Geschichte der Kapkolonie (1806–1870)
Geschichte der Kapkolonie |
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vor 1806 |
1806 - 1870 |
1870 - 1899 |
1899 - 1910 |
Die Geschichte der Kapkolonie von 1806 bis 1870 umfasst die Zeit von der Übernahme der Kolonie durch die Briten bis zur Gewährung der inneren Autonomie 1872.
Übergang an die Briten
Nach dem Niedergang der VOC besetzten britische Truppen die Kapprovinz zunächst zeitweilig, gaben sie jedoch nach dem Frieden von Amiens 1803 an die Batavische Republik zurück. Im Zuge der wieder aufflammenden Feindseligkeiten zwischen Grossbritannien und dem napoleonischen Frankreich besetzten die Briten 1806 die Kapkolonie erneut, um ihre Seehandelswege in den fernen Osten zu sichern. 1814 trat die Niederlande die Kolonie dann endgültig an Grossbritannien ab.
Zu dieser Zeit reichte sie bis zum (Highveld), damals als „Land der Buschmänner“ bezeichnet, und umfasste eine Fläche von rund 194.000 km² und 60.000 Einwohner, darunter 27.000 Weiße, 17.000 freie Khoi Khoi (Hottentotten) und 16.000 Nachfahren von einstigen Gastarbeitern unterschiedlicher Herkunft, die meisten davon sogenannte Kapmalaien.
Der erste und zweite Grenzkrieg
Im Zuurveld (engl. Albany) zwischen Sunday River und Great Fish River war es schon in früheren Jahren zu Zusammenstössen zwischen den Xhosa und weissen Siedlern gekommen. Nachdem die Briten die Kapkolonie übernommen hatten, betrachteten sie das Zuurveld irrtümlicherweise als Teil der Kolonie.
Um 1811 hatten die Xhosa das Gebiet erneut besetzt und dabei weisse Siedler angegriffen. Im Dezember 1811 wurde das Zuurveld daraufhin von britischen Truppen und burischen Commandos unter John Graham besetzt. Graham drängte die Xhosa über den Fish River zurück und errichtete eine Reihe von Forts entlang des Flusses. Um sein Hauptquartier herum entstand in der Folge die nach ihm benannte Stadt Grahamstown.
Zwischen Briten und Xhosa kam es 1817 zu einem Streit um gestohlenes Vieh. Am 22. April griffen daraufhin Xhosa unter Häuptling Makana das nur schwach besetzte Grahamstown an. Die Briten erhielten jedoch rechtzeitig Verstärkung und konnten den Angriff zurückschlagen. Man einigte sich schliesslich darauf, das Land zwischen Fish- und Keiskamma River zum neutralen Gebiet zu erklären.
Die Siedler von 1820
Diese Auseinandersetzungen führten mittelbar zur ersten grossen britischen Einwanderungswelle in die Kapkolonie. Da die Vereinbarungen mit den Xhosa sich als brüchig erwiesen, beschloss der Gouverneur der Kapprovinz, Lord Somerset, durch verstärkte Besiedelung der Grenzregion eine dauerhafte Barriere gegen die Bantustämme zu schaffen. 1820 stellte das britische Parlament auf Somersets Vorschlag hin 50.000 Pfund für die Anwerbung von Kolonisten zur Verfügung. 4.000 Briten, Siedler von 1820 genannt, landeten daraufhin in Port Elizabeth und machten Grahamstown zu ihrem Hauptort.
Zunächst war diese Besiedlung lediglich als Massnahme zur Grenzsicherung gedacht und wurde von der britischen Regierung zudem als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für einige tausend Arbeitslose Briten begrüsst. Sie hatte allerdings Konsequenzen für das soziologische Gefüge der Kolonie, die weit über die die Pläne der Initiatoren hinausgehen sollten.
Die direkt von den britischen Inseln kommenden Neusiedler behielten eine starke Loyalität zu ihrem Mutterland und bildeten so einen dauerhaften Gegenpart zu den niederländisch geprägten Buren. Die Ankunft der Immigranten brachte auch die englische Sprache an das Kap. Englischsprachige Verordnungen wurden erstmals 1825 veröffentlicht und zwei Jahre später wurde Englisch Gerichtssprache. Das Niederländische wurde jedoch nicht verdrängt, weshalb die meisten Siedler zweisprachig waren.
