Kladistik
Die Kladistik oder auch phylogenetische Systematik ist eine Methode innerhalb der Evolutionsbiologie.
Sie nimmt eine Klassifizierung von Arten anhand bestimmter, abegleiteter Merkmale, die der zeitlichen Reihenfolge ihrer Entstehung entsprechen sollen, vor. Diese Merkmale sind Knotenpunkte für Abzweigungen. Es werden Schwesterngruppen geordnet und anhand von Merkmalen auf eine Hirachie in der Stammesgeschichte, eine zeitliche Abfolge von Evolutionswegen, geschlossen.
Die Darstellung der zeitlichen Reihenfolge erfolgt in so genannten Kladogrammen, Jeder Abzweigungspunkt wird durch ein bestimmtes Merkmal beschrieben. Was diese Merkmal jeweils sein soll ist Gegenstand von Forschungen. So kann man Säugetiere von Nicht-Säugetieren anhand des Merkmals Haare trennen.
Diese unterscheiden sich von evolutionären Stammbäumen in erster Linie durch ihre streng dichotome Verzweigung und die fehlende Quantifizierung der Divergenz zwischen den Gruppen, die an den Kladogrammblättern stehen. Kladogramme bilden somit die Voraussetzung für die Erstellung von vollständigen Stammbäumen.
Die Kladistik wurde von dem deutschen Zoologen Willi Hennig in den 1950ern umrissen und in seinem Lehrbuch "Phylogenetic Systematics" 1966 beschrieben.
Hier ist ein Beispiele eines Kladogramms:
,--- Käfer | ---+ ,--- Wespen, Bienen, Ameisen | | `---+ ,--- Schmetterlinge, Motten | | `---+ | `--- Fliegen
mein mein mein Großonkel Onkel Bruder Ich \ \ \ / \ \ \ / \ \ \ / \ \ \/ mein Vater \ \ / \ \ / \ \ / \ \/mein Großvater \ / \ / \ / \/mein Urgroßvater
Diagramm nach Mark Abraham
Das obige Diagramm kann dazu diene, Verwandtschaftsverhältnisse nach dem Pänotyp zu kritisieren. Auch wenn ich meinen Onkel ähnlich schaue, bin ich mit ihm nicht näher verwandt als mit meinem Bruder.
Die Schwestergruppen von Kladogrammen (hier z.B. Fliegen und Schmetterlinge) entsprechen nicht immer den bisher gebräuchlichen Taxa der biologischen Klassifikation. Man bezeichnet Taxa nach ihrer tatsächlichen Verwandtschaft als:
- monophyletisch - die Gruppe hat eine gemeinsame Stammform und umfasst auch alle Untergruppen, die sich von dieser Stammform herleiten
- holophyletisch - xxx
- paraphyletisch - die Gruppe (das Taxon) hat zwar eine gemeinsame Stammform, enthält aber nicht alle Gruppen eines Monophylums - Beispiel: Die Reptilien sind paraphyletisch im Hinblick auf die Vögel, da sich letzere aus einem Seitenzweig der Dinosaurier herleiten.
- polyphyletisch - die Gruppe hat keine gemeinsame Stammform - Beispiel: Die "Würmer" im alten Sinn umfassen verwandtschaftlich völlig unterschiedliche Gruppen.
Die biologische Systematik versteht sich heute als eine Wissenschaft, die Lebewesen anhand ihrer Abstammung klassifiziert. Daher ist die Kladistik eine ihrer Arbeitsmethoden.
Bei der Erstellung eines Kladogramms werden Eigenschaften der betrachteten Lebewesen verglichen. Es werden oft, aber nicht ausschließlich, morphologische Merkmale, Charakteristika des Stoffwechsels und genetische Informationen benutzt.
Danach werden eine Vielzahl von Kladogrammen erstellt. Dasjenige Kladogramm mit der geringsten Anzahl von notwendigen Veränderungen innerhalb des angenommenen Evolutionsverlaufes gilt als das wahrscheinlichste. Oft ist es bei der Angabe eines Kladogramms von Interesse, andere Kladogramme, die mit einer sehr ähnlichen Anzahl von Veränderungen konstruiert sind, ebenfalls zu betrachten.
Die Bioinformatik bedient sich für die Rekonstruktion von Kladogrammen diverser Standard-Softwarepackages, die multipler Sequenzalignments und die Variabilität einzelner Reste auswerten, wie z.B. Phylip.
Die traditionelle Namensgebung in der Biologie kann die baumartige Struktur der evolutionären Entwicklung nicht fassen. Daher wird eine phylogenetische Namensgebung, Phylocode genannt, diskutiert.
Kritik
In Kladogrammen gibt es keinen Platz für einzigartige Entwicklungen innerhalb von Verzweigungsgruppen (Autamorphien), z.B. die Entwicklungs des Zahnes beim Säbelzahntigers.
siehe auch: Synapomorphie, Teleologie, Frankfurter Organismus -und Evolutionstheorie