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Kühlturm

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Kühlturm im KKW Grafenrheinfeld
Kraftwerk Scholven

Ein Kühlturm ist ein Bauwerk, in dem das im Kondensator erwärmte Kühlwasser von Dampfkraftwerken und Industrieanlagen mit Umgebungsluft rückgekühlt wird. Dabei werden erhebliche Mengen Kühlwasser benötigt, in einem großen Dampfkraftwerk können pro Stunde bis zu 100.000 Kubikmeter Wasser die Anlagenteile passieren. Da diese Anlagenteile äußerst empfindlich auf Verschmutzungen reagieren, muss das Kühlwasser zuvor gereinigt werden. Zu diesem Zweck werden Treibgutrechen und Filter verwendet, wobei die Filter in erster Linie einzelne Komponenten wie Kondensatoren und Wärmeübertrager schützen. Das Kühlwasser wird anschließend in einem Kühlturm oder auch einem Kühlteich soweit abgekühlt, dass es entweder in ein Fließgewässer abgegeben oder aber auch erneut im Kühlkreislauf verwendet werden kann.

Die Gründe für den Betrieb eines Kühlturmes liegen zum einen in der Forderung, ein möglichst kaltes Ende des Dampfkreislaufes im Dampfkraftwerk bereit zu stellen und andererseits von einem nahen Fließgewässer unabhängig zu sein.

Kühltürme zählen zu den rotationssymmetrischen Schalentragwerken. Die Aussteifung der Schale erfolgt über den oberen und unteren Ring. Bei der statischen Bemessung wird der untere Bereich als Schale idealisiert. Sie werden inzwischen in Höhen bis zu 200 m errichtet (Kraftwerk Niederaußem) und haben eine Mindestwanddicke von 16 cm nach alter Vorschrift. Aufgrund der Novellierung der Normengeneration wurden auch die konstruktiven Voraussetzungen neu definiert, so dass inzwischen Mindestwandstärken von 18 cm gefordert werden (siehe die BTR-Kühltürme).


Funktion

Man spricht von Abwärme, die in erster Linie im Kühlturm anfällt, wenn die Erzeugung von elektrischem Strom im Kraftwerk im Vordergrund steht. Die vertikale Anordnung des Kühlturms erlaubt die Nutzung des Kamineffekts. Er bewirkt, dass die in dem nach unten und oben offenen Kühlturm stehende Luft erwärmt wird, dadurch aufsteigt und frische Luft nachzieht. Daher ist eine mechanische Förderung des Luftstroms mit einem Lüfter nicht unbedingt erforderlich, wird jedoch nicht selten, insbesondere bei kleinen Anlagen, zur Erhöhung der Effektivität eingesetzt. Der Kühlbedarf eines Großkraftwerks kann bei deutlich mehr als 4 GW liegen. Mit dieser Wärmemenge werden im zugehörigen Kühlturm etwa 1500 Kilogramm Wasser in der Sekunde in Wasserdampf umgewandelt.

Bei jedem folgend beschriebenen Kühl- Verfahren muss das Wasser in Filteranlagen vorgereinigt werden, damit die immer vorhandenen Grobverschmutzungen nicht den nachgeschalteten Turbinenkondensator verstopfen und damit unwirksam machen. Weiterhin wirken die Kühltürme großer Kraftwerke wie Luftwäscher. Ihre reinigende Wirkung auf die sie durchströmende Luft bleibt für die Umwelt gering, der ausgewaschene Staub konzentriert sich jedoch im Kühlwasser und kann eine erhebliche Verschmutzung der nachgeschalteten Anlagenteile bewirken. Besonders die Kondensatoren der Dampfturbinen sind davon betroffen, die daher mit dem Kugelumlaufverfahren gereinigt werden müssen.

Bauarten

Trockenkühltürme

Trockenkühltürme sind Kühltürme, in denen die Wärme über Wärmetauscher durch Konvektion an die Luft abgegeben wird. Zur Unterstützung der Konvektion werden bei dieser Bauart große Ventilatoren eingesetzt, die Rohre der Wärmetauscher erhalten Kühlrippen.

Nasskühltürme

In Nasskühltürmen wird das zu kühlende Wasser in die Luft versprüht und über Füllkörper verrieselt. Dadurch wird ihm Verdunstungswärme entzogen und die Luft befeuchtet. Verdunsten von einem Kilogramm Wasser 10 Gramm, so sinkt die Temperatur des Wassers um 6 Grad. Zusätzlich wird das Wasser durch den feinverteilten Kontakt mit der Luft durch Konvektion gekühlt und die Luft erwärmt. Die Befeuchtung und die Erwärmung der Luft führen zu einer Abnahme der Dichte und damit einer Zunahme des Auftriebs der Luft. Oberhalb des Kühlturmes wird das Gemisch als Dampfschwaden sichtbar. Etwa 1,5 bis 2,5 % des umlaufenden Kühlwassers verdunsten dabei und müssen ergänzt werden. Ein weiterer Austausch des Kühlwassers durch die Abflut ist notwendig, um zu verhindern, dass sich die im Wasser gelösten Salze zu sehr aufkonzentrieren (akkumulieren). Kalk-Ablagerungen stellen hierbei das Hauptproblem dar; beim Betrieb eines Wärmekraftwerkes mit 3 GW thermischer Leistung können pro Tag ca. 10 Tonnen Kalk anfallen, die z.B. durch Lösen mit Ameisensäure aus dem Wasserkreislauf entfernt werden müssen. Diese Bauart wird in erster Linie im Dampfkraftwerk eingesetzt. Den tiefsten Bereich eines Nasskühlturmes, in dem sich das versprühte Kühlwasser sammelt, nennt man Kühlturmtasse.