Unzufriedenheit der Buren mit der britischen Herrschaft
Das Kapgebiet prosperierte zwar unter der britischen Herrschaft, dennoch wuchs der Unmut der Buren gegen die neuen Herren. Teilweise lag dies in der verstärkten Tätigkeiten von Missionaren (mährische Mission, London Missionary Society) begründet. Die Missionare machten sich die Interessen der Eingeborenne zu eigen. So protestierten sie beispielsweise bei der britischen Verwaltung gegen eine Regelung aus dem Jahre 1812, die es den Buren erlaubte, einheimische Arbeitskräfte unter miserablen Arbeitsbedingungen einzustellen.
Ein Vorkommnis von 1815/16 sorgte für dauerhafte Verstimmung zwischen Buren und Briten. Ein Bure weigerte sich, einer Vorladung nachzukommen, die nach der Beschwerde eines Khoi Khoi an ihn ergangen war. Als er daraufhin festgenommen werden sollte, schoss er auf die dafür ausgesandte Patroulie und wurde im folgenden Feuergefecht getötet. Dies führte zu einer Rebellion der Buren, nach deren Niederschlagung fünf Rädelsführer in Slachters Nek öffentlich gehängt wurden. Die Umstände der Hinrichtung vertieften den Graben zwischen Briten und Buren zusätzlich. Die Buren sollten nämlich gleichzeitig an einem Galgen gehängt werden, der aber unter ihrem Gewicht zusammenbrach. Daraufhin wurden die Buren einzeln gehängt. Den tiefreligiösen Buren erschien der Zusammenbruch des Galgens als Gottesurteil und die nachträgliche Exekution als Verstoss dagegen. Ausserdem stellte es für sie eine Verletzung des Rechts, nach dem der Henker einen verurteilten Delinquenten nur einmal hängen durfte, dar. Dies Ereignis wurde für die Buren bis heute zum Inbegriff britischer Rechtlosigkeit und Willkür schlechthin.
Weiterhin ersetzte 1827 eine Verordnung die bisherigen Landdrost- und Heemraden - Gerichte durch eine Gerichtsbarkeit nach dem Vorbild der englischen resident magistrates. Zudem wurde Englisch einzige Gerichtssprache. 1828 wurden - nicht zuletzt auf Betreiben der Missionare - die freien Schwarzen der Kaprepublik den Weissen Siedlern rechtlich gleichgestellt. 1830 wurden schwere Strafen für die Misshandlung von Sklaven verhängt und 1834 schliesslich die Sklaverei gänzlich abgeschafft.
All dies verstärkte die Entfremdung der Buren von den Briten und die bisher nur sporadisch vorkommende Abwanderung weisser Siedler in Gebiete jenseits der Koloniegrenze verstärkte sich rapide (siehe Grosser Treck).
Der dritte Kap-Front-Krieg
An der Ostgrenze kam es inzwischen zu weiteren Unruhen zwischen Xhosa und Briten. Im Dezember 1834 ermordete ein Kommando einen hochrangigen Xhosa-Häuptling. Daraufhin überschritt eine 10.000 Mann starke Xhosa-Armee die Grenze, plünderte Farmen im Osten der Kolonie und ermordete deren Bewohner. Am schwersten betroffen war eine Kolonie von freien Khoi Khoi, die 1829 von der britischen Regierung im Tal des Kat River angesiedelt worden war. Der Gouverneur d'Urban entsandte umgehend Truppen und nach neunmonatigen Kämpfen kam es im September 1838 zu einem weiteren Friedensvertrag, der den Great Kei River als Ostgrenze der Kolonie festlegte. Darüber hinaus unternahm d'Urban weitreichende Massnahmen, um das Gebiet gegen weitere Überfälle zu sichern. Er geriet dabei in Konflikt mit dem Kolonialminister Lord Glenelg, der d'Urbans Anordnungen wiederrief, da er die Buren als Urheber des Konfliktes ansah. Dies führte zu weiterem Unmut unter den burischen Siedlern.
