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Blechblasinstrument

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Trompete

Die Blechblasinstrumente gehören nach der Systematik von Curt Sachs und Erich von Hornbostel zur Gruppe der Aerophone, der Luftklinger. Die gemeinhin als Blechblasinstrumente bezeichneten Instrumente bilden gemäß dieser musikwissenschaftlichen Systematik die Unterkategorie 423 "Trompeten", definiert als diejenige Untergruppe der (eigentlichen) Blasinstrumente, bei denen der Wind durch Vermittlung der schwingenden Lippen des Bläsers stoßweisen Zutritt zu der in Vibration zu setzenden Luftsäule erhält.

Auch wenn die überwiegende Mehrzahl aller Blechblasinstrumente aus Metallen oder Legierungen wie Messing oder Neusilber hergestellt wird, ist dieser Umstand nicht bestimmend für die Zugehörigkeit eines Instruments zu dieser Kategorie. Ausschlaggebend ist vielmehr ausschließlich das unten näher beschriebene Prinzip der Tonerzeugung.

Darum gehören Instrumente wie das Saxophon und die Flöte, die in der Regel aus Metall hergestellt werden, nicht zu den Blechblasinstrumenten, während bestimmte hölzerne Instrumente wie der Serpent oder das Alphorn sehr wohl zu ihnen gezählt werden.

Auch die Art der Tonhöhensteuerung ist nicht bestimmend: Instrumente mit Grifflöchern oder Klappen wie eben der Serpent oder die Ophikleide bilden eine Untergattung der Blechblasinstrumente, da ihre Töne gemäß des beschriebenen Prinzips erzeugt werden.

Prinzip der Tonerzeugung

Waldhorn

Die meisten Musikinstrumente bestehen aus einem Schwingungserzeuger (Generator) und einem Schwingungsverstärker (Resonator). Die Besonderheit der Blechblasinstrumente liegt darin, dass die Schwingungserzeugung durch die Lippen des Spielers erfolgt und der menschliche Körper in diesem Sinne Teil des Instruments wird.

Dabei regt die nach dem Prinzip der Polsterpfeife durch die Lippen geblasene Luft diese zum rhythmischen Öffnen und Schließen an, wodurch die dahinter liegende Luftsäule im Instrumentenrohr in Schwingung gebracht wird, es entsteht eine Stehende Welle: Die "Quelle 1" ist dabei die gespannte Lippe; "Quelle 2" entsteht durch das Aufeinandertreffen der beiden verschiedenen Luftdrücke (Druck im Inneren des Hohlleiters (Instrumentenrohr) und Umgebungsluftdruck). Da an der Schallstückseite des Instrumentes ("Quelle 2") Energie verloren geht (das ist der eigentliche in die Umgebung abgestrahlte Ton, den man hört), muß diese durch einen kontinuierlichen Luftstrom durch die Lippen wieder zugeleitet werden. Gleichzeititg wird dadurch auch das Schwingen der Lippen ermöglicht. Durch Erhöhung der Lippenschwingung (zB. Straffung der Lippenmuskulatur) können mit der stehende Welle auch andere Frequenzen erzeugt werden, es entsteht ein sogenannter Naturton, der immer ein ganzahliges Vielfaches der Grundfrequenz des Grundtones hat. Die Reihenfolge dieser Naturtöne entspricht genau den Frequenzbeziehungen der Obertöne.

Je schneller dieses Schwingungssystem (veränderlichen Lippenspannung; feste Instrumentenlänge, Schallgeschwindigkeit im Rohr und Umgebungsluftdruck) in einen stabilen Zustand gebracht wird, um so "sauberer" ist der Ton in seiner Qualität. Die ersten ms in der Tonerzeugung entscheiden die physiologische Qualität eines Instrumententones. Die Dauer eines ausgehaltenen Tones ist abhängig von der Dynamik (Musik) und dem Lungenvolumen.

