Marder (Schützenpanzer)

Ausgerüstet zum Verschiessen von Manövermunition
Der Schützenpanzer (SPz) Marder ist das Hauptwaffensystem der Panzergrenadiertruppe der Bundeswehr. In der Nutzung befindet sich der Marder 1A3, 1A4 und der Marder A5. Als Nachfolger des Marder wurde der Schützenpanzer Puma entwickelt und erstmalig zur 50-Jahrfeier des deutschen Heeres in Munster präsentiert.
Entwicklungsgeschichte
Das Projekt Marder entstand schon im September 1959 während der anlaufenden Produktionsphase des Schützenpanzer lang (HS 30). Das Ziel war es, einen "gleichwertigen" Schützenpanzer zum Leopard 1 zu entwickeln. Die Anforderungen an diesen Schützenpanzer waren folgende:
- gesteigerte Absitzstärke von 12 Mann
- hohes Schutzpotential für die Besatzung
- hohe Beweglichkeit
- eine zuverlässige 20 mm Bordmaschinenkanone
- unkomplizierter Wechsel zwischen auf- und abgesessenem Kampf
- ABC-Schutz
Im Januar 1960 wurde die Rheinstahl-Gruppe und die Henschel AG (seit Ende 1999 Rheinmetall Landsysteme) mit der Entwicklung von 7 Prototypen beauftragt. Als Ergebnis wurden mehrere Konzepte auf Basis des HS 30 vorgestellt. Ein Prototyp dieser 1. Generation war der RU 122 mit einem Gewicht von 16t.
Daraufhin wurde der Forderungskatalog für die Generation 2 angepasst mit dem Ergebnis eines 20 t schweren Prototyps RU 261 mit Frontmotor, verbesserter Heckklappe, Ein-Mann-Turm mit 20 mm Maschinenkanone und einem Panzerabwehrlenkflugkörper.
Im Jahr 1964 folgte die 3. Generation des SPz mit einem neuen Forderungskatalog, angepasst an die neuen Anforderungen der Bundeswehr. Der Schützenpanzer wurde länger und breiter. Zusätzlich bekam das Fahrzeug ein Heck-MG und Kugelblenden an der Seite für einen Waffeneinsatz unter Panzerschutz. Als weitere Erkenntnis aus der 2. Generation zeigte sich, dass der Ein-Mann-Turm nicht der richtige Weg war. Darauf hin wurde ein Zwei-Mann-Turm mit scheitellafettierter Maschinenkanone entwickelt, der ohne Veränderungen des SPz integriert werden konnte.
1967 wurden die letzten 10 Prototypen entwickelt und ausgiebig in Truppenversuchen getestet. Nach zwei Jahren erfolgreicher Tests wurde 1969 der Serienvertrag über die Lieferung von 2136 Schützenpanzer unterzeichnet. Das erste Serienfahrzeug wurde 1971 an die Panzergrenadiere ausgeliefert.
Kampfwertsteigerungen des Marder


unter den Nebeltöpfen das gepanzerte Wärmebildgerät mit Schutzgitter
Im Laufe seiner Dienstzeit wurde der Schützenpanzer mehrfach verbessert, im militärischen Sprachgebrauch kampfwertgesteigert.
Im Jahr 1977 bis 1979 erfolgte die erste Verbesserung, jedoch noch keine Kampfwertsteigerung. Aufgrund der Bedrohung durch den Warschauer Pakt wurden alle Marder mit der Panzerabwehrwaffe MILAN ausgestattet. Ihr Einsatz erfolgte auf- oder abgesetzt. Aufgrund des Mitführens von 4 Lenkflugkörpern sinkt die Absitzstärke auf 6 Mann.