Der Große Treck
Glenelg erklärte in einem Brief an den König dass „das große Übel der Kapkolonie in ihrer Größe besteht“, und verlangte die Rückverlegung der Grenze an den Fish River. 1837 entließ er d'Urban. „Die Kaffern“, schrieb er, „hatten eine deutliche Berechtigung für den Krieg; sie mussten sich widersetzen und versuchten zu Recht, wenn auch vergeblich, eine Reihe von Übergriffen zu rächen.“ Diese Einstellung gegenüber den Xhosa war einer von vielen Gründen, mit denen die Voortrekker ihren Auszug aus der Kapkolonie begründeten. Im nachfolgenden Großen Treck von 1836 bis 1840 gründeten die rund 7.000 Trekker republikanische Gemeinden jenseits des Oranje und Vaal sowie im Natal.
Jenseits der Oranje kam es im Zuge des grossen Trecks zu Zusammenstössen der Buren mit den Basotho, Buschmännern und Griqua. Um den Autonomiebestrebungen der Buren entgegenzuwirken, wurden einige dieser Stammesgebiete von der Regierung in Kapstadt anerkannt und unterstützt. Der erste dieser Treaty States war Griqualand West. Weitere folgten 1843 und 1844. Während es an der Nordgrenze daraufhin ruhiger wurde, hielten an der Ostgrenze die Konflikte zwischen Xhosa und Siedlern an.
1835 wurden die Buren durch eine neue gesetzgebende Versammlung an der Regierung beteiligt und auch auf wirtschaftlichem Gebiet machte die Kolonie Fortschritte. Ein effizientes Bildungssystem wurde auf Veranlassung von Sir John Herschel, der von 1834 bis 1838 in der Kapkolonie lebte, eingeführt. Die Landwirtschaft in den westlichen Provinzen blühte auf und neben Weizenanbau, Viehzucht und Weinanbau wurde vermehrt Schafzucht betrieben. Bereits 1846 war Wolle der Hauptexportartikel.
Der War of the Axe
Ein weiterer Krieg mit den Xhosa (War of the Axe) brach 1846 aus. Eine Khoi Khoi-Eskorte wurde von den Xhosa ermordet, als sie einen Xhosa-Dieb in Handschellen nach Grahamstown abführen wollte, wo dieser wegen des Diebstahl einer Axt verurteilt werden sollte. Man verweigerte die Auslieferung des Mörders und Ngqika- und Tambukies-Xhosa erklärten im März 1846 den Krieg. General Somerset besiegte die Xhosa am 7. Juni am Gwangu, einige Meilen von Fort Peddie entfernt. Der Krieg ging jedoch weiter, bis sich Sandili, der Häuptling der Ngqika, ergab. Andere Häuptlinge folgten seinem Beispiel und Anfang 1848 waren die Xhosa nach 21 Monaten Kampf vollständig unterworfen.
Ausdehnung des britischen Herrschaft

Ende 1847 wurde Sir Harry Smith Gouverneur der Kapkolonie. Er revidierte bald Glenelgs Politik. In einem Beschluss vom 17. Dezember 1847 erweiterte er die Grenzen der Kolonie nach Norden bis zum Oranje und nach Osten bis zum Keiskamma River. Bei einem Treffen mit Xhosa-Häuptlingen am 23. Dezember kündigte er die Annexion des Landes zwischen Keiskamma und Kei Fluss an und nahm somit das von Lord Glenelg aufgebenene Land erneut in Besitz. Das Gebiet fiel jedoch zunächst nicht an die Kapkolonie, sondern wurde als British Kaffraria Colony annektiert. 1860 wurde es Kronkolonie und 1866 schliesslich Teil der Kapkolonie.