Tonhöhensteuerung

Die Tonhöhe wird durch die Rohrlänge des Instruments sowie durch die Lippenspannung des Bläsers bestimmt.

Alle Instrumente mit dem gleichen Grundton müssen aus physikalischen Gründen auch die gleiche Rohrlänge aufweisen. Beispielsweise entspricht die Rohrlänge des Waldhorns in B genau derjenigen der Posaune, des Tenorhorns und des Baritonhorns beziehungsweise Euphoniums in B, nämlich 274,32 cm (9 Fuß). Das Horn in F ist genau so lang wie die Basstuba in F, nämlich 365,76 cm (12 Fuß).

Ob und wie gut dieser Grundton tatsächlich anspricht, hängt von der Bauweise des Instruments ab, insbesondere vom Durchmesser und Verlauf der Bohrung (Mensur). Der tiefste spielbare Naturton liegt bei eng gebauten Instrumenten meist eine Oktave über dem eigentlichen, sich aus der Rohrlänge ergebenden Grundton. Entsprechend sind nur besonders begabte Hornisten in der Lage, tiefe Passagen auf dem Waldhorn zu spielen, während die gleiche Lage bei der gleich langen Tuba den Normalfall bildet.

Durch steigern der Lippenspannung überblasen Blechblasinstrumente jeweils zu dem Ton, dessen Frequenz das nächste ganzzahlige Vielfache der Frequenz des Grundtons bildet. Daraus ergibt sich die Obertonreihe des jeweiligen Instruments, die bei Blechblasinstrumenten auch als Naturtonreihe bezeichnet wird.

Der höchste spielbare Ton ist vom Ansatz des Bläsers abhängig, das Mundstück hat allerdings einen starken Einfluss darauf. Kleinere Mundstücke mit engerer Bohrung erlauben höhere Töne, freilich auf Kosten der Klangfülle in den tieferen Lagen. Vincent Bach ging als erster systematisch derartigen Zusammenhängen nach.

Um eine chromatische Spielweise zu ermöglichen, stattete man Blechblasinstrumente bereits im 14. Jahrhundert mit der Möglichkeit aus, die Rohrlänge durch einen Zug zu verlängern (Zugtrompete, Posaune). Dadurch erschlossen sich weitere Naturtonreihen auf den jeweiligen Zugpositionen. Das Gegenteil dazu bilden die bald darauf entstanden Instrumente mit Tonlöchern oder Klappen (Klappenhorn, Ophikleide), bei denen die Luftsäule entsprechend verkürzt wird.

Die bedeutendste Innovation bildet jedoch die Erfindung der Ventilinstrumente um 1813 durch Friedrich Blühmel und Heinrich Stölzel, die seither die überwiegende Mehrzahl aller gängigen Blechblasinstrumente bilden.

Bald darauf setzte sich die klassische Konfiguration mit drei Ventilen durch, die den Grundton um jeweils zwei, einen und drei Halbtöne erniedrigen. Mit einem solchen dreiventiligen Instrument ist es möglich, ab einer Quinte über dem Grundton eine durchgehende chromatische Tonleiter zu spielen.

Tuba in F

Ist noch ein weiteres Ventil vorhanden, so handelt es sich in der Regel um ein Quartventil (fünf Halbtöne). Historisch wurden manche Instrumente aus Gründen der Intonation auch mit fünf, sechs oder mehr Ventilen gebaut, eine Praxis, die sich bis heute bei der Tuba erhalten hat. Weitere Informationen dazu finden sich unter Ventil (Blasinstrument) sowie den Artikeln zum jeweiligen Instrument selbst.

Heutzutage werden nur noch Posaunen mit einem Zug (teilweise ergänzt durch ein oder zwei Ventile) gespielt. Klappeninstrumente werden überwiegend nur noch im Sinne der historischen Aufführungspraxis verwendet.

