Bahnstrecke Bautzen–Bad Schandau

Die Bahnstrecke Bautzen-Bad Schandau ist eine der landschaftlich reizvollsten Eisenbahnstrecken in Sachsen. Sie verläuft von Bautzen über Wilthen, Neukirch, Neustadt in Sachsen und Sebnitz nach Bad Schandau. Der Abschnitt zwischen Neustadt und Bad Schandau ist auch als Sebnitztalbahn bzw. Sächsische Semmeringbahn bekannt.
Geschichte
Schon in den Jahren vor 1870 entstanden erste Projekte, eine Bahnstrecke von Bautzen zur Sächsisch-Böhmischen Staatseisenbahn im Elbtal zu bauen. Im Jahr 1870 wurde vom Sächsischen Landtag die Konzession zum Bau erteilt. Nach dem ursprünglichen Plan sollte die Strecke von Bautzen aus durch das Spreetal das böhmische Schluckenau erreichen und dann direkt durch das Sebnitztal nach Bad Schandau führen. Österreich hatte jedoch schon zu diesem Zeitpunkt die Konzession für die Strecken Schluckenau-Sebnitz und Schluckenau-Bautzen an die Böhmische Nordbahn vergeben. Die Böhmische Nordbahn hatte jedoch kein Interesse an einer durchgehenden Verbindung vom Elbtal in die Oberlausitz, da eine solche Linie in direkter Konkurrenz zu den eigenen Bahnstrecken gestanden hätte.
Angesichts dieser aussichtslosen Situation ließ die Sächsische Staatsregierung prüfen, ob eine Streckenführung unter Umgehung österreichischen Staatsgebietes technisch möglich wäre. Bislang galt eine Streckenführung wegen der ungünstigen Topografie zwischen Neustadt und Sebnitz als nicht ausführbar. Projektiert wurde schließlich eine Trasse, die von Neustadt kommend den Bergrücken des Unger bei Krumhermsdorf überquert und dann in starkem Gefälle am Abhang des Ungerberges talwärts nach Sebnitz führt.
Der Bau der Strecke begann im Jahre 1874 und kostete bis zur Einweihung 1877 9,8 Mio Reichsmark, wovon allein 1 Mio. auf die Elbbrücke bei Bad Schandau entfielen. Durchschnittlich waren in der Bauphase 850 Menschen an der Strecke beschäftigt, darunter viele italienische Fachleute, die hier ihre Erfahrungen aus dem Straßen- und Bahnbau in Alpen und Apenninen anwendeten. Heute in dieser Gegend vorhandene italienische Familiennamen gehen auf diese Zeit zurück. In Sebnitz mussten wegen der Hanglage der Strecke zwei Gewölbeviadukte errichtet werden. Der Sebnitzer Stadtviadukt war damals der erste Viadukt in Deutschland, welcher im Bogen und einer Steigung erbaut wurde. Bei der Rekonstruktion der Strecke Anfang der 1980er Jahre wurde diese Steingewölbebrücke abgetragen und durch eine Betonbrücke ersetzt.
Erst im Jahre 1905 errichtete die Böhmische Nordbahn die Strecke (Schluckenau)-Nixdorf-Sebnitz, die zweite konzesionierte Linie von Schluckenau nach Bautzen wurde nie mehr gebaut. Mit der veränderten politischen Situation nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der grenzüberschreitende Verkehr 1945 wieder eingestellt. Bis auf wenige Meter direkt an der Staatsgrenze wurde das Gleis jedoch nicht abgebaut.
Im Jahre 2004 wurde der Reisezugverkehr zwischen Bautzen und Sebnitz eingestellt. Der Verkehrsverbund Oberelbe plant derzeit, die seit 1945 stillgelegte, in Sebnitz abzweigende Strecke ins tschechische Dolní Poustevna bis Ende 2007 wieder aufzubauen und und mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2007 wieder in Betrieb zu nehmen.