Die Xhosa akzeptierten zunächst die neue Regierung, zumal der Gouverneur sie in der Folge unbehelligt liess. Dieser war mehr mit der Aufrechterhaltung der britischen Autorität über die Buren jenseits des Oranje beschäftigt. In der Zwischenzeit hatte sich die Kapkolonie immer weiter ausgedehnt, und 1848 wurde das Gebiet zwischen Vaal und Oranje zum britischen Hoheitsgebiet erklärt. Die Briten stiessen hiermit jedoch auf starken Widerstand der hier siedelnden Buren. Da das Gebiet wirtschaftlich für sie ohnehin uninteressant war, gaben sie die sog. Orange River Sovereignty schon bald wieder auf. Am 23. Februar 1854 wurde der Vertrag von Bloemfontein geschlossen, der zur Gründung des Oranje Freistaats führte.
Der "Gefangenen-Aufstand" und die Gewährung einer Verfassung
1848 wurde Henry Grey Kolonialminister. Er war gegen die Ausweitung der britischen Territorien in Südafrika, weil er die Kosten und die Belastung des britischen Staatshaushalts fürchtete und hielt es für richtiger, sich auf die Kapkolonie und Simon's Bay zu beschränken. Ausserdem war er bestrebt, die Ausgaben für die Verwaltung und Verteidigung den Kolonialisten selbst aufzuerlegen. Im Gegenzug sollte den Kolonien dafür erweiterte Selbständigkeit zugestanden werden.
1848 befragte er die Gouverneure aller britischen Kolonien, ob ihrerseits die Bereitschaft bestünde, Strafgefangene aufzunehmen. Er wollte irische Bauern, die während der Hungersnot in Irland straffällig geworden waren, in die Kolonien schicken.
Durch ein Missverständnis erreichte die Neptune mit 289 Häftlingen an Bord die Kapkolonie noch bevot die Meinung der Kolonisten eingeholt worden war. Die Kolonisten lehnten drn Plan jedoch ab und als die Nachricht von der bevorstehenden Ankunft des Schiffes das Kap erreichte, gründeten sie einen Anti-Gefangenen-Verband, dessen Mitglieder sich verpflichteten, nichts zu tun, was auf irgendeine Weise die „mit der Ankunft, Versorgung oder Beschäftigung der Gefangenen“ ermöglichen würde. Als die Neptune am 19. September 1849 in Simon's Bay einlief, mussten die Gefangenen daher fünf Monate an Bord bleiben, bis die Neptune schliesslich nach Tasmanien weitergeschickt wurde.
Die Unruhen führten in der Folge zu einer politischen Bewegung, die eine freie und repräsentative Regierung für das Kapgebiet forderte. Die britische Regierung führte daher, wie schon vorher von Grey zugesagt, 1854 eine liberale Verfassung ein.
Der achte Grenzkrieg 1850-1853
Die Anti-Gefangenen-Bewegung war kaum beendet, als erneut ein Krieg ausbrach. Der Xhosa-Stamm der Ngqika unter ihrem Häuptling Sandili rebellierten zunehmend gegen den Verlust ihrer Unabhängigkeit. Als Gouverneur Smith von der Unruhe in der Grenzregion erfuhr, berief er Sandili und andere Häuptlinge zu einem Treffen ein. Sandili blieb dem Treffen fern und wurde deshalb im Oktober 1850 als Häuptling der Ngqika abgesetzt und durch einen britischen Beamten ersetzt. Smith, der so einen weiteren Krieg verhindern wollte, erliess zudem den Befehl, Sandili festzunehmen. Zu diesem Zweck wurde eine kleine Truppe unter Colonel George Mackinnon ausgesandt. Diese wurde am 24. Dezember 1850 von überlegenen Xhosa - Kräften angegriffen und war nach dem Verlust einiger Männer zum Rückzug gezwungen. Dieses Scharmützel war das Signal für einen allgemeinen Aufstand des ganzen Ngqika-Stammes. Die Militärsiedlungen im Grenzgebiet wurden am Weihnachtsabend 1850 in einem Überraschungsangriff überrannt, vie der weissen Siedler wurden gefangengenommen oder getötet. Grosse Teile der Xhosa-Polizei desertierten. Gouverneur Smith wurde in Fort Cox von Aufständischen eingeschlossen, konnte jedoch mit 150 Kavalleristen unter Colonel Mackinnon nach King William's Town ausbrechen.