Physik der Tonerzeugung

Physikalisch/akustisch gesehen basiert die Tonerzeugung in einer Trompete auf folgendem Prinzip: Das Rohr zwischen Mundstück und Trichter ist ein Hohlleiter, in welchem durch Reflexionen an beiden Enden eine stehende Welle entsteht. Die Frequenz ist von der Rohrlänge abhängig. Die verschiedenen Obertöne stellen sich ein, wenn - beeinflusst durch die Mundstellung - 2, 3, 4 oder mehr halbe Wellenlängen im Rohr Platz finden. Die Ventile verlängern durch weitere Windungen die Rohrlänge. Der Trichter ist einem Exponentialtrichter nur angeglichen, um die Schall-Energie in die Umgebung abzugeben, aber auch, um die für die Entstehung der stehenden Welle notwendigen Reflexionen noch zu ermöglichen.

Flachere Trichter, wie sie bei allen Bügelhörnern und den Tuben angewendet werden, führen dazu, dass relativ weniger Schallenergie abgegeben wird, d.h. der Trichter verstärkt die Schwingung weniger stark.

Gleichzeitig wird mehr Energie reflektiert, um die Bildung der stehenden Welle zu unterstützen. Diese Instrumente sprechen deshalb besser an als die Trompete.

Steilere Trichter, verwendet für Trompete, Posaune und Waldhorn, verstärken zwar den Ton, d.h. geben mehr Schallenergie ab, verringern aber gleichzeitig die reflektierte Energie. Aus diesem Grund sprechen diese Instrumente weniger gut an, d.h. man muss mehr Energie aufwenden, um die stehende Welle beim Anblasen entstehen zu lassen.

Nicht unerwähnt bleiben sollte der Effekt der variablen akustischen Rohrlänge. Die Form des Trichters bestimmt auch den Punkt in der Nähe des Trichters, an dem die Reflexion der stehenden Welle stattfindet. Steile Trichter bilden für die Luftsäule am Trichterbeginn eine scharfe Abrisskante, an welcher die Welle reflekiert wird. Diese Kante lässt sich nur sehr geringfügig durch Ansatztechnik verschieben, da eine scharfe Kante den Reflexionspunkt sehr präzise festsetzt.

Ein flacher Trichter stellt für den Luftstrom eine ungenauere Abrisskante dar. Der Reflexionspunkt kann mit Hilfe des Ansatzes verschoben werden - im Prinzip wird also die akustische (=klingende) Rohrlänge verändert.


Praktische Auswirkungen der Trichterform

Steile Trichter ergeben lautere Instrumente mit schärferem Klang (mehr Oberwellen), die mäßig gut ansprechen, aber eine hohe Genauigkeit beim Treffen des Tones ermöglichen. Intonationskorrekturen sind aber nur in sehr begrenztem Umfang möglich (erzwingt u.a. auch den Einsatz des Triggerzugs bei der Trompete). Flachere Trichter sind bei leiseren Instrumenten mit dumpferem Klang im Einsatz. Diese Instrumente sprechen sehr leicht an (z. B. Tenorhorn), erfordern aber mehr Präzision bei der Tonbildung durch den Ansatz. Die Tonhöhe kann dafür aber gut variiert werden (+/- 50 Cent sind für den Laienbläser zu erreichen).

Instrumente

Ventilhorn um 1900 (hoch-B)

Moderne Bauformen geordnet in aufsteigender Tonhöhe

Hersteller und Marken

Wie die meisten Musikinstrumente werden Blechblasinstrumente nicht nur von großen Unternehmen hergestellt, sondern auch von kleinen, handwerklich hoch spezialisierten Fachbetrieben, die mitunter nur aus einem einzigen Metallblasinstrumentenmachermeister bestehen.

Wer einen Artikel über einen dieser Betriebe verfassen möchte, ist herzlich eingeladen, sich zunächst die Zusammenfassung einer Diskussion über Relevanzkriterien in diesem speziellen Zusammenhang durchlesen.

Siehe auch

Instrumentenkunde