Poolworks
StudiVZ (Abkürzung für Studiverzeichnis) ist der deutschsprachige Klon der populären, angloamerikanischen Web 2.0-Plattform Facebook. Es ist ein zur Zeit (Herbst 2006) schnell wachsendes Soziales Netzwerk im deutschsprachigen Raum, das sich binnen weniger Monate bei 800.000 (Stand: Ende Oktober 2006) Studenten als täglich genutzte Kommunikationsform etabliert hat.
Auf studiVZ können sich Studenten ein Profil anlegen und sich mit ihren Freunden in einem Netzwerk verbinden, Informationen austauschen und ihre Kontakte zu anderen Studenten oder studentischen Organisationen pflegen.
Entwicklung und Technik
Die Entwicklung der Plattform begann Ende Oktober 2005. Obwohl sich die ersten Nutzer bereits im November 2005 registrierten, war das studiVZ erst ab Frühjahr 2006 mit wesentlichen Funktionen ausgestattet, die kontinuierlich weiter entwickelt und online geschaltet wurden. Seit dieser Zeit konnte das studiVZ bereits über 900.000 Mitglieder (Stand: 29. Oktober 2006) verzeichnen. Somit ist ca. jeder vierte deutschsprachige Student bereits bei studiVZ registriert. Laut Angaben der Betreiber und der Presse sind bis zu 2/3 täglich online.
Das System zählt zur sogenannten Sozialen Software. Das System bietet diverse Community-Funktionen und macht u. a. das Kontaktnetz der einzelnen Mitglieder sichtbar. Es bildet also das Soziale Netz der im System registrierten Mitglieder online ab.
Die rasant steigenden Mitgliederzahlen lassen sich durch so genanntes Virales Marketing erklären: Nutzer des Systems laden per E-Mail und im persönlichen Gespräch ihren Freundeskreis ein. Motivation hierfür ist der Aufbau der Seite, der suggeriert, den Einzelnen an der Anzahl seiner Kontakte („Freunde“) zu messen.
Nach massiven Serverproblemen (die Seite war tagsüber aufgrund von massiven Zugriffszahlen teilweise kaum erreichbar) haben die Betreiber durch ein Server-Update die Erreichbarkeit der Seite temporär verbessert, mittlerweile gehören Serverprobleme jedoch wieder zum Alltag, bei welchen die Besucher der Homepage seit einigen Tagen mit dem mittlerweile hassgeliebten Spruch "Pause - Käffchen? - Können wir im Augenblick alle gut gebrauchen! - Geduldet euch mit uns, wir arbeiten für euch und sind bald wieder da!" vertröstet werden. In Zusammenhang mit dem Server-Update sollen auch mehrere neue Features zur Verfügung stehen.[1] So wurden 2006 erweiterte Funktionen implementiert, die ein vereinfachtes Hochladen von Fotos und eine Bilder-Sortierfunktion beinhalten. Eine der größten Neuerungen, neben zahlreichen Bugfixes, ist Foto-Tagging, mit dessen Hilfe Nutzer ihre Freunde auf Bildern direkt verlinken können und somit ihre Alben weiter personalisieren.
Unternehmen
Das studiVZ.net oder auch studiverzeichnis.net wurde von den beiden Studenten Ehssan Dariani und Dennis Bemmann im Oktober 2005 gegründet. Einige Monate später vervollständigte Michael Brehm das Team. Sitz der StudiVZ Ltd. ist in Berlin.
Unterstützt wird das Berliner Start-Up-Unternehmen von dem spreadshirt-Gründer Lukasz Gadowski und Oliver Samwer. Holtzbrinck Ventures hat eine Minderheitsbeteiligung erworben und dafür ein Aufsichtsratsmandat erhalten[2]. In der Wirtschaftswoche war berichtet worden, dass hierbei eine Zahlung von über 10 Millionen Euro erfolgt sei.[3] Eine Zahlung in dieser Größenordnung wird seitens der Macher des StudiVZ jedoch vehement bestritten.[4]
Finanzierung
Zur Zeit ist studiVZ für alle Benutzer vollkommen gratis, fehlende Werbung bzw. andere Finanzierungsmethoden haben unter einigen Benutzern die Frage aufkommen lassen, wie sich studiVZ in Zukunft, mit der zu erwartenden massiven Zunahme an Usern und damit auch der benötigten Bandbreite, finanzieren wird. Die Gründer von studiVZ sprachen in einem Interview mit Radio Q von „dezenter Werbung“, um „kostendeckend arbeiten“ zu können.[5]
Funktionen
Nach der kostenlosen Anmeldung (in Anspielung auf die Einschreibung an einer Hochschule Immatrikulation genannt) kann sich jeder Student ein Profil erstellen. Neben der Angabe von Kontaktdaten, Interessen und Hobbys können hier auch Informationen zu gerade besuchten Lehrveranstaltungen eingegeben werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, eigene Fotoalben zu erstellen oder Gruppen zu gründen bzw. welchen beizutreten und sowohl Freunde als auch Fremde zu „gruscheln“. Die genaue Bedeutung des Wortes Gruscheln wird nirgends näher erläutert, deutet im weitesten Sinne aber eine nicht näher definierte Kontaktaufnahme an. Das Kunstwort wurde von der Betreibergesellschaft des studiVZ beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wortmarke, u. a. in den Kategorien für Telekommunikation, Handel, Wissenschaft und Bekleidung, angemeldet. Linguistisch ließe sich die Wortherkunft von gruscheln als Neologismus interpretieren, der mit der Vermischung der Wörter grüßen und kuscheln spielt.