Währenddessen tauchte ein neuer Feind auf. Rund 900 Khoi Khoi vom Kat River, die in früheren Kriegen Verbündete der Briten gewesen waren, schlossen sich nun ihren ehemaligen Gegner, den Xhosa, an - und das nicht ohne Grund. Sie beschwerten sich darüber, dass sie als Soldaten in früheren Kriegen - die Kap-Kavallerie bestand zu großen Teilen aus Khoi Khoi - nicht so behandelt wurden wie andere, die der Verteidigung des Kapgebietes dienten, dass sie keine Entschädigung für ihre Verluste erhielten und dass sie vielfach ungerecht behandelt worden seien. Sie bildeten eine geheime Allianz mit den Xhosa, um die Europäer mit Waffengewalt zu vertreiben und eine Khoi Khoi Republik zu errichten. Zwei Wochen nach dem Angriff auf Colonel Mackinnon waren die Khoi Khoi vom Kat River ebenfalls bewaffnet. Ihrer Revolte folgten weitere Angriffe in anderen Missionsstationen und einige Khoi Khoi der Kavallerie folgten ihrem Beispiel, darunter sogar Männer, die den Gouverneur aus Fort Cox geleitet hatten. Viele Khoi Khoi blieben jedoch loyal und die Mfengu waren auch auf britischer Seite.
Nachdem sich die Konfusion nach dem Überraschungangriff beruhigt hatte, rief Sir Harry Smith zum Gegenangriff. Er stürmte das Amatole-Gebirge und bestrafte Sarhili, den höchstrangigen Häuptling, der die Ngqika heimlich unterstützt hatte, hart. Im April 1852 rief der Earl Grey Sir Harry Smith zurück und warf ihm - nach Meinung des Duke of Wellington zu Unrecht - einen Mangel an Energie und Urteilskraft bei der Kriegsführung vor, weshalb er ihn durch Lieutenant-General Cathcart ersetzte. Sarhili wurde erneut angegriffen und unterworfen. Die Xhosa wurden aus dem Amatole vertrieben und durch neu errichtete kleine Forts an der Rückkehr dorthin gehindert.
Die britischen Kommandanten litten ständig unter ihrer unzureichenden Ausrüstung, weshalb der Xhosa-Aufstand erst im März 1853 nach dem Verlust mehrerer Hundert britischer Soldaten niedergeschlagen wurde. Kurz danach wurde British Kaffraria, ein Gebiet zwischen Transkei und East London, zu einer Kronkolonie erklärt. Die Khoi Khoi-Siedlung am Kat River blieb bestehen, aber ihre Macht war gebrochen.
Der große Xhosa-Wahn
Die Xhosa bereiteten der Kolonie nach dem Krieg nur noch wenige Probleme. Dies war auf einen außergewöhnlichen Wahn zurückzuführen, der bei den Xhosa 1856 auftrat und im folgenden Jahr zum Tode von rund 50.000 Xhosa führte. Dieser Vorfall ist einer der tragischsten und begründet sich im animistischen Opferglauben, in dem jedem Opfer eine Anstrengung der Ahnen aus dem Jenseits zur Erhaltung der Lebenden folgt. Die Xhosa hatten ihre Niederlage von 1853 nicht als entscheidend akzeptiert und bereiteten sich auf einen erneuten Kampf mit den Europäern vor.
1854 breitete sich beim Vieh der Xhosa eine Krankheit aus. Man vermutete, dass sie vom Vieh der weißen Siedler übertragen worden war. Viele Tiere starben und die Xhosa erklärten dies mit ubuthi, Hexerei. Im Mai 1856 holte ein Mädchen namens Nongqawuse Wasser aus einem Teich nahe der Mündung des Gxarha River. Bei ihrer Rückkehr erzählte sie ihrem Onkel Mhlakaza, dass sie drei Geister am Teich gesehen habe, die ihr gesagt hätten, dass das gesamte Vieh geschlachtet und die Ernte vernichtet werden sollte. Am Tag nach der Zerstörung kämen die toten Xhosa zurück, um bei der Vertreibung der Weißen zu helfen. Die Vorfahren würden Vieh mitbringen, um die toten Tiere zu ersetzen. Mhlakaza glaubte der Prophezeiung und informierte den Häuptling Sarhili.
