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Frauen im Schweizer Alpinismus

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Diese Übersicht zu Frauen im Schweizer Alpinismus gibt zuerst Einblicke in die Entwicklung des Bergsteigens von Frauen in den Schweizer Alpen und listet danach einige bedeutende Alpinistinnen auf.

Geschichte der Frauen im Schweizer Alpinismus

Die Walker Familie mit Freunden und Bergführern 1870. Hintere Reihe v. l. n. r.: Jakob Anderegg, M.J. Moore, Lucy Walker, Melchior Anderegg. Mitte v. l. n. r.: Miss Hughes, Horace Walker, Mrs F. Walker, A.W. Moore. Vorne v. l. n. r: Frank Walker, Johann Jaun

Überblick

Die Anfänge des Frauen-Bergsteigens liegen im 19. Jahrhundert. Auch wenn es nur wenige Bergpionierinnen gab, waren Frauen in der Eroberung der Berge von Anfang an dabei. Frauen wurde jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein weniger als Männern zugestanden, sich unnötig in Gefahr zu begeben.[1] Zudem wurden die Frauen von Kleidervorgaben behindert. So war namentlich das Tragen von Hosen lange verpönt.

Wie bei den Männern kamen die ersten Alpinistinnen aus Grossbritannien und den USA: Die Amerikanerin Meta Brevoort bestieg 1871 als erste Frau die Dent Blanche, das Weisshorn und das Bietschhorn. Als sie sich im gleichen Jahr auch noch ans Matterhorn wagte, kam ihr eine andere zuvor: die englische Alpinistin Lucy Walker.[2] Margret Anne Jackson, eine Engländerin unternahm 1888 vier Erstbesteigungen rund um Grindelwald, unter anderem das Lauteraarhorn und das Grosse Fiescherhorn.

Ab 1880 wurde Bergsteigen eine einigermassen verbreitete Freizeitbeschäftigung für Frauen. Alpinistinnen konnten eigenständiger auftreten und publizierten auch zunehmend.[3] Die Zahl der Bergsteigerinnen nahm im 20. Jahrhundert weiter zu, als das Bergsteigen immer populärer wurde und Menschen aus der Mittelschicht und der Arbeiterklasse in die Berge zu reisen konnten. Einen Schub für das Frauenbergsteigen brachte das Sportklettern: das Klettern in Hallen und Klettergärten war für Frauen aus Städten zugänglicher als das Alpinklettern.[4]

In der alpinen Literatur, den Archiven und Museen gibt es vergleichweise wenig Spuren zu Bergsteigerinnen. Ein Grund dafür ist, dass sie weniger schriftliche und bildliche Dokumente von ihren Unternehmungen hinterlassen haben und weniger über sie geschrieben worden ist.[4]

SAC und die Frauen

SFAC-Ausweis von Marty Attinger, 1961, Sammlung des Alpinen Museum der Schweiz[5]

Nach der Gründung des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) im Jahr 1863 stellte sich bei gewissen Sektionen die Frage: zählen Frauen zu den vom Alpen-Club angesprochenen «Schweizern» – oder gelten sie als Schweizerinnen? Einzelne Sektionen entschieden sich für Ersteres und gewährten den Frauen Zugang zum SAC.[6] Dies löste Unmut aus. Die «Frauenfrage» kam 1907 zur Abstimmung und die Männer schlossen ihre Kolleginnen schweizweit aus dem Club aus.[7][8] Elf Jahre nachdem in England der Ladies Alpine Club ins Leben gerufen wurde, gründeten 15 Alpinistinnen um Aline Margot-Colas (1865-1944) in Montreux den Schweizerischen Frauen-Alpen-Club (SFAC). Auf den 1. Januar 1980 fusionierten der SFAC und der SAC. Im Jubiläumsjahr 1968 zählte der SFAC 56 Sektionen und 7000 Mitglieder.[9] 2018 waren von den Neumitgliedern des SAC über 40 Prozent weiblich.[10]