Bereits im gleichen Jahr mit Abschluss der MILAN Nachrüstung erhielten alle Marder ihre erste Kampfwertsteigerung. Die Umrüstung umfasste den Einbau eines Doppelgurtzuführers für die Bordmaschinenkanone zum wahlweise Verschießen von Sprengbrand (HEI)- und panzerbrechende Treibspiegelmunition (AP). Eine weitere Verbesserung war ein passives Nachtsichtgerät, der so genannte Wärmeortungsempfänger (WOE). Diesen erhielten 1024 Fahrzeuge, die Bezeichnung lautete Marder A1. Die restlichen Schützenpanzer behielten ihr aktives Infrarotgerät, wurden aber für die Nachrüstung eines Wärmebildgerätes vorgesehen. Die Bezeichnung lautete Marder A 1A. Die gesamte Umrüstung war 1982 abgeschlossen.
Zwei Jahre später, im Jahr 1984 bis 1989 erfolgte die zweite Kampfwertsteigerung. Diese umfasst den Einbau eines Wärmebildgerät (WBG) für den Richtschützen, den Wegfall der Hecklafette, den Einbau der neuen Funkgerätefamilie SEM 80/90, die Nachrüstung zum Betreiben des MILAN Infrarot Adapter (MIRA) an der Panzerabwehrwaffe MILAN und eine Winkelspiegelwaschanlage für den Fahrer. Im Rahmen dieser Umrüstung änderte sich die Bezeichnung für alle Modelle der Marderfamilie zu Marder 1. Die Bezeichnung der umgerüsteten Fahrzeuge war Marder 1A2.
Die dritte Nachrüstung erfolgte nahtlos in den Jahren von 1989 bis 1998 und umfasste die Verbesserung des passiven Panzerschutzes und die Neugestaltung des hinteren Kampfraums. So wurde die Wannenfront gepanzert, wobei die Luke hinter dem Fahrer verschwand. Das hintere Wannedach wurde ebenfalls zusätzlich gepanzert und erhielt nur noch 3 Luken. Die Seiten wurden um zusätzliche Staukästen ergänzt was den Wegfall der Kugelblenden zur Folge hatte. Der Turm, seine Scheitellafette sowie das Wärmebildgerät wurden ebenfalls gepanzert. Das Turmmaschinengewehr wanderte von rechts an die linke Seite. Die gesamte Umrüstung erstreckte sich auf 2097 Schützenpanzer, die Bezeichnung änderte sich zu Marder 1A3.
Des Weiteren erhielten einige Marder 1A3 ein krypto- und SATCOM-fähiges SEM 93. Sie tragen die Bezeichnung 1A4 sind aber äußerlich vom 1A3 nicht zu unterscheiden. Sie dienen dem Kommandeur als Führungspanzer in den Panzergrenadierbataillone.
Im Jahr 2001 folgte eine weitere kleine Verbesserung durch Rheinmetall Landsysteme. Diese umfasst die Neuanordnung der Wurfbecher der Nebelmittelwurfanlage und Programmierung der Steuerung zum vollen Einsatz der 6 Becher. Bedingt durch die Konstruktion waren nur 5 der 6 Becher nutzbar. So war der rechte untere Becher (*) so ausgerichtet, dass er beim Verschießen des Nebelkörpers die Bordmaschinenkanone trifft. Die Bezeichnung änderte sich nicht. (* in Fahrtrichtung)
Ein Jahr später, am 18. Dezember 2002 wurde die seit 1996 geplante Kampfwertsteigerung zum Marder 1A5 begonnen und umfasste den Einbau einer Minenschutzausstattung, um die Besatzung bei einer Minenexplosion zu schützen. Diese Maßnahmen führten zu einer Gewichtszunahme auf insgesamt 37,5 t, sowie zu einer vollständigen Überarbeitung und Neugestaltung des hinteren Kampfraumes und des Verpackungsplanes für die Ausrüstung. Rheinmetall lieferte eins von insgesamt 74 Fahrzeugen an die Bundeswehr. Die Marder 1A5 werden in den Auslandseinsätzen sowie als Ausbildungsfahrzeug an den Schulen des Heeres eingesetzt.