Streckenbeschreibung
Von Bautzen aus führt die Strecke zunächst in der breiten Talwanne der Spree aufwärts nach Wilthen. Gemeinsam mit der Strecke Dresden-Zittau führt die Trasse nach Neukirch West, steigt dann an den Abhängen des Valtenberges an, um Wasserscheide zum Polental zu überqueren. Leicht fallend erreicht die Strecke Neustadt in Sachsen. Dort zweigt die Bahnlinie in Richtung Pirna ab. Von nun an steigt die Strecke an den Abhängen des Ungermassivs wieder an, überquert den Höhenrücken bei Krumhermsdorf und erreicht kurz vor dem Bahnhof Krumhermsdorf den Brechpunkt. In starkem Gefälle führt die Strecke nun hinab nach Sebnitz. Nach einem Bogen direkt an der tschechischen Grenze führt das seit 1945 stillliegende Gleis von Dolní Poustevna an die Strecke heran, mit dem sie gemeinsam den Bahnhof von Sebnitz erreicht. Nach dem Bahnhof Sebnitz führt die Strecke über zwei hohe Viadukte und ereicht das Tal des Sebnitzflusses, dem sie bis Bad Schandau folgt. Die Fahrt führt nun über 27 Brücken und durch sieben Tunnel mit einer Gesamtlänge von 965 m. Nach Rathmannsdorf überquert die Strecke auf einer Stahlträgerbrücke die Elbe und ereicht Bad Schandau.
Name
Oft wird diese Bahnstrecke auch als Sächsische Semmeringbahn bezeichnet. Dieser Name ist derzeit jedoch für zwei Eisenbahnlinien in Sachsen gebräuchlich. Historisch korrekt, da früher belegt und durch einen Ausspruch des sächsischen Königs untermauert, ist der Name Sächsische Semmeringbahn eigentlich für die Windbergbahn - eine Bergbahn südlich von Dresden, auf der allerdings heute kein Verkehr mehr stattfindet.
Zur Verbreitung des Begriffes Sächsische Semmeringbahn auch für die Sebnitztalbahn trug bei, daß die Deutsche Bahn ihre Regionalbahn Linie 66 offiziell so bezeichnete. Eine andere Theorie geht davon aus, daß die Übertragung des Namens von der Windbergbahn auf die Sebnitztalbahn absichtlich in den 50-er Jahren von der Staatssicherheit der DDR wegen der Urantransporte auf der Windbergbahn organisiert wurde. Dagegen spricht jedoch, dass die Bezeichnung zu DDR-Zeiten wenig gebräuchlich war.
Das folgende Zitat vergleicht die Streckendaten der "echten" Semmeringbahn mit denen der Sebnitztalbahn:
- "Die Semmeringbahn der ÖBB steigt von Gloggnitz nach Semmering auf einer Länge von 28,5 km um 455 m und fällt dann bis Mürzzuschlag auf 13,6 km um 215 m. die Strecke führt über 16 Viadukte mit Längen von 25 bis 288 Metern und durch 17 Tunnel sowie zwei Galerien mit 46,6 km Gesamtlänge.
- Die Sebnitztalbahn von Bad Schandau nach Neustadt i.Sa. steigt von Goßdorf-Kohlmühle nach Krumhermsdorf auf einer Länge von 16,5 km um 267 m und fällt dann bis Neustadt auf 6,1 km um 72 m. Vernachlässigt man die Elbbrücke bei Bad Schandau, da sie nicht gebirgstypisch ist, so durchfährt der Zug mit Eintritt ins Gebirge bei Rathmannsdorf 7 Tunnel mit 983 m Gesamtlänge, er rollt über 2 große Viadukte bei Sebnitz und über weitere 28 größere und 41 kleinere Brücken."
- (D.Hesse, Neustadt, Artikel aus "Der Modelleisenbahner" 1984)
Die Strecke durch das Sebnitztal und weiter hinauf zum Hang des Ungers besitzt demnach ein mittleres Neigungsverhältnis von 1:61 bzw. auf dem Teil bis Neustadt 1:84.
Weblinks
- Internetsite von Axel Förster mit vielen technischen Details und Bildern
- Bahnbeschreibung auf Regionsseite
- Windbergbergbahn e.V.
Literatur (Quellen)
- Lemme/Engelmann: Zwischen Sebnitz, Hinterhermsdorf und den Zschirnsteinen Akademie-Verlag, Berlin 1966