Held
Ein Held (althochdeutsch helido) ist die (meist männliche) Hauptfigur (Protagonist) einer Geschichte, Legende oder Sage, die über Kräfte verfügt, die weit über die eines normalen Menschen hinausgehen, so dass er zu schweren und großen "Heldentaten" in der Lage ist, die ihm Ruhm bescheren. Dabei ist nicht nur körperliche, sondern auch seelische Kraft gemeint. Helden stehen meist in einem Gegensatz zum Schurken oder Feigling (Neiding). Ein Held ist aber auch jemand, zu dem andere Menschen aufsehen können und der ihnen Hoffnung gibt, wenn sie in Not sind.
Zur Heldin vgl. auch Virago.
Der Held als Heros
Abstammung oder Vorzeichen können vor allem einen antiken Heros ankündigen, doch kann (etwa in den isländischen Sagen) der kommende Held ein nichtsnutziger junger Mann sein, der immer nur hinter dem Ofen liegt. Zum "Helden" wird er jedenfalls durch seine erste außergewöhnliche ("heroische") Tat, wenn er etwa ein Ungeheuer oder einen Riesen erschlägt, eine Blutrache ausführt oder Menschen (gerne Jungfrauen) aus Bedrängnis rettet. Ein Held entspricht normalerweise der Definition dessen, was in der jeweiligen Kultur als vortrefflich gilt. Dass ihm das Glück ("Heil") regelmäßig zur Seite steht, ist dabei nicht notwendig, in der altnordischen Heldenepik sogar ungewöhnlich.
Bekannte Helden näherten sich in einigen Kulturen dem Status von Göttern an. Viele waren Halbgötter, Nachkommen von Sterblichen und Göttern. Das Wort Heros kommt aus dem Altgriechischen "ήρoς" und bezeichnet den Kulturheros der Mythologie. Die griechischen Heroen (ήρóες) waren häufig die Gestalten, die als mythische Gründer der griechischen Städte, Staaten und Länder galten. Diese mythischen Helden waren nicht immer tadellose Vorbilder. Das Zeitalter, in dem Helden dieser Art wirkten, und wo die Geschichten der griechischen Mythologie spielten, wird auch das "Heroische Zeitalter" genannt. Diese Ära endete kurz nach dem Trojanischen Krieg, als die legendären Kämpfer fast ausnahmslos fielen oder auf der Heimkehr umkamen.
Zuweilen vermochte auch eine historische Person so viel Ansehen zu erzielen, dass sie ein Held in den Augen des Volkes wurde (Volksheld, vgl. auch Nationalheld). Dieses Phänomen war häufig begleitet von einem schnellen Wachstum an Mythen um die Person; häufig wurden ihr besondere Kräfte zugeschrieben.
Es scheint schwer, jemandem "Heroismus" mit begrifflich gestützter Begründung zuzuschreiben. Der Versuch einer Umschreibung könnte lauten: Ein Held setzt sich uneigennützig für eine Sache ein und ist dabei bereit, seine Existenz aufzuopfern, wobei er eine Vorbildfunktion erfüllt, mutig und willensstark ist. Generell dürfte aber gelten, dass der Heldenruhm eine Frage der Anschauung und nicht der Idee ist.
Der Propagandaheld
Trivialliteratur und Film zehrten noch vom Image des Helden, machten ihn aber bereits unterschwellig lächerlich.
Ganz aus der Mode gekommen war er zumindest in Deutschland und Österreich seit dem verlorenen Zweiten Weltkrieg, weil propagandistisch allzuvielen der Status des "Kriegshelden" und dann der "Heldentod" zugesprochen wurde, so dass aus für das Heldische begeisterten Kindern die "Skeptische Generation" des Nachkriegs wurde.
In der DDR waren Helden der Arbeit jene Kollegen, die die Norm deutlich übererfüllten.
Heute wird das Wort fast nur noch ironisch verwendet: Du bist mir vielleicht ein Held.
Bekannte Helden
- Samson (altes Israel)
- David (altes Israel)
- Herakles (Heros der Griechen; lateinisch "Hercules")
- Odysseus (griechischer Held der Odyssee und der Ilias)
- Achill (berühmtester griech. Held vor Troja)
- Hektor (berühmtester trojanischer Held ebenda)
- Paris (berühmter trojanischer Held und Frauenräuber, ebenda))
- Perseus (Griechenland)
- Jason (fand für die Griechen das Goldene Vlies)
- Cú Chulainn (bekanntester Held der keltischen Mythologie)
- Beowulf (Skandinavien, England)
- Grettir und Gisli (Island)
- König Artus und seine Ritter der Tafelrunde (spätantikes/frühmittelalterliches England)
- Robin Hood (England)
- Richard Löwenherz (England, Kreuzritter)
- Die zwölf Paladine Karls des Großen waren wichtige Helden, deren Geschichten in der Entwicklung der höfischen Liebe und der Ritterromanze wichtig waren (beschrieben im Rolandslied)
- Totila und Teja (Ostgotenkönige, Italien)
- Siegfried (germanischer Held im Nibelungenlied, in Skandinavien "Sigurd")
- Saladin (morgenländischer Sultan)
- Sindbad, der Seefahrer (arabisch, aus Tausendundeiner Nacht)
- Hua Mulan (China)
- Liu Hulan (China)
- Ilja Muromez (russischer Bogatyr, wird in versch. Bylinen besungen)
- Stenka Rasin (russischer Volksheld)
- Fürst Igor (historisch, wird im Igorlied besungen)
- Winkelried (Schweiz)
- Wilhelm Tell (Schweiz)
- El Cid (Spanien)
- Fra Diavolo (Italien)
- Zorro (Spanien, Mexiko)
- Buffalo Bill (Wilder Westen)
- Musashi Miyamoto (Japan)
Eine typische Heldenverehrung genossen noch im 20. Jahrhundert z.B. Otto Weddigen, Erwin Rommel, Mao Zedong oder Che Guevara.
Wissenschaftliche Behandlung
Soziologie
Soziologen sehen in Zeiten sozialer Umwälzungen (vgl. Barbarei) oder nationaler Krisen ein starkes Bedürfnis nach Helden voraus, dem dann echte oder unechte Helden abhelfen oder nicht. Ob Abhilfe gelingt oder nicht, hängt jedoch von der "Echtheit" eines Helden nicht unbedingt ab, sondern auch von der Art der Probleme.
Helden bilden dann ein bestimmtes Vorbild (teilweise ein Klischee), besonders für die Jugend. Heute hat sie sich unter dem Einfluss der Massenmedien oder Presse zum Starkult fortgebildet. Dies wird unter bestimmten historischen Umständen z. B. von Regierungen oder Militärstellen gezielt gefördert.
Religionswissenschaft
Der Religionswissenschaftler Georges Dumézil wies im indoeuropäischen Vergleich darauf hin, dass viele strukturell vergleichbare Göttersagen von Indien bis Europa auf gemeinsame urgeschichtliche Heldensagen zurück gehen könnten. Der Religionsphilosoph Hermann Usener dreht in seinem Buch "Götternamen" den Spieß um, indem er folgendes Postulat aufstellt: ...daß alle Heroen, deren Geschichtlichkeit nicht nachweisbar oder wahrscheinlich ist, ursprünglich Götter waren. Interessanterweise kommt Norbert Lönnendonker in seinem Buch "Als die Götter noch jung waren; Namenkundliche Untersuchungen zur Nibelungensage" zu dem gleichen Ergebnis - zumindest was die Helden Siegfried/Sigurd (Drachentöter), Hagen von Tronje (Högni in der Thidrekssaga) und Dietrich von Bern (Thidrek af Berne in der Thidrekssaga) betrifft.
Von starkem Gegenwartsbezug ist das psychologische Konzept der Heldenreise, wie es sich in den Büchern des Mythologen Joseph Campbell findet.
Literaturwissenschaft
Literaturwissenschaftlich ist ein Held - mit abweichender Wortbedeutung - in literarischen Werken ganz allgemein die Hauptperson einer Erzählung oder eines Bühnenstückes, unabhängig von seinen Fähigkeiten oder seinem moralischen Status. Man spricht dann auch vom Helden oder Protagonisten eines Bühnenstücks oder Romans (erscheint er im Titel, ist er der "Titelheld"). Er kann dann auch schwach oder böse sein (Antiheld) oder ernste Fehler begehen, die zu seinem Fall führen (besonders in der Tragödie, siehe zum Beispiel Hamlet).
Zitate
- Zeige mir einen Helden und ich schreibe dir eine Tragödie. -- F. Scott Fitzgerald
Literatur
- Joseph Campbell: Der Heros in tausend Gestalten, Insel, April 1999, ISBN 3458342567
- Norbert Lönnendonker Als die Götter noch jung waren; Namenkundliche Untersuchungen zur Nibelungensage, . Rhombos-Verlag, 340 Seiten. 2003, ISBN 3930894920, auch [1]
- Hermann Usener Götternamen, Klostermann, September 2000, ISBN 3465031148
Siehe auch
- Heldensage
- Volksheld, Nationalheld, Held der Sowjetunion, Held der Arbeit, Superheld,
- Antiheld
- Aktion "Heldenklau" der dt. Wehrmacht, 1944 die Aushebung letzter kriegsfähiger Männer).