Kommunistische Internationale
Die Kommunistische Internationale (kurz Komintern, auch Dritte Internationale) war ein internationaler Zusammenschluss kommunistischer Parteien (KPs) zu einer Weltpartei.
Geschichte
Die Komintern wurde am 4. März 1919 in Moskau auf Initiative der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und als Fortsetzung der Zimmerwalder Konferenz gegründet. Am Gründungskongress nahmen insgesamt 35 Delegierte teil, darunter fünf aus Russland (Bucharin, Tschitscherin, Lenin, Trotzki und Sinowjew), Hugo Eberlein von der deutschen KPD und Emil Stang von der Norwegischen Arbeiterpartei (DNA).
Ausschlaggebend für die Gründung war die Vorstellung, die sozialistische Arbeiterrevolution könne sich in ganz Europa ausbreiten. Weitere Motive, eine neue Internationale zu gründen, waren das Kapitulieren der sozialdemokratischen Sozialistischen Internationale (auch Zweite Internationale) vor dem Imperialismus, was sich durch die Unterstützung der deutschen Kriegspolitik durch die Sozialdemokratie im Ersten Weltkrieg ausdrückte (vgl. Burgfrieden), das Abwürgen von Arbeitermassenbewegungen durch Parteien der Zweiten Internationale sowie die Abkehr vom Marxismus und insbesondere das Verwerfen der marxistischen Staatstheorie.
Bedingungen für die Aufnahme in die Komintern war die Re-organisation der nationalen Kommunistischen Parteien gemäß den 21 Bedingungen der Komintern. Diese sahen den eindeutigen Bruch mit dem Reformismus vor, verankerten den demokratischen Zentralismus nach bolschewistischem Muster als verbindliches Organisationsprinzip und forderten regelmäßige "Säuberungen" der Parteien, d.h. den Ausschluss von Sozialdemokraten und anderen als unzuverlässig geltenden Mitgliedern. Bedeutete "Säuberung" in Zeiten Lenins und Trotzkis noch lediglich den Parteiausschluss, so war sie unter Stalins Herrschaft oft gleichzusetzen mit Deportation, Arbeitslager und nicht selten Hinrichtung - was sich letztlich gegen viele ehemals führende Bolschewiki selbst richtete.
Schwächung durch Stalin
Die Kommunistische Internationale hat die Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt, wurde jedoch bereits in den 1920er Jahren, mit der Machtübernahme durch Stalin, vermehrt zu einem Instrument sowjetischer Außenpolitik (Stichworte trotzkistischer Kritik: Arbeiterstaat und repressiver bürokratischer Staatskapitalismus). Die Politik der Komintern und der nationalen kommunistischen Parteien wurde nach wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen Moskaus ausgerichtet. Ein Beispiel davon gibt die sogenannte "Arbeiterkorrespondenz", was faktisch die Wirtschaftsspionage kommunistischer Arbeiter und Angestellter im Dienste des "Heimatlandes aller Werktätigen" hieß.
1923 sollte nach einem großen Aufstand in Deutschland (Deutscher Oktober), das Zentrum der Sozialistischen Bewegung nach Berlin verlegt werden. Das Scheitern der ersten Aufstände in Sachsen und Thüringen trugen dazu bei, dass Stalin 1924 den "Sozialismus in einem Land" und somit das faktische Ende des Komintern verkündete.
Der Widerstand der KPD gegen das NS-Regime war nach dem Hitler-Stalin-Pakt und der damit verbundenen Weisung Stalins zum erliegen gekommen. Nach dem Bruch dieses Vertrages durch den Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion galt die Politik der Komintern der militärischen Bekämpfung des Faschismus (Stichwort: Volksfrontpolitik). Zwar hatte die Komintern vorher schon im Spanischen Bürgerkrieg interveniert, in welchem die Internationalen Brigaden zum Einsatz kamen. Allerdings wurde die anarchistisch geprägte spanische Revolution durch die Stalinistische Politik eingedämmt und behindert.Diese Ereignisse wurden auch eindrücklich in der Literatur beschrieben, unter anderem in George Orwells Bericht Mein Katalonien.
So diente die Politik der Komintern spätestens seit Stalins endgültiger Machtübernahme allein den außenpolitischen Interessen der Sowjetunion, obwohl ihre Anhänger weiterhin an die weltweite revolutionäre Rolle der Komintern glaubten. Die in der Komintern vereinigten nationalen Kommunistischen Parteien wurden so daran gehindert, auf die jeweiligen Verhältnisse angepasste revolutionäre Strategien zu entwickeln. Die Bolschewisierung der Kommunistischen Parteien durch die Komintern gilt als wesentlicher Faktor ihrer Selbstisolierung in Westeuropa.
Im Oktober 1941 wurde die Zentrale der Kommunistischen Internationalen in Moskau als Reaktion auf den deutschen Angriff von Westen in die Stadt Ufa in Baschkirien verlegt. Heute erinnert an die Zeit in Ufa eine Gedenkplatte auf dem betreffenden Gebäude. Dort arbeiteten auch zahlreiche emigrierte deutsche Kommunisten.
Am 23. Mai 1943 wurde die Komintern durch Stalin aufgelöst. Offizielle Begründung waren die radikalen Unterschiede der jeweiligen Verhältnisse in den Heimatländern der Komintern-Parteien: Manche von ihnen waren in illegaler Opposition gegen den Faschismus, andere unterstützten die jeweiligen bürgerlichen Regierungen in ihren Kriegsanstrengungen (USA, England). Faktisch traf die Auflösung die Mitglieder der Komintern jedoch völlig unvorbereitet und war wohl ein Zugeständnis Stalins an seine militärischen Verbündeten Großbritannien und USA. 1947 wurde die Komintern durch das Kominform (Kommunistisches Informationsbüro) ersetzt und 1957 im Rahmen der Entstalinisierung endgültig aufgelöst.
Siehe auch: Internationale, Kommunistische Partei
Literatur
- Wolfgang Leonhard: Völker hört die Signale - Die Gründerjahre des Weltkommunismus 1919-1924, Bertelsmann, München 1989 ISBN 3570025837
- Alfred Rosmer: Moskau zu Lenins Zeiten. isp-verlag, Frankfurt am Main 1989 ISBN 3883321605