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Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow

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Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow (russisch Станислав Евграфович Петров; * 1939) ist Oberst a. D. der Sowjetarmee, der am 26. September 1983 einen potentiellen Atomkrieg verhinderte, indem er sich, entgegen den Anzeigen seines elektronischen Frühwarnsystems, weigerte, einen scheinbaren Raketenangriff der USA auf die UdSSR für real zu halten. Die Computerausgaben stellten sich im Nachhinein als fehlerhaft heraus und Petrow kann die potentielle Verhinderung des Dritten Weltkriegs und der mit ihm einhergehenden Zerstörung angerechnet werden.

Aus Gründen der militärischen Geheimhaltung und wegen politischer Spannungen wurde Petrows Tat bis 1998 unter Verschluss gehalten.

Hintergrund

Während des größten Teils der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die USA und die Sowjetunion in einen fortwährenden Kalten Krieg verwickelt.

Die Spannungen zwischen den beiden Supermächten waren mit der Zeit zu einem beispiellosen Wettrüsten eskaliert, in dem beide Parteien versuchten, ihre Verhandlungsbasis mit Hilfe von immer mächtiger ausgebauten Waffenarsenalen zu festigen. Um 1980 hatten beide Seiten genug Feuerkraft versammelt, um den Gegner gleich mehrfach zu vernichten (Overkill). Es entstand ein fragiles Gleichgewicht der Mächte, welches auf beiden Seiten durch automatische Frühwarnsysteme gestützt wurde, durch welche im Falle eines gegnerischen Erstschlages die Vergeltung in Form der totalen Vernichtung des Angreifers gewährleistet werden sollte (Mutual assured destruction).

Der Vorfall

Oberstleutnant Stanislaw Petrow war diensthabender Offizier im Serpuchov-15 Bunker ungefähr 50 Kilometer nordöstlich von Moskau. Seine Aufgabe bestand in der computer- und satellitengestützten Überwachung des Luftraumes. Im Falle eines nuklearen gegnerischen Angriffes auf die UdSSR sah die Strategie einen mit allen Mitteln geführten, sofortigen nuklearen Gegenschlag vor.

Kurz nach Mitternacht des 26. September 1983 meldete der Computer eine auf die Sowjetunion anfliegende amerikanische Atomrakete. Petrow schlussfolgerte die Unwahrscheinlichkeit eines solchen Angriffes, da es militärisch sinnlos wäre, den Feind mit einer einzigen Rakete anzugreifen in dem Bewusstsein, dass der Gegenschlag die totale eigene Auslöschung bedeuten würde. Zusätzlich war die Verlässlichkeit des Satellitensystems in letzter Zeit mehrfach in Frage gestellt worden. Petrow legte den Vorfall als falschen Alarm ab.

Kurze Zeit später vermeldete das Computersystem eine zweite, dritte, vierte und fünfte abgefeuerte Rakete. Petrow glaubte weiterhin an einen Fehlalarm, er hatte jedoch keinerlei andere Quellen, um seine Vermutung zu überprüfen. Die Reichweite des landgestützten sowjetischen Radars war dermaßen kurz, dass es zum Entdeckungszeitpunkt bereits zu spät gewesen wäre.

Unter erheblichem Druck stehend, blieb Petrow aber bei der Entscheidung, die Informationen, die zu einem Gegenangriff geführt hätten, nicht weiterzuleiten. Er setzte weiterhin auf einen Computerfehler, wohl bewusst, dass, wenn er sich irrte, bald mehrere Nuklearraketen über seinem Heimatland niedergehen würden. Da das Satellitensystem nur fünf abgefeuerte Raketen meldete, ging er von einem Fehlalarm aus. Ein wirklicher Angriff hätte seiner Ansicht nach mit deutlich mehr Waffen stattfinden müssen.

Kurz danach an diesem Morgen stellte sich heraus, dass Petrows Einschätzungen richtig waren - das satellitengestützte sowjetische Frühwarnsystem hatte Sonnenreflektionen auf Wolken in der Nähe der Malmstrom Air Force Base in Montana, wo auch amerikanische Interkontinentalraketen stationiert waren, als Raketenstarts interpretiert.
Auch wenn der Befehl zum Gegenschlag letztlich noch durch das sowjetische Oberkommando zu fällen war - durch sein umsichtiges Verhalten hatte Petrow die militärische Kettenreaktion bis zu einem möglichen Nuklearkrieg rechtzeitig unterbrochen.

Das Nachspiel

Indem er sich weigerte, die automatischen Warnungen weiterzugeben, handelte Petrow - einen nuklearen Krieg verhindernd - entgegen seinen Vorschriften. Entsprechend wurde er von seinen Vorgesetzten zu mehreren Verhören herangezogen und galt fortan als unzuverlässiger Offizier.

Er wurde für seine Taten weder bestraft noch belohnt. Sie deckten die Unvollkommenheit des sowjetischen Militärsystems auf und rückten seine Vorgesetzten in ein schlechtes Licht. Von offizieller Seite bekam er einen Verweis für falsche Archivierung von Schriftangelegenheiten und seine einst vielversprechende Karriere fand ein jähes Ende. Er wurde auf einen weniger heiklen Posten versetzt und letztlich aus dem aktiven Militärdienst entlassen.

Petrow lebt seitdem in ärmlichen Verhältnissen als Pensionär in Frjasino. Obwohl er sich selbst nicht als Held bezeichnen würde, erhielt er am 21. Mai 2004 den mit eintausend US-Dollar dotierten »World Citizen Award« der kalifornischen Association of World Citizens. Am 19. Januar 2006 erhielt er die Auszeichnung Man Who Averted Nuclear War von der UNO [1].


Dieser Artikel basiert auf einer freien Übersetzung des englischen Artikels en:Stanislav Petrov welcher wiederum auf einem Original von Bright Star Sound basiert und unter der GFDL veröffentlicht wurde.