Rolf Deyhle
Hemmungslose Beweihräucherung. Wurde nach erfolgloser QS wieder in den Artikelnamnesraum entlassen, da hat’s in dieser Form aber nichts verloren. – Holger Thölking (d·b) 17:49, 3. Nov. 2006 (CET)
Rolf Deyhle (* 3. Oktober 1938 in Stuttgart, Baden-Württemberg) ist ein deutscher Unternehmer, Kunstsammler und Kunstmäzen.
Deyhle lebt heute bei Stuttgart, ist verheiratet und hat sechs Kinder.
Leben
Steuerexperte
Deyhle wächst in einfachen Verhältnissen auf. Mit 16 Jahren beginnt er eine Ausbildung in der Stuttgarter Finanzverwaltung und wird „Baden-Württembergs jüngste Lehrkraft“. [1] Er gibt allerdings den sichere Beamtenstelle später auf und macht sich selbstständig. Mit 24 Jahren entwickelte Deyhle das als so genanntes „Bauherrenmodell“ Jahrzehnte lang für einen Boom in der Baubranche sorgende Steuersparmodell. [2]
Zehn Jahre führte Deyhle eine Wirtschafts- und Steuerberatungskanzlei, die er 1973 auf einen führenden Mitarbeiter überträgt. Fortan ist er für den Aufbau, Betrieb und die Lenkung umfangreicher Unternehmungen im In- und Ausland verantwortlich, vor allem handelte er mit Rechten und Lizenzen.
FIFA-Geschäfte
1977 entwirft er das bis heute gültige FIFA-Emblem „Fußball umspannt die Welt“: „Das habe ich damals auf einer Zugfahrt auf eine Serviette gezeichnet“, wird er zitiert. [3]Zusammen mit Horst Dassler (adidas) und dem heutigen FIFA-Präsidenten Joseph S. Blatter baut Deyhle die weltweite Vermarktung der Fußball-Weltmeisterschaften auf. Ebenfalls 1977 (bis einschließlich 1994) sichert sich Deyhle die weltweiten Vermarktungsrechte aller im Zusammenhang mit der FIFA (und dem Deutschen Fußball-Bund) stehenden Zeichen, Symbole und Designs.
Deyhle entwirft auch die Fairplay-Trophy der FIFA, den Sport-Billy„Der Spiegel“ schreibt hierzu: „Der Stuttgarter verdiente an jedem Maskottchen, das etwa bei der WM in Italien auf T-Shirts, Biergläsern oder Aschenbechern prangte. Auch wenn das von Deyhle entworfene FIFA-Emblem oder der FIFA World Cup irgendwo auf dem Globus gedruckt wird, kassierte der Multiunternehmer. Sein größter Erfolg war Billy. Die pummelige Comic-Figur allein hat ihrem Mentor und Lizenzbetreiber Deyhle ein Vermögen eingebracht. Billy war der Star einer Trickfilmserie, die in über 100 Ländern ausgestrahlt wurde.“ [4] Auch für den Welt-Leichtathletik-Verband und den Internationalen Skiverband (FIS) vermarktete Deyhle seine Comic-Figur, ebenso das weibliche Pendant, die Sport-Lilly.
Vom FIFA World Cup gibt es derzeit weltweit nur zehn Nachbildungen in Gold und Malachit. Neun der 36 Zentimeter hohen und fast fünf Kilogramm schweren Pokale stehen bei verschiedenen Fußball-Weltmeistern. Deyhle ist die einzige Privatperson, die diesen mit Edelsteinen verzierten Pokal aus 18-karätigem Gold seit den 1970er Jahren besitzt. Diesen wollte Deyhle im Juni 2006 für eine zweistellige Millionensumme versteigern lassen und den Erlös an seine sechs Kinder weitergeben. Doch die FIFA widersetzte sich erfolgreich diesem Plan.
Immobilien- und Luftverkehrunternehmungen
Parallel investiert der Stuttgarter in Wohn-, Freizeit- und Gewerbeimmobilien. 1976 eröffnet er das Golfhotel am Wörther See. Das Haus ist die Wiege der „F.X. Mayr Medizin- und Regenerationskur“. Er baut Hotels, Wohnsiedlungen, Yachthäfen und wird zum größten Golfplatzbauer der Republik, etwa auf der Stolper Heide bei Berlin, Idstein bei Frankfurt am Main oder am Bodensee. Ende der 1980er Jahre gehört Deyhle auch eine Fluggesellschaft: Die „Luftfahrzeug Finanz AG“. Das Konzept: Deyhle kauft kleine Maschinen und vermietet sie an Geschäftsleute.
