Völkerwanderung
Völkerwanderung, die.
1. Eine Völkerwanderung bezeichnet im Allgemeinen eine Wanderbewegung, bei der eine große Zahl Menschen aus einem Volk oder eine ganze Volksgruppe in ein anderes Gebiet umsiedelt. Grund dafür sind gewöhnlich verschlechterte Lebensbedingungen:
- Klimatisch bedingt: Dürren, Überschwemmungen, Stürme, Frost und die Folgen
- Politisch bedingt: Kriege, Einfall anderer Volksgruppen, Verfolgung von Minderheiten
- Krankeiten, Überbevölkerung
2. Im Speziellen versteht man unter "der Völkerwanderung" die Wanderbewegungen der germanischen Völker beginnend im 2. Jahrhundert bis ins 6. Jahrhundert.
Die germanische Völkerwanderung
Die Gründe für die germanische Völkerwanderung sind vielfältig und auch ortsabhängig. Unter anderem sind dies:
- Landnot in Nordosteuropa
- ungünstige klimatische Bedingungen
- Wanderbewegungen anderer Stämme (insbesondere der Hunnen)
- Der Rückzug des römischen Reiches und der damit einhergehende Verlust Macht- und Verwaltungsstrukturen
150-250 n.Chr.
Die Goten stammten ursprünglich aus Skandinavien und begannen nach der Jahrtausendwende, sich im Gebiet der Weichsel (heute Polen) anzusiedeln. Etwa 150/200 begann sie, in den Schwarzmeerraum (heute Rußland und Ukraine) zu ziehen und verursachten damit die erste größere Wanderbewegung: sie verdrängten die Wandalen und Markomannen nach Süden und die Burgunder nach Westen.
Etwa zur gleichen Zeit wie die Goten wanderten die Langobarden von der Unterelbe nach Mähren (heute Tschechien) und Pannonien (heute östl. Österreich).
250-350 n.Chr.
Bis zum Einfall der Hunnen kam es zu keinen größeren Bevölkerungsverschiebungen. Das römische Reich zog sich im Laufe der Jahrzehnte immer weiter zurück und hatte zunehmend mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen, bis es 395 n. Chr. in das west- und oströmische Reich geteilt wurde.
In dieser Zeit kam es nur zu kleineren Einfällen in römisches Herrschaftsgebiet, die entweder zurückgeschlagen wurden oder mit kleineren Grenzkorrekturen endeten. Viele Stämme wurden auch als Bundesgenossen gezielt an den Grenzen des römischen Reiches angesiedelt und bildeten Puffer zu den wilderen Stämmen.
350-410 n. Chr.
Ab etwa 350 drangen die Hunnen aus den mongolischen Steppen nach Südrussland vor und verursachten damit wellenartige Fluchtbewegungen mehrerer Stämme nach Süd- und Westeuropa.
375 besiegten die Hunnen die Ostgoten und verdrängten die Westgoten.
Die geschlagenen Ostgoten wanderten daraufhin nach Westen und drangen nach Italien ein, die Westgoten fielen ins Oströmische Reich ein, zogen durch den Balkan, Peloponnes (heute Griechenland) und Ende des 4. Jahrhunderts nach Italien. 410 eroberten die Westgoten unter König Alarich I. Rom. Sie wanderten weiter in den Südwesten Galliens, wo sie das so genannte Tolosanische Reich bei Toulouse errichteten. 507 wurden sie von den Franken besiegt und auf die iberische Halbinsel (heute Spanien) verdrängt. 711 brach das Westgotenreich durch den Sieg der Araber zusammen.
410-450 n. Chr.
Die Goten hatten die Wandalen ursprünglich in das Gebiet zwischen Weichsel und Oder abgedrängt. Zu Beginn des 4. Jahrhunderts zogen sie nach Gallien und erreichten um 409 die Iberische Halbinsel. Von den Westgoten bedrängt, führte sie ihr Weg nach Nordafrika und 439 eroberten sie unter König Geiserich Karthago, wo sie das Wandalenreich gründeten. Von dort aus zogen sie nach Italien und plünderten 455 Rom, später Korsika und Sardinien. Erst 534 zerschlug der byzantinische Feldherr Belisar das Wandalenreich.
450-450 n. Chr.
Das Reich der Hunnen reichte mittlerweile vom Kaukasus bis an die Donau und den Rhein. Die Hunnen fielen unter Attila in Gallien ein. Erst eine gemeinsame Streitmacht der Römer, Franken, Burgunder und Westgoten konnte sie 452 schlagen. Nach Attilas Tod 453 zerfiel das Hunnenreich.
500- n. Chr.
486 besiegten die Franken unter König Chlodwig vom Niederrhein aus die Römer in Gallien. In den Jahren bis 534 besiegten sie die Alemannen, Westgoten, Thüringer und Burgunder und beherrschten schließlich einen weiten Teil Zentraleuropas.
Etwa zur selben Zeit drangen die Jüten, Angeln und Sachsen aus Norddeutschland und dem heutigen Dänemark in Britannien ein und besetzten weite Teile des Landes.
486 errichtete Theoderich der Große in Italien das Ostgotenreich, das bis zur Niederlage gegen Byzanz 552 bestand hatte. 568 fielen die Langobarden von Pannonien aus unter König Alboin in Norditalien ein und errichteten das Langobardenreich, das bis zur Eroberung durch Karl den Großen bestand. Erst die neu entstandenen Staatswesen der Franken, Langobarden und Angelsachsen hatten Bestand und stabilisierten die Verhältnisse in Mitteleuropa wieder. Siehe auch: Migration