bildhauer haben vermutlich zuvor an der benachbarten Abtei Saint-Michel-de-Cuxa gearbeitet.

Über die Geschichte der Klosters Serrabone im Mittelalter ist nur wenig bekannt, da sein Archiv schon seit langer Zeit verschwunden ist. Im 14. Jh. gab es in dieser Gegend einen starken Bevölkerungsrückgang um ein Drittel - und Ende des 16. Jhs. lebte hier fast niemand mehr. Bereits 1593 wurde durch päpstliche Anordnung die Tätigkeit der Augustiner beendet und die Kirche dem Bischof von Solsona in Katalonien (das Roussillon gehörte damals zu dieser nordspanischen Region) unterstellt.

Ab 1789 traten im Gebäude Verwitterungsschäden auf. Um das Gewölbe zu stützen, musste auf der Empore eine Mauer errichtet werden, die das Kirchenschiff in zwei Abschnitte unterteilte. Im Januar oder Februar 1819 stürzte der westliche Bereich der Kirche ein. 1902 und 1922 wurde grundlegend restauriert: alles, was nicht zur ursprünglichen Konzeption gehörte, wurde rigoros abgerissen. Die Westfassade wurde erst 1966/68 originalgetreu wiederaufgebaut.

Heute ist das Kloster umgeben von einem verwilderten botanischen Garten mit den typischen Pflanzen der Pyrenäen.

Französische Web-Site mit vielen Bildern