Musical-Unternehmungen
1988 steigt Rolf Deyhle in die Musicalbranche ein. Er baut die Stella AG auf und revolutioniert das Kultur-Business in Deutschland. Musicals wie „Cats“, „Das Phantom der Oper“, „Die Schöne und das Biest“ oder „Miss Saigon“ sprechen ein Millionenpublikum an und sorgen für einen neuen Unterhaltungsboom. In Stuttgart errichtet Deyhle dazu für rund 400 Millionen Euro das SI-Centrum und entwickelt ein eigenes Entertainment-Konzept: Erlebnisgastronomie mit Themenrestaurants, Casinos, Freizeitbädern, Kino und Theater unter einem Dach. „Rund 1000 Mark (500 Euro) gibt ein Ehepaar im Durchschnitt aus, das sich in Stuttgart das Deyhle-Musical ,Miss Saigon‘ ansieht.“[5] Davon entfallen dank dieses Cross-Selling-Angebots lediglich 30 Prozent auf das Theater, die übrigen 70 Prozent erzielen Gastronomie, Hotels und Freizeitangebote. Ähnlich funktioniert die Strategie bei „Starlight Express“ in Bochum, dem Flora-Theater in Hamburg, dem Colosseum in Essen und anderen Varieté-Theatern.
Für die Musicals baut Deyhle ein Marketing- und Vertriebssystem auf. Durch den Verkauf von Ticket-Kontingenten an Busunternehmer erreicht er Menschen aus ganz Deutschland. So organisiert er Fahrt und Unterkunft gleich mit. Zudem führt er das Teleticketing ein. „Immobilien als Basis, Musicals zum wachsen“, zitiert die Stuttgarter Zeitung seine Strategie. [6]
Kino-Center-Unternehmer und Filmproduzent
Auch bei Kinoprojekten ist Deyhle beteiligt. Zusammen mit seinem Partner Hans-Joachim Flebbe lässt er CinemaxX-Superkinos in vielen deutschen Großstädten bauen. Inzwischen stehen 37 Multiplex-Kino-Center mit 322 Leinwänden und 85.000 Sitzplätzen unter den Markennamen CinemaxX und MaxX in 30 Städten. 2005 verzeichneten sie etwa 16 Millionen Zuschauer. Deyhle hält seit 1998 an dem Unternehmen keine Anteile mehr.
Deyhle lässt nicht nur Filme zeigen, er finanziert auch Projekte und wurde zu einem der größten deutschen Filmproduzenten. Er produziert Filme wie „JFK“ mit Kevin Costner, „Falling Down“ mit Michael Douglas, „Sommersby“ mit Jody Foster und Richard Gere, „Two Bits“ mit Al Pacino oder „Die unendliche Geschichte“. Für den Film „The Island On Bird Street“ erhält er als bislang einziger deutscher Produzent 1999 den begehrten Emmy-Award in New York City. „Gemeinsam mit seinem Freund Bodo Scriba fädelte er das größte Filmgeschäft ein, das es jemals zwischen USA und Europa gegeben hat“, bemerkt das Hamburger Abendblatt. [7]
Mitte der 1990er Jahre arbeiten mehr als 10.000 Menschen für den Deyhle, etwa 7.000 davon für Stella. Während dieser Zeit ist der Medien-Tycoon Leo Kirch sein schärfster Konkurrent. Deyhle und Kirch kämpfen mit harten Bandagen um Film- und Medienrechte, die für beide einen lukrativen Geschäftszweig darstellen. „Mitte 1990 hatte die Scriba & Deyhle OHG bereits 1000 Filme und 600 TV-Serienstunden im Angebot.“ [8]
Krise Ende der 1990er
1998 folgt eine Krise. Der Börsengang der Stella AG scheitert, da Banken das Unternehmen nicht eindeutig bewerten konnten. Dies lag zum einen an der komplizierten Firmenstruktur, zum anderen wussten die Banken nicht, wie sie Deyhles Rechte und Lizenzen bewerten sollten. Dazu bemerkt der Spiegel: „Den Wert eines Hotels oder einer Maschine kann man bewerten, was aber sind Deyhles Lizenzrechte an Walt-Disney-Musicals wert?“[9]
Weil aber gleichzeitig große Summen in Immobilienprojekten in den neuen Bundesländern gebunden sind, fehlt das Geld, um aufgenommene Kredite zu bedienen. Deyhle ist daher gezwungen, die Stella und alle Anteile an seiner Immobilienfirma Instag AG zu verkaufen. Um weitere liquide Mittel zu erhalten, verkauft er auch seine Beteiligung an der CinemaxX-Kette und an den Filmproduktionsfirmen. Zudem veräußert er Gemälde seiner Kunstsammlung, unter anderem das „Portrait von Dr. Fritz Glaser“ von Otto Dix. Allein dieses Kunstwerk wurde bei Sotheby’s Ende 1999 für rund 5,5 Millionen Euro in London versteigert.[10]
Die Insolvenz der Stella erfolgt erst mehr als ein Jahr nach Deyhles Ausstieg. Inzwischen ist der Musical-Betrieb jedoch wieder profitabel.