Bergführerinnen

Das Central-Comité des SAC forderte kurz nach seiner Gründung 1863 die kantonalen Sektionen auf, sich den Ausbildungen von Bergführern zu widmen. Es setzte sich die Überzeugung durch, dass künftige Bergführer ausgebildet und geprüft werden sollten. 1899 erstellte der S.A.C das «Reglement über die Führerkurse und Erteilung der Führerdiplome des S.A.C.» und regelte darin die Kurs- und Diplomierungsbedingungen.[11] Bis Ende 1970er Jahre war den Frauen in der Schweiz aufgrund der Wehrdienstpflicht der Zugang zur Bergführerausbildung verwehrt.[12][13] Aldo Caminada brachte die strukturelle Barriere zum Fall. Er startete 1974 den Bergführerkurs. Da er nach seiner Rekrutenschule 1972 jeden weiteren Militärdienst verweigerte wurde er als Dienstverweigerer zu sechs Monaten Gefängnisstrafe verurteilt und durfte seine Bergführerausbildung nicht mehr fortsetzen. Er zog das Urteil bis vor das Bundesgericht und bekam schliesslich Recht.[14] 1977 stiess das Bundesgericht die Militärdiensttauglichkeit um und ebnete damit den Frauen den Weg zur Bergführerausbildung. Nicole Niquille erlangte 1986 als erste Schweizerin das Bergführerinnen-Diplom. Mit 40 Bergführerinnen liegt der Frauenanteil in der Schweiz im 2021 bei 2,7 Prozent. Mit Rita Christen steht seit Herbst 2020 erstmals eine Frau an der Spitze des Schweizerischen Bergführerverbandes.[15]

Frauenseilschaften

Als erste bedeutende reine Frauenseilschaft werden in der Literatur die Amerikanerin Miriam O'Brian (1898-1976) und die Französin Alice Damesme (1894-1974) genannt.[16] Sie bestiegen neben französischen Gipfeln 1932 das Matterhorn als erste Frauenseilschaft.

Im Jahr 2021 haben mehr als 700 Bergsteigerinnen aus über 20 Ländern alle 48 Viertausender der Schweiz in reinen Frauenseilschaften bestiegen. Dies im Rahmen einer von Schweiz Tourismus lancierten 100 % Women Peak Challenge. [17]

Kurzbiografien

Nach Geburtsdatum geordnet

Hanni Bay

Hanni Bay (* 1885) war eine Schweizer Malerin und Alpinistin. Ihre Tätigkeit als Bergsteigerin war Inspiration vieler ihrer künstlerischen Werke.

Gret Mittelholzer

Gret Mittelholzer (1899-1997) war eine Schweizer Bergsteigerin. Sie unternahm mit dem Bergführer Bruno Primi anspruchsvolle Bergtouren. Beispielsweise gelang dieser Seilschaft 1936 die Wiederholung der Comici-Route an der Civetta,[18] eine der damals schwierigsten Klettereien. Ihre bergsteigerischen Leistungen hielt sie im Verborgenen.[19] Als eine der ersten Frauen studierte Mittelholzer an der Universität St. Gallen Ökonomie und arbeitete für die Nationalbank. Bei Orell Füssli war sie für das Direktionssekretariat zuständig und erhielt als erste weibliche Mitarbeiterin den Direktorenrang. Gret Mittelholzer war die Schwester von Luftfahrtpionier Walter Mittelholzer.

Loulou Boulaz

Loulou Boulaz (* 1908) war eine der ersten Extrembergsteigerinnen der Schweiz und Skirennfahrerin. Boulaz habe den Bergsport mit einer feministischen Einstellung verbunden und immer wieder Grenzen überschritten, etwa indem sie – trotz Verbot – im Konkubinat lebte.[4]

Yvette Vaucher

Yvette Vaucher (* 1929 als Yvette Attinger) ist eine Schweizer Bergsteigerin. Sie ist die erste Frau, die die Nordwand des Matterhorns bestiegen hat. Zudem ist sie die erste weibliche Fallschirmspringerin der Schweiz.

Heidi Lüdi

Heidi Lüdi (* 1947), 1984 das erste weibliche Mitglied im Akademischen Alpenclub Bern (AACB)

Veronika Meyer

Veronika Meyer (* 1951)

Käthi Flühmann

Käthi Flühmann (* 1964)

Rita Christen

Rita Christen (* 1968) ist eine Schweizer Bergführerin, Juristin und die erste Präsidentin des Schweizer Bergführerverbandes.

Joëlle Brupbacher

Joëlle Brupbacher (* 03. August 1978, † 22. Mai 2011) war eine erfolgreiche Höhenbergsteigerin und die erste Schweizer Bergsteigerin, die fünf der weltweit 14 Achttausender erklommen hatte.