Nasskühltürme haben wegen der Nutzung der Verdunstung eine sehr hohe Leistungsdichte, dafür aber auch einen Wasserverlust, der dem Kreislauf wieder zugeführt werden muss. Sie sind daran zu erkennen, dass sie, vor allem bei kühlerem Wetter, weithin sichtbare "Nebelschwaden" erzeugen.

Hybridkühlturm des Atomkraftwerk GKN bei Neckarwestheim

Hybridkühltürme

vereinigen die technisch-physikalischen Vorteile von Trockenkühlturm (Schwadenfreiheit) und Nasskühlturm (hohe Kühlleistung, besserer Wirkungsgrad).

Kühlverfahren

Durchlaufkühlung

Wenn das erwärmte Kühlwasser unbehandelt in die Umgebung abgegeben wird, handelt es sich um eine Durchlaufkühlung, die nur noch an Küstengewässern zulässig ist, wo die Erwärmung des Wassers keine Rolle spielt.

Rücklaufkühlung

Beim diesem Verfahren wird einem Fließgewässer das notwendige Kühlwasser entnommen, im Kondensator erwärmt und dann im Kühlturm versprüht. Das nicht verdampfte und auf seine Ursprungstemperatur abgekühlte Wasser wird wieder dem Fließgewässer zugeführt, um Salze und Verunreinigungen auszuschwemmen. Letztere würden in ihrer Konzentration ständig zunehmen, wenn das nicht an die Atmosphäre abgegebene Wasser wiederholt im Turm eingesetzt werden würde.

Umlaufkühlung

Die Umlaufkühlung verwendet dagegen stets das gleiche Wasser; es werden ausschließlich die Verluste aus Verdampfung und Abflut ergänzt. Dieses Verfahren hat sich bei einem geringen Angebot an Kühlwasser sehr bewährt. Jedoch hat die ständige Verdunstung eine Aufsalzung (die Eindickung) des Kühlwassers zur Folge, dass es zu Ablagerungen insbesondere von Calcium- und Magnesium-Karbonaten (Härtebildner) kommt. Um dem Effekt entgegenzuwirken, wird das Kühlwasser mit Chemikalien (z.B. Phosphonsäure) stabilisiert. Ab einer gewissen Obergrenze des Gesamtsalzgehaltes und der Gesamthärte muss über Abflut und Frischwasserzulauf eine Verdünnung des Kühlwassers herbeigeführt werden. Beim Einleiten der Abflut in städtische Schmutzwasseranlagen (Indirekteinleitung) oder Gewässer (Direkteinleitung) gelten staatliche Umweltauflagen. Ein weiteres Problem der Umlaufkühlung ist das Wachstum von Mikroorganismen. Neben dem Fouling müssen hygienische Probleme mit lungengängigen Bakterien im Kühlturmaerosol (Legionella spec., Pseudomonas aeruginosa) berücksichtigt werden. Daher wird das Kühlwasser auch mit Biozid und Bio-Dispergator behandelt.

Abwärme

Die von dem Kondensator an den Kühlkreislauf des Kühlturmes abgegebene Wärme wird verfahrensbedingt bei einer sehr niedrigen Temperatur übertragen. Diese Abwärme ist daher technisch nutzlos und muss im Kühlturm an die Umgebung abgeführt werden. Bei einem Bedarf an Wärme (z.B. in einem Fernwärmenetz) kann diese Kondensationswärme aber auch bei einer höheren Temperatur abgeführt werden. Dies mindert zwar den Wirkungsgrad und die Leistung des Kraftwerkes, insgesamt wird aber die Energie des Brennstoffes besser ausgenutzt. Zum Betrieb eines Fernwärmenetzes ist wegen der vielen Wärmetauscher und der deretwegen erforderlichen Temperaturgefälle eine Temperatur des Primärkreislauf von 130 bis 150 Grad Celsius notwendig. Da in den mehrstufigen Turbinen der Wasserdampf in der Regel bis kurz vor dem Erreichen seiner Kondensationstemperatur expandiert wird, muss der Prozess schon vorher abgebrochen werden, was eine Einbuße von bis zu 25% der elektrischen Leistung bedeutet. Weiterhin geht die Kühlleistung eines Fernwärmenetzes im Sommer stark zurück, so dass trotzdem in (kleinere) Kühltürme investiert werden muss. Das System Strom- und Wärmeerzeugung kann mit maximaler Effizienz nur dezentral betrieben werden, wenn also nur geringe Strecken zum Wärmetransport überwunden werden müssen, und die innere Energie des Treibmittels bis zu dessen Kondensation genutzt werden kann. Man spricht dann von Kraft-Wärme-Kopplung oder dezentraler Energieversorgung, die mit zunehmender Verteuerung von Brennstoffen an Bedeutung gewinnt.

Kühlturm als Schornstein

Bei manchen modernen, mit Rauchgasreinigungsanlage ausgerüsteten Kraftwerken übernimmt der Kühlturm auch die Funktion des Schornsteins.

Brandgefahren im Kühlturm

Sobald ein Kühlturm außer Betrieb ist, kann von ihm eine erhebliche Brandgefahr ausgehen. Am 12. Mai 2003 brannte in einem süddeutschen Kraftwerk ein Naturzugkühlturm ab, nachdem in seinem Inneren unsachgemäß geschweißt wurde [1]. Innerhalb von 45 Minuten brannten 108 Tonnen Einbauteile aus Polypropylen ab, nach weiteren 50 Minuten waren auch 60 Tonnen hölzerne Einbauteile verbrannt. Die frühzeitig gerufene Feuerwehr hatte keine Chance mehr, das Feuer noch zu löschen.

Quellen

  1. VGB PowerTech, Fachzeitschrift: VGB Kraftwerkstechnik 06/2006

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