Joachim Fernau
Joachim Fernau (* 11. September 1909 in Bromberg; † 24. November 1988 in Florenz) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Maler hugenottischer Abstammung. Ein Teil seiner Werke erschien unter dem Pseudonym John Forster.
Leben und Werk
Fernaus Vater war Beamter in Bromberg (heute Bydgoszcz) in der Provinz Posen. 1919 wurde sein Heimatort polnisch, die Familie verließ das Land im Jahre 1920 und zog nach Schlesien. Fernau besuchte die Schule und das humanistische Gymnasium in Hirschberg (heute Jelenia Góra) im Riesengebirge. Nach dem Abitur im Jahre 1930 studierte er in Berlin und arbeitete als Journalist, vor allem für den Ullstein Verlag.
Zum Kriegsausbruch 1939 wurde Fernau zur deutschen Wehrmacht einberufen. Er diente zunächst bei einem Polizeibataillon und wurde im Frühjahr 1940 als Kriegsberichterstatter zur Propagandatruppe der Waffen-SS eingezogen. Als solcher verfaßte er bis zuletzt Artikel mit Durchhalteparolen, für welche er sich nach dem Kriege teilweise rechtfertigte - sich allerdings nie von ihnen distanzierte. Fernau war jedoch kein NSDAP-Mitglied.
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Fernau als Redakteur in Stuttgart, ließ sich 1952 als freier Schriftsteller und Maler in München nieder und lebte zeitweise in der Toscana. 1952 erschien "Deutschland, Deutschland über alles...", eine humoristisch erzählte Geschichte Deutschlands, mit der Fernau seinen charakteristischen Stil fand. Er bediente sich klassisch bildungsbürgerlicher Stoffe wie der Geschichte des alten Griechenlands, des Römischen Reiches, Preußens, oder des Nibelungenliedes. Dabei nutzte er oft die für ihn zeitgenössische Alltagssprache, das Stilmittel der Ironie und erzählte meist aus distanziert-spöttischem Blickwinkel.
"Halleluja" etwa ist keine Geschichte der USA, sondern eine wütende Polemik gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, in welcher Fernau gar zum "Haß" (Zitat) aufruft. Seine Geschichtsdarstellungen sind Erzählungen, die seine subjektive Weltsicht zum Ausdruck bringen, welche bei aller Ironie von tiefem Skeptizismus gegenüber der Moderne und von Pessimismus geprägt ist. Fernaus zentrales Anliegen war die deutsche Nation und ihr aus seiner Sicht meist zu beklagendes Schicksal, auf welche er in nahezu allen Büchern Bezug nimmt - auch in jenen mit klassisch-antiken Themen. Stets blieb er ein deutlicher Kritiker aller Formen von Demokratie, deren Versagen er im Gegensatz zu autoritären Systemen in der Geschichte oft zu beobachten geglaubt hatte.
Fernau schrieb auch mehrere Romane, darunter das teilweise autobiographische Buch "Die jungen Männer" (1960), die Liebesgeschichte "Weinsberg oder die Kunst der stacheligen Liebe" (1963) und den Goethe-Roman "War es schön in Marienbad?" (1982).
Fernau starb 1988 in seiner Wahlheimat Florenz im Alter von 79 Jahren und wurde in München auf dem Alten Bogenhausener Friedhof beigesetzt.
Sonstiges
Als Maler hatte Fernau zu Schülerzeiten Unterricht bei dem damals bedeutenden Berliner Kunstprofessor Hermann Sandkuhl.
Fernau betätigte sich auch als Kunstsammler. 1996 vermachte seine Witwe die Sammlung im Rahmen einer Schenkung der Klassik Stiftung Weimar, wo die Bilder nach und nach restauriert und im Weimarer Stadtschloss als "Sammlung Fernau" ausgestellt werden.
Zitate
- Es gibt Dinge, die verdoppeln sich durch Stirnrunzeln,
verdreifachen sich durch Verbote –
und sterben bei einem Lachen.
(aus ... und sie schämeten sich nicht, 1958)
- Eines allerdings trifft auf fast alle kleinen Ritter des Mittelalters zu: Sie waren sagenhaft ungebildet....aber was die meisten von ihnen von sich gaben, entspricht etwa der Produktion des heutigen deutschen Films. Man schlägt halt zwei Stunden tot.
(aus Deutschland,Deutschland über alles...,1952)
- Gewinnt der Amerikanismus, so wird er in 150 Jahren die Menschheit zugrunde richten, und die Erde wird als erstorbener Mars im Weltall weiterkreisen.
