Appenzellerkriege
Die Appenzellerkriege bezeichnet kriegerische Konflikte zwischen den Fürsten und der Länder im Appenzellerland im 14. und 15. Jahrhundert .
Das Streben, sich von der Macht der Fürsten zu befreien und selbst ihre Geschicke zu lenken führte auch im Land Appenzell zu einer blutigen Auseinandersetzung mit dem Fürstabt von St. Gallen. Das Kloster St. Gallen übte seit 1345 die Reichvogtei über das Gebirgsland am Fusse des Alpsteins aus. Appenzell wollte sich mit allen Mitteln von der Herrschaft des Abtes loslösen. Die Siege von Morgarten, Sempach und Näfels gaben dem Freiheitsstreben der Appenzeller mächtig Ansporn. Unter dem Abt Kuno von Stoffeln (1379-1411) kamen die Spannungen zu einem Höhepunkt. Er versuchte die Appenzeller gefügig zu machen und erreichte damit, dass sich die fünf Gemeinden Appenzell, Gais, Hundwil, Teufen und Urnäsch mit der Stadt St. Gallen zusammenschlossen. Offene Auflehnung der Appenzeller gegen die schwere Steuerlasten und immer kühnere Raub- und Feldzüge mussten zur kriegerischen Entladung führen, besonders als die Appenzeller mit Hilfe der St. Galler die äbtische Burg Klanx bei Appenzell zerstörten. Die vom Abt als Schiedsrichter angerufenen schwäbischen Städte am Bodensee entschieden 1402 gegen Appenzell und erklärten deren Verbindung als widerrechtlich. St. Gallen fügte sich dem Schiedsspruch und traten vorzeitig von seinem Bündnis mit den Appenzellern zurück. Diese wollten sich jedoch dem Spruch nicht unterziehen und wandten sich um Hilfe an Schwyz, das zu Beginn des Jahres 1403 die Appenzeller in sein Landrecht aufnahm und die politische und militärische Führung in Appenzell ging an Schwyz über. Dies war der erste Schritt für den späteren Eintritt Appenzells in den eidgenössischen Bund. Unter schwyzerischer Führung wurde die Fehde gegen den Abt verstärkt. Es kam im äptischen Gebiet zu Raub und Plünderungen und der Abt versuchte zuerst den Streit zu schlichten. Als dies aber misslang, rüstet er zum Krieg, um die rebellischen Bauern mit den Waffen zur Ruhe zu bringen.
Am 15. Mai 1403 kam es bei Vögelinsegg zu einem Zusammenstoss, dem Gefecht bei Vögelinsegg, zwischen den Appenzeller und dem Äbtischen Heer, welches durch Truppen aus Konstanz verstärkt war. Die äbtischen Angreifer wurden in die Flucht geschlagen und die Appenzeller verfolgten sie bis vor die Tore der Stadt St. Gallen. Die Verluste der Angreifer betrugen gegen 300 Mann, wovon die Stadt Konstanz, deren Mannschaft an der Spitze des äbtischen Heeres marschiert war, 99 ihrer Bürger verlor. Von den Appenzeller sollen nur acht Mann gefallen sein.
Wie üblich in der frühen Schweizer Geschichte, brachte der Sieg von Vögelinsegg dem Krieg kein Ende. Der besiegte Landvogt gab sich nicht geschlagen, denn ein kleiner Bauernhaufens kann doch nicht ein vielfach stärkeres und besser ausgerüsteten Heer bezwingen. Man sprach von einem bösen Zufall, zustande gekommen durch besonders widrige, äussere Umstände, und konnte darin nicht einen endgültigen Entscheid erkennen.
Die Allianz des Abtes fiel auseinander, aber er fand im Habsburger Herzog Leopold IV., dem Sohn des bei der Schlacht bei Sempach gefallenen Leopold, einen neuen Verbündeten und dieser war bereit, dem Abt im Kampf gegen die appenzellischen Rebellen beizustehen. Damit erhoffte der Herzog eine Sicherung der Verbindung zwischen seinem vorarlbergisch-tirolischen Besitz und dem zu Habsburg gehörenden Thurgau. Er übertrug die Führung des folgenden Feldzuges seinem jüngeren Bruder Friedrich IV.. Da die eidgenössischen Orte im Jahr 1394 einen zwanzigjährigen Frieden mit Österreich geschlossen hatten, erreichte der Abt mit diesem Schachzug das Ausscheiden der Schwyzer aus dem Bündnis mit Appenzell. Die Appenzeller blieben aber immerhin im Schwyzer Landrecht. Die Acht Orte lehnten ein Begehren der Habsburger auf ihrer Seite mitzukämpfen ab, da sie erkannten, dass diese im Gebiet der heutigen Ostschweiz einen Machtzuwachs suchten, der ihnen selbst hätte gefährlich werden können. Dafür stellte sich nun wieder die Stadt St. Gallen auf die Seite der Appenzeller.
Am Morgen des 17. Juni 1405 kam es zwischen Altstätten und Gais zur Schlacht am Stoss, welche in erstaundlicher Weise den Vorgängen bei Vögelinsegg glichen. Auch diese Schlacht gewannen die Appenzeller und dieser Sieg löste bei ihnen einen ungeheuren Expansionsdrang aus, welcher den Krieg ins Toggenburg, Gasterland und Thurgau und gar ins Vorarlbergische und Tirol ausdehnte. Überall verbreiteten die Appenzeller Schrecken bei den Herren und Begeisterung und Freiheitshoffnungen bei den geknechteten Bauern. Dieses Treiben dauerte zwei Jahre und als die Appenzeller durch ihre Siege allzu sorglos und übermütig geworden waren, erlitten sie im Januar 1408 vor Bregenz gegen ein Heer süddeutscher Ritter und der Bischöfe von Augsburg und Konstanz eine schwere Niederlage und mussten sich in ihr Stammland zurückziehen. Alle ihre gemachten Eroberungen gingen dabei verloren und nur mit Hilfe der Eidgenossen konnten sie ihre Freiheit behalten.
Quelle:
- Kurz, Hans Rudolf
- "Schweizerschlachten" Francke Verlag, Bern 1962
- Die Appenzellerkriege; Seiten 48-58