Sarhili befahl, die Anordnungen der Geister zu befolgen. Zunächst mussten die Xhosa ihr fettes Vieh vernichten. Nongqawuse, die in dem Fluss stand, wo die Geister zum ersten Mal erschienen waren, hörte überirdische Geräusche, die ihr Vater als Aufforderung verstand, noch mehr Vieh zu töten. Schließlich verlangten die Geister, dass kein einziges Tier ihrer Herden überleben sollte und jedes Getreidekorn zerstört werden müsse. Wenn dies erledigt sei, würden Unmengen von viel schönerem Vieh aus der Erde auftauchen, während große Felder mit Getreide, reif und bereit zur Ernte, plötzlich erscheinen. Die Toten würden auferstehen, Probleme und Krankheiten verschwinden und allen würden Jugend und Schönheit zuteil. Ungläubige und die verhassten Weißen würden an diesem Tag verschwinden.
Die Menschen hörten dies und gehorchten. Sarhili gilt für viele als Anstifter der Prophezeiungen. Sicherlich glaubten einige der führenden Häuptlinge, dass sie lediglich in Vorbereitung eines letzten Kampfes mit den Europäer handelte, wobei die ganze Nation der Xhosa voll bewaffnet und ausgehungert auf das Kapgebiet geworfen werden sollte. Der Glaube an die Prophezeiung verstärkte sich durch den Tod von Lieutenant-General Cathcart im Krimkrieg 1854. Sein Tod wurde dem Eingreifen der Vorfahren zugeschrieben.
Es gab auch Menschen, die weder an die Vorhersagen glaubten noch am Kriegserfolg interessiert waren, aber in bedingungslosem Gehorsam zum Befehl ihres Häuptlings ihre letzte Nahrung zerstörten. Große Menschenmengen handelten entweder in dem Glauben, der das Erhabene erreichte oder in gleich großem Gehorsam. Man errichtete große Kraale für das versprochene Vieh und riesige Fellsäcke zur Aufbewahrung der Milch, die bald üppiger sein sollte als Wasser. Schließlich brach der Tag an, der laut Prophezeiung das Paradies auf Erden bringen sollte. Die Sonne ging auf und unter, aber das erwartete Wunder blieb aus. Den Häuptlinge, die die ausgehungerten Krieger auf die Kolonie hetzen wollten, war ein unglaublicher Fehler unterlaufen, da sie versäumten, die Nation unter dem Vorwand, die Auferstehung zu erleben, zusammenzurufen. Sie bemerkten ihren Fehler zu spät und versuchten das Problem zu lösen, indem sie die Auferstehung auf einen anderen Tag verlegten, aber reine Verzweiflung hatte die Hoffnung und den Glauben verdrängt und die Xhosa suchten die Briten nur als hungernde Bittsteller auf.
Nach dem War of the Axe taten die Kolonialisten alles Mögliche, um Leben zu retten, aber Tausende gingen elend zugrunde. In ihrem extremen Hunger wurden viele Xhosa zu Kannibalen und ein Fall von Eltern, die ihr eigenes Kind essen, ist bezeugt. Zu den Überlebenden gehört das Mädchen Nongqawuse. Einen lebhafter Bericht des ganzen Vorfalls findet man in G. M. Theals Buch History and Geography of South Africa (3. Auflage, London, 1878). Das entvölkerte Land wurde anschließend mit europäischen Siedlern aufgefüllt. Dazu gehörten Mitglieder der deutschen Legion, die mit der britischen Armee im Krimkrieg gedient hatte, und rund 2.000 betriebsame Emigranten aus Norddeutschland, die sich als wertvoll erwiesen.
Sir George Greys Regierung

Sir George Grey wurde 1854 Gouverneur der von den Briten sogenannten Kapkolonie. Seiner Meinung nach war die Politik der Regierung in London , die das Gebiet jenseits des Oranje ignorierte, falsch und deshalb präsentierte er 1858 einen Entwurf für einen Staatenbund, der ganz Südafrika umfasste. Der Vorschlag wurde jedoch von Großbritannien zurückgewiesen. Sir George Grey baute eine Straße durch Betschuanaland ins entfernte Innere und erhielt die Unterstützung des Missionare Moffat und David Livingstone. Er versuchte auch zum ersten Mal, abgesehen von den missionarischen Bemühungen, die Xhosa zu unterrichten und eine starke britische Behörde zu errichten, was durch die Selbstzerstörung der Xhosa relativ leicht war. Jenseits des Kei River waren die Bantu sich selbst überlassen.
