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Interpretatio Romana

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Als Interpretatio Romana (lat. etwa: «Römische Übersetzung») bezeichnet man die römische Sitte, fremde Gottheiten durch Identifikation mit römischen Gottheiten der eigenen Religion einzuverleiben.

Griechische Gottheiten

Dabei wurden erstens römische Gottheiten mit den ihnen ohnehin bereits tlw. entsprechenden griechischen Göttern gleichgesetzt und beide einander nach Attributen, Zuständigkeiten usw. wechselseitig noch stärker angepasst; z.B.:

Griechische Gottheit Römische Gottheit
Apollon Apollo
Zeus Jupiter
Hera Vesta
Aphrodite Venus
Demeter Ceres
Herakles Herkules
... ...

Noch einfacher war naturgemäß die Angleichung oder neuschaffende Übernahme von Personifikationen, etwa Nike zu Victoria, Eirene zu Pax usw.

Andere Gottheiten

Darüber hinaus wurden auch vollkommen fremde, etwa keltische, germanische, ägyptische oder sonstige orientalische Götter anhand von Attributen, Zuständigkeiten oder besonderen Eigenarten mit römischen gleichgesetzt, wie das schon Herodot (Buch IV) mit seiner 'Erklärung' ägypischer durch griechische Gottheiten getan hatte. So ergaben sich z.B.:

Fremde Gottheit Griechische Gottheit Römische Gottheit
Ra, ägyptischer Sonnengott Apollon Apollo
Teutates, keltischer Gott (Hermes) Merkur
Lenus, keltischer Kriegsgott (Ares) Mars
... ... ...

Bedeutung

Die interpratio Romana erscheint als 'globalisierte' Fortführung der bereits in der griechischen Religion zu beobachtenden Tendenz, lokale Gottheiten mit überregionalen zu identifizieren, wodurch viele Götternamen zu bloßen Beinamen wurden und eine einheitliche gesamt-griechische Religion überhaupt erst entstand. Entsprechend entstand aus den verschiedenen, v.a. etruskischen, vermittelt griechischen sowie lokalen Quellen entstammenden Göttervorstellungen der Römer gerade durch die Angleichung an griechisches Gedankengut eine einheitliche Römische Mythologie.

Die interpratio Romana trug als Methode aneignender Integration zum Religionsfrieden im römischen Reich bei, sie ist jedenfalls besonders bezeichnender Ausdruck des pragmatischen Umgangs der römischen Eroberer mit kulturellen und religiösen Fragen in den unterworfenen Kulturen. Wo freilich eine interpratatio Romana gänzlich unmöglich war, weil eine Gottes- und Kultvorstellung fundamental von den römischen Vorstellungen abwich, zeigten sich auf römischer Seite Misstrauen und Vorurteile, besonders gegenüber der jüdischen Religion mit ihrer Vorstellung eines einzigen allmächtigen Gottes, der nicht einmal dargestellt werden darf.

Eine Nachwirkung der interpratio Romana ist die bis ins 19. Jahrhundert übliche, in Spuren bis heute nachwirkende Praxis, über antike, v.a. griechische Gottheiten mit lateinischen Namen(sformen) zu sprechen – z.B. Amor statt Eros , Apollo statt Apollon usw.