Im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Sanierung der Stella AG wird auch die Staatsanwaltschaft tätig. Sie verdächtigte Deyhle der Untreue. Die Ermittlungen wurden allerdings eingestellt. Deyhle, so das Landgericht in Mannheim, habe zu keiner Zeit „den Regeln eines ordentlichen Kaufmanns“ widersprochen. Das Gericht erkannte ihm für durch die Ermittlungen erlittene Nachteile einen Schadensersatzanspruch zu.
Derzeitige Betätigung
Zur Zeit produziert Deyhle in den USA „Black Dahlia“ mit Hilary Swank in der Hauptrolle. Sein gerne von der High Society frequentiertes Golfhotel am Wörthersee feiert 2006 das 30-jährige Bestehen. Deyhle ist außerdem weiter auf dem Markt für alternative Heilungskonzepte aktiv und unterstützt Angebote zur Verbreitung der Traditionellen Chinesischen Medizin. Deyhle engagiert sich zudem als Mäzen und Sponsor bei kulturellen und caritativen Anlässen. Er sichert beispielsweise den Bau eines Krankenhauses in Somalia und unterstützt das Goethe-Institut in New York City zur Förderung des deutsch-amerikanischen Kulturaustauschs.
Kunstsammlung
Bereits in jungen Jahren zeigte sich Deyhles Interess an Kunst. Mit dem ersten Verdienst kauft er etwa seine erste gotische Madonna. Sie ist der Grundstein für eine umfangreiche Sammlung. Ein weiter Schwerpunkt des Sammlers ist die Malerei. Heute zählen viele Werke von Künstlern wie Otto Dix, Pierre-Auguste Renoir, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister, Adolf Hölzel, Karl Hofer, Paul Kleinschmidt, Robert Breyer, Karl Hubbuch oder Adolf Fleischmann zu seiner umfangreichen Sammlung. Teile dieses Kunstschatzes waren vielfach im Rahmen von Ausstellungen rund um die Welt zu sehen. Im Februar 2006 etwa ließ er einen nie zuvor ausgestellten Renoir aus seiner Sammlung zeigen. Deyhle stellt das Gemälde der Staatsgalerie Stuttgart als Dauerleihgabe zu Verfügung. „Die Dame im Pelz“, ein frühes Werk Renoirs, gilt als Missing Link zwischen der klassischen und der impressionistischen Schaffensphase des Künstlers.
Quellen
- ↑ Forbes Magazin, 1/95
- ↑ Wirtschaftswoche, 1996
- ↑ die tageszeitung vom 8. Juli 2006
- ↑ Der Spiegel vom 22. April 1991
- ↑ Der Spiegel, Heft 38, 1997
- ↑ Stuttgarter Zeitung vom 9. Januar 1995
- ↑ Hamburger Abendblatt vom 14. November 1992
- ↑ Who is Who Magazin, 1995
- ↑ Der Spiegel vom 30. März 1998
- ↑ Berliner Morgenpost vom 8. Oktober 1999
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Deyhle, Rolf |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Universal-Unternehmer |
GEBURTSDATUM | 3. Oktober 1938 |
GEBURTSORT | Stuttgart, Baden-Württemberg |