Sir George Grey verließ das Kap 1861. Während seiner Regierung waren die Ressourcen des Kapgebietes durch die Eröffnung der Kupferminen in Little Namaqualand, die Mohair-Wollindustrie und die Eigenständigkeit des Gebietes Natal gestiegen. Mit der Einweihung der Eisenbahnlinie von Kapstadt nach Wellington im November 1863 und der Errichtung der Wellenbrecher 1860 in der Tafelbucht, die an dieser gefährlichen Küste längst nötig waren, begannen die öffentlichen Bauarbeiten in großem Umfang. Sie waren dadurch begünstigt, dass dem Kapgebiet weitestgehend Eigenständigkeit in der Regierung gewährt wurde.
Die Provinz British Kaffraria wurde 1865 unter dem Titel Electoral Divisions of King William’s Town and East London in die Kolonie integriert. Der Wechsel ging einher mit der Aufhebung des Verkaufsverbots für alkoholische Getränke an die Bantu und der folgende freie Handel mit den berauschenden Getränken hatte beklagenswerte Folgen für die Xhosa. Eine schwere Dürre, die fast das gesamte Kapgebiet mehrere Jahre lang betraf, sorgte für eine große ökonomische Depression und viele Bauern litten schwer darunter. In dieser Zeit führte man die Straußen-Zucht erfolgreich als eigenen landwirtschaftlichen Bereich ein.
Die Grenzen der britischen Autorität erweiterten sich, ob mit oder gegen den Willen der Regierung in London. Die Basotho, die in den oberen Tälern des Oranje lebten, hatten von 1843 bis 1854 unter einem Semi-Protektorat der britischen Regierung gestanden. Aber nachdem sie nach dem Verlust von Weidegebieten in Oranje-Freistaat in ihr Kernland Lesotho zurückgedrängt waren, begannen sie einen lang andauernden Krieg mit den Buren des Oranje-Freistaats. Auf Grund der dringenden Petition ihres Häuptlings Moshoeshoe I. wurden sie 1868 zu britischen Untertanen erklärt und ihr Territorium Basutoland wurde 1871 ein Teil des Kapgebietes. Im gleichen Jahr wurde der südöstliche Teil von Bechuanaland unter der Bezeichnung Griqualand West von Großbritannien annektiert. Dieser Anschluss erfolgte nach der Entdeckung von drei reichen Diamant-Minen, einem Ereignis mit weitreichenden Folgen.
Literatur
- Elizabeth Elbourne: Blood Ground: Colonialism, Missions, and the Contest for Christianity in the Cape Colony and Britain, 1799-1853. McGill-Queen's University Press. 2002. ISBN 0773522298
- Basil Alexander Le Cordeur: The War of the Axe, 1847: Correspondence between the governor of the Cape Colony, Sir Henry Pottinger, and the commander of the British forces at the Cape, Sir George Berkeley, and others. Brenthurst Press. 1981. ISBN 0909079145
- Alan Mabin: Recession and its aftermath: The Cape Colony in the eighteen eighties. University of the Witwatersrand, African Studies Institute. 1983. ASIN B0007B2MXA.
- Robert Ross und David Anderson: Status and Respectability in the Cape Colony, 1750-1870 : A Tragedy of Manners. Cambridge University Press. 1999. ISBN 0521621224
- George McCall Theal: History of the Boers in South Africa; Or, the Wanderings and Wars of the Emigrant Farmers from Their Leaving the Cape Colony to the Acknowledgment of Their Independence by Great Britain. Greenwood Press. 1970. ISBN 0837116619
- P.J. van der Merwe und Roger B. Beck: The Migant Farmer in the History of the Cape Colony. Ohio University Press. 1995. ISBN 0821410903