Mit Hilfe der Suche-Funktion kann nach anderen Studenten sowohl an der eigenen als auch an anderen deutschen (und vielen europäischen) Hochschulen gesucht werden. Viele der Daten, die im eigenen Profil angegeben wurden, (Studienrichtung, besuchte Lehrveranstaltungen, Beziehungsstatus etc.) sind zudem verlinkt. So kann der Nutzer beispielsweise herausfinden, welche Studenten zusammen mit ihm eine bestimmte Lehrveranstaltung besuchen.
In Gruppen (Diskussionsforen) ermöglicht studiVZ auch studentischen Organisationen, politischen Hochschulgruppen, ASten usw. sich das studiVZ als Kommunikationskanal nutzbar zu machen.
Nutzen und Kritik
Privatsphäre
Seiten wie studiVZ reduzieren die Anonymität an Hochschulen und bieten eine Möglichkeit eigene und fremde sozialen Netzwerke abzubilden, was der Hauptgrund für ihre schnelle Verbreitung und ihre Popularität sein dürfte.
Ähnlich wie beim populären englischsprachigen sozialen Netzwerken (Beispiel: Facebook) bemängeln Kritiker die einfache Möglichkeit für Unternehmen und andere Organisationen Data-Mining zu betreiben. So war es beispielsweise zwei Studenten am US-amerikanischen MIT-College möglich, mithilfe eines automatischen Skripts über 70.000 Facebook-Userprofile herunterzuladen.[6]
Weiterhin wird bemängelt, dass Teilnehmer in Unkenntnis der möglichen Optionen zum Schutz der eigenen Privatsphäre ihre Kontaktbeziehungen und ihr volles Profil der Öffentlichkeit preisgeben und dass die voreingestellten Sicherheitsrichtlinien fast alle Daten der Benutzer im kompletten sozialen Netzwerk sichtbar machen. Kritisiert wird, dass der Menüpunkt Privatsphäre sowie die Möglichkeit einzustellen, dass nur ein eingeschränkter Personenkreis das eigene Profil einsehen darf, dem Benutzer die Sicherheit seiner persönlichen Daten suggerieren soll; StudiVZ hat dennoch weiterhin vollen Zugriff auf diese Daten.
Vorwürfe des Plagiatismus
Sowohl Funktionsumfang als auch graphische Gestaltung erinnern stark an das amerikanische Facebook. Zwar orientieren sich beide an dem Standardlehrbuch „The CSS Anthology: 101 Essential Tips, Tricks & Hacks“ von Rachel Andrew, jedoch darf bezweifelt werden, dass die exakte Übereinstimmung von vielen Menüpunkten und Funktionen mit Facebook darauf zurückzuführen ist. [7]
Inzwischen bietet StudiVZ auch Funktionen, die es von Facebook unterscheidet, wie etwa die Funktion "Wer war auf meiner Seite" und der Verzicht der Beschränkung auf regionale Netzwerke. Ziel sei es somit, einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen.
Ausblick
Am 23. Oktober wurde auf der Seite von StudiVZ bekannt gegeben, dass sich der 800.000. Benutzer registriert hat. Ziel sei es, bis Ende November 2006 den 1.000.000. Nutzer zu begrüßen. [8] Damit zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung wie im englischsprachigen Raum, speziell in den USA ab, in denen Soziale Netzwerke wie ryze, Facebook, MySpace oder tagworld weit verbreitet sind.
Weblinks
- studiVZ.net
- Newsweek International über Ehssan Dariani
- Interview mit dem Firmengründer bei medienhandbuch.de
- tagesspiegel.de über finanzielle Hintergründe
Quellen
- ↑ Ehssan Dariani Server-Leiden!
- ↑ Informationen über Martin Weber, dem Aufsichtsratmitglied von studiVZ von Holtzbrinck Ventures
- ↑ Peter Turi Comeback der Kellerkinder
- ↑ Ehssan Dariani Falschdarstellungen über studiVZ von Peter Turi in der aktuellen Wirtschaftswoche
- ↑ Radio Q: Schnell immatrikulieren
- ↑ Jones, Harvey, & José Hiram Soltren (2005) Facebook: Threats to Privacy (PDF)
- ↑ StudiVZ in original Facebook Farben, [1]
- ↑ Ehssan Dariani Mehr als jeder 10. Student im studiVZ!