Funktionsbeschreibung


Der Marder diente neben seinem Einsatz als SPz, bis zu deren Auflösung in den schweren Kompanien der Panzergrenadierbataillone als Einsatzfahrzeug für den Vorgeschobenen Beobachter (VB) der Steilfeuerkomponente (Panzermörser 120 mm) und ersetzte den Kanonenjagdpanzer. Seit dem erlöschen der Betriebserlaubnis am 31. Dezember 2002 ersetzt der Marder bis zur Einführung des neuen Beobachtungsfahrzeug Fennek, den Beobachtungspanzer Artillerie auf dem M113. Dafür ist der Marder 1A3 mit einem TZG 90 (tragbares Zielortungsgerät) und einem Datenrechner MRT 86 (militärischer Rechner, tragbar) ausgestattet. Die Montage des TZG auf dem Marder ist mit einer passenden Halterung anstelle der MILAN gegeben, kann aber auch abgesetzt genutzt werden. Die Bezeichnung lautet Marder 1A3 VB.
Die Besatzung besteht bei den Panzergrenadieren aus: Kommandant, Richtschütze (beide im Turm), Fahrer (vorne in der Wanne) und 6 Grenadieren im hinteren Kampfraum, im Einzelnen: Truppführer (G36), Schütze 1 (MG3), Schütze 2 (G36 + MILAN), Schütze 3 (G36 + MILAN-Ladeschütze), Schütze 4 (G36, PzFst3), Schütze 5 (Scharfschütze).
Die Aufgabe des Kommandanten besteht in der Führung des Panzers bzw. der Gruppe. Dazu beobachtet er vom Turm aus das vorliegende Gelände und kann mit den Turmwaffen ins Gefecht eingreifen. Liegt der Einsatzschwerpunkt im abgesessenen Kampf, führt er den Schützentrupp, während der Truppführer seinen Platz im Turm einnimmt.
Die Aufgabe des Richtschützen besteht darin, die Turmwaffen zu bedienen, das umliegende Gelände mit den Optiken des Panzers zu beobachten, und den Sprechfunkverkehr durchzuführen. Zum Richten der Turmwaffen verfügen Kommandant und Richtschütze über je ein Periskopvisier mit 2facher und 6facher Vergrößerung, sowie über ein gemeinsames Wärmebildgerät. Die Bedienung des Turmes erfolgt über Hydraulikmotoren, welche von einem 139 bar Hydrauliksystem gespeist werden. Im Falle eines Ausfalles der Hydraulikanlage kann der Richtschütze den Turm über Handkurbeln richten und über eine Handpumpe Hydraulikdruck für weitere Funktionen aufbauen.
Darüber hinaus wird die Wanne in der Ausführung 1A3 auch als Basis für den Fahrschulpanzer Marder, sowie in leicht abgeändeter Form bis zur Ausmusterung für den Flugabwehr-Raketenpanzer mit dem Waffensystem Roland genutzt.
Bewaffnung
Der Marder verfügt über eine im Zweimanndrehturm untergebrachte 20 mm Bordmaschinenkanone (BMK), ein Turmmaschinengewehr (TMG) MG3 (7,62 mm) und eine Nebelmittelwurfanlage mit 6 Wurfbechern. Optional kann am Turm ein Lenkflugkörper (LFK) Typ MILAN angebracht und verschossen werden.
Die 20 mm Maschinenkanone verfügt über eine Rücklaufbrems- und Vorholvorrichtung (RBVV): Der Rückstoss wird durch den starken Federmechanismus vermindert und die Kanone gelangt schnell wieder in die Ausgangsposition.
Die Hauptwaffe kann gegen ungepanzerte Ziele bis zu einer Entfernung von 2000 m eingesetzt werden. Dabei kommt die Sprengbrandmunition zum Einsatz. Gegen leicht gepanzerte Ziele unter 1000 m wird Treibspiegelmunition genutzt. Der Einsatz gegen stark gepanzerte Ziele ist bei guten Bedingungen unter 600 m möglich. Beim Kampf gegen einen Kampfpanzer ist das Blenden mit HEI möglich um den Einsatz der MILAN und der Grenadiere zu ermöglichen. Ein Beschuss mit panzerbrechender Munition hat keinen Erfolg.
Gegen Flugziele ist der Wirkungsbereich begrenzt, und der Einsatz erfolgt dann nur gegen direkt angreifende Flugziele. Die maximale Kampfentfernung beträgt bei Hubschraubern bis 2000 m und bei Strahlflugzeugen bis 1200 m.
Für Manöver kann das gesamte Rohr gegen ein Manöverpatronengerät (MPG) getauscht werden. Dieses ist um einiges dicker und gleicht optisch dem Rohr für den scharfen Waffeneinsatz, ist jedoch am Rohrende verschlossen. (Siehe Bild am Artikelanfang.) Der Sicherheitsbereich vor der Waffe beträgt mit Manövermunition und Manöverpatronengerät 10 m, ohne MPG 70 m.
Weiterhin können die im hinteren Kampfraum untergebrachten Panzergrenadiere aus drei Luken über die Bordwand mit Handwaffen (G36, MG3, MP2A1, Granatpistole 40 mm) kämpfen oder auch abgesessen eingesetzt werden.
Technische Daten

Technische Daten (Marder 1A3) | |
Wannenlänge: | 6.880 mm |
Wannenbreite: | 3.380 mm |
Fahrzeughöhe: | 3.015 mm |
Gefechtsgewicht: | 33,5 t |
Turmgewicht: | ca. 3 t |
Höchstgeschwindigkeit: | ca. 65 km/h |
Reichweite (Str./Gel.): | 500 km/200 km |
Kraftstoffmenge: | ca. 650 l |
Kraftstoffverbrauch: | Straße: ca. 3,4 l/km, ca. 340 km Gelände: ca. 5,3 l/km, ca. 220 km Mittel: ca. 4,1 l/km ca. 280 km Standlauf: 12,5 l/h |
Motorleistung: | 441 kW (600 PS) |
Motor: | MTU MB 833 Ea-500 6 Zylinder V 90° Viertakt-Dieselmotor |
Mannschaft: | 9 |
Maschinenkanone MK 20 RH 202 | |
Hersteller: | Rheinmetall AG / Geschäftsfeld Waffen und Munition |
Kaliber: | 20 mm x 139 |
Gewicht: | 75 kg (mit Einzelgurtzuführung) 83 kg (mit Doppelgurtzuführung) |
Gesamtlänge: | 2.612 mm |
Rohrlänge: | 2.002 mm |
Rückstoßkraft: | 5,5 - 7,5 kN |
Kadenz: | 880 - 1.030 Schuss/min |
Drallwinkel: | 6° |
Marderlatte
Die "Marderlatte" ist eine provisorisch gefertigte Holzstange, die von der Besatzung verwendet wird,um zu überprüfen, ob der Schützenpanzer Marder, der gegebenenfalls in einer Senke Stellung bezieht, aus dieser heraus noch beobachten und wirken kann. Auf dieser "Latte" wird z.B. die Höhe der Wanne, der Bordmaschinenkanone, der Optiken und der Turmoberkante markiert.
SPz Marder 2
In den späten 80er Jahren wurde ein Prototyp eines neuen Schützenpanzers vorgestellt, der Marder 2, der viele Teile mit dem Leopard 2 gemeinsam hatte. Durch die Deutsche Wiedervereinigung kam es nicht zur Einführung. Besser sieht es mit dem auf Basis der Neuen Gepanzerte Plattform entwickelten Schützenpanzer Puma aus, der voraussichtlich 2009 bei der Bundeswehr mit insgesamt 410 Stück eingeführt wird.