Gewinnt die neue Religion (der Kommunismus), so wird die Menschheit 150 Jahre lang in großer Not leben, und dann wird wieder das Jahr Eins kommen und alles von vorne beginnen.
So oder so.
Halleluja
(aus Halleluja. Die Geschichte der USA, 1977)
Werke (in Auswahl)
- Abschied von den Genies. Die Genies der Deutschen und die Welt von morgen, 1953
- Fibel der Demokratie. Ein Buch für solche die viel fragen und solche die viel antworten müssen, 1953
- „Deutschland, Deutschland über alles ...“ Von Arminius bis Adenauer, 1953
- Bericht von der Furchtbarkeit und Größe der Männer, 1954
- Heldentum nach Ladenschluss, 1954
- Und sie schämeten sich nicht. Ein Zweitausendjahr-Bericht, 1958, Neuausgabe 1981
- Knaurs Lexikon alter Malerei, 1958
- Rosen für Apoll - Die Geschichte der Griechen, 1961
- Suite Nr 1, Lyrik, 1961
- Weinsberg oder Die Kunst der stachligen Liebe, 1963
- Die jungen Männer, 1960
- Disteln für Hagen. Bestandsaufnahme der deutschen Seele, 1966
- Wie es euch gefällt. Eine lächelnde Stilkunde, 1969
- Brötchenarbeit, 1970
- Cäsar lässt grüßen. Die Geschichte der Römer, 1971
- Ein Frühling in Florenz, Roman, 1973
- Die treue Dakerin. Drei Erzählungen, 1974
- Ein wunderbares Leben, Roman, 1975
- Ernst und Schabernack, 1976
- Ein wunderbares Leben, Roman, 1977
- Halleluja. Die Geschichte der USA, 1977
- Die Gretchenfrage. Variationen über ein Thema von Goethe, 1979
- Mein dummes Herz, Lyrik 1980
- Komm nach Wien, ich zeig’ dir was, 1981
- Sprechen wir über Preußen. Die Geschichte der armen Leute, 1981
- War es schön in Marienbad. Goethes letzte Liebe, 1982
- „Guten Abend, Herr Fernau“, fiktive Gespräche, 1986
- Und er sah, dass es gut war. Das Alte Testament erzählt. Fragment, 1989
- Was halten Sie vom Alten Fritz und anderes Kleingedrucktes, 1997
Literatur
- Christa Bürger: Textanalyse und Ideologiekritik. Zur Rezeption zeitgenössischer Unterhaltungsliteratur. Frankfurt am Main 1973.
- Volker Busch: Artikel Fernau, Joachim. In: Walther Killy (Hrsg.), Literaturlexikon, 15 Bde., Bertelsmann, Gütersloh/München 1988–1991.
- Gabriele Fernau: Geschichten von Herr und Hund. Meine vierbeinigen Memoiren. Herbig, München 1999. ISBN 3-7766-2108-7
- Joachim Fernau: In dem Hause auf dem Berge..., Briefwechsel mit Lesern. Herbig, München 1992. ISBN 3-7766-1711-X
- Gustav René Hocke: Schriftsteller und Maler Joachim Fernau. Sein malerisches Werk. Limes, Wiesbaden u.a. 1976. ISBN 3-8090-2098-2
- Otto Köhler: Unheimliche Publizisten. Droemer Knaur, München 1995. ISBN 3-426-80071-3 – Behandelt besonders Kontinuität und Brüche in Fernaus Publizistik vor und nach 1945
- Armin Mohler: Autorenportrait Joachim Fernau. In: Criticón 7, S.140 (1971)
- Armin Mohler: Joachim Fernau. Fragment einer Monographie. In: Criticón 111, S. 35 (1989)
- Peter Wapnewski: Mit dem anderen Auge. Erinnerungen Berlin-Verl., Berlin 2005. S. 119 ff. ISBN 3-8270-0380-6
Weblinks
- Vorlage:PND
- Burkhart Berthold: Jede Zeit hat ihre Koffer – rechtskonservative Würdigung zum 90. Geburtstag von Joachim Fernau in der Jungen Freiheit (ohne Bilder und Links)
- Derselbe Aufsatz, aber mit Bildern und Links
- Michael Skasa im Bayerischen Rundfunk – Kalenderblatt vom 11.9.2001 zu Joachim Fernau – kritische Sicht
Personendaten | |
---|---|
NAME | Fernau, Joachim |
ALTERNATIVNAMEN | Forster, John |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Maler |
GEBURTSDATUM | 11. September 1909 |
GEBURTSORT | Bromberg |
STERBEDATUM | 24. November 1988 |
STERBEORT | Florenz |