Siehe auch

Sportkletterinnen

Literatur

  • Tanja Wirz: Gipfelstürmerinnen, Eine Geschlechtergeschichte des Alpinismus in der Schweiz 1840–1940, Baden 2007, ISBN 978-3-03919-033-1. Zugleich Diss. phil. I Zürich, 2006
  • Patricia Purtschert und Véronique Hoegger: Früh los, im Gespräch mit Bergsteigerinnen über siebzig, Baden 2010, ISBN 9783039191536
  • Caroline Fink: Erste am Seil, Pionierinnen in Fels und Eis. Wenn Frauen in den Bergen ihren eigenen Weg gehen, Innsbruck 2013, ISBN 3-7022-3252-4
  • A Woman’s Place: Fundstücke von Bergsteigerinnen aus der Sammlung, Hrsg. vom Alpinen Museum der Schweiz, 2021, 40 Postkarten zum Heraustrennen, Textheft mit 32 Seiten; ausgewählte Fotos in der Berner Zeitung, 15. Januar 2022

Einzelnachweise

  1. Rita Christen, Helen Moser, Maria Altwegg, Rebecca Etter, Michelle Huwiler, Anita Mischler, Alpines Museum der Schweiz: A Woman's Place Fundstücke von Bergsteigerinnen aus der Sammlung : ein Postkartenbuch. Zürich 2021, ISBN 978-3-03942-039-1, Darin: Ingrid Runggaldier: Frauen in den Bergen, Der Weg aus dem Haus war schwieriger als der Weg zum Gipfel, S. 13–18.
  2. Alpinismusgeschichte - Die Pionierinnen an den Schweizer Bergen kamen aus dem Ausland. In: srf.ch. 17. April 2021, abgerufen am 5. Januar 2023.
  3. Tanja Wirz: Gipfelstürmerinnen : eine Geschlechtergeschichte des Alpinismus in der Schweiz 1840-1940. Hier + Jetzt, Baden 2007, ISBN 978-3-03919-033-1, S. 232.
  4. a b c Alpinismusgeschichte - Die Pionierinnen an den Schweizer Bergen kamen aus dem Ausland. In: srf.ch. 17. April 2021, abgerufen am 5. Januar 2023.
  5. Alpines Museum der Schweiz: Fundbüro für Erinnerungen. Abgerufen am 1. Oktober 2022.
  6. Caroline Fink: Auf dass der Club euch scheide. In: sac-cas.ch. 18. September 2018, S. 3, abgerufen am 22. April 2023.
  7. Rita Christen, Helen Moser, Maria Altwegg, Rebecca Etter, Michelle Huwiler, Anita Mischler, Alpines Museum der Schweiz: A Woman's Place Fundstücke von Bergsteigerinnen aus der Sammlung : ein Postkartenbuch. Zürich 2021, ISBN 978-3-03942-039-1.
  8. Caroline Fink: Frauengeschichten. Wie die Frauen im SFAC ihre eigne Clubgeschichte schrieben. In: Daniel Anker (Hrsg.): Helvetia Club 150 Jahre Schweizer Alpen-Club SAC 1863-2013. SAC Verlag, Bern 2013, ISBN 978-3-85902-362-8, S. 118.
  9. Revue du Club Suisse de Femmes Alpinistes / Zeitschrift des Schweizerischen Frauen-Alpenclubs / Rivista del Club Alpino Feminile Svizzero / Revaisa dal Club Svizzer d'Alpinistas (Hrsg.): Nos montagnes / Unsere Berge / Le nostre vette / Nossas muntagnas. Numéro de Jubilé Jubiläumsnummer 1918-1968, 47. Jahrgang No 473/474. Zürich Mai 1968, S. 113.
  10. Caroline Fink: Auf dass der Club euch scheide. 18. September 2018, abgerufen am 22. April 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  11. Andrea Hungerbühler: "Könige der Alpen" : Zur Kultur des Bergführerberufs. Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8394-2240-3, S. 94.
  12. Gipfelstürmerinnen, thurgaukultur.ch, 4. Oktober 2019
  13. Daniela Schwegler: Himmelwärts Bergführerinnen im Portrait. 1. Auflage. Zürich 2019, ISBN 978-3-85869-846-9.
  14. DFR - BGE 103 Ia 544 - Zulassung zum Bergführerkurs. Abgerufen am 22. April 2023.
  15. „Ich möchte Frauen ermächtigen!“ - Interview mit Rita Christen. In: bergundsteigen. Abgerufen am 22. April 2023 (deutsch).
  16. Caroline Fink: Erste am Seil : Pionierinnen in Fels und Eis. Wenn Frauen in den Bergen ihren eigenen Weg gehen. Tyrolia, Innsbruck 2013, ISBN 3-7022-3252-4, S. 69 ff.
  17. Frauen haben alle 48 Viertausender der Schweiz bestiegen. Schweiz Tourismus, 7. Oktober 2021, abgerufen am 5. Januar 2023 (deutsch).
  18. Marco Volken: Badile Kathedrale aus Granit. In: Marco Volken (Hrsg.): Bergmonografie. Band 13. AS Verlag, Zürich 2006, ISBN 3-909111-21-1, S. 98.
  19. Caroline Fink, Karin Steinbach: Erste am Seil - Pionierinnen in Fels und Eis. Tyrolia, Innsbruck / Wien 2013, ISBN 978-3-7022-3252